BT-Drucksache 18/936

Gesundheitsförderung und Prävention vor dem Hintergrund ungleicher Gesundheitschancen

Vom 21. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/936
18. Wahlperiode 21.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Matthias W. Birkwald, Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg,
Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Gesundheitsförderung und Prävention vor dem Hintergrund ungleicher
Gesundheitschancen

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Gesundheit als vollständiges kör-
perliches, geistiges und soziales Wohlergehen definiert. Doch die Chancen auf
Gesundheit sind in Deutschland ungleich verteilt. Menschen mit niedrigem Ein-
kommen haben nicht nur durchschnittlich einen schlechteren Gesundheits-
zustand als Reiche, sie sterben auch früher. Eine aktive, auf den Kenntnisstand
der Wissenschaft aufbauende Gesundheitsförderung und Prävention hätte pri-
mär an den Lebenswelten und den strukturellen Verhältnissen anzusetzen. Vor
allem eine Verminderung der Ungleichheiten in der Verteilung trüge dazu bei,
dass weniger Menschen krank wären und die sozial bedingte gesundheitliche
Ungleichheit abnähme. Gleichzeitig würden die Gesundheitskosten langfristig
sinken.
Aufklärung, Information und Beratung als Elemente von Verhaltensprävention,
erreichen vor allem Menschen, die ohnehin gesundheitsbewusst und in der Lage
sind, sich entsprechend zu informieren und zu verhalten. Aufklärungskampag-
nen etc. tragen nur dann zum Erfolg von Gesundheits- und Präventionspolitik
bei, wenn sie in ein wirksames Konzept von Verhältnisprävention eingebettet
sind, das primär an der Verminderung der Verteilungsungleichheit und darauf
aufbauend an der Gestaltung gesundheitsförderlicher Lebenswelten ansetzt.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ist für das Jahr 2014 ein
Präventionsgesetz angekündigt, „das insbesondere die Prävention und Gesund-
heitsförderung in Lebenswelten wie Kita, Schule, Betrieb und Pflegeheim und
die betriebliche Gesundheitsförderung stärkt und alle Sozialversicherungsträger
einbezieht“. Dabei darf der Lebensweltansatz nicht auf den Ort des Geschehens
– Kindergarten, Schule etc. – verkürzt werden. Wichtig ist zudem der Einbezug
der Zielgruppen in die gesundheitsförderliche Gestaltung ihrer Lebenswelt.
Einem verordneten Sportunterricht oder einer vorgeschriebenen sogenannten
gesunden Ernährung fehlt die für den Erfolg wichtige Partizipation. Langfris-
tigen Erfolg erreicht man nur mit intensiver Einbeziehung der Betroffenen.
Gesundheitspolitik kann die sozial bedingten gesundheitlichen Ungleichheiten
nicht im Alleingang wirksam bekämpfen. Die Einflüsse des Arbeitsmarktes, der
Einkommensverteilung, der Qualität der sozialen Sicherungssysteme und der
Bildungspolitik sind so groß, dass gesundheits- und präventionspolitische An-
sätze allenfalls Gegenakzente setzen können. Um die Chancen, Ressourcen und
damit auch die gesundheitliche Situation der Bevölkerung und insbesondere der

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Kinder und Jugendlichen entscheidend zu beeinflussen, ist eine gesundheits-
fördernde Gesamtpolitik erforderlich, die über die klassische Aufgabenstellung
der Gesundheitspolitik hinausgeht und alle Politikbereiche umfasst. Insbe-
sondere Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Wirtschafts-, Kinder-, Familien-, Wohnungs-
bau-, Umwelt- und Sozialpolitik sind gesundheitsfördernd aufeinander abzu-
stimmen.

Wir fragen die Bundesregierung:

Ungleiche Verteilung, Armut
1. Wie hat sich in Deutschland die Verteilung von Einkommen und Vermögen

in den letzten 20 Jahren entwickelt (bitte nach Quintilen aufschlüsseln und
den Gini-Koeffizienten angeben)?
Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung?

2. Wie hat sich das Verhältnis zwischen Einkommen aus Löhnen und Gehältern
im Verhältnis zu Kapitaleinkommen und Einkommen aus selbstständiger
Arbeit im gleichen Zeitraum entwickelt?

3. Wie hat sich in den letzten 20 Jahren die Armut von Kindern in Deutschland
entwickelt, und wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung (bitte
in Jahresschritten auflisten)?

