Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.07.2022, Az. 3 B 33/21

3. Senat | REWIS RS 2022, 4411

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Tenor

Die weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] vom 2. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I

1

Der Antragsteller ist als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in eigener Praxis in [X.] niedergelassen und ausschließlich privatärztlich tätig. Er wendet sich gegen [X.]eitragsbescheide der [X.] und begehrt im vorliegenden Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz.

2

Mit an alle privatärztlich in [X.] tätigen Ärztinnen und Ärzte gerichtetem Rundschreiben vom 20. März 2019 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass mit der Änderung von § 23 des Heilberufsgesetzes [X.] eine gesetzliche Grundlage für die Einbeziehung privatärztlich tätiger Ärzte in ihren ärztlichen [X.]ereitschaftsdienst geschaffen worden sei; die Umsetzung werde zum 1. Juli 2019 geplant. In einem nachfolgenden Schreiben erläuterte sie die Einzelheiten der Dienstverpflichtung und kündigte den jährlichen Erlass von [X.]eitragsbescheiden zur Erfüllung der [X.] an. Mit [X.]escheid vom 18. September 2019 legte die Antragsgegnerin den vom Antragsteller für das [X.]eitragsjahr 2019 zu entrichtenden [X.]etrag auf 1 500 € fest. Der Antragsteller legte hiergegen Widerspruch ein und erhob später auch Klage. Er sei kein Mitglied der [X.], sodass diese auch nicht befugt sei, ihn zum ärztlichen [X.]ereitschaftsdienst heranzuziehen und belastende Verwaltungsakte gegen ihn zu erlassen.

3

Nachdem die Antragsgegnerin in einer Zahlungserinnerung vom 24. Juni 2020 darauf hingewiesen hatte, dass etwaigen Anträgen oder Rechtsbehelfen keine aufschiebende Wirkung zukomme, hat der Antragsteller am 2. Juli 2020 um vorläufigen Rechtsschutz beim [X.] nachgesucht und beantragt, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den [X.]eitragsbescheid vom 18. September 2019 festzustellen oder hilfsweise anzuordnen. Aufgrund der Meinungsverschiedenheit über den zulässigen Rechtsweg hat das Verwaltungsgericht den [X.]eteiligten am 7. Oktober 2020 mitgeteilt, es sehe derzeit von einer Verweisung ab und gehe davon aus, dass die Antragsgegnerin bis zu der erwarteten Grundsatzentscheidung des [X.] von einer Vollstreckung absehe.

4

Mit [X.]escheid vom 9. März 2020 setzte die Antragsgegnerin den [X.]eitrag für das [X.]eitragsjahr 2020 auf 3 000 € fest. Dem [X.]escheid war neben einer Rechtsbehelfsbelehrung auch der Hinweis beigefügt, dass weder ein Antrag auf Ermäßigung des [X.]eitrags noch ein Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte. Der Antragsteller legte auch hiergegen Widerspruch ein und erhob nachfolgend Klage.

5

Durch Widerspruchsbescheid vom 31. August 2020 wies die Antragsgegnerin die Widersprüche des Antragstellers gegen die [X.]eitragsbescheide für die Jahre 2019 und 2020 zurück und lehnte eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung ab. Die beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung verwies auf die Möglichkeit einer Klage beim [X.]. Abweichend hiervon hat der Antragsteller Klage beim [X.] erhoben.

6

Mit [X.]eschlüssen vom 18. Oktober 2021 hat das [X.] den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit sowohl im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes als auch hinsichtlich der Hauptsache an das [X.] verwiesen und zur [X.]egründung im Wesentlichen auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des [X.] vom 5. Mai 2021 - [X.] SF 6/20 R - [X.]ezug genommen. Die hiergegen gerichteten [X.]eschwerden hat der [X.] mit [X.]eschluss vom 1. Dezember 2021 hinsichtlich des Hauptsacheverfahrens und durch [X.]eschluss vom 2. Dezember 2021 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zurückgewiesen und die weitere [X.]eschwerde nicht nur im Hauptsacheverfahren (3 [X.] 32.21), sondern auch im streitgegenständlichen Eilverfahren zugelassen.

