Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. 2 StR 159/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 16718

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:030216U2STR159.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 159/15
vom
3. Februar 2016
in der Strafsache
gegen

wegen schwerer Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat aufgrund
der Verhandlung
vom 3.
Februar 2016, an der
teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Appl
als Vorsitzender,

[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
[X.],
[X.] am [X.]
Zeng,
[X.]in am [X.]
[X.],

Staatsanwalt beim [X.]

in der Verhandlung,
[X.] beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
des Angeklagten,

Rechtsanwältin

als Vertreterin des [X.]

,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
[X.] 1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Oktober 2014 aufgehoben, soweit die im Strafbefehl des [X.] vom 16. Juli 2013

213 Js 22014/13 917 [X.]

angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis des Angeklagten, die [X.] und die Sperre für die [X.] einer Fahrerlaubnis aufrechterhalten worden sind. Die Aufrechterhaltung der Maßregel entfällt.

2.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen, soweit sie sich gegen den Schuldspruch
und
den Straf-ausspruch richtet.

3.
Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten gegen die im vorbezeichneten Urteil getroffene Adhäsionsentschei-dung sowie über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklag-ten einschließlich der dem Nebenkläger entstandenen not-wendigen Auslagen bleibt
einer abschließenden Entscheidung vorbehalten.

I[X.]
Die Revision des [X.] gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen.

Der Nebenkläger hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen
-
4
-

Gründe:
Das [X.] hat
den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverlet-zung und wegen schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Kör-perverletzung unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus drei Strafbefehlen und Aufrechterhaltung einer früheren Maßregel gemäß §§
69, 69a StGB zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt, von denen sechs Monate als bereits vollstreckt gelten.
Außerdem hat es den Angeklagten
verurteilt, an den
Nebenkläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000
Euro nebst Zinsen, abzüglich bereits gezahlter Beträge, zu zahlen. Darüber hinaus hat es
festgestellt, dass der Angeklagte verpflichtet ist, dem Nebenkläger sämt-liche ihm aus der Tat vom
19.
Juli 2009 künftig noch entstehenden materiellen oder weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit nicht Ansprüche auf Dritte übergegangen sind. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des [X.] und des Angeklagten. Das Rechtsmittel des Angeklagten hat nur den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Die Revision des Nebenklä-gers ist unbegründet.
A.
[X.] Das [X.] hat im Wesentlichen folgendes festgestellt:
1.
Der Angeklagte lernte im April 2005 Frau
P.

-C.

ken-
nen. Beide gingen eine Beziehung ein, die bis Ende 2008 andauerte und durch häufige Streitigkeiten, wechselseitige Eifersucht und gewalttätige Übergriffe des Angeklagten geprägt war. Kurz vor Beendigung der Beziehung kam es am Abend des 5.
Dezember 2008 zu einer verbalen Auseinandersetzung in der gemeinsamen Wohnung. Der Angeklagte wollte Geschlechtsverkehr, den
die Zeugin P.

-C.

ablehnte. Sie erklärte, für sie sei die Beziehung
1
2
3
-
5
-
beendet. Der Angeklagte schlug ihr daraufhin aus Zorn
mit der Hand auf das rechte Ohr. Dies führte zu
einem Riss des Trommelfells (Fall [X.] der Urteils-gründe).
2.
Am Abend des 18. Juli 2009 besuchte der Angeklagte zusammen mit [X.]

A.

und einem Bekannten, dem Zeugen

Z.

,

mehrere Gaststätten. Er trank dort jeweils eine unbekannte Menge Whisky mit Cola.
In den frühen Morgenstunden des 19.
Juli 2009 fuhr
ihn sein Bekannter
Z.

nach Hause. Der Angeklagte ließ sich in der Nähe der Wohnung der Zeugin
P.

-C.

absetzen, die sich inzwischen von ihm getrennt hatte. Ge-
gen 7.00 Uhr ging er zu deren Wohnung, um sie wegen seiner Vermutung, sie habe einen neuen Freund,
zur Rede zu stellen. Er gelangte ins Treppenhaus und klopfte lautstark gegen die Wohnungstür, rief nach ihr
und verlangte mit ihr zu sprechen. Frau P.

