BT-Drucksache 18/9285

Visaerteilungen im Jahr 2015

Vom 21. Juli 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/9285
18. Wahlperiode 21.07.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Jan Korte,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke,
Kerstin Kassner, Katrin Kunert, Kathrin Vogler, Katrin Werner und
der Fraktion DIE LINKE.

Visaerteilungen im Jahr 2015

Wie aus Antworten der Bundesregierung auf regelmäßige Anfragen der Fraktion
DIE LINKE. zur Visapraxis hervorgeht, sind die Ablehnungsquoten in Bezug auf
einzelne Länder, mitunter aber auch innerhalb eines Landes, höchst unterschied-
lich (vgl. zuletzt Bundestagsdrucksache 18/4765). Insbesondere in ärmeren Regi-
onen oder Ländern, aus denen viele Asylsuchende kommen, werden Visuman-
träge überdurchschnittlich häufig abgelehnt. Während die Ablehnungsquote im
Jahr 2014 weltweit nur 5,7 Prozent betrug, lag sie zum Beispiel in Afghanistan
bei 24,9 Prozent. In der Gesamt-Türkei betrug sie 6,2 Prozent, in Ankara 10 Pro-
zent. Insbesondere in den subsaharischen afrikanischen Ländern reichten die Ab-
lehnungsquoten bis zu annähernd 50 Prozent (Guinea: 46,5 Prozent). Bei natio-
nalen Visa, die etwa 10 Prozent aller Visa ausmachen, betrug die Ablehnungs-
quote 2014 im weltweiten Durchschnitt 9,1 Prozent.
In diesen Quoten sind allerdings Fälle nicht erfasst, in denen Betroffene ange-
sichts hoher Anforderungen oder infolge von Schikanen ein Visumverfahren
nicht mehr betreiben und aufgeben oder mangels Erfolgsaussichten erst gar kei-
nen Antrag stellen. In der Praxis reicht für eine Ablehnung oftmals bereits aus,
keine minderjährigen Kinder zu haben und/oder über keine regelmäßigen Ein-
künfte zu verfügen. Daraus wird auf eine angeblich „mangelnde familiäre bzw.
wirtschaftliche Verwurzelung“ im Herkunftsland bzw. eine „mangelnde Rück-
kehrbereitschaft“ geschlossen. Solche Ablehnungen sind für die Betroffenen oft
nicht nachvollziehbar, zumal in der Regel nur ein pauschal vorgegebener Stan-
dardsatz angekreuzt wird, etwa: „Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem
Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden“.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 19. Dezember
2013 in der Rechtssache „Koushkaki“ ist zumindest geklärt, dass Reisende einen
Anspruch auf Erteilung eines Schengen-Visums haben, soweit kein rechtlicher
Versagungsgrund vorliegt. Bei der Prüfung, ob „begründete Zweifel“ an der
Rückkehrabsicht bestehen, haben die Mitgliedstaaten zwar einen weiten Beurtei-
lungsspielraum, es muss jedoch auch keine „Gewissheit“ bestehen, dass die Rei-
senden vor Ablauf des Visums wieder ausreisen. Allerdings wurde in der natio-
nalen Rechtsprechung bereits beklagt, dass die europarechtlichen Vorgaben zur
Prüfung der Rückkehrbereitschaft dermaßen unbestimmt seien, dass die Prüfung
„praktisch ins Belieben der Behörde gestellt“ würde. Die Verwaltungsgerichte
könnten dieses weitgehende Ermessen nicht wirksam kontrollieren: „Dort, wo die
Behörde frei ist, hat das Gericht nichts zu prüfen“ (VG Berlin 4 K 232.11 V,