II

7

Die weitere [X.]eschwerde des Antragstellers ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.], § 152 Abs. 1 und § 173 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig (1.). Sie ist aber nicht begründet (2). Für Streitigkeiten über die von der [X.] auf der Grundlage ihrer [X.]ereitschaftsdienstordnung erlassenen [X.]eitragsbescheide ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet. Es sind zwar öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (a). Sie sind aber durch [X.]gesetz den Sozialgerichten zugewiesen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), weil es sich um Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG handelt (b).

8

1. Die weitere [X.]eschwerde an das [X.] nach § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] zur Klärung des Rechtswegs ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes jedenfalls dann statthaft, wenn sie auch im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren zugelassen worden ist oder zugelassen wird.

9

a) Ob die weitere [X.]eschwerde an einen obersten Gerichtshof des [X.] zur Klärung des zulässigen Rechtswegs nach § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich ausgeschlossen ist, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt.

Zum Teil wird angenommen, bereits der [X.]harakter des gerichtlichen Eilverfahrens stehe der Statthaftigkeit einer Rechtswegbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des [X.] entgegen. Die Klärung fallübergreifender Probleme widerstreite dem Ziel des auf vorläufigen Rechtsschutz gerichteten Verfahrens. Da im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine [X.]eschwerde zum [X.] (§ 152 Abs. 1 VwGO) bzw. [X.]sozialgericht (§ 177 SGG) ausgeschlossen sei, könne auch nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber für den Zwischenstreit über den zulässigen Rechtsweg einen Instanzenzug habe eröffnen wollen, der im Verfahren selbst nicht zur Verfügung stehe (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 8. August 2006 - 6 [X.]5.06 - [X.]uchholz 300 § 17a [X.] Nr. 26 Rn. 5; [X.]SG, [X.]eschlüsse vom 24. Januar 2008 - [X.] 3 SF 1/08 R - [X.] 4-1720 § 17a Nr. 4 und vom 6. März 2019 - [X.] 3 SF 1/18 R - [X.] 4-1720 § 17a Nr. 15 Rn. 13 ff.).

Gegen diese Auffassung wird eingewandt, § 17a Abs. 4 [X.] sehe keine Einschränkung auf diejenigen Fälle vor, in denen auch der Rechtsstreit selbst revisibel sei. Da die Entscheidung des obersten Gerichtshofs des [X.] im Verfahren der weiteren Rechtswegbeschwerde allein die Zulässigkeit des Rechtswegs betreffe, stehe sie auch in der Sache nicht im Widerspruch zum Ausschluss der [X.]eschwerde im Verfahren selbst. Im Übrigen müsse auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ein Kompetenzkonflikt vermieden und der zulässige Rechtsweg im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung möglichst zeitnah geklärt werden. Hierdurch werde das anschließende Hauptsacheverfahren entlastet (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 15. November 2000 - 3 [X.] 10.00 - [X.]uchholz 310 § 40 VwGO Nr. 286 Rn. 4; [X.]GH, [X.]eschlüsse vom 30. September 1999 - V Z[X.] 24/99 - NJW 1999, 3785 Rn. 2 und nachfolgend vom 9. November 2006 - I Z[X.] 28/06 - NJW 2007, 1819 Rn. 5 m. w. N.; [X.]GH Senat für Anwaltssachen, [X.]eschluss vom 2. März 2011 - [X.] ([X.]) 50/10 - NJW 2011, 2303 Rn. 3).