-C.

hatte mit

C.

die
Nacht im Wohnzimmer verbracht. Sie wollte den Angeklagten im Treppenhaus hinhalten, während der Nebenkläger die Polizei rufen sollte. Daher
verließ sie die Wohnung und zog die Wohnungstür hinter sich zu. Sie traf den
Angeklagten im Hausflur an. Dieser
hielt ihr
vor, dass sie einen
neuen Freund habe. Als
der Angeklagte die Stimme des [X.] durch die Wohnungstür hörte, geriet er in [X.]. Er wollte
diesem
eine Abreibung verpassen und sich dadurch zu-gleich an der Zeugin P.

-C.

rächen. Deshalb
brach er die Woh-
nungstür auf, nahm ein an die Wand gelehntes Bügelbrettgestänge und schlug es dem Nebenkläger mindestens zweimal wuchtig auf den Kopf. Dabei nahm er zwar nicht den Tod des [X.] in Kauf, er dem neuen Freund seiner früheren Lebensgefährtin erhebliche Verletzungen beizubringen, wobei er es für möglich hielt, dass der Nebenkläger durch die Schläge schwere
Kopfverletzungen mit unter Umständen längerfristigen schwerwiegenden Folgen für die geistig-körperliche Gesundheit seines Opfers

bewusstlos. 4
-
6
-
Das Bügelbrettgestänge zerfiel in seine Einzelteile. Anschließend ließ der An-geklagte seine
[X.] weiter an der Wohnungseinrichtung aus.

Der Nebenkläger erlitt eine offene Schädel-Hirn-Verletzung mit Impressi-onsfraktur
der Kalotte. Es kam zu Einblutungen in die [X.]. Infolge dieser Verletzung leidet der Nebenkläger seit der Tat dauerhaft
unter Epilepsie mit wiederkehrenden Krampfanfällen.
Er ist zu 80
% schwerbehindert und hat nach Verlust seines Arbeitsplatzes kaum noch Aussichten, eine Arbeitsstelle zu finden (Fall I[X.]2. der Urteilsgründe).
I[X.] Das [X.] hat zum
Fall I[X.]2. der Urteilsgründe angenommen, ein Tötungsvorsatz des Angeklagten sei nicht sicher festzustellen. Er
habe aus [X.] und Eifersucht gehandelt
und dabei
keine
Sicherungsmaßnahmen gegen die Entdeckung seiner Täterschaft ergriffen. Ihm sei wichtiger gewe-sen als die Belange anderer Menschen. Seine späteren SMS-Nachrichten an die Zeugin P.

-C.

offenbarten eine völlige Gleichgültigkeit ge-
genüber deren
Befindlichkeit. Aggressive Übergriffe seien ihm nicht wesens-fremd. Zur Tatzeit sei er alkoholbedingt enthemmt gewesen. Den Nebenkläger habe er dagegen nicht gekannt und gegen diesen
persönlich keinen Groll ge-hegt. Es sei ihm in seiner [X.] vor allem darum gegangen, seiner früheren Freundin
eine Lektion zu erteilen, indem er sich an ihrem neuen Freund und der Wohnungseinrichtung vergriffen habe. Dabei habe er darauf vertraut, dass der Nebenkläger nicht sterben werde. Wäre ihm das Wohlergehen des Nebenklä-gers völlig gleichgültig gewesen, hätte er sich nicht nach der Tat nach ihm er-kundigt.
II[X.] Das [X.] hat die Tat im Fall [X.] als vorsätzliche Körperverlet-zung
nach §
223 Abs.
1 StGB, diejenige im Fall I[X.]2. der Urteilsgründe
als schwere Körperverletzung gemäß §
226 Abs.
1 Nr.
3 StGB in Tateinheit mit ge-fährlicher Körperverletzung im Sinne von §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB
bewertet.
5
6
7
-
7
-
B.
Ein Verfahrenshindernis liegt nicht vor.
Das [X.] hat seine [X.] Zuständigkeit zu Recht angenommen.
[X.] Insoweit
ist folgendes Prozessgeschehen zu erörtern:
Die Staatsanwaltschaft hatte
am 5. Oktober 2009 Anklage zum [X.] bei dem [X.] wegen vorsätzlicher Körperverlet-zung und gefährlicher Körperverletzung erhoben. Der Strafrichter hat
das Hauptverfahren am 29. Januar 2010
eröffnet. In der Hauptverhandlung vom 25.
Februar 2010 verwies
er
die Sache gemäß §
270 Abs.
1 [X.] an das Schöffengericht. Dies
sei erforderlich, weil sich nach der Beweisaufnahme in
der Hauptverhandlung ergeben habe, dass der Angeklagte hinreichend ver-dächtig sei, eine schwere Körperverletzung begangen zu haben.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 17.
August 2011 wegen vorsätzlicher Körperverletzung und schwerer Körper-verletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und erließ