4. Welche gesundheitspolitischen Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus
aktuellen Forschungsergebnissen, denen zufolge die „Vermögensungleich-
heit (in Deutschland) […] im internationalen Vergleich auf einem hohen
Niveau“ liegt (DIW Wochenbericht 9/2014, S. 164), wobei „das wahre Aus-
maß von Vermögensungleichheit aller Wahrscheinlichkeit“ unterschätzt
wird, da „Milliardäre oder Multimillionäre, in dieser Stichprobe nicht ent-
halten sind“ (ebd.: S. 165), dass eine „signifikante Zunahme der Zahl von
Personen mit negativem Nettovermögen“ zu verzeichnen ist (ebd.: 164) und
dass „die Arbeitslosen […] in den letzten Jahren signifikant Vermögen ein-
gebüßt“ haben (ebd.: 165)?

5. Hält die Bundesregierung Armut und Ungleichverteilung für einen gesund-
heitlichen Risikofaktor, der im Rahmen einer Strategie gesundheitlicher Prä-
vention reduziert werden kann?
Falls ja, wie wird die Bundesregierung diesen Risikofaktor zu vermindern
versuchen?

6. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Erkenntnissen von Richard Wilkinson (Richard Wilkinson, Kate
Pickett: Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser
sind, 2009) oder Martin Karlsson (Karlsson, M. et al., Income inequality and
health: Importance of a cross-country perspective, 2009), nach denen eine
größere Einkommensungleichverteilung zu geringerer Gesundheit einer Ge-
sellschaft führt, einschließlich der oberen Einkommensklassen (bitte begrün-
den)?

Soziale Determinanten von Gesundheitschancen
7. Wie hat sich in den letzten 20 Jahren die Lebenserwartung in den einzelnen

Einkommensdezilen entwickelt?
Wie hat sich insbesondere die Differenz zwischen dem Dezil mit der höchs-
ten und dem Dezil mit der niedrigsten Lebenserwartung verändert?
Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung?

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8. Welchen Zusammenhang gibt es jeweils zwischen der Höhe des Einkom-
mens, der Höhe des Bildungsabschlusses, dem Berufsstatus auf der einen
Seite und der Lebenserwartung, der subjektiven Gesundheitseinschätzung
bzw. der Morbidität auf der anderen Seite?
Wie erklärt sich die Bundesregierung diese Zusammenhänge (bitte ge-
schlechtervergleichend ausweisen)?

9. Welche Erkenntnisse sind der Bundesregierung über die Prävalenz gesund-
heitlicher Beeinträchtigungen (wie z. B. Adipositas, Diabetes, Herzinfarkt)
in den unterschiedlichen Einkommensklassen bekannt?

10. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Unterschiede in
Bezug auf die so genannten „guten Jahre“ (Jahre mit gutem Gesundheits-
zustand) in Abhängigkeit vom Einkommen und vom Geschlecht vor (bitte
Entwicklung in den letzten 20 Jahren darlegen)?

11. Wie viele Beziehende von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozial-
gesetzbuch (SGB II) weisen gesundheitliche Beeinträchtigungen auf (bitte
differenziert nach Beziehenden von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld,
nach Frauen und Männern, nach Alter sowie nach Gruppen von Krankheits-
bildern angeben)?

12. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Auswirkungen
des längerfristigen Verbleibs im Niedriglohnsektor auf die gesundheitliche
Situation der Betroffenen?

13. Worin sieht die Bundesregierung die Hauptursachen für die schlechtere ge-
sundheitliche Situation von längerfristig im Niedriglohnsektor arbeitenden
Beschäftigten (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Datenreport
2013, Kapitel 8.3)?

14. Wie hat sich in den unteren Einkommensgruppen in den letzten 20 Jahren
die Beurteilung des eigenen Gesundheitszustandes entwickelt?
Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus dieser Entwicklung?

15. In welchem Ausmaß sind Kinder aus einkommensschwachen Familien ge-
sundheitlich benachteiligt gegenüber Kindern aus einkommensstarken Fa-
milien?

16. Welchen Einfluss auf die Gesundheitschancen von Kindern hat der Besuch
einer Kita (bitte nach Halbtags- und Ganztagsbetreuung so- wie nach dem
Alter der Kinder unter 1 Jahr, 1 bis unter 3 Jahre und 3 Jahre bis zur Ein-
schulung aufschlüsseln)?

17. Welchen Einfluss hat die Schulform auf die Gesundheitschancen der Schul-
kinder (bitte getrennt für Halb- und Ganztagsschulen, nach Grundschulen
sowie bei weiterführenden Schulen nach Sonder-, Haupt-, Realschulen,
Gymnasien, Gemeinschafts- bzw. Gesamtschulen und integrativen Schulen
angeben)?

18. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass der Anteil von Kindern mit
psychischen Auffälligkeiten sowie Verhaltensauffälligkeiten mit der Zu-
nahme des Einkommens der Eltern zurückgeht (Prof. Dr. Jörg M. Fegert auf
www.uniklinik-ulm.de „Arme Kinder armer Eltern“, 2009)?
Wie erklärt die Bundesregierung, dass umgekehrt die Kinder aus Eltern-
häusern mit höherem Einkommen mehr Sport treiben, eine bessere motori-
sche Entwicklung aufweisen, sich gesünder ernähren, weniger Essstörungen
verzeichnen und seltener bzw. weniger Tabak konsumieren (ebd.)?

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19. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um der in
zahlreichen Studien festgestellten überproportional stärkeren Fehlernäh-
rung einkommensschwacher und bildungsferner Bevölkerungsschichten zu
begegnen?

20. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, sozial bedingte gesundheitliche
Benachteiligungen nachhaltig und effektiv zu verringern, ohne die sozialen
Unterschiede als auslösende Faktoren zu verändern?
Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, und
welche messbaren Gesundheitsziele verfolgt sie dabei in welchem Zeit-
raum?

21. Wie viel Prozent der unterschiedlichen Lebenserwartungen, der unterschied-
lichen subjektiven Gesundheitseinschätzungen und der Morbidität zwischen
niedrigem und hohem Sozialstatus können nach Ansicht der Bundesregie-
rung etwa durch das individuelle Gesundheitsverhalten erklärt werden?

Soziale Stellung und Pflegebedürftigkeit
22. Welchen Einfluss haben nach Ansicht der Bundesregierung die folgenden

Faktoren auf das Risiko der Pflegebedürftigkeit:
Alter,
Geschlecht,
Familie und soziale Netzwerke,
Einkommen und Vermögen,
Bildung,
berufliche Stellung sowie
Behinderung
(bitte jeweils für sich und in Relation zu den jeweiligen Faktoren aufschlüs-
seln und unter Angabe der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Studien
begründen)?
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus diesen Er-
kenntnissen?

23. Wie bewertet die Bundesregierung die wissenschaftlich belegte Erkenntnis,
dass „die sozioökonomische Position nicht nur […] einen signifikanten
Einfluss auf das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko ausübt, sondern zu-
gleich auch auf das Risiko einer möglichen Pflegebedürftigkeit einwirkt“
(Borchert/Rothgang 2009)?
Inwieweit lassen sich hierbei Unterschiede zwischen den verschiedenen
Pflegestufen feststellen?

Menschen mit Behinderungen
24. Wie wird die Bundesregierung den Artikel 25 Buchstabe a der Konvention

über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umsetzen, nach der
„Menschen mit Behinderungen eine unentgeltliche oder erschwingliche
Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität
und auf demselben Standard […] wie anderen Menschen, einschließlich
sexual- und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsleistungen und der
Gesamtbevölkerung zur Verfügung stehender Programme des öffentlichen
Gesundheitswesens“ bereitgestellt werden muss?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/936
25. Welche Daten liegen der Bundesregierung bezüglich der barrierefreien Ge-
staltung von Praxisräumen, Kliniken sowie von Verwaltungs- und Dienst-
gebäuden der Sozialleistungsträger (§ 15 Absatz 1 Nummer 4 SGB I)?

Geschlecht als Determinante
26. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, wie sich das

Geschlecht und andere Variablen zur Differenzierung der gesundheitlichen
Lage (Bildungsstand, Erwerbsstatus, Lebensform, soziale Schicht usw.)
jeweils gegenseitig beeinflussen?

27. Wie bewertet die Bundesregierung die Versorgung von Frauen im Gesund-
heitssystem durch unspezifische und daher in der Regel männerorientierte
Arzneimittel, Arzneidosierungen, Diagnosen und Therapien (www.
bvpraevention.de „Gesundheit von Männern und Frauen effektiv fördern –
geschlechterspezifische Prävention und Gesundheitsförderung“)?
Welche Schritte erwägt die Bundesregierung, um diese unspezifische Ver-
sorgung zu beseitigen?

28. Welche Erkenntnisse über die möglicherweise bestehende Über-, Unter-
und Fehlversorgung beider Geschlechter liegen der Bundesregierung vor,
und was unternimmt sie, um diese möglichen Missstände zu beheben?