Im [X.]eschluss vom 17. März 2021 - 2 [X.] 3.21 - ([X.]uchholz 310 § 40 VwGO Nr. 322 Rn. 6) hat das [X.] die grundsätzliche Frage offen gelassen und die Zulässigkeit einer weiteren [X.]eschwerde für den dienstrechtlichen Konkurrentenstreit wegen dessen [X.]esonderheiten bejaht. Da eine Ernennung nach dem Grundsatz der Ämterstabilität grundsätzlich nicht mehr aufgehoben werden dürfe, könne effektiver Rechtsschutz im Konkurrentenstreit regelmäßig nur im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gewährleistet werden. Da diesem mithin die Funktion des Hauptsacheverfahrens zukomme, müsse auch die weitere Rechtswegbeschwerde zum [X.] eröffnet sein.

b) Eine weitere Rechtswegbeschwerde zum [X.] muss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auch dann eröffnet sein, wenn sie im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren ebenfalls zugelassen worden ist oder zugelassen wird.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 und § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO (sowie insoweit gleichlautend § 86b Abs. 1 Satz 1 SGG) ist zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes "das Gericht der Hauptsache" berufen. Das Verfahrensrecht sieht damit eine parallele Zuständigkeit für Eil- und Hauptsacheverfahren vor. Hierzu stünde es - wie das [X.]eschwerdegericht zutreffend ausführt - im Widerspruch, wenn die weitere [X.]eschwerde im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auch in den Gestaltungen ausgeschlossen würde, in denen der Rechtsschutzsuchende in der Hauptsache bereits Klage erhoben hat und in diesem Verfahren die weitere Rechtswegbeschwerde an das [X.] zugelassen worden ist oder zugelassen wird.

Nach § 17b Abs. 1 Satz 1 [X.] wird der Rechtsstreit erst nach Eintritt der Rechtskraft des [X.] mit Eingang der Akten bei dem im [X.]eschluss bezeichneten Gericht anhängig. [X.]is dahin verbleibt die [X.] beim iudex a quo (Wöckel, in: [X.], VwGO, 16. Aufl. 2022, § 41/§§ 17-17b [X.] Rn. 40). Trotz der ausgesprochenen Verweisung an das [X.] ist das [X.] daher solange noch das Gericht der Hauptsache.

Hätte das [X.]eschwerdegericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die weitere [X.]eschwerde zum [X.] nach § 17a Abs. 4 Satz 4 [X.] nicht zugelassen, wäre im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die formelle Rechtskraft des [X.] eingetreten. Dieses Verfahren wäre daher mit Eingang der Akten beim [X.] anhängig geworden, obwohl es, solange über die weitere [X.]eschwerde im Zwischenstreit des Hauptsacheverfahrens noch nicht rechtskräftig entschieden ist, nicht das Gericht der Hauptsache ist.

Der gesetzlich angeordnete Gleichlauf der gerichtlichen Zuständigkeit im Eil- und Hauptsacheverfahren müsste daher gelöst werden. Hierfür besteht nach Auffassung des Senats kein hinreichender Grund. Vielmehr kann in der vorliegenden Konstellation effektiver Rechtsschutz auch durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewährleistet werden. Gegebenenfalls besteht jedenfalls die Möglichkeit, das Eilverfahren durch [X.] bis zur abschließenden Klärung der [X.] zu regeln (vgl. hierzu [X.], in: [X.]/[X.], VwGO Großkommentar, 5. Aufl. 2018, § 17 [X.] Rn. 9).

2. Die [X.]eschwerde gegen die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] ist nicht begründet.

a) Die Heranziehung von [X.] zur Finanzierung des ärztlichen [X.]ereitschaftsdienstes der beklagten [X.] begründet allerdings öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für die grundsätzlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist.

