BT-Drucksache 18/8742

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/3842 - Transparenz herstellen - Einführung eines verpflichtenden Lobbyistenregisters b) zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/3920 - Transparenz schaffen - Verbindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten einführen

Vom 8. Juni 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8742
18. Wahlperiode 08.06.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Jan Korte, Matthias W.
Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/3842 –

Transparenz herstellen – Einführung eines verpflichtenden Lobbyistenregisters

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Britta Haßelmann, Volker Beck (Köln), Luise
Amtsberg, weiterter Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/3920 –

Transparenz schaffen – Verbindliches Register für Lobbyistinnen und
Lobbyisten einführen

A. Problem
Die Antragsteller gehen davon aus, dass der ständige Informationsaustausch zwi-
schen Verbänden, Unternehmen und Interessengruppen und der Politik in Form
des Lobbyismus ein wichtiges Element bei der politischen Willensbildung in ei-
nem demokratischen Staatswesen ist. Unstreitig ist, dass der Dialog zwischen
Wirtschaft und Gesellschaft einerseits und der Politik andererseits in vielen Fällen
dringend geboten und wünschenswert ist. Der institutionalisierte Lobbyismus ist
insoweit eine Form des zulässigen Austausches zwischen Politik und Gesell-
schaft. Die Antragsteller sehen, dass seit jeher allerdings auch Gefahren durch den
Lobbyismus bestehen können, der der illegitimen Durchsetzung von Partikularin-
teressen dienen könne. Insoweit sei Lobbyismus ein Phänomen, das sich zwischen
dem Anspruch legitimer Interessenvertretung und illegaler Einflussnahme bewe-
gen könne.
Zur Verbesserung der Transparenz bei der Tätigkeit von Lobbyisten im politi-
schen Bereich befürworten die Antragsteller die Einführung eines verpflichtenden
und verbindlichen Lobbyistenregisters und fordern die Bunderegierung auf, einen
entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Die Regelungen der Geschäftsord-
nung des Deutschen Bundestages sollen entsprechend angepasst werden. Die

Drucksache 18/8742 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Fraktion DIE LINKE. fordert in ihrem Antrag zudem, dass der Deutsche Bundes-
tag einen Appell an die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger auf
der Ebene der Europäischen Union und der Bundesländer richtet, ebenfalls ver-
pflichtende Lobbyistenregister einzuführen.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3842 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3920 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme der Anträge.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8742
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag auf Drucksache 18/3842 abzulehnen,
b) den Antrag auf Drucksache 18/3920 abzulehnen.

Berlin, den 8. Juni 2016

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Dr. Johann Wadephul
Vorsitzender

Bernhard Kaster
Berichterstatter
Sonja Steffen
Berichterstatterin
Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Britta Haßelmann
Berichterstatterin

Drucksache 18/8742 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Bernhard Kaster, Sonja Steffen, Dr. Petra Sitte und Britta
Haßelmann

1. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Anträge auf Drucksache 18/3842 und auf Drucksache 18/3920 in seiner 94. Sit-
zung am 19. März 2015 beraten und federführend an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie
und den Innenausschuss zur Mitberatung überwiesen.

2. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat den Antrag auf Drucksache 18/3842 beraten und in seiner
102. Sitzung am 8. Juni 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des An-
trags empfohlen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat den Antrag auf Drucksache 18/3842 in seiner 80. Sitzung am
8. Juni 2016 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags
empfohlen.
Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/3842 in seiner 83. Sitzung am 8. Juni 2016 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Zu Buchstabe b
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat den Antrag auf Drucksache 18/3920 in seiner 102. Sit-
zung am 8. Juni 2016 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat den Antrag auf Drucksache 18/3920 in seiner 80. Sitzung am
8. Juni 2016 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.
Der Innenausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/3920 in seiner 83. Sitzung am 8. Juni 2016 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

3. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat in seiner 26. Sitzung in Geschäftsord-
nungsangelegenheiten am 17. März 2016 beschlossen, eine öffentliche Anhörung zu den Anträgen auf Drucksa-
che 18/3842 und auf Drucksache 18/3920 durchzuführen. Die öffentliche Anhörung, an der sechs Sachverständige
teilgenommen haben, fand in der 30. Sitzung in Geschäftsordnungsangelegenheiten am 11. Mai 2016 statt. Hin-
sichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 30. Sitzung (Protokoll 18/30) verwiesen.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat die Anträge auf Drucksache 18/3842 und
auf Drucksache 18/3920 in seiner 31. Sitzung in Geschäftsordnungsangelegenheiten am 2. Juni 2016 abschließend
beraten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8742
Zu Buchstabe a
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung empfiehlt die Ablehnung des Antrags
auf Drucksache 18/3842 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b
Den Antrag auf Drucksache 18/3920 empfiehlt der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäfts-
ordnung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen.

