Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. IX ZR 178/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4149

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03
Verkündet am: 11. März 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 675 Abs. 1, 667

Ob der Auftraggeber nach dem Ende des Mandats vom Steuerberater verlangen kann, daß dieser der Übertragung der von ihm bei der [X.] gespeicherten Daten auf einen anderen Steuerberater zustimmt, hängt davon ab, ob die Daten das ver-traglich geschuldete Arbeitsergebnis enthalten oder ob es sich um dieses vorberei-tende Arbeitsleistungen handelt (im Anschluß an [X.], [X.]. v. 17. Februar 1988 - [X.], [X.], 442 f; [X.]. v. 25. Oktober 1988 - [X.], NJW 1989, 1216 f).

[X.], [X.]eil vom 11. März 2004 - [X.]/03 - LG Stade

AG [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2004 durch [X.] [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das [X.]eil der 3. Zivilkammer des [X.] vom 8. Juli 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens werden nicht erho-ben. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.

GmbH (fortan: Schuldnerin). Er verlangt von der [X.], der früheren Steuerberaterin der Schuldnerin, ge-genüber der [X.] zu erklären, daß sämtliche, die Schuldnerin betreffenden [X.]-Konten und [X.]-Auswertungen auf einen anderen, von ihm [X.] Steuerberater übertragen werden. Das Amtsgericht hat der Klage - 3 - stattgegeben, das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewie-sen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom [X.] zugelasse-nen Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel der [X.] hat Erfolg.

[X.]

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe "mit [X.] Begründung dem Kläger den Anspruch auf einen Zugriff der von der [X.] bei der [X.] gespeicherten Dateien des Insolvenzschuldners zu-gesprochen." Die Datenübermittlung an die [X.] sei auch im Interesse der Schuldnerin erfolgt. Damit sei die Speicherung dieser Daten aus der Ge-schäftsbesorgung entstanden. Der Einwand der [X.], der Vorgang diene lediglich der doppelten Absicherung des Steuerberaters, überzeuge nicht.

I[X.]

Das Berufungsurteil ist aufzuheben, weil ihm die für die revisionsrechtli-che Nachprüfung nach §§ 545, 559 ZPO erforderliche tatsächliche [X.] fehlt. Der [X.] kann nicht überprüfen, ob das Berufungsge-richt mit Recht einen Anspruch des [X.] nach § 675 Abs. 1, § 667 [X.] be-- 4 - jaht hat. Er vermag dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen, ob der Kläger sich auf dem Umweg über die bei der [X.] gespeicherten Daten der Schuldnerin den Zugriff auf das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis [X.] will oder ob dort lediglich Arbeitsleistungen der [X.] auf dem Weg zu einem solchen Arbeitsergebnis abgespeichert sind. Hierauf aber kommt es entscheidend an:

1. Gemäß § 675 Abs. 1, § 667 [X.] hat der Steuerberater seinem [X.] alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Denn er wird aufgrund eines [X.] tätig (vgl. [X.], [X.]. v. 17. Februar 1988 - [X.], [X.], 442 f; [X.]. v. 25. Oktober 1988 - [X.], NJW 1989, 1216 f). Rechtlich bestehen keine Bedenken dagegen, die Zustimmung zur Da-tenübertragung als Inhalt der Verpflichtung zur Herausgabe der vom [X.] bei einem [X.] abgespeicherten Daten anzusehen (vgl. [X.] 1996, 252, [X.], 273, Geisendorfer [X.] 1993, 253 m.w.N.). Zur Ausführung des Auftrags erhalten ist alles, was dem Beauftragten zum Zwecke der Geschäftsbesorgung zur Verfügung gestellt worden ist ([X.]/[X.]/[X.], [X.] § 667 Rn. 7; Soergel/[X.], [X.]. § 667 Rn. 4; [X.]/[X.], [X.] Aufl. § 667 Rn. 3). Aus der Geschäftsbesorgung erlangt ist jeder Vorteil, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusam-menhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat ([X.], [X.]. v. 17. Oktober 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 560; MünchKomm/[X.], [X.]. § 667 Rn. 9; [X.]/[X.], [X.]. § 667 Rn. 1). Nach dieser Alternative sind auch die vom Beauftragten über die Geschäftsbesorgung selbst angelegten Akten, sonstigen Unterlagen und Dateien - mit Ausnahme von privaten Aufzeichnungen - herauszugeben ([X.], 392, 395; [X.] - 5 - 109, 260, 264 f; KG NJW 1971, 566, 567; 1989, 532 f; [X.] NJW-RR 1988, 268, 269).

Anders verhält es sich jedoch mit dem (vertraglichen) Arbeitsergebnis der [X.], das die Schuldnerin zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten benötigte und das die Beklagte ihr aus dem Steuerberatervertrag schuldete (vgl. [X.], [X.]. v. 17. Februar 1988, aaO S. 442; v. 25. Oktober 1988, aaO S. 1217). Denn das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis steht im [X.] des gegenseitigen Vertrages; es ist nicht im Sinne der §§ 675 Abs. 1, 667 2. Alt. [X.] erlangt, sondern Gegenstand des vertraglichen Erfül-lungsanspruchs (vgl. MünchKomm/[X.], aaO § 667 Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.], aaO Rn. 8; [X.], StBerG 4. Aufl. § 66 Rn. 15). Bei den der [X.] übermittelten Datenbeständen kann es sich um körperlich erfaßbare Arbeitsergebnisse handeln (KG, aaO; ebenso [X.] und Geisendorfer, [X.]. aaO, [X.] 1997, 557, 558 und die [X.]. der Schriftleitung zu [X.] 1989, 39, 41). Für die rechtliche Beurteilung ist es ohne Belang, ob die [X.] die Schuldnerin allgemein steuerlich beraten hat (vgl. [X.], [X.]. v. 25. Oktober 1988, aaO).