Streitentscheidende Normen für die angegriffene [X.]eitragserhebung sind § 23 Nr. 2 und § 24 Satz 1 des Gesetzes über das [X.]erufsrecht und die Kammern der Heilberufe (Heilberufsgesetz [X.]) vom 7. Februar 2003 (GV[X.]l. [X.], 242) in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 2016 (GV[X.]l. [X.]) i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der [X.]erufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in [X.] vom 2. September 1998 (HÄ[X.]l. 10/1998 S. 1) in der Fassung der Satzung vom 24. November 2019 (HÄ[X.]l. 2/2019 S. 137) i. V. m. § 8 Abs. 3 der [X.]ereitschaftsdienstordnung der [X.] in der von der Vertreterversammlung am 25. Mai 2013 beschlossenen und am 2. Dezember 2017 geänderten Fassung (HÄ[X.]l. 4/2018 S. 271).

Diese Vorschriften berechtigen die [X.] [X.] als Trägerin öffentlicher Gewalt (vgl. § 77 Abs. 1 und 5 SG[X.] V), Privatärzte zur Finanzierung ihres ärztlichen [X.]ereitschaftsdiensts durch die Erhebung von [X.]eiträgen heranzuziehen. Diese [X.]efugnis steht [X.] nicht zu, sodass das streitige Rechtsverhältnis durch Normen des öffentlichen Rechts geprägt wird (vgl. zum Maßstab [X.], [X.]eschluss vom 26. Mai 2020 - 10 [X.] 1.20 - [X.]uchholz 404 IFG Nr. 39 Rn. 6 m. w. N.).

Für die Ermächtigung, ihre [X.]eitragsforderung durch [X.]escheid geltend zu machen, gilt dies in besonderer Weise. In der zugelassenen [X.] liegt ein spezifisch hoheitliches Instrumentarium, das Privatpersonen nicht zur Verfügung steht und eigenständige [X.]elastungen bewirkt. Der in Anspruch genommene Adressat muss Rechtsmittel einlegen, um den Eintritt von [X.]estandskraft und Tatbestandswirkung des [X.]escheids zu vermeiden. Überdies ist die ermächtigte [X.]ehörde mit dem Erlass eines Leistungsbescheids in der Lage, sich selbst einen Vollstreckungstitel zu verschaffen, der gegebenenfalls im Wege des Verwaltungszwangs vollstreckt werden kann. [X.]ereits mit der Ermächtigung zum Erlass eines [X.]eitragsbescheids wird der Antragsgegnerin damit eine Rechtsposition eingeräumt, die zum hoheitlichen Sonderrecht gehört.

Verfassungsorgane sind am Rechtsstreit nicht beteiligt, sodass auch eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegeben ist.

b) Die Streitigkeit ist aber eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Dies folgt zwar nicht bereits aus dem [X.]harakter der streitentscheidenden Norm; § 8 der [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin geht vielmehr auf Ermächtigungsgrundlagen sowohl aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung als auch des ärztlichen [X.]erufsrechts zurück (aa). Die angefochtenen [X.]escheide sind im Schwerpunkt aber durch Regelungen des [X.] geprägt ([X.]). Dem entspricht, dass sie von einer [X.] erlassen worden sind (cc).

aa) Die Art einer Streitigkeit - hier: Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung - richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.] nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der [X.] hergeleitet wird (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], [X.]eschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OG[X.] 1/88 - [X.]GHZ 108, 284 Rn. 8 m. w. N.). Maßgebend hierfür ist der Gegenstand der Streitigkeit (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], [X.]eschluss vom 29. Oktober 1987 - GmS-OG[X.] 1/86 - [X.]GHZ 102, 280 Rn. 11).

