Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2009, Az. AK 10/09

3. Strafsenat | REWIS RS 2009, 3265

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[X.]BESCHLUSS AK 8 bis 10/09 vom 29. Mai 2009 in dem Ermittlungsverfahren gegen 1. 2. 3. wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen [X.] u. a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Beschuldigten am 29. Mai 2009 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen: Die Untersuchungshaft hat [X.]. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den [X.] Vorschriften zuständigen Gericht übertragen. Gründe: 1. Aufgrund der Haftbefehle des Ermittlungsrichters des [X.] vom 3. November 2008 sind die Beschuldigten am 5. November 2008 fest-genommen worden. Die Beschuldigte [X.]befindet sich seit diesem Tag, die Beschuldigten [X.]und [X.]befinden sich seit dem 6. November 2008 aufgrund dieser Haftbefehle in Untersuchungshaft. 1 a) Die Beschuldigten sind dringend verdächtig, sich seit dem 30. August 2002 bis zu ihrer Festnahme als Mitglieder der marxistisch-leninistischen Grup-pierung [X.] an einer [X.] ([X.]) beteiligt zu haben, deren Zwecke und Tätigkeiten darauf gerichtet sind, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129 b Abs. 1 i. V. m. § 129 a Abs. 1 Nr. 1 StGB), um unter anderem auf diesem Wege die staatliche Ordnung in der [X.] durch "bewaffneten Kampf" zu beseitigen. Die [X.] hat sich seit 1994, auch im Tatzeitraum, zu zahlreichen Brand- und Sprengstoffanschlägen bekannt, die u. a. gegen [X.] des [X.], Mitglieder [X.] Justizbehörden und der 2 - 3 - [X.] gerichtet waren. Dabei kann hier dahinstehen, ob - was aller-dings nahe liegt (vgl. etwa auch die uneingeschränkte Listung der [X.] als terroristische [X.] in den [X.] 2002/460/[X.] vom 17. Juni 2002 und zuletzt vom 28. Juni 2007 - 2007/445/[X.] - zur Durchführung von Art. 2 Abs. 3 der [X.] ([X.]) 2580/2001 vom 27. Dezember 2001) - vor diesem Hinter-grund die [X.] materiell-rechtlich insgesamt als ausländische terroristische [X.] anzusehen ist, oder ob - wie die Haftbefehle annehmen - sich le-diglich innerhalb dieser Organisation eine terroristische [X.] gebildet hat, der neben bestimmten Funktionären und den mit der Ausführung der [X.] betrauten Kadern in der [X.] jedenfalls [X.] als [X.] angehören, die im [X.] Ausland in herausgehobenen Funktio-nen für die [X.] tätig sind und denen es obliegt, u. a. durch [X.] die für den bewaffneten Kampf erforderlichen finanziellen Mittel zu be-schaffen (so genannte Rückfront). Denn nach dem Ergebnis der bisherigen [X.] gehörten die Beschuldigten diesem engeren [X.] an: - Die Beschuldigte [X.] hatte von der [X.] seit dem [X.] bis zu ihrer Festnahme die Verantwortung für die [X.] übertragen erhalten. Sie war in ihrer Region in [X.], den Vertrieb von Parteipublikationen und die Organisation von Schulungen und kommerziellen [X.] eingebunden. Sie beteiligte sich ferner an der Suche nach Kurieren, u. a. für [X.] in die [X.]. - Der Beschuldigte [X.]war seit dem Jahr 2002 bis zu seiner Festnahme Gebietsleiter ("Bölgeleiter") in [X.], [X.], [X.] und [X.] und in dieser Funktion ebenfalls für die jähr-lich stattfindenden Spendensammlungen in den ihm überantwor-teten Gebieten verantwortlich. - 4 - - Der Beschuldigte [X.]war seit Februar 2002 zunächst Leiter des [X.] und dort für die Städte [X.], [X.] und [X.] verantwortlich, bevor er im [X.] in die [X.] wechselte. Er war ebenfalls mit der Organisation und Durchführung von Spendensammlungen in seinen Gebieten [X.]. Im Frühjahr 2003 ließ er zudem für die [X.] Prägesie-gel zur Fälschung von Ausweispapieren anfertigen, die der [X.] mittels Kurieren überbracht wurden. Auch er benannte der [X.] Namen geeigneter Kuriere. b) aa) Der dringende Verdacht gegen die Beschuldigten ergibt sich aus zahlreichen Dokumenten aus dem Archiv der [X.], die bei einer Durchsu-chung des "Ö. Pressebüros" am 1. April 2004 in [X.] sicherge-stellt werden konnten und in der Folgezeit ausgewertet wurden. Eine [X.] der im Haftbefehl aufgeführten Funktionen und Betätigungen war anhand der von den Beschuldigten verwendeten Decknamen möglich. Wegen der [X.] wird auf die Auswertevermerke des [X.] vom 28. Februar 2008 ([X.] gegen die Beschuldigte [X.], [X.] 4.4.1.1.), vom 27. April 2007 (Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten [X.] , [X.] 4.4.1.1.) und vom 27. Mai 2008 (Ermittlungsverfahren gegen den [X.], [X.] 4.3.1.1.) verwiesen. Danach waren die Beschuldig-ten mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der "Rückfront" der [X.] mit Führungsaufgaben betraut. 