2. Nach dem im Tatbestand des amtsgerichtlichen [X.]eils wiedergege-benen unstreitigen Parteivortrag führte die Beklagte für die Schuldnerin die gesamte Buchführung und die Jahresabschlußarbeiten durch. Wenn daher die bei der [X.] abgespeicherten Daten unmittelbar Bestandteil der Buchfüh-rung oder der "Jahresabschlußarbeiten" sind, hat der Kläger keinen Anspruch aus § 675 Abs. 1, § 667 [X.] auf deren Herausgabe. Das gilt auch dann, wenn es sich um zur Sicherung der Daten angelegte Doppel der bei der [X.] vorhandenen Datenbestände handeln sollte. Denn das vertraglich geschuldete - 6 - Arbeitsergebnis kann auch der Insolvenzverwalter nicht honorarfrei zur Masse ziehen (vgl. [X.], [X.]. v. 25. Oktober 1988, aaO; [X.], aaO § 66 Rn. 16). Soweit es sich hingegen um von der [X.] eingegebene Daten handelt, die ihr von der Schuldnerin zum Zwecke der Geschäftsbesorgung zur Verfü-gung gestellt worden waren, ist der Anspruch auf Zustimmung zur Datenüber-tragung aus § 675 Abs. 1, § 667 1. Alt. [X.] begründet. Sofern die Beklagte die von der Schuldnerin gelieferten Daten und Unterlagen ausgewertet und für die noch zu leistende eigentliche Buchführung geordnet und rechnerisch aufberei-tet hat, handelt es sich noch nicht um das vertraglich geschuldete Arbeitser-gebnis selbst. Vielmehr wird dieses durch Systematisierung und Weiterverar-beitung der gelieferten "Rohdaten" erst vorbereitet. Dieser Fall ist mit demjeni-gen vergleichbar, in dem der Beauftragte über die Geschäftsbesorgung selbst Akten anlegt. Diese sind, wie ausgeführt, gemäß § 675 Abs. 1, § 667 2. Alt. [X.] herauszugeben.

Anhaltspunkte dafür, daß auch nur ein Teil der Daten dem internen [X.] zu dienen bestimmt ist (vgl. § 66 Abs. 2 Satz 2 StBerG und [X.], [X.]. v. 17. Februar 1988, aaO), sind dem [X.] nicht zu entnehmen.
3. Da das Berufungsurteil wegen des vorstehend aufgezeigten [X.] aufgehoben werden muß, kann letztlich dahinstehen, ob es den [X.], die § 540 ZPO an den Inhalt des Berufungsurteils stellt, noch genügt.

a) Auf das Berufungsverfahren vor dem [X.] ist die Zivilprozeß-ordnung in der am 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden (§ 26 Nr. 5 - 7 - EGZPO). Demgemäß reichte für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen [X.]eil anstelle des Tatbestandes aus (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Eine solche Verweisung kann sich jedoch naturgemäß nicht auf den in der zweiten Instanz gestellten Berufungsantrag der [X.] erstrek-ken. Der Antrag des Berufungsklägers braucht zwar nicht unbedingt wörtlich wiedergegeben zu werden. Das Berufungsurteil muß aber, wenn es auf die wörtliche Wiedergabe des Antrags verzichtet, wenigstens erkennen lassen, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat. Daher sind die [X.] entweder wörtlich oder zumindest sinngemäß in das Beru-fungsurteil aufzunehmen ([X.], [X.]. v. 26. Februar 2003 [X.], [X.]-Report 2003, 629, z.[X.]. in [X.] 154, 99; [X.]. v. 6. Juni 2003 [X.], NJW-RR 2003, 1290, 1291; [X.]. v. 13. August 2003 - [X.], NJW 2003, 3352, 3353, z.[X.]. in [X.]; [X.]. v. 30. September 2003 - [X.], NJW 2004, 293, 294). Es kann dahinstehen, ob die Angabe, das Amtsgericht habe "dem Kläger den Anspruch – zugesprochen" in Verbindung mit der Mitteilung, daß die Beklagte Berufung eingelegt habe, dem genügt.

b) Auch enthält das Berufungsurteil entgegen § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO weder eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im erstin-stanzlichen [X.]eil noch eine Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzun-gen. Denn es nimmt lediglich auf die Begründung Bezug, mit der das Amtsge-richt einen Anspruch des [X.] bejaht hat. Die tatbestandlichen Darstellun-gen in den Gründen des Berufungsurteils müssen aber ausreichen, um eine revisionsrechtliche Nachprüfung zu ermöglichen. Das ist nicht der Fall, wenn entsprechende Darstellungen in einem Berufungsurteil fehlen oder derart wi-dersprüchlich, unklar oder lückenhaft sind, daß sich die tatsächlichen [X.] 8 - gen der Entscheidung des [X.] nicht mehr zweifelsfrei erkennen lassen ([X.], [X.]. v. 13. August 2003 - [X.], aaO; [X.]. v. 6. Juni 2003 - [X.], aaO).
- 9 - II[X.]

In der neuen Berufungsverhandlung wird das [X.] auch Gele-genheit haben, sich mit den Argumenten der Revisionsbegründung und der Revisionserwiderung auseinanderzusetzen.

Für die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens hat der [X.] von der Möglichkeit des § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch gemacht.

[X.]

Ganter [X.]

[X.]

[X.]

Meta

IX ZR 178/03

11.03.2004

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.03.2004, Az. IX ZR 178/03 (REWIS RS 2004, 4149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4149

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