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Urteil vom 21. Februar 2014; vgl. auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 17. September 2015, BVerwG 1 C 37.14).
Auch wenn eine Verpflichtungserklärung abgegeben wurde (Bürgschaft der Ein-
ladenden, für sämtliche Kosten aufzukommen), wird die „Rückkehrbereitschaft“
häufig in Frage gestellt. Dies brüskiert viele Menschen, insbesondere deutsche
Staatsangehörige, die oft schockiert sind, wenn ihnen derart misstrauisch ein Be-
suchswunsch verwehrt wird, obwohl sie für alle eventuellen Kosten aufkommen
wollen. Das Standardargument der Behörden, eine Verpflichtungserklärung si-
chere nicht die Ausreise der Betroffenen, trifft allenfalls formal zu. Übersehen
wird dabei jedoch, dass a) die mit Bürgschaften eingeladenen Personen im Re-
gelfall alles tun werden, um wieder auszureisen, schon um die ihnen persönlich
bekannten Gastgeber nicht zu schädigen und sie nicht mit möglichen Kosten in
Höhe Tausender Euro zu belasten, b) selbst im unwahrscheinlichen Fall einer ver-
weigerten Ausreise diese dann zwangsweise durchgesetzt werden kann (Abschie-
bung), wobei auch diese Kosten von den Einladenden übernommen werden müs-
sen, c) es schlicht unverhältnismäßig ist, wegen einer höchst geringen Zahl von
Einzelpersonen, die womöglich entgegen ihrer Zusicherung und trotz vorliegen-
der Verpflichtungserklärung nicht wieder ausreisen und untertauchen (dabei aber
keine direkten Kosten verursachen, weil staatliche Hilfsleistungen ohne Gefahr
der Abschiebung nicht in Anspruch genommen werden können und im Übrigen
eine Verpflichtungserklärung vorliegt), so viele einladende Personen und Gäste
durch die Verweigerung eines Visums trotz einer Verpflichtungserklärung vor
den Kopf zu stoßen.
Grundsätzlich problematisch ist weiterhin, dass es für Paare vor einer Eheschlie-
ßung oft keine Möglichkeit gibt, sich in Deutschland näher kennenzulernen und
hier im Kreis der Verwandtschaft zu prüfen, ob die Bindung auf Dauer tragen
kann und ob Deutschland der gemeinsame Lebensmittelpunkt sein soll. Denn ein
„Kennenlernvisum“ oder „Verlobtenvisum“ gibt es nicht. Ein Besuchsvisum wird
in solchen Fällen regelmäßig verweigert, weil unterstellt wird, die Betroffenen
wollten nicht wieder ausreisen bzw. wollten eigentlich heiraten, wofür aber ein
anderes Visum beantragt werden müsse. Viele Paare sehen sich hierdurch ge-
zwungen, frühzeitig zu heiraten, selbst wenn sie sich noch nicht sicher sind, weil
dies die einzige Chance ist, ein gemeinsames Zusammenleben in Deutschland zu
erproben. Auch auf ausdrückliche Nachfrage der federführenden Fragestellerin
wird im Auswärtigen Amt keine Notwendigkeit hierfür gesehen, sondern auf die
bestehende Möglichkeit eines Visums zur Eheschließung in Deutschland verwie-
sen.
Die Fraktion DIE LINKE. hat in der Vergangenheit mehrfach zu lange Wartezei-
ten im Visumverfahren und den Einsatz externer Dienstleister kritisiert (vgl. nur
Bundestagsdrucksachen 17/10022 und 17/12476 und www.migazin.de/2013/
04/09/rechtswidrige-privatisierung-visumverfahren/), was zu Prüfungen durch
die Europäische Kommission führte (vgl. Bundestagsdrucksache 18/57). Die
Bundesregierung will langen Wartezeiten vor allem durch den Einsatz externer
Dienstleister begegnen (vgl. Bundestagsdrucksachen 17/8221 und 18/57), doch
diese Teilprivatisierung des Verfahrens ist für die Reisenden mit zusätzlichen
Mehrkosten verbunden und darf nach dem EU-Visakodex eigentlich nur in be-
sonderen Ausnahmefällen erfolgen. Der Visakodex verpflichtet die Mitgliedstaa-
ten dazu, ein kundenfreundliches und qualitativ hochwertiges Dienstleistungsan-
gebot im Visumverfahren zu gewährleisten (Artikel 38 Absatz 1), und zwar un-
abhängig davon, ob private Dienstleister bei der Antragsannahme eingesetzt wer-
den oder nicht. Bei der Auslagerung der Antragsannahme auf private Dienstleis-
ter wurden die Reisenden zum Teil nur unzureichend darauf hingewiesen, dass
nach EU-Recht immer auch die Möglichkeit einer kostenlosen Antragstellung in
den Visastellen besteht (vgl. z. B. Bundestagsdrucksache 17/13991, Frage 9 und
Vorbemerkung auf Bundestagsdrucksache 18/1212).

