BT-Drucksache 18/856

Regionale Verteilung und zeitliche Dynamik von Alters- und Erwerbsminderungsrenten unterhalb des Grundsicherungsniveaus und der Armutsgefährdungsschwelle

Vom 18. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/856
18. Wahlperiode 18.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler,
Harald Weinberg, Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Regionale Verteilung und zeitliche Dynamik von Alters- und
Erwerbsminderungsrenten unterhalb des Grundsicherungsniveaus
und der Armutsgefährdungsschwelle

Seit den Rentenreformen der Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler
Gerhard Schröder sinkt das Nettorentenniveau in der gesetzlichen Rentenver-
sicherung von 53 Prozent im Jahr 2001 auf 43,7 Prozent im Jahr 2030. Eine
durchschnittlich verdienende Person muss dann 35 Jahre statt bisher 26 Jahre
lang arbeiten, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter zu bekom-
men. Deshalb hat sich in den vergangenen Jahren eine gesellschaftliche Diskus-
sion um die Gefahren zunehmender Altersarmut entwickelt. Nach einer vom
Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) im Oktober 2013 veröffentlichten Be-
fragung gehen inzwischen 42 Prozent der Beschäftigten davon aus, dass ihre
gesetzliche Rente nicht zum Leben reichen wird (Pressemitteilung des DGB
vom 14. Oktober 2013 „Nur 18 % glauben an sichere Rente“, www.dgb.de).
Vor dem Hintergrund dieser Diskussion werden mit dieser Kleinen Anfrage sta-
tistische Daten zur Entwicklung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung sowie den von der gesetzlichen Rente tatsächlich gezahlten Renten
erfragt. Diese Daten zielen auf eine genauere Erfassung der tatsächlichen Ent-
wicklung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und die Identifi-
kation spezifischer regionaler Entwicklungen.
Im Jahr 2003 hat der Gesetzgeber mit der Grundsicherung im Alter und bei Er-
werbsminderung (§ 41 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuches – SGB XII)
ein sozio-kulturelles Existenzminimum definiert. In ihren regionalen Ausprä-
gungen bildet diese einen Bezugspunkt dieser Kleinen Anfrage.
Ebenfalls seit dem Jahr 2003 werden EU-weit Daten zur Einkommensentwick-
lung und Armutsgefährdung erhoben. Hierbei liefert die EU-SILC (European
Union Statistics on Income and Living Conditions) die Strukturindikatoren zu
Armut und Fragen des sozialen Zusammenhaltes. Im Zusammenhang mit der
Strategie Europa 2020 werden seit dem Jahr 2010 mit der EU-SILC Daten erho-
ben, die als Maßstab für die Entwicklung von Armut und sozialer Inklusion in
der Europäischen Union aussagekräftig sind. Die EU-SILC geht dabei von einer
relativen Armutsgefährdungsschwelle von 60 Prozent des Medianeinkommens
eines Mitgliedslandes bzw. einer Region aus.
Da diese Armutsgefährdungsschwelle für Alleinstehende im Einkommensjahr
2011 für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt bei einem Monatseinkom-
men von 975,75 Euro liegt und somit deutlich oberhalb der Leistungen der
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, wird
sie in dieser Kleinen Anfrage als ein weiterer, in der sozialwissenschaftlichen

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Diskussion relevanter und statistisch regional differenziert vorliegender Bezugs-
punkt herangezogen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist aktuell die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen

der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in der Bundes-
republik Deutschland, den Rentengebieten Ost und West, den einzelnen Bun-
desländern und kreisfreien Städten bzw. Verwaltungskreisen, und wie hat sie
sich in Jahresschritten seit ihrer Einführung im Jahr 2003 entwickelt (bitte
nach Frauen und Männern sowie den Altersgruppen unter und über der jewei-
ligen Regelaltersgrenze aufschlüsseln)?

2. Wie viele Bezieherinnen und Bezieher von Erwerbsminderungsrenten erhal-
ten aktuell Zahlbeträge unterhalb des durchschnittlichen Niveaus der Grund-
sicherung in der Bundesrepublik Deutschland, den Rentengebieten Ost und
West und den einzelnen Bundesländern, und wie hoch ist jeweils ihr Anteil
an den Bezieherinnen und Beziehern von Erwerbsminderungsrenten insge-
samt (bitte nach Männern und Frauen sowie nach Personen außerhalb bzw.
innerhalb von Einrichtungen differenziert beantworten)?

3. Wie hoch ist aktuell die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Erwerbs-
minderungsrenten mit einem Zahlbetrag unterhalb der bundesweiten Armuts-
gefährdungsgrenze nach der EU-SILC für Alleinstehende in der Bundesrepu-
blik Deutschland insgesamt und in den einzelnen Bundesländern, kreisfreien
Städten und Verwaltungskreisen, und wie hoch ist ihr Anteil an den Beziehe-
rinnen und Beziehern von Erwerbsminderungsrenten insgesamt (bitte nach
Männern und Frauen differenziert beantworten)?

4. Wie hoch ist aktuell die Zahl der Altersrentnerinnen und -rentnern, die eine
gesetzliche Rente unterhalb des durchschnittlichen Bruttobedarfs der Grund-
sicherung im Alter für Personen ab 65 Jahren in der Bundesrepublik Deutsch-
land, den Rentengebieten Ost und West sowie den einzelnen Bundesländern,
kreisfreien Städten und Verwaltungskreisen, und wie hoch ist ihr jeweiliger
Anteil an allen Altersrentnerinnen und -rentnern (bitte differenziert nach
Männern und Frauen, langