Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. 4 StR 430/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7757

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
430/12

vom
28. Februar 2013
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28.
Februar
2013, an der teilgenommen
haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Cierniak,
[X.],
Reiter

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof

in der
Verhandlung ,
Staatsanwalt

bei der Verkündung

als Vertreter des
[X.]s,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2.
August 2012 wird verworfen.
2.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmit-tels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung materiellen Rechts. Das
Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen lebte der Angeklagte mit der später Geschädig-ten M.

K.

in einer konfliktbelasteten Beziehung. Am 9.
November 2011
suchte er sie in ihrer Wohnung auf und führte mit ihr im Wohnzimmer ein länge-res Gespräch. Dabei sprach er sie auch auf den von ihm gehegten Verdacht an, dass sie eine Beziehung mit [X.] habe. M.

K.

stritt
dies zunächst ab. Als auf ihrem Mobiltelefon eine [X.] eintraf, nahm es der Angeklagte an sich. M.

K.

wehrte sich hiergegen heftig und ver-
suchte,
dem Angeklagten das Mobiltelefon zu entreißen. Nachdem es dem [X.] gelungen war, sie mit der rechten Hand abzuwehren, las er die ange-M.

K.

räumte daraufhin ein, mit [X.] geschlafen zu haben. Hierüber 1
2
-
4
-
empört,

begann,
mit den Händen auf den Kopf, den Oberkörper und die Beine von M.

K.

einzuschlagen. Der
erheblich alkoholisierten und dem Angeklagten körperlich unterlegenen [X.] war eine Abwehr der Schläge nicht möglich. Als sie in ihr Schlaf-zimmer flüchtete, folgte ihr der Angeklagte nach und prügelte weiter auf sie ein. Dabei schlug er sie so heftig, dass sie mit dem Gesicht gegen die Heizung fiel und hierdurch Nasenbluten bekam. Der Aufprall war so wuchtig, dass ein eine Etage tiefer wohnender Nachbar zuerst dachte, sein eigener Heizkörper sei heruntergefallen. Der Angeklagte setzte seine Schläge fort und trieb die vor ihm flüchtende Geschädigte bis ins Badezimmer, wo er weiter auf sie einschlug. Durch die heftigen Schläge fiel M.

K.

gegen das Waschbecken und
fing erneut an zu bluten. Während der Schläge rief sie laut um Hilfe und bat den Angeklagten aufzuhören. Kurz vor dem Eintreffen der von einem Nachbarn alarmierten Polizei beendete der Angeklagte seine Tätlichkeiten und sagte zu
M.

K.

, dass ihre Beziehung nun beendet sei. Dem Angeklagten war

e-

M.

K.

erlitt durch die massiven Schläge des Angeklagten einen
verschobenen Bruch des [X.], eine Oberkiefer-/Maxillafraktur, einen linksseitigen Jochbeinbruch, ein leichtes bis mittleres Schädelhirntrauma sowie ein stumpfes Thoraxtrauma mit Frakturen der fünften und
sechsten Rippe und Anspießung des Rippenfelles, des [X.] und der Lunge. Ferner erlitt sie einen Riss der Oberlippe, der bis in die [X.] reichte, ein Brillen-hämatom sowie erhebliche Hämatome im Bauchbereich, an den Armen und an den Beinen. Infolge der [X.] kam es bei ihr zu einem akut lebensge-fährlichen Pneumothorax, der eine Notoperation erforderlich machte. Einige 3
-
5
-
Tage später wurde eine kosmetisch-chirurgische Operation durchgeführt, um die Brüche im Gesicht zu richten.
Nach der Tat suchte der Angeklagte die Geschädigte im Krankenhaus auf und war geschockt,
als er ihre Verletzungen sah. Er entschuldigte sich für seine Tat. M.

K.

nahm die Entschuldigung an.
Das [X.] hat das festgestellte Geschehen als gefährliche Körper-verletzung gemäß §
223 Abs.
1, §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB gewertet. Bei der Strafzumessung hat es die Annahme eines minder
schweren Falls (§
224 Abs.
1 letzter Halbsatz StGB) mit Rücksicht auf die Vielzahl und die Schwere der zugefügten Verletzungen verneint. In diesem Zusammenhang hat es zu-n-e-handelt habe. Auch sei der Angeklagte alkoholbedingt enthemmt und aufgrund seiner problematischen Persönlichkeitsentwicklung beeinträchtigt gewesen (UA
21). Den Regelstrafrahmen des §
224 Abs.
1 StGB hat das [X.] nach den §§
21, 49 Abs.
1 StGB gemindert, weil die Steuerungsfähigkeit des setzt gewesen sei. Diese Störung sei durch das tiefgreifende Enttäuschungserlebnis, in Zukunft keine gefestigte, harmonische Beziehung mit M.