29. Wie bewertet die Bundesregierung die deutlich höhere Frequenz der Arzt-
besuche von Frauen gegenüber der von Männern (www.rki.de „Inanspruch-
nahme von Leistungen des Gesundheitssystems: Arztbesuch“)?

30. Warum nehmen Frauen deutlich häufiger an Vorsorgeuntersuchungen teil?
31. Betrachtet die Bundesregierung das schlechtere Gesundheitsverhalten von

Jungen und Männern (www.bvpraevention.de „Gesundheit von Männern
und Frauen effektiv fördern – geschlechterspezifische Prävention und Ge-
sundheitsförderung“ sowie www.bmg.bund.de „Männer in Bewegung!“) als
strukturelles, verhältnisbedingtes Problem oder als individuelles, verhal-
tensbedingtes Problem?
Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

32. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der geschlechterver-
gleichenden Gesundheitsberichterstattung des Robert Koch-Instituts in Be-
zug auf die Formulierung geschlechtsspezifischer Gesundheitsziele?

Migration und Gesundheitschancen
33. Wie hat sich in den letzten zehn Jahren die Armut von Menschen mit Mi-

grationshintergrund in Deutschland entwickelt, und wie bewertet die Bun-
desregierung diese Entwicklung?

34. Welche Zusammenhänge sieht die Bundesregierung zwischen der gesund-
heitlichen Situation von Menschen und dem Umstand ihrer (freiwilligen)
Migration bzw. (erzwungenen) Flucht, und welche Mängel sieht sie bei Be-
rücksichtigung interkultureller Aspekte der gesundheitlichen Versorgung in
Deutschland?

35. Worin sieht die Bundesregierung die Ursachen für das migrationsabhängig
unterschiedliche Gesundheitsverhalten (Bundeszentrale für politische Bil-
dung, Datenreport 2013, Kapitel 8.3), und was gedenkt die Bundesregierung
dagegen zu tun?

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36. Welche Unterschiede sind auch dann noch konsistent, wenn Einkommens-
und Vermögensdifferenzen sowie unterschiedliche Alters- und Wohnstruk-
turen, Bildungsstandards, Arbeitsbedingungen usw. berücksichtigt werden
(z. B. schlechtere Wohnungen, belastende Arbeitsplätze, höherer Migra-
tionsanteil in Großstädten usw.)?

37. Wie reagiert die Bundesregierung auf Erkenntnisse, dass Migrantinnen und
Migranten besonders selten an Früherkennungsmaßnahmen teilnehmen
(Dr. Birgit Babitsch, Prof. Dr. Thea Bode „Gesundheitsversorgung von
Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland“)?

38. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine unterschiedliche
Pflegebedürftigkeit von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund,
welche Gründe sieht die Bundesregierung hierfür, welche Auswirkung hat
dies ggf. auf deren Versorgung, und welche Konsequenzen zieht die Bun-
desregierung aus diesem Umstand?

Früherkennung
39. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen dem Sozial-

status und der Inanspruchnahme von Vorsorgeleistungen und Früherken-
nungsuntersuchungen in der gesetzlichen Krankenversicherung?

40. Wird nach Ansicht der Bundesregierung die Zielsetzung der Teilnahmequo-
ten von Früherkennungsuntersuchungen erreicht, und sieht die Bundes-
regierung angesichts der reduzierten Inanspruchnahme von sozial Benach-
teiligten (vgl. etwa „Kinderarmut in Deutschland“, www.armutszeug-
nisse.de) den Bedarf an sozial spezifischen Maßnahmen in diesem Bereich?
Falls ja, welche?

Prävention und Gesundheitsförderung
41. Welche Daten und Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Evaluationen zu

den bisherigen Kampagnen im Bereich der Prävention bei Ernährung und
Bewegung liegen der Bundesregierung bisher vor, und inwieweit haben die
bisherigen Kampagnen einen Beitrag dazu geleistet, die sozial bedingte Un-
gleichheit von Gesundheitschancen zu verringern?

42. Hat nach Ansicht der Bundesregierung der § 20 SGB V, wonach die gesetz-
lichen Krankenversicherungen einen Beitrag zur „Verminderung von sozial
bedingter Ungleichheiten von Gesundheitschancen“ zu leisten haben, aus-
reichend Wirkung gezeigt?
Gibt es Evaluationen dazu, und an welchen Parametern macht sich eine Wir-
kung fest?

43. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass durch ein besseres Gesundheits-
verhalten der Versicherten eine deutliche Kostensenkung im Gesundheits-
system erreicht werden könnte?
Falls ja, auf welche Studien und Daten beruft sie sich dabei?