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Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch war die Zahl der im Jahr 2015 beantragten, zurückgezogenen, er-

teilten bzw. abgelehnten Visa (bitte tabellarisch und in der Differenzierung
wie zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 18/4765 darstellen)?

2. Wie haben sich die Zahlen erteilter Visa bzw. die Ablehnungsquoten im Jahr
2015 im Vergleich zum Vorjahr prozentual entwickelt (bitte nach Ländern
differenzieren und bei Ländern mit mehreren Auslandsvertretungen deren
Werte gesondert ausweisen; bitte nur Länder mit einer Abweichung von über
25 Prozent in mindestens einem der beiden Werte auflisten), und wie hoch
war 2015 die Ablehnungsquote in Bezug auf Schengen-Visa im EU-Durch-
schnitt?

3. Wie viele Ausnahmevisa wurden 2015 an den Grenzen von der Bundespoli-
zei bzw. beauftragten Behörden der Länder erteilt (bitte zusätzlich nach den
zehn wichtigsten Herkunftsländern und den Gründen bzw. der Rechtsgrund-
lage differenziert darstellen)?

4. Wie viele der im Jahr 2015 erteilten Schengenvisa waren Jahres-, Zweijah-
res-, Dreijahresvisa, Fünfjahres- bzw. insgesamt Jahres- bzw. Mehrjahres-
visa (bitte auch die Vergleichswerte des Vorjahres nennen und die Angaben
nach Ländern differenziert darstellen)?

5. Wie erklärt die Bundesregierung, dass der Anteil der von Deutschland aus-
gestellten Mehrjahresvisa an allen Schengen-Visa im Jahr 2015 nur 27,8 Pro-
zent betrug, während er im EU-Durchschnitt bei 48,5 Prozent lag (Informa-
tionen der EU-Kommission zur Visapolitik: www.ec.europa.eu), und wel-
chen Handlungsbedarf sieht die Bundesregierung diesbezüglich?

6. Wie viele Visa wurden im Jahr 2015 nach Artikel 25 Absatz 1 des Visakodex
mit räumlich beschränkter Gültigkeit erteilt (bitte auch nach den 20 wichtigs-
ten Ausstellungsländern differenzieren und die Gesamtzahl für 2015 und
2014 nennen, weil diese auf Bundestagsdrucksache 18/4765 zu Frage 6
fehlte)?

7. Welche wesentlichen Änderungen in Bezug auf die allgemeine Praxis der
Visumprüfung bzw. -erteilung durch Erlasse oder Anweisungen des Auswär-
tigen Amts hat es in den Jahren 2015 und 2016 gegeben (bitte darstellen)?

8. In welchen Ländern bzw. Auslandsvertretungen gab es gegenüber der Ant-
wort zu Frage 8 auf Bundestagsdrucksache 18/4765 Veränderungen in Bezug
auf den Einsatz externer Dienstleister, in welchen Ländern wurden aus wel-
chen Gründen externe Dienstleister neu eingesetzt (bitte differenziert beant-
worten)?

9. Welche Veränderungen bei Visaerleichterungsabkommen gab es seit der Be-
antwortung der Frage 9 auf Bundestagsdrucksache 18/4765?

10. Wie lauten die statistischen Angaben über die Visaerteilung im Jahr 2015,
differenziert nach Aufenthaltszwecken und Schengen- bzw. nationalen Visa
(bitte wie zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache 18/4765 antworten, jedoch
zusätzlich noch die jeweiligen Ablehnungsquoten nennen)?

11. Wie hoch waren im Jahr 2015 im Visabereich die Personalkosten, wie viele
MAK (statistisch Vollzeit arbeitende Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter) gab
es, und wie viele Fälle pro MAK wurden 2015 bearbeitet (bitte auch nach
Kontinenten und den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenziert dar-
stellen und jeweils die prozentualen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr
nennen; bitte wie zu Frage 11 auf Bundestagsdrucksache 18/4765 darstellen),
und wie werden entsprechende Veränderungen begründet?