Da auch sozialgerichtliche Streitigkeiten solche des öffentlichen Rechts sind, ist für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs von § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG zum Verwaltungsrechtsweg nicht ausschlaggebend, ob die [X.]eteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient (vgl. zur Abgrenzung von öffentlich- und zivilrechtlichen Streitigkeiten Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], [X.]eschluss vom 10. April 1986 - GmS-OG[X.] 1/85 - [X.]GHZ 97, 312 Rn. 11). Auch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ist durch Sonderrecht der Träger öffentlicher Aufgaben, einschließlich der [X.]efugnis zum Erlass von Verwaltungsakten, gekennzeichnet. Entscheidend für die Abgrenzung ist vielmehr, ob das Rechtsverhältnis dem speziellen Recht der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], [X.]eschluss vom 10. Juli 1989 - GmS-OG[X.] 1/88 - [X.]GHZ 108, 284 Rn. 13), die Streitigkeit also ihre Grundlage im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hat ([X.], [X.]eschluss vom 7. Mai 2020 - 3 [X.] 2.20 - [X.]uchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 16 Rn. 6) und die maßgeblichen Normen dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sind ([X.]SG, [X.]eschluss vom 5. Mai 2021 - [X.] SF 1/20 R - juris Rn. 34).

Unmittelbare Rechts- und Anspruchsgrundlage der von der [X.] geltend gemachten [X.]eitragsforderung ist § 8 ihrer [X.]ereitschaftsdienstordnung. Nur aus dieser Norm kann sich der in den [X.]escheiden festgesetzte [X.]eitrag ergeben. Dies gilt sowohl für die konkrete Höhe der [X.]eitragsforderung als auch für die Modalitäten ihrer Geltendmachung einschließlich der [X.]efugnis zum Erlass eines [X.]eitragsbescheids. § 8 der [X.]ereitschaftsdienstordnung ist damit die unmittelbar "streitentscheidende Norm" für das Rechtsverhältnis zwischen den [X.]eteiligten.

Die [X.]eurteilung der Frage, ob die darin enthaltenen Vorschriften über die Heranziehung von [X.] zur Finanzierung des ärztlichen Notdienstes der [X.] ihre Grundlage im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung finden oder auf Vorgaben des ärztlichen [X.]erufsrechts beruhen, hängt vom [X.]ezugspunkt der [X.]etrachtung ab. Denn § 8 der [X.]ereitschaftsdienstordnung geht auf Ermächtigungsgrundlagen aus beiden Regelungssystemen zurück.

Die [X.]ereitschaftsdienstordnung ist eine Satzung, die die Antragsgegnerin in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung erlässt. Die [X.]en sind Einrichtungen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie dienen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 SG[X.] V der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung. Hierzu gehört gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SG[X.] V die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in dem in § 73 Abs. 2 bezeichneten Umfang, einschließlich der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten (§ 75 Abs. 1b Satz 1 SG[X.] V). Nach § 77 Abs. 5 SG[X.] V sind die [X.]en Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Mitglieder sind die in § 77 Abs. 3 Satz 1 SG[X.] V benannten Ärzte. Zur Regelung von deren Rechten und Pflichten kann sich die [X.] auf ihr Satzungsrecht berufen (vgl. § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SG[X.] V). Auch die [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin findet ihre Rechtsgrundlage daher im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. In ihr sind die Einzelheiten zu Einrichtung und Durchführung des ärztlichen [X.]ereitschaftsdienstes der Antragsgegnerin geregelt.

Die genannten Vorschriften aus dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung ermächtigen die Antragsgegnerin aber nicht, verbindliche Regelungen gegenüber Nicht-Mitgliedern zu treffen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 17. März 2022 - L 4 KA 3/22 [X.] ER - juris Rn. 49 m. w. N.). Weder aus der Satzungsautonomie der Antragsgegnerin noch aus sonstigen Vorschriften des [X.] folgt die [X.]efugnis, Privatärzte zum ärztlichen Notdienst heranzuziehen. An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen Privatärzte nicht teil (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SG[X.] V). Als Ermächtigung für deren Heranziehung kommen vielmehr allein § 23 Nr. 2 und § 24 Satz 1 des Heilberufsgesetzes [X.] i. V. m. § 26 Abs. 2 der [X.]erufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in [X.] in [X.]etracht. Die Erstreckung des Anwendungsbereichs der [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin auch auf in eigener Praxis niedergelassene Privatärzte kann ihre Grundlage damit nur in Vorschriften des ärztlichen [X.]erufsrechts finden.