nach einem Teilanerkenntnis

ein Feststellungsurteil im
Adhäsionsverfahren. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte Berufung ein, die er später auf den Straf-ausspruch beschränkte. Auch der Nebenkläger legte Berufung ein, ohne [X.] einen Antrag zu stellen und die Zielrichtung seines Rechtsmittels
zu be-gründen.
Ihm wurde das Urteil des Schöffengerichts versehentlich nicht zuge-stellt. Unter dem 27. März 2012
beantragte er, die Sache wegen Verdachts des [X.] versuchten Totschlags an die [X.] beim Land-gericht
zu verweisen.
Durch Beschluss vom 26. April 2012 sprach
der Vorsitzende der Beru-fungskammer
aus, es bestehe
der hinreichende Tatverdacht, dass der Ange-klagte versucht
habe,

270 8
9
10
11
12
-
8
-
Abs.

Gegen diesen
Beschluss
legte
der Angeklagte Beschwerde ein. Das [X.] verwarf die
Beschwerde am
18.
Juni 2012 als unstatthaft
und führte aus, der Sache nach handele es sich um eine Vorlage entsprechend §
225a Abs.
1 Satz
1 [X.]. Diese sei nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Die [X.] des [X.]s
übernahm durch Be-schluss
vom 8.
Oktober 2012 das Verfahren, formulierte den Anklagesatz zu Fall I[X.]2. dahin neu, dass bezüglich der Tat vom 19. Juli 2009 versuchter [X.] in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung und mit gefährlicher Körper-verletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
in Betracht kom-me
und
eröffnete das Hauptverfahren.
I[X.] Aus diesem Prozessgeschehen ergibt sich
kein Verfahrenshindernis.
Die Beschwerdeführer haben insoweit
keine Verfahrensrüge erhoben.
Die umstrittene Frage, ob eine solche erforderlich ist, kann aber offenbleiben, weil auch im Fall einer Überprüfung von Amts wegen kein Verfahrenshindernis festzustellen ist.

Gemäß §
6 [X.] ist die sachliche Zuständigkeit des zur Urteilsfindung berufenen Strafgerichts von Amts wegen zu prüfen. Nach §
269 [X.] bleibt es aber im Hauptverfahren bei der Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung, nachdem
die Sache dort rechtshängig geworden ist. Die Zuständigkeit des [X.] schließt nämlich diejenige
eines Gerichts niederer
Ord-nung ein. Eine Ausnahme hiervon nimmt
die Rechtsprechung nur dann an,
wenn eine die Rechtshängigkeit begründende Gerichtsentscheidung objektiv willkürlich ergangen ist
und
dadurch Art.
101 Abs.
1 Satz
2 GG verletzt
wurde
(vgl. [X.], Urteil
vom 22. April 1997

1
[X.], [X.]St 43, 53, 55 f.).

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16
-
9
-
Streitig
ist die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall, der zur Unanwend-barkeit von
§
269 [X.] führt, gemäß §
6 [X.] vom [X.] wegen zu prüfen
ist (so [X.], Beschluss vom 12.
Dezember 1991

4
StR 506/91, [X.]St 38, 172,
176; Urteil vom 27. Februar 1992

4
StR 23/92, [X.]St 38, 212; Beschluss vom 21. April 1994

4
StR 136/94, [X.]St 40, 120, 122 ff.), oder ob
eine solche Überprüfung nur aufgrund einer Verfahrensrüge
erfolgt
(so [X.], Beschluss vom 30.
Juli 1996

5 [X.], [X.]St 42, 205, 212 ff.; Urteil vom 22. April 1997

1 [X.], [X.]St 43, 53, 56).

Der Senat kann offen lassen, welcher
Auffassung zu folgen ist, weil
hier objektive Willkür
offensichtlich nicht vorliegt:
1. Objektiv fiel die Aburteilung des angeklagten [X.] in die Zuständigkeit der [X.], da hier ein hinreichender Tatver-dacht für ein [X.] begangenes versuchtes Tötungsdelikt gegeben war. So hatte der Angeklagte nach der Tat den Bruder der Zeugin P.