K.

mehr führen zu
können, ausgelöst worden (UA
10). Bei der konkreten Strafzumessung hat es dem Angeklagten sein Geständnis und die von der Geschädigten angenomme-ne Entschuldigung positiv angerechnet (UA
22).
II.
Die Revision des
Angeklagten hat keinen Erfolg.
4
5
6
-
6
-
1.
Soweit sich der Angeklagte gegen den Schuldspruch wendet, ist sein Rechtsmittel aus den von
dem [X.] in seiner Zuschrift vom 10.
Oktober 2012 angeführten Gründen unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
Die Annahme einer lebensgefährdenden Behandlung im Sinne des §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB erfordert nicht den Einsatz gefährlicher Werkzeuge. Die vom [X.] festgestellten Misshandlungen und die dadurch hervorgerufenen schweren Verletzungen insbesondere am Kopf der Geschädigten belegen hin-reichend deutlich, dass der Angeklagte sowohl den objektiven, als auch den subjektiven Tatbestand des §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB erfüllt hat.
2.
Die Bemessung der Strafe ist frei von den Angeklagten belastenden Rechtsfehlern.
a)
Die Erwägungen, mit denen das [X.] das Vorliegen eines min-der
schweren Falls gemäß §
224 Abs.
1 letzter Halbsatz StGB abgelehnt hat, halten rechtlicher Überprüfung stand.
Sieht das Gesetz einen minder
schweren Fall vor und ist

wie hier nach den §§
21, 49 StGB

auch ein gesetzlich vertypter [X.] gegeben, muss bei der [X.] zunächst vorrangig geprüft werden, ob ein min-der
schwerer Fall vorliegt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung zuerst
auf die allgemeinen Milderungsgründe abzustellen. Vermögen sie die Annahme eines minder
schweren Falls allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertyp-ten [X.] verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere)
Straf-rahmenmilderung nach §
49 StGB zur Verfügung. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder
schweren Falls abzulehnen, sind auch die den gesetzlich vertypten [X.] verwirklichenden Umstände in die Bewertung einzubeziehen. Erst wenn der 7
8
9
10
-
7
-
Tatrichter danach weiterhin keinen minder
schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten [X.]es gemilderten Regelstrafrahmen [X.] legen ([X.], Beschluss vom 8.
August 2012

2
StR
279/12, [X.], 7, 8; Beschluss vom 26.
Oktober 2011

2
StR
218/11, [X.], 271, 272; Beschluss vom 21.
November 2007

2
StR
449/07, [X.], 105; Urteil vom 8.
September
1999

3
StR
327/99, [X.], 610).
Diese [X.] hat das [X.] beachtet. Mit Rücksicht auf das [X.] und die erheblichen Vorstrafen des Angeklagten bedurfte es keiner näheren Erörterung, dass allein die allgemeinen Milderungsgründe nicht zur Annahme eines minder
schweren Falls führen können (vgl. [X.], Urteil
vom 24.
September 2009

3
StR
188/09, [X.], 57, 58). Soweit das Land-gericht einen minder
schn-aus-drücklich ausgeschlossen hat, kann dem hinreichend deutlich entnommen wer-den, dass in diese Bewertung auch die für die Annahme verminderter Schuldfä-higkeit nach §

t-täuschter Beziehungserwartung) eingeflossen sind.
b)
Die Tatsache, dass das [X.] eine Anwendung des §
46a Nr.
1 StGB nicht ausdrücklich geprüft hat, begründet keinen durchgreifenden Rechts-fehler.
Die Vorschrift des §
46a Nr.
1 StGB ist in den Urteilsgründen nur dann zu erörtern, wenn der Täter einen Ausgleich mit dem Verletzten zumindest [X.] erstrebt hat und eine Strafmilderung nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 20.
Februar 2001

4
StR
551/00, StV 11
12
13
-
8
-
2001, 346, 347; MüKoStGB/[X.], 2.
Aufl.,
§
46a Rn.
52 mit weiteren Beispie-len aus der Rechtsprechung).
Angesichts der Schwere der begangenen Tat und der gravierenden [X.] bei der Geschädigten war eine bloße Entschuldigung des Ange-klagten ersichtlich nicht ausreichend, um eine Strafrahmenverschiebung nach §
46a Nr.
1, §
49 Abs.
1 StGB zu rechtfertigen (vgl. [X.], Urteil vom 8.
Sep-tember 1999

3
StR
327/99, [X.], 610). Das [X.] war daher auch nicht gehalten, diese Möglichkeit in den Urteilsgründen näher [X.].
Mutzbauer
Roggenbuck
Cierniak

Quentin
Reiter
14

Meta

4 StR 430/12

28.02.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.02.2013, Az. 4 StR 430/12 (REWIS RS 2013, 7757)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7757

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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