BT-Drucksache 18/9452

Zugangszahlen und Entwicklungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Vom 3. August 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9452
18. Wahlperiode 03.08.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Walter-Rosenheimer, Luise Amtsberg,
Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Ulle Schauws, Doris Wagner,
Tabea Rößner, Volker Beck (Köln), Dr. Konstantin von Notz,
Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zugangszahlen und Entwicklungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Mit der Einführung eines bundesweiten Umverteilungssystems für unbegleitete
minderjährige Flüchtlinge (UMF) im Gesetz zur Verbesserung der Unterbrin-
gung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher zum
1. November 2015 wurde zum ersten Mal eine systematische Erfassung dieser
Flüchtlingsgruppe in Deutschland eingeführt. Aufgrund der Daten sollte es mög-
lich sein, quantitative Aussagen über die Größe und Verteilung dieser Gruppe zu
treffen.
Aus der Praxis der Aufnahme der UMF in Deutschland wird fortlaufend auf Ver-
anstaltungen (unter anderem vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge und von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
(BAGFW) e. V.) berichtet, dass die Zusammenführung von UMF und Familien-
mitgliedern bzw. Verwandten in der Praxis ein gravierendes Problem darstellt –
sowohl für die betroffenen UMF und ihre Familien, als auch für die beteiligten
Verwaltungen. Auch beim Flüchtlingsgipfel der Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel mit Vertreterinnen der Zivilgesellschaft am 1. Juli 2016 wurde diese
Problemlage bereits angesprochen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele UMF wurden in den Monaten Januar 2016 bis einschließlich Juli

2016 jeweils neu in Obhut genommen (bitte nach einzelnen Bundesländern
und jeweiligem Monat aufschlüsseln)?
Wie viele UMF wurden in den Monaten Januar 2016 bis einschließlich Juli
2016 jeweils aus der Jugendhilfe entlassen (bitte nach einzelnen Bundeslän-
dern und jeweiligem Monat aufschlüsseln)?

2. Wie viele UMF befinden sich zum Stichtag 31. Juli 2016 in Deutschland
(bitte aufschlüsseln nach Bundesländern in Verbindung mit der Art der ju-
gendhilferechtlichen Versorgung (Minderjährige und junge Volljährige im
Altverfahren nach § 89d SGB VIII, § 42 SGB VIII, § 42a SGB VIII, nach
der Anschlusshilfe §§ 27 SGB VIII) und der absoluten und relativen Quoten-
erfüllung der einzelnen Bundesländer nach dem Königsteiner Schlüssel)?

3. Wie viele UMF wurden zwischen den Bundesländern im Rahmen des § 42b
SGB VIII umverteilt (bitte einzeln nach den Monaten Januar bis Juli 2016
aufschlüsseln, jeweils Anzahl der abgegebenen und der aufgenommenen
UMF nach abgebenden und aufnehmenden Bundesländern angeben)?

Drucksache 18/9452 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie viele UMF wurden landesintern im Rahmen des § 42b SGB VIII um-
verteilt (bitte einzeln nach den Monaten Januar bis Juli 2016 in Verbindung
mit dem jeweiligen Bundesland aufschlüsseln)?

5. Wie lang ist der durchschnittliche Zeitraum zwischen der vorläufigen Inob-
hutnahme und der Umverteilung der betroffenen UMF (bitte nach den Mo-
naten November 2015 bis Juli 2016 in Verbindung mit den einzelnen Bun-
desländern aufschlüsseln)?

6. Bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern aus Sicht der Bundesregie-
rung Unterschiede in der Umverteilungspraxis?
Gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern hinsichtlich der Quote der
tatsächlich umverteilten UMF bzw. dem Anteil von UMF, die von der Um-
verteilung ausgenommen werden?
Falls ja, worauf sind diese Unterschiede zurückzuführen?

7. Welche Daten und Auskünfte zur Umverteilung von UMF werden durch das
Bundesverwaltungsamt erfasst?

8. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die Erfassung der Daten beim
Bundesverwaltungsamt von einem Verfahren auf Excel-Basis auf ein web-
basiertes Verfahren umgestellt wurde?
Ist es dabei zu Komplikationen gekommen, und wenn ja, zu welchen?
Gibt es weiterhin für alle Tage tagaktuelle Statistiken, bzw. gibt es Ausfälle
in der Datenerfassung?
Welche Konsequenzen haben diese Ausfälle in der Datenerfassung?
Ist das neue webbasierte Verfahren mittlerweile voll einsatzfähig?

9. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen kann die Bundesregierung sicher-
stellen, dass bei UMF, die von der Ausstellung eines Ankunftsnachweises
ausgenommen sind, deren Voraufenthaltszeiten, die bspw. für die Aus-
stellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a des Aufenthaltsgesetzes
(AufenthG) vorgesehen sind, dokumentiert werden?

10. Über welche Kenntnisse über Probleme bei Zusammenführungen von UMF
mit Familienangehörigen und Verwandten innerhalb Deutschlands verfügt
die Bundesregierung (bitte ausführen)?
Welche konkreten Maßnahmen hat sie zur Lösung dieser Problemstellungen
erarbeitet bzw. werden gegenwärtig vorbereitet?

11. a) In welcher Art und Weise stehen die unterschiedlichen Verteilsysteme,
die geflüchtete Menschen betreffen (Verteilung nach § 42b SGB VIII und
EASY-Verteilung), miteinander in Beziehung?

b) Welche Verordnungen, Anwendungshinweise, Handreichungen der Bun-
desarbeitsgemeinschaft Landesjugendämter oder Ähnliche existieren, um
die Verfahren zur innerdeutschen Familienzusammenführung möglichst
unbürokratisch zu ermöglichen bzw. für die zuständigen Verwaltungen zu
erläutern?
Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass hierfür bundesweit einheitli-
che Maßstäbe gelten?

c) Wie kann eine bereits erfolgte Verteilung nach einem der Verteilsysteme
zeitnah korrigiert werden, bspw. um ein Zusammenleben von Familien-
mitgliedern sicherzustellen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/9452
d) Wie (mithilfe welcher Verfahrensschritte) kann der in der UN-Kinder-
rechtskonvention (Artikel 3 Absatz 1) und in der EU-Grundrechtecharta
(Artikel 24 Absatz 2) vorgesehene Vorrang des Kindeswohls in der be-
hördlichen Verteilungspraxis umgesetzt werden?

12. Welche konkreten Maßnahmen (bspw. Länderabfrage, Inauftraggabe eines
wissenschaftlichen Gutachtens, Expertenanhörung) hat die Bundesregierung
ergriffen, um die Situation der vermissten Kinder und Jugendlichen (vgl.
Bundestagsdrucksache 18/8087, Antworten zu den Fragen 8 und 10) aufzu-
klären?
Welche Schritte beabsichtigt die Bundesregierung in der zweiten Jahres-
hälfte 2016 zu unternehmen, um diese Situation aufzuklären?

Berlin, den 1. August 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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