3 [X.], dass die Zwecke der [X.] darauf gerichtet sind, Mord und Totschlag zu begehen, wird - entgegen der Auffassung der Verteidigerin der Beschuldigten [X.] - nach dem bisherigen Ermittlungsstand nicht durch neuere Erkenntnisse [X.] Ermittlungsbehörden im dortigen "Ergenekon-Verfahren" entkräftet. Vorläufige Auswertungen einer in jenem Verfahren ver-4 - 5 - fassten Anklageschrift lassen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die in den Haftbefehlen aufgeführten Terroranschläge nicht der [X.] zuzurechnen sind, nicht erkennen. Die erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung bereits begangener und künftiger Taten in [X.], "die im Zusammenhang mit der terroristischen [X.] stehen, die sich innerhalb des Führungskaders der [X.] unter der Führung von K. in der [X.] gebildet hat", hat das [X.] am 29. Juli 2003 erteilt (§ 129 b Abs. 1 Satz 3 und 4 StGB). Dieser Zusammenhang ist hinsichtlich der den Beschuldig-ten zur Last gelegten Taten unabhängig davon gegeben, wie diese materiell-rechtlich zu bewerten sind und der Umfang der [X.] materiell-rechtlich zu bestimmen ist. 5 [X.]) Da bereits der dringende Verdacht, dass sich die Beschuldigten mitgliedschaftlich an einer ausländischen terroristischen [X.] beteiligt haben, die Haftanordnung trägt, kann der [X.] offen lassen, ob - wovon die Haftbefehle ausgehen - darüber hinaus dringende Gründe für die Annahme tat-einheitlich begangener Verstöße gegen das [X.] vorliegen (§ 34 Abs. 4 [X.] aF bzw. § 34 Abs. 4 Nr. 2 [X.] nF i. V. m. Art. 2 Abs. 1 und 2 bzw. Art. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 2580/2001 vom 27. Dezember 2001, veröffentlicht im [X.] Amtsblatt am 28. Dezember 2001 und im [X.] am 20. Februar 2002, [X.], 680). Der [X.] sieht deshalb davon ab, im [X.] die sich bei Anwendung der [X.] ([X.]) 2580/2001 stellenden schwieri-gen und komplexen Rechtsfragen - etwa ob die Beschuldigten als Mitglieder der gelisteten [X.] dem Adressatenkreis der Verbotsnormen der [X.] überhaupt zuzurechnen sind, und ob die ihnen vorgeworfenen Betätigun-gen im Zusammenhang mit Spendensammlungen für die [X.] dem [X.] - 6 - hungsverbot des Artikel 3 der Verordnung unterfallen - näher zu erörtern. c) Es bestehen bei allen Beschuldigten die Haftgründe der Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie der [X.] nach § 112 Abs. 3 StPO. Wegen der Einzelheiten wird auf die zutreffenden Erwägungen in den [X.] verwiesen. Der Zweck der Untersuchungshaft kann im Hinblick auf die Verdunkelungsgefahr, die bei konspirativ arbeitenden Organisationen auf der Hand liegt, und die gesteigerte Fluchtgefahr bei einem Mitglied einer internatio-nal agierenden ausländischen terroristischen [X.] nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden (§ 116 StPO). 7 2. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor. 8 a) Das Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleu-nigung betrieben worden. Der besondere Umfang und die besondere Schwie-rigkeit des Verfahrens werden dadurch belegt, dass sich die Auswertung der erst nach Festnahme der Beschuldigten sichergestellten Datenträger und in [X.] Sprache verfasster Unterlagen sehr zeitaufwändig gestaltet und des-halb noch nicht abgeschlossen werden konnte. Entgegen dem Vorbringen der Verteidiger sind diese Asservate nach den bisher vorliegenden Auswertungser-gebnissen teilweise auch geeignet, den gegen die Beschuldigten bestehenden Tatverdacht weiter zu erhärten. Allerdings weist der [X.] darauf hin, dass mit Blick auf die fortschreitende Dauer der Untersuchungshaft und das bereits [X.] - die Beschuldigten schwer belastende - Ermittlungsergebnis die weitere Auswertung des umfangreichen Datenmaterials auf das tatsächlich noch Not-wendige zu beschränken sein wird, um einen alsbaldigen Abschluss des [X.] zu gewährleisten. 9 - 7 - b) Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu der Bedeutung der Sache und der für die Beschuldigten im Falle ihrer Verurteilung zu erwar-tenden Strafe nicht außer Verhältnis (§ 120 Abs.1 Satz 1 StPO). Dies gilt bei der Beschuldigten [X.] auch unter Berücksichtigung ihrer während der Inhaf-tierung aufgetretenen, medikamentös und therapeutisch jedoch behandelbaren psychischen Probleme. [X.]

Meta

AK 10/09

29.05.2009

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.05.2009, Az. AK 10/09 (REWIS RS 2009, 3265)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3265

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