-
C.

der Angeklagte geäußert, dass er sich der Polizei stellen werde, wenn der Ge-schädigte die [X.] überleben würde. Daraus könnte
rückblickend darauf geschlossen werden, dass der Angeklagte auch bei der Begehung der Tat mit tödlichen Folgen seiner Handlung gerechnet hatte. Hinzu kommt, dass die wuchtigen Schläge des Angeklagten mit dem Gestänge auf den Kopf des [X.] äußerst gefährliche Gewalthandlungen waren. Dies ist nach der Rechtsprechung ein Indiz dafür, dass der Täter die Möglichkeit der Tötung des Opfers auch ernsthaft in Betracht gezogen und billigend in Kauf genommen hat (BeckOK-StGB/[X.], StGB, 30.
Ed., §
212 Rn.
21; [X.], StGB, 63.
Aufl., §
212 Rn.
8 jew. [X.]).

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-
10
-
2. Ob die Übernahme des Verfahrens durch das [X.] auf Vorlage des Vorsitzenden der Berufungskammer eine Rechtsgrundlage in
§
225 Abs.
1 [X.] findet, kann ebenfalls dahinstehen.
§
225a [X.] gestattet es den Gerichten im Stadium der Hauptverhand-lung eine Änderung der sachlichen Zuständigkeit herbeizuführen. §
323 Abs.
1 [X.] verweist für die Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung jedoch nur auf die §§
214 und 216 bis 225 [X.], hingegen nicht auf
§
225a [X.]. Für den Fall, dass das Gericht des ersten [X.] mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen hat, sieht §
328 Abs.
2 [X.] vor, dass das Berufungsgericht un-ter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht verweist.
Daraus
wird in der Literatur zum Teil gefolgert, dass eine entsprechende Anwendung des §
225a [X.] im Berufungsverfahren ausscheide
(so BeckOK-[X.]/[X.], [X.], 24.
Ed., §
328 Rn. 1; [X.], [X.], 25.
Aufl., §
225a Rn.
6; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 58.
Aufl., §
226a Rn. 2).
Nach einer Entscheidung des [X.] (Beschluss vom 19.
Dezember 2002

1
StR 306/02, [X.]R [X.] §
225a Anwendungsbe-reich
1) und nach der herrschenden Ansicht
in
der Literatur (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.] 2011, §
225a Rn.
1; [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
225a Rn.
3; KK/Gmel, [X.], 7.
Aufl., §
225a Rn.
4; SSW/Grube, [X.], 2.
Aufl., §
225a Rn.
4; [X.] NStZ 2000, 574, 575; [X.]/[X.], [X.], 26.
Aufl., §
225a Rn.
6) ist §
225a [X.] im Berufungsverfahren entsprechend anwendbar. Dass der Gesetzgeber diese Vorschrift in §
323 Abs.
1 [X.] nicht erwähnt hat, sei ein
Redaktionsversehen. Für die entsprechende Anwendung des §
225a
[X.] im Stadium der Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung spreche
das Interesse an einem beschleunigten und prozesswirtschaftlichen Verfahren.

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21
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-
11
-
Soweit das [X.] der Sache nach entsprechend §
225a [X.] ver-fahren ist, hat es sich an der Rechtsprechung des [X.] orien-tiert. Dies ist offensichtlich nicht willkürlich.

3. [X.] ist, dass die [X.] auch die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen hat. Ein solcher Eröffnungsbeschluss ist im Verfahren entsprechend §
225a [X.] entbehrlich, weil die Eröffnung des Hauptverfahrens bereits durch das Amtsgericht beschlossen worden
ist ([X.]/[X.], [X.],
§
225a Rn.
21). Der gleichwohl ergangene Eröffnungsbe-schluss des [X.]s führt nicht zu einer doppelten Rechtshängigkeit der Sache.
C.
Die
Revision des Angeklagten ist

mit Ausnahme der Einbeziehung [X.] früher verhängten Maßregel gemäß §§
69, 69a StGB

unbegründet, soweit sie den strafrechtlichen Teil des Urteils betrifft.
Die Entscheidung über den Rechtsmittelangriff des Angeklagten gegen den Adhäsionsausspruch stellt der Senat
zurück.
[X.] Die Verfahrensrügen sind aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift vom 10. Juni 2015 genannten Gründen unbegründet.
I[X.] [X.] hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen den Schuld-
und
Strafausspruch richtet.
1. Die Beweiswürdigung des [X.]s ist rechtlich nicht zu [X.]. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuld-spruch auch im Fall I[X.]2. der Urteilsgründe.
Die Epilepsie des [X.] ist eine geistige Krankheit oder
Behinde-rung
im Sinne von §
226 Abs.
1 Nr.
3 StGB
(vgl. [X.], Urteil vom 31.
Januar 24
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29
30
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-
2007