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12. Wie hoch war die Zahl von Remonstrationen und/oder Klagen gegen ableh-
nende Visumbescheide im Jahr 2015 im Bereich der Kurzzeit- bzw. Lang-
zeitvisa (bitte so differenziert wie möglich angeben und Vergleichswerte des
Vorjahres nennen), und in welchem Umfang wurden 2015 nach einer Klage-
erhebung Visa erteilt (bitte auch solche Fälle berücksichtigen, in denen Visa
infolge eines gerichtlichen Vergleichs oder auch nach Klagerücknahme nach
Zusicherung der Behörde zur Visumerteilung erteilt wurden)?

13. Wie viele Visa für den Ehegatten- bzw. Familiennachzug (bitte differenzie-
ren, auch im Folgenden) wurden in den Jahren 2014 bzw. 2015 erteilt, und
wie hoch war dabei jeweils die Ablehnungsquote (bitte nach Ländern diffe-
renzieren und bei Ländern mit mehreren Auslandsvertretungen deren Werte
gesondert ausweisen)?

14. Wie lange dauerte die Bearbeitung eines Visumantrags zum Familiennach-
zug im Jahr 2015 (im Durchschnitt und maximal; bitte nach Ländern diffe-
renzieren und bei Ländern mit mehreren Auslandsvertretungen deren Werte
gesondert ausweisen)?

15. In welchem Umfang werden in welchen Ländern derzeit so genannte Ver-
trauensanwälte eingesetzt, was kosten diese die Betroffenen im Durchschnitt,
und zu welchem Prozentsatz bestätigen oder widersprechen diese Vertrau-
ensanwälte den Angaben der Betroffenen?

16. In wie vielen und welchen Ländern wird das Urkundswesen derzeit als un-
zuverlässig erachtet, und in welchem Umfang und mit welchem Ergebnis
wurde 2015 in welchen Ländern die Abstammung im Rahmen eines geplan-
ten Familiennachzugs (auch) mit DNA-Tests überprüft bzw. nachgewiesen?

17. Wie hoch waren die Gebühreneinnahmen im Visumverfahren im Jahr 2015
(bitte auch nach den 20 wichtigsten Herkunftsländern differenzieren)?

18. Welche Visastellen übernehmen derzeit in welchem Umfang und aus wel-
chen Gründen die Visabearbeitung für Antragstellende aus anderen Ländern?

19. In welchen weiteren Sprachen – außer Deutsch und Englisch – ist eine On-
line-Terminbuchung möglich, und inwieweit wird dabei regional Rücksicht
genommen auf verbreitete Sprachen wie z. B. Französisch (in afrikanischen
Ländern) oder Spanisch?

20. Wie viele gefälschte bzw. „erschlichene“ (bitte differenzieren) Visa wurden
im Jahr 2014 bzw. 2015 von bundesdeutschen Behörden entdeckt (etwa bei
Kontrollen/Zurückschiebungen/Zurückweisungen), welche genaueren An-
gaben hierzu lassen sich machen (z. B.: in welchen Ländern wurden die Visa
ausgestellt, von welchen Ländern wurden sie ausgestellt, welche Personen-
bzw. Fallkonstellationen sind auffällig usw.), wie bewertet die Bundesregie-
rung diese Zahlen, und inwieweit sieht sie vor diesem Hintergrund weiteren
Handlungsbedarf (bitte darlegen)?

21. Welche Erkenntnisse liegen dazu vor, wie viele Personen im Jahr 2014 bzw.
2015 nach Ablauf der Gültigkeit eines Schengenvisums nicht bzw. zu spät
wieder ausgereist sind, durch welche Behörden und bei welcher Gelegenheit
wurde dies festgestellt (bitte auflisten), in wie vielen Fällen wurden welche
Ermittlungs- bzw. Strafverfahren deswegen eingeleitet, und wie viele ent-
sprechende Verurteilungen in den letzten zehn Jahren gab es (bitte jeweils
auch nach den zehn wichtigsten Herkunftsländern differenzieren und alle
Unterfragen beantworten, was auf Bundestagsdrucksache 18/4765 zu
Frage 15 nicht der Fall war)?
Ist vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse die Einführung eines kostenin-
tensiven und aufwändigen Ein- und Ausreiseregisters gerechtfertigt, wie es
derzeit auf EU-Ebene geplant ist (bitte begründen)?