Welchem gesetzlichen Regelungssystem § 8 der [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin zuzuordnen ist, lässt sich daher nicht eindeutig beantworten.

[X.]) Nach Auffassung des Senats ist die Streitigkeit eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn die angefochtenen [X.]escheide sind im Schwerpunkt vom Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geprägt.

Dies gilt insbesondere deshalb, weil die - vom Antragsteller in der Sache beanstandete - Verpflichtung der Privatärzte, am ärztlichen [X.]ereitschaftsdienst der [X.] teilzunehmen und sich an den Kosten hierfür zu beteiligen, durch § 8 der [X.]ereitschaftsdienstordnung nicht geregelt wird. Diese Verpflichtung ergibt sich vielmehr bereits unmittelbar aus dem Gesetz. Die Rechtsfolge ist in § 23 Nr. 2 des Heilberufsgesetzes [X.] ausdrücklich angeordnet.

Die [X.]ereitschaftsdienstordnung und die angefochtenen [X.]escheide der Antragsgegnerin knüpfen an diese Verpflichtung daher nur an. Die [X.]escheide enthalten eine eigenständige Regelung nur insoweit, als der Antragsteller in seiner Eigenschaft als niedergelassener Privatarzt individualisiert und damit als [X.]eitragspflichtiger bestimmt wird. Die Entscheidung über die Verpflichtung von [X.] dem Grunde nach hat die Antragsgegnerin dagegen nicht getroffen, weder in ihrer [X.]ereitschaftsdienstordnung noch in den angefochtenen [X.]escheiden.

Die Rechtmäßigkeit der Erstreckung des Geltungsbereichs der [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin auch auf Privatärzte durch das ärztliche [X.]erufsrecht ist damit zwar eine Vorfrage, der im Rahmen der Überprüfung der angefochtenen [X.]eitragsbescheide nachgegangen werden muss. [X.] sich die Regelung in § 23 Nr. 2 des Heilberufsgesetzes [X.] oder der auf § 24 Satz 1 des Heilberufsgesetzes [X.] gestützte Verweis auf die [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin in § 26 Abs. 2 Satz 1 der [X.]erufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in [X.] als unwirksam, könnte auch die [X.]eitragserhebung der Antragsgegnerin keinen [X.]estand haben. Die Rechtsnatur solcher Vorfragen beeinflusst aber die [X.] nicht ([X.], [X.]eschluss vom 12. März 2018 - 10 [X.] 25.17 - [X.]E 161, 255 Rn. 21; hierzu auch Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des [X.], [X.]eschluss vom 4. Juni 1974 - GmS-OG[X.] 2/73 - [X.]SGE 37, 292 Rn. 12).

Eine eigenständige Regelung enthalten die [X.]ereitschaftsdienstordnung der Antragsgegnerin und daran anknüpfend die angefochtenen [X.]escheide aber im Hinblick auf Höhe und Modalitäten der Zahlungsverpflichtung. Nach § 8 Abs. 3 der [X.]ereitschaftsdienstordnung wird bei [X.] grundsätzlich ein vom Vorstand der [X.] festgesetzter Pauschalbetrag je Quartal erhoben. Auf Antrag kann stattdessen ein prozentualer Abzug vom [X.] aus ärztlicher Tätigkeit zugrunde gelegt werden. Als Grundlage dieser Regelungen kommen nur das Satzungsrecht der Antragsgegnerin und damit das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung in [X.]etracht.

cc) Dieser Einordnung entspricht, dass Gegenstand der Anfechtungsklage die von einer [X.] erlassenen [X.]eitragsbescheide sind.