44. Welche Präventionskonzepte und Gesundheitsförderprogramme sind nach
Ansicht der Bundesregierung geeignet, besonders sozial benachteiligte
Menschen zu erreichen und somit sozial bedingte gesundheitliche Un-
gleichheiten zu verringern (bitte jeweils begründen)?

45. Mit welcher Summe im aktuellen Bundeshaushalt werden diese geeigneten
Präventionskonzepte und Gesundheitsförderprogramme von der Bundes-
regierung gefördert?

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46. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen den persön-
lichen Ressourcen (im Sinne von Fähigkeiten, auf externe Herausforderun-
gen adäquat reagieren zu können) und dem Gesundheitsverhalten?

47. Welchen Unterschied gibt es nach Ansicht der Bundesregierung zwischen
Gesundheitsförderung und Prävention?

Gesundheitsförderliche Lebenswelten
48. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen dem Sozial-

status und der gesundheitlichen Gefährdung durch Arbeitsbedingungen?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

49. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen dem Sozial-
status und der gesundheitlichen Gefährdung durch Umweltbedingungen?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

50. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen dem Sozial-
status und der gesundheitlichen Gefährdung durch Wohnbedingungen?
Welche Daten liegen der Bundesregierung diesbezüglich jeweils für städti-
sche und ländliche Regionen vor?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
daraus?

51. Welche Bedeutung kommt nach Ansicht der Bundesregierung der Partizipa-
tion, also der freiwilligen, aktiven Beteiligung, der Zielgruppen bei Präven-
tions- und Gesundheitsförderungsprogrammen zu?

52. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Sachverständigenrats zur
Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, dass Partizipation
eine Schlüsselgröße für erfolgreiche Gesundheitsförderung und Prävention
darstellt?
Wenn ja, wie will die Bundesregierung die Partizipation besonders der so-
zial benachteiligten Gruppen stärken und gewährleisten?

53. Welche Bedeutung kommt nach Ansicht der Bundesregierung der Gesund-
heitsförderung durch Settingentwicklung zu (bitte begründen)?

54. Welche Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramme werden derzeit
von der Bundesregierung durchgeführt, unterstützt oder finanziert, die eine
Gesundheitsförderung durch Settingentwicklung beinhalten (bitte benen-
nen)?

Präventionsgesetz
55. Vor dem Hintergrund, dass im Koalitionsvertrag unter dem Motto „Gesund-

heit im Lebensverlauf“ neue Initiativen für eine moderne Kinder- und Ju-
gendmedizin, Arbeitsmedizin sowie die Geschlechter- und Altersmedizin
auch unter dem Gesichtspunkt der Prävention und Gesunderhaltung ange-
kündigt sind, welche konkreten Initiativen kann sich die Bundesregierung
vorstellen, um diese Ziele umzusetzen?

56. Mit welchen konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung im Entwurf
des Präventionsgesetzes verhindern, dass möglich weitere Zunahmen der
Verteilungsungleichheit und ein Anwachsen der von Armut betroffenen Be-
völkerungsanteile Maßnahmen der Verhaltensprävention in ihren Wirkun-

Drucksache 18/936 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
gen mindestens reduzieren, im schlimmsten Fall sogar überkompensieren
können?

57. Welchen konzeptionellen Stellenwert wird die Bundesregierung im Entwurf
eines Präventionsgesetzes der wissenschaftlich belegten Tatsache beimes-
sen, dass mit wachsender Einkommensungleichheit die Gesundheit der ge-
samten Bevölkerung leidet, während umgekehrt die Reduktion der Einkom-
mensungleichheit die Gesundheit der gesamten Bevölkerung verbessert?

58. Berücksichtigt die Bundesregierung bei ihren Reformplänen besonders die
Wirkungen auf die gesundheitliche Versorgung von chronisch Kranken und
Menschen mit Behinderungen?

59. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, bei statistischen Erhebungen
im Gesundheitsbereich und bei der Evaluation von Maßnahmen im Gesund-
heitsbereich grundsätzlich neben dem Geschlecht auch den Sozialstatus,
den Behinderungsstatus, den Migrationsstatus und den Familienstatus zu
berücksichtigen und öffentlich auszuweisen und bei Bewertungen und Ent-
scheidungen zu berücksichtigen?

60. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um so ge-
nannte Leuchtturmprojekte, also Projekte mit anerkannter guter Wirksam-
keit, zu verstetigen und in die Fläche zu bringen?

Berlin, den 21. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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