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22. Wie ist der aktuelle Stand der Implementierung des Visainformationssystems
(VIS) und der Visawarndatei, welche Erfahrungen oder Probleme gibt es
diesbezüglich (auch aus Sicht des Bundesverwaltungsamts), in welchem
Umfang haben deutsche Polizei- und Strafverfolgungsbehörden sowie Nach-
richtendienste bislang mit welchen Ergebnissen auf das VIS zugegriffen
bzw. Daten zugearbeitet (bitte so differenziert wie möglich darstellen hin-
sichtlich der Zeiträume und des Umfangs der Datentransfers, der Behörden,
der betroffenen Herkunftsländer bzw. Ausstellungsländer der Visa, der Zwe-
cke, der ergriffenen Maßnahmen usw.), und welche Treffermeldungen, Er-
gebnisse oder Erkenntnisse hat bislang die Visa-Warndatei in welchem Um-
fang in Bezug auf welche Herkunftsländer erbracht (bitte so präzise und dif-
ferenziert wie möglich darstellen; die Beantwortung dieser Fragen darf nach
Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller nicht mit dem Hinweis auf
die gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung drei Jahre nach Inkrafttreten un-
terbleiben; vgl. Antwort zu Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 18/4765)?

23. Wie lang sind derzeit die Wartezeiten für privat bzw. geschäftlich Reisende
(bitte differenzieren) für Schengen-Visa bzw. für nationale Visa (hier bitte
genauer nach Zwecken differenzieren, z. B. Familiennachzug, Erwerbsauf-
nahme usw.) für einen Termin zur Visumantragstellung in den verschiedenen
deutschen Auslandsvertretungen in den 20 wichtigsten visumpflichtigen
Ländern weltweit (soweit externe Dienstleister eingesetzt werden, bitte auch
gesondert die Wartezeit für die Antragstellung direkt in den Visastellen nen-
nen; bitte zusätzlich Angaben zu den 15 Ländern mit den jeweils längsten
Wartezeiten machen), und wie sind etwaige Wartezeiten von über zwei Wo-
chen bzw. über noch längere Zeiträume jeweils zu erklären?

24. Wie ist der aktuelle Stand des Pilotverfahrens der Europäischen Kommission
(4194/12/HOME) in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland wegen
überlanger Wartezeiten und den Einsatzes externer Dienstleister im Visum-
verfahren, was waren die letzten Schritte der Bundesregierung bzw. der
Kommission, und welche weiteren Schritte sind nunmehr zu erwarten?

25. Welche Pilotverfahren mit welchen konkreten Themen/Zielsetzungen/Prob-
lemen sind derzeit im Bereich der Visavergabe gegen Deutschland anhängig
oder wurden 2015 oder 2016 abgeschlossen, und wie hat sich die Bundesre-
gierung jeweils dazu positioniert (bitte einzeln auflisten und ausführen), wel-
che Pilotverfahren sind im weit gefassten Bereich der Asyl-, Migrations- und
Grenzkontrollpolitik gegen Deutschland derzeit anhängig, und wie ist je-
weils die Position der Bundesregierung hierzu (bitte einzeln auflisten und
ausführen)?

26. Wie ist der aktuelle Stand der Überarbeitung des EU-Visakodex, wie bewer-
tet die Bundesregierung dies, und welche wichtigen Schwerpunkte sieht sie,
in welchen Punkten konnte die Bundesregierung ihre inhaltliche Kritik am
ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission erfolgreich anbrin-
gen (bitte die gegenüber dem Vorschlag der Kommission mit Einverständnis
oder auf Betreiben der Bundesregierung geänderten Punkte einzeln auflis-
ten), welche Kritikpunkte am aktuellen Entwurf gibt es aus Sicht der Bun-
desregierung noch, wann ist mit einer Verabschiedung des geänderten Vi-
sakodex zu rechnen, und welche Änderungen könnte es noch geben?