4. Begründung

Die Fraktion der CDU/CSU weist darauf hin, dass bereits in früheren Wahlperioden Anträge auf Einführung
eines Lobbyistenregisters behandelt worden seien. Im Rahmen der nunmehr vorgelegten Anträge sei die dazu
geäußerte Kritik nicht aufgegriffen worden. Im Übrigen sei beim Deutschen Bundestag bereits seit vielen Jahren
eine Verbändeliste vorhanden, die die notwendige Transparenz gewährleiste. Gegen die Einführung eines umfas-
senden Lobbyregisters sprächen – wie sich auch in der Anhörung bestätigt habe – verfassungsrechtliche Gründe.
So würden mit einem Lobbyistenregister beispielsweise das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
sowie Fragen der Koalitionsfreiheit und der Berufsfreiheit berührt. Weiterhin sei auch die Handhabung eines
Lobbyistenregisters in der vorgeschlagenen Form problematisch und schwierig, da Abgeordnete regelmäßig Ge-
spräche mit Interessenvertretern und Lobbyisten auf regionaler Ebene in den Wahlkreisen, auf der Landesebene
und auf der Bundesebene führen würden. Dieses gehöre zu den Grundaufgaben eines Abgeordneten im Rahmen
des freien Mandats. Insoweit liege den Anträgen ein Verständnis der Tätigkeit eines Abgeordneten zugrunde, das
nicht zu teilen sei. Die Befindlichkeiten gegenüber Lobbyisten, die in den Anträgen zum Ausdruck kämen, seien
insgesamt nicht verständlich.
Die Fraktion der SPD sieht die Problematik des Lobbyismus als hoch aktuell an und äußert Sympathie für die
Einführung eines Lobbyistenregisters. Lobbyismus sei für die Akteure im Gesetzgebungsverfahren ein wichtiger
Aspekt, da er zu einer Erweiterung der Informationsbreite führe und deshalb grundsätzlich sinnvoll sei. Insgesamt
wird vor dem Hintergrund der entsprechenden Regelungen auf der Ebene der Europäischen Union eine weitere
Prüfung zur Einführung eines Lobbyistenregisters befürwortet. In diesem Zusammenhang müsse künftig geprüft
werden, ob die deutschen Regelungen zum Lobbyismus noch zeitgemäß seien. Die vorliegenden Anträge seien
hierfür im Ergebnis aber nicht als Grundlage geeignet.
Die Fraktion DIE LINKE. stellt klar, dass die Einführung eines Lobbyistenregisters nicht alle Probleme im Zu-
sammenhang mit der Transparenz von Entscheidungsprozessen im Deutschen Bundestag lösen könne. Es sei je-
doch ein Bedarf vorhanden, die Transparenz bei gesetzgeberischen Entscheidungsprozessen zu verbessern. Inso-
fern sei die Einführung eines Lobbyistenregisters ein Mosaikstein, der vertrauensbildend wirken könne. Insgesamt
sei der Lobbyismus ein wesentlicher Bestandteil der politischen Arbeit in einer Demokratie und könne hierfür
wesentliche Impulse geben. Die Interessenvertretung durch Lobbyisten müsse jedoch transparenter als bisher wer-
den, damit die Mitwirkung Externer bei Entscheidungsfindungsprozessen nachvollziehbarer werde. Im internatio-
nalen Vergleich gebe es Vorbilder für Lobbyistenregister in den USA, Kanada, auf der Ebene der Europäischen
Union und in vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken zur Ein-
führung eines Lobbyistenregisters würden nicht durchgreifen, da nicht gefordert werde, in einem Lobbyistenre-
gister Detailinformationen offen zu legen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei noch kein Gesetzentwurf vorgelegt worden,
um die Auffassung der Koalitionsfraktionen vor dem Hintergrund bereits vorliegender Anträge aus früheren Le-
gislaturperioden zu erfahren. Zudem sei ein Hauptproblem des Lobbyismus die Mitwirkung von Lobbyisten bei
der Erarbeitung von Gesetzentwürfen im Bereich der Bundesregierung. Hier müsse die Bundesregierung bei der
Erarbeitung einer gesetzlichen Regelung mitwirken.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass die Einführung eines Lobbyistenregisters eine Chance
sei, die Transparenz politischer und gesetzgeberischer Entscheidungsprozesse zu verbessern. Die europäische
Ebene und die Regelungen in vielen EU-Mitgliedstaaten seien insoweit ein Vorbild. Deutschland habe im Ver-
gleich damit nicht so weitreichende Transparenzregelungen für Lobbyisten, so dass Nachholbedarf bestehe. Auch
die beim Bundestag bereits bestehende Verbändeliste führe nicht zu einer hinreichenden Transparenz von Lobby-
tätigkeit, da beispielsweise das Verfahren zur Vergabe von Hausausweisen des Deutschen Bundestages an Lobby-

Drucksache 18/8742 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
isten bisher nicht vollumfänglich nachvollzogen werden könne. Ein bedeutsames Argument für die Einführung
eines Lobbyistenregisters sei auch die Offenlegung der Mitwirkung von Externen bei der Erarbeitung von Gesetz-
entwürfen im Bereich der Bundesregierung. Derzeit erfolge keine regelmäßige Information an die Abgeordneten,
ob und in welchem Umfang diese Beteiligung stattgefunden habe.
Berlin, den 8. Juni 2016

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Sonja Steffen
Berichterstatterin

Dr. Petra Sitte
Berichterstatterin

Britta Haßelmann
Berichterstatterin

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