1
StR 429/06, [X.], 325; BeckOK-StGB/[X.], StGB, 30.
Ed.,
§
226 Rn.
27; [X.], StGB,
§ 226 Rn.
10; [X.], StGB, 2.
Aufl., §
226 Rn.
40; a.A.
NK/Paeffgen, StGB, 4.
Aufl., § 226 Rn. 35). Diese schwere Folge hat der Angeklagte durch die vorsätzliche Körperverlet-zung jedenfalls fahrlässig verursacht

18 StGB).
Die Annahme von Tateinheit zwischen der gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB) und der schweren Körperverletzung (§
226 Abs.
1 Nr.
3 StGB) ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden
(vgl. [X.], Beschluss vom 21. Oktober 2008

3
StR 408/08, [X.]St 53, 23, 24).
2. Gegen die [X.] bestehen keine rechtlichen Bedenken.
a) Das [X.] hat durch Gesamtwürdigung aller wesentlichen Ge-sichtspunkte einen minderschweren Fall der schweren Körperverletzung ver-neint. Dagegen ist rechtlich nichts
zu erinnern.
Ein [X.] greift nicht ein.
aa) Das [X.] hat eine erhebliche Verminderung der Steuerungs-fähigkeit des Angeklagten bei der Begehung der Tat vom 19. Juli 2009 im Sinne von §
21 StGB rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.
(1) Nachdem Feststellungen zum Umfang der Alkoholaufnahme vor der Tat nicht getroffen werden konnten, durfte
das [X.] die Frage einer al-koholbedingten Verringerung des Hemmungsvermögens allein anhand des Leistungsverhaltens des Angeklagten überprüfen. Insoweit hat es unter ande-rem auf die Einschätzung der Zeugin P.

-C.

abgestellt, die den
Angeklagten kannte und bei diesem keine Ausfallerscheinungen bemerkt hat. 31
32
33
34
35
36
-
13
-
Ferner hat es die
Alkoholgewöhnung des Angeklagten berücksichtigt.
Dagegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
(2) Ebenso rechtsfehlerfrei hat das [X.] unter Berücksichtigung der anerkannten Beurteilungskriterien (vgl. [X.], Beschluss vom 3.
August 1993

4 StR 138/93, [X.], 637; [X.] in [X.]/[X.]/Leygraf/[X.], Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2010, S.
351 ff.) eine tiefgrei-fende Bewusstseinsstörung infolge eines Affektsturms ausgeschlossen.
bb) Trotz der vom Angeklagten geleisteten Schmerzensgeldzahlungen kommt eine Anwendung von §
46a Nr.
1 StGB nicht in Betracht. Es fehlt inso-weit an dem erforderlichen kommunikativen Prozess.
§ 46a Nr. 1 StGB setzt nach seiner
gesetzgeberischen Intention (BT-Drucks. 12/6853, S. 21 f.) einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wie-dergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt nicht ([X.], Urteil vom 5.
November 2014

1 StR
327/14, [X.]R StGB §
46a Nr. 1 Ausgleich 12; SSW/[X.], StGB, 2. Aufl., §
46a Rn.
24; [X.], StGB,
§
46a Rn.
10a). Eine irgendwie geartete Kommunikation zwi-schen dem Angeklagten und dem Geschädigten hat es nach den [X.] des [X.]s nicht gegeben.
b) Eine Verletzung des Verschlechterungsverbots aus §
331 Abs.
1 [X.] liegt nicht vor, obwohl das Schwurgericht im Fall I[X.]2. eine höhere Einzelfrei-heitsstrafe verhängt hat, als dies zuvor durch das Schöffengericht beim Amts-gericht geschehen war. Zwar ist diese Vorschrift nach vorherrschender [X.] auch dann zu beachten, wenn das ursprüngliche Berufungsverfahren durch Übernahme des Verfahrens durch das Gericht höherer Ordnung
oder Verweisungsurteil
in ein erstinstanzliches Verfahren umgewandelt wurde
(vgl. 37
38
39
40
-
14
-
[X.], Beschluss vom 2.