Die [X.]estimmung des zur Entscheidung berufenen [X.] muss den Maßgaben aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG genügen. Mit der Garantie des gesetzlichen Richters soll der Gefahr jedweder Form der "Manipulation" vorgebeugt werden. Es muss daher im Voraus, abstrakt-generell und hinreichend klar bestimmt sein, wer als [X.] zur Entscheidung berufen ist. Die Festlegung muss anhand von Kriterien erfolgen, die subjektive Wertungen weitgehend ausschließen und unnötige Spielräume vermeiden (vgl. [X.]VerfG, [X.]eschluss des [X.] vom 8. April 1997 - 1 P[X.]vU 1/95 - [X.]VerfGE 95, 322 <327 ff.>).

Danach liegt nahe, die [X.]estimmung des zulässigen Rechtswegs, wenn die angegriffenen [X.]escheide ihre Grundlage möglicherweise in einer Kombination verschiedener Regelungssysteme finden, an formalen Kriterien zu orientieren - wie hier dem Umstand, dass Streitgegenstand von einer [X.] erlassene [X.]eitragsbescheide sind. So kann gewährleistet werden, dass das zuständige Gericht bereits bei Eingang der Rechtssache ohne nähere Sachprüfung bestimmt werden kann. Vermieden wird überdies die Gefahr von Rechtswegspaltungen, die entstehen könnte, wenn in der vorliegenden Konstellation ein Antragsteller die Gebührenerhebung dem Grunde nach angreift und ein anderer nur die festgesetzte [X.]eitragshöhe in Zweifel zieht.

Die Abgrenzung steht nicht im Widerspruch zur bisherigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Dort sind Streitigkeiten, in denen sich [X.] gegen ihre Heranziehung zum ärztlichen Notdienst gewendet haben, zwar als verwaltungsgerichtliche Streitsachen beurteilt worden. Gegenstand dieser Verfahren waren aber Modelle, in denen der ärztliche Notdienst gemeinsam durch [X.] und [X.] organisiert wurde und Gegenstand der Streitigkeiten [X.]escheide der [X.] waren (vgl. etwa [X.], Urteile vom 12. Dezember 1972 - 1 [X.] 30.69 - [X.]E 41, 261 und vom 9. Juni 1982 - 3 [X.] 21.81 - [X.]E 65, 362; [X.]eschlüsse vom 1. Juni 1983 - 3 [X.] 89.82 - [X.]uchholz 418.00 Ärzte Nr. 58, vom 3. August 1984 - 3 [X.]3.83 - [X.]uchholz 418.00 Ärzte Nr. 63, vom 17. September 2009 - 3 [X.]7.09 - juris und vom 18. Dezember 2013 - 3 [X.] 35.13 - [X.]uchholz 418.00 Ärzte Nr. 114; vgl. hierzu auch Rademacker, in: [X.] Kommentar, Sozialversicherungsrecht, [X.]and 2, Stand: September 2021, § 75 SG[X.] V Rn. 39). Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich hiervon dadurch, dass kein gemeinsamer Notdienst von [X.] und Kassenärztlicher Vereinigung besteht. Durch § 23 Nr. 2 des Heilberufsgesetzes [X.] sind vielmehr auch die Privatärzte zur Teilnahme an dem von der [X.] organisierten [X.]ereitschaftsdienst verpflichtet. Streitgegenstand sind von der [X.] auf Grundlage ihrer [X.]ereitschaftsdienstordnung erlassene [X.]eitragsbescheide.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Anfechtung der Entscheidung über den zulässigen Rechtsweg löst ein selbständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Vorschriften über die Kosten zu befinden ist ([X.], [X.]eschluss vom 1. Juni 2022 - 3 [X.] 29.21 - Rn. 22 m. w. N.).

Der Festsetzung eines Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, da die Gerichtsgebühr streitwertunabhängig bestimmt ist (vgl. Nr. 5502 der Anlage 1 zum GKG).

Meta

3 B 33/21

06.07.2022

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 2. Dezember 2021, Az: 7 E 2160/21, Beschluss

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.07.2022, Az. 3 B 33/21 (REWIS RS 2022, 4411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4411

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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