27. Wird es eine Änderung im Visakodex geben, so dass künftig grundsätzlich
eine Vertretungsmöglichkeit auch bei persönlicher Antragstellung besteht,
im selben Umfang, wie dies bei der Antragstellung über externe Dienstleister
jetzt schon möglich ist – wozu die Bundesregierung eine Zustimmung in
Aussicht gestellt hatte, wenn weiterhin in begründeten Fällen ein persönli-
ches Erscheinen verlangt werden kann (vgl. Antwort zu Frage 23 auf Bun-
destagsdrucksache 18/4765), und wenn nein, warum nicht?

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28. Wie viele Ein- und Ausreisen aus dem bzw. in das Schengen-Gebiet an deut-
schen Flug- bzw. Seehäfen gab es im Jahr 2015 (bitte auch nach freizügig-
keitsberechtigten Personen, visumfreien Drittausländern und visumpflichti-
gen Drittausländern differenzieren)?

29. Wie wird die strenge grundsätzliche Haltung gerechtfertigt, dass auch das
Vorliegen einer Verpflichtungserklärung nicht dazu führt, dass in Fällen, in
denen die Rückkehrbereitschaft in Frage gestellt wird, ein Visum erteilt wird,
obwohl weder die Bundesregierung noch fachkundige Bedienstete des Aus-
wärtigen Amts Informationen oder Hinweise zu der Frage haben, in welcher
Größenordnung oder in welchen Fallkonstellationen mit einer Verpflich-
tungserklärung eingeladene Personen nicht zeitgerecht wieder ausgereist
sind, wie die Antwort zu Frage 26 auf Bundestagsdrucksache 18/4765 er-
bracht hat (dort ist die hier erneut gestellte Teilfrage unbeantwortet geblie-
ben)?

30. Wie lautet die Antwort zu Frage 27 auf Bundestagsdrucksache 18/4765,
wenn die Bundesregierung den dort in der Frage bereits formulierten Um-
stand berücksichtigt, dass Betroffenen, die ihre Partner/-innen in Deutsch-
land näher kennenlernen möchten und bei denen noch kein fester Heirats-
wunsch besteht, in der Praxis ein Besuchsvisum – auf das die Bundesregie-
rung hinwies – regelmäßig verweigert wird mit der Begründung, dass sie ei-
gentlich ein Visum zur Eheschließung beantragen müssten und dass die
Rückkehrbereitschaft nicht gesichert sei?

31. Welche Maßnahmen mit welchen Effekten hat die Bundesregierung ergrif-
fen, um insbesondere die Probleme bei der Visaantragstellung in der Bot-
schaft in Pristina zu bewältigen und Wartezeiten zu verkürzen, und inwieweit
kann die Bundesregierung bestätigen oder widerlegen, dass es im Kosovo
angesichts der angespannten Lage einen „Terminhandel“ gibt (bitte ausfüh-
ren)?

32. Welche Beschwerden und internen Prüfungen zum Terminbuchungssystem
der Botschaften/Visastellen und zum Themenkomplex „Terminhandel“ hat
es in den letzten zwei Jahren gegeben (bitte auflisten), welche konkreten An-
strengungen wurden in diesem Zeitraum unternommen, das Verfahren zur
Terminvergabe weiter zu optimieren (vgl. Schriftliche Frage 26 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/5596, S. 17 f. und Mündliche Frage 40 der Abgeordneten
Ulla Jelpke, siehe Plenarprotokoll 18/99, S. 9473, Anlage 34), und wie funk-
tioniert beispielsweise das Terminvergabesystem des privaten Dienstleisters
iDATA in der Türkei, insbesondere auch in Hinblick auf die Verhinderung
eines „Terminhandels“?

33. Warum ist es technisch nicht möglich, ein Terminbuchungssystem zu schaf-
fen, bei dem alle Terminanträge, die personengebunden sein müssen, der
Reihe nach abgearbeitet werden und Betroffene dann zeitnah über den kon-
kreten Termin informiert werden, was die Tätigkeit von „Terminhändlern“
effektiv unterbinden würde, weil diese keine schnellere Vorsprache errei-
chen könnten („Terminhändler“ belegen mit ihren Mitteln schnell die frei
werdenden Termine mit den realen Daten der Betroffenen, die hierfür bezah-
len müssen)?

Berlin, den 21. Juli 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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