4
StR 452/04; BeckOK-[X.]/[X.], [X.], 24.
Ed., §
331 Rn.
2; SK-[X.]/Frisch, [X.], 4.
Aufl., §
331 Rn.
30; [X.]/Gössel, [X.], § 331 Rn.
17; a.A. [X.], Prozessvoraus-setzungen und [X.], 2011, S.
81 ff.). Das Verschlechterungs-verbot gilt aber nur, wenn ausschließlich der Angeklagte eine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts eingelegt hat; es ist ohne Bedeu-tung, wenn die Staatsanwaltschaft oder

wie hier

ein Nebenkläger das Urteil zuungunsten des Angeklagten angegriffen hat.
3. Keinen Bestand hat die Aufrechterhaltung der aus dem Strafbefehl des [X.] vom 16.
Juli 2013 einbezogenen Maßregel gemäß §§
69, 69a [X.]. Sie ist

wie vom
[X.] zutreffend ausgeführt

durch Ablauf der Sperrfrist erledigt. Der Ausspruch
über die [X.] der Maßregel muss daher entfallen.
II[X.] Die Entscheidung über die Revision des Angeklagten
gegen den Ad-häsionsausspruch
bleibt einer abschließenden Entscheidung des Senats vor-behalten.
Der Senat hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2014

2
[X.] und 2
StR 337/14

bei den anderen Strafsenaten sowie beim [X.] für Zivilsachen gemäß § 132 [X.] angefragt, ob an der Rechtsprechung, die bei der Bemessung des Schmerzensgeldes regelmäßig die Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse des Schädigers und des Geschädigten erfordert, [X.] wird. Er beabsichtigt diese Rechtsprechung aufzugeben. Auf die Gründe dieser Entscheidung wird Bezug genommen. Der Senat sieht sich mit Blick auf die vorgenannte Entscheidung gehindert, über die Revision des Ange-klagten, soweit der Adhäsionsausspruch betroffen ist, zu entscheiden. Im [X.] darauf, dass über diesen Teil der Revision des Angeklagten in absehbarer [X.] nicht entschieden werden kann, war es geboten, über den strafrechtlichen 41
42
43
-
15
-
Teil des angefochtenen Urteils vorab zu entscheiden. Eine solche Teilerledi-gung des Rechtsmittels war hier ausnahmsweise zulässig (vgl. im Einzelnen Senat, Beschluss vom 8.
Oktober 2014

2 [X.] und 2 StR 337/14).
D.
Die Revision des [X.] ist unbegründet.
[X.] Die Verfahrensrüge, mit welcher der
Nebenkläger
die Verletzung des
Art.
103 Abs.
1 GG geltend macht, weil das [X.] nach erfolgter Über-nahme des Verfahrens im Verlauf der Hauptverhandlung nicht darauf [X.] habe, dass eine Verurteilung
wegen versuchten Totschlags im Fall I[X.]2. der Urteilsgründe unter Umständen nicht erfolgen werde, hat keinen Erfolg.
Der
Angeklagte
war zuvor durch das Schöffengericht
unter anderem we-gen schwerer Körperverletzung verurteilt worden. Der Nebenkläger
musste da-nach auch mit der Möglichkeit rechnen, dass es damit sein Bewenden haben könnte, wenn die [X.] nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung der
Tat gelangen würde. Die zugelassene Anklage der Staatsan-waltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung, der rechtliche Hinweis des Amtsgerichts darauf, dass auch eine Verurteilung wegen schwerer Körperver-letzung in Betracht
komme, und dessen

später gegenstandslos gewordenes

Urteil erfüllten insoweit in ausreichendem Maße die vom Gesetz geforderte In-formationsfunktion.

I[X.] Soweit sich die Sachrüge des [X.] dagegen richtet, dass das [X.] den Angeklagten nicht auch wegen
versuchten Totschlags zu sei-nem Nachteil verurteilt hat, ist
die Revision ebenfalls unbegründet.
Die Beweiswürdigung des [X.]s weist keinen
durchgreifenden Rechtsfehler auf.
Das [X.] hat die Art, Zielrichtung und Wirkung der Gewalthandlungen und mögliche Indizien für die Vorsatzrichtung des Angeklag-44
45
46
47
48
-
16
-
ten und auch dessen
Verfassung zur Tatzeit sowie sein
Handlungsmotiv be-
liegt darin kein
Rechtsfehler.
II[X.] Der Revisionsangriff des [X.] auf die Adhäsionsentschei-dung ist aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift vom 10.
Juni 2015 genannten Gründen unzulässig.
[X.][X.]

Ott

Zeng Bartel

49

Meta

2 StR 159/15

03.02.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.02.2016, Az. 2 StR 159/15 (REWIS RS 2016, 16718)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 16718

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 159/15

2 StR 137/14

2 StR 337/14

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