Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.02.2018, Az. 5 AV 1/18

5. Senat | REWIS RS 2018, 13917

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Gegenstand

Keine Anwendung von § 53 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO bei umstrittener örtlicher Zuständigkeit


Gründe

1

Der mit Schreiben vom 3. Januar 2018 gestellte Antrag, für die Verfahren [X.], [X.] und [X.] 17.5795 - jeweils [X.] - das örtlich zuständige Verwaltungsgericht nach § 53 [X.] zu bestimmen, hat keinen Erfolg.

2

Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Antrag - entgegen der Auffassung des Antragstellers - gemäß § 67 Abs. 4 [X.] dem [X.] unterliegt (vgl. verneinend z.B.: BVerwG, Beschluss vom 6. Juni 1972 - 3 ER 404.71 - [X.] 310 § 53 [X.] Nr. 6; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. 2014, § 53 Rn. 20; [X.], in: [X.], [X.], 14. Aufl. 2014, § 53 Rn. 14; [X.], in: [X.], 3. Aufl. 2013, § 53 Rn. 15; [X.], [X.], 113; bejahend z.B.: [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 23. Aufl. 2017, § 53 Rn. 10; [X.]/von [X.], [X.], 15. Aufl. 2010, § 53 Rn. 5; vermittelnd z.B.: Bier, in: [X.]/[X.]/Bier, [X.], Stand Oktober 2016, § 53 Rn. 13), ist der Antrag hier jedenfalls deshalb unzulässig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen das [X.] eine Zuständigkeitsbestimmung überhaupt vornehmen darf, nicht erfüllt sind.

3

Das [X.] ist auf Antrag eines am Rechtsstreit Beteiligten zur Bestimmung des zuständigen Gerichts der Verwaltungsgerichtsbarkeit nur befugt, wenn einer der in § 53 Abs. 1 oder Abs. 2 [X.] genannten Fälle gegeben ist. Daran fehlt es hier. Von den fünf in § 53 Abs. 1 [X.] aufgeführten Fällen, scheiden die in Nummer 2, 4 und 5 geregelten Fälle offensichtlich aus. Weder ist es wegen der Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig ist (Nr. 2), noch haben sich verschiedene Gerichte rechtskräftig für zuständig (Nr. 4) oder für unzuständig erklärt (Nr. 5). Eine Zuständigkeitsbestimmung ist aber auch nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 und [X.] sowie § 53 Abs. 2 [X.], auf die der Antragsteller sein Anliegen ausdrücklich gestützt hat, ausgeschlossen.

4

1. Das [X.] ist nicht nach § 53 Abs. 1 Nr. 1 [X.] für die begehrte Zuständigkeitsbestimmung zuständig.

5

Danach wird das zuständige Gericht innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch das nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist. Verhinderung des zuständigen Gerichts ist etwa anzunehmen, wenn das Gericht durch Ausschluss oder erfolgreiche Ablehnung, Erkrankung, Tod usw. von Richtern nicht (mehr) in absehbarer Zeit in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung zusammentreten oder wenn es infolge von Aufruhr, Naturkatastrophen, Stillstand der Rechtspflege usw. für längere Zeit nicht tätig sein kann (BVerwG, Beschlüsse vom 21. Januar 2004 - 5 AV 3.03 - juris Rn. 6 m.w.[X.]; 2. September 2013 - 5 AV 1.13 - juris Rn. 1; [X.], in: [X.]/[X.], [X.] 23. Aufl. 2017, § 53 Rn. 4).

6

Der Antragsteller kann sich schon deshalb nicht mit Erfolg auf diese Norm berufen, weil eine Verhinderung in ihrem Sinn weder bei dem [X.] noch bei dem [X.] erkennbar ist. Das folgt für das [X.] bereits daraus, dass es in dem Verfahren [X.] eine Entscheidung getroffen hat. Bei dem [X.] liegen ebenfalls keine Hinderungsgründe vor.

7

Soweit der Antragsteller seinen Antrag damit begründet, das [X.] werde an einer Sachentscheidung gehindert, weil sich das zuerst angegangene [X.] in dem Verfahren [X.] für zuständig angesehen, dementsprechend von einer Verweisung abgesehen und in der Sache selbst entschieden habe bzw. in den Verfahren [X.] und [X.] 17.5795 entsprechend verfahren werde, ist dieser Fall nicht mit der in § 53 Abs. 1 Nr. 1 [X.] normierten Sachlage gleichzusetzen. Sinn und Zweck dieser Vorschrift ist es, einen Stillstand der Rechtspflege zu vermeiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 1992 - 4 ER 404.92 - [X.] 310 § 53 [X.] Nr. 19 S. 14). Von einem Stillstand der Rechtspflege kann aber keine Rede sein, wenn - wie hier - ein Gericht in den betroffenen Verfahren eine Entscheidung trifft bzw. diese betreibt. Ob die Entscheidung, die das [X.] in dem Verfahren [X.] erlassen hat, richtig ist und das [X.] vor allem in diesem sowie in den beiden anderen Verfahren zu Recht davon ausgegangen ist, nach § 52 [X.] [X.] örtlich zuständig zu sein, ist keine Frage der Verhinderung des von dem Antragsteller für zuständig erachteten [X.]. Sie ist daher im vorliegenden Kontext nicht zu beantworten, sondern gegebenenfalls im Rahmen eines etwaigen Rechtsmittels gegen die getroffene bzw. zu treffende Entscheidung des Verwaltungsgerichts [X.] zu prüfen.

8

2. Die Zuständigkeit des [X.]s ergibt sich auch nicht aus § 53 Abs. 1 [X.] [X.].

9

Die Vorschrift sieht eine Zuständigkeitsbestimmung für den Fall vor, dass nach § 52 [X.] mehrere Gerichte in Betracht kommen. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, wenn bloß rechtliche Zweifel über die Zuständigkeit vorliegen, die durch Auslegung der Zuständigkeitsregelungen beseitigt werden können. § 53 [X.] durchbricht nicht die Regelung über [X.], sondern ergänzt sie lediglich für den Fall, dass das Prozessrecht selbst keine oder keine widerspruchsfreie Zuweisung enthält. Zweck der Norm ist es nicht, dem [X.] die Entscheidung über Zweifelsfragen, die sich aus der Auslegung des § 52 [X.] ergeben, gleichsam in der Art einer Vorabentscheidung vorzulegen (BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 2 AV 1.10 - juris Rn. 4 m.w.[X.]). Gemessen daran ist der Anwendungsbereich der Norm hier nicht eröffnet.

Der Antragsteller und das [X.] streiten darüber, ob sich der Gerichtsstand - wie das [X.] meint - nach § 52 [X.] [X.] richtet oder - wie der Antragsteller annimmt - nach § 52 Nr. 5 [X.] bestimmt. Entsprechend seiner Funktion als allgemeine Auffangvorschrift für die durch § 52 Nr. 1 bis 4 [X.] nicht erfassten Fälle (BVerwG, Beschluss vom 24. November 1971 - 8 ER 400.70 - BVerwGE 39, 40) können aber die Zuständigkeit nach § 52 [X.] [X.] und nach § 52 Nr. 5 [X.] nicht nebeneinander bestehen. Für eine Zuständigkeit des [X.] nach § 52 Nr. 1 bis 4 [X.] hat der Antragsteller keine Anhaltspunkte vorgetragen. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

3. Die Zuständigkeit des [X.]s folgt auch nicht aus § 53 Abs. 2 [X.].

Danach bestimmt das [X.] das zuständige Gericht, wenn eine örtliche Zuständigkeit nach § 52 [X.] nicht gegeben ist. Das wird von dem Antragsteller nicht geltend gemacht. Dafür besteht auch sonst kein Anhaltspunkt. Der Umstand, dass die Frage der örtlichen Zuständigkeit zwischen dem [X.] und dem Antragsteller streitig ist, reicht insoweit nicht aus.

Meta

5 AV 1/18

15.02.2018

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AV

§ 53 Abs 1 Nr 1 VwGO, § 53 Abs 1 Nr 3 VwGO, § 52 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 15.02.2018, Az. 5 AV 1/18 (REWIS RS 2018, 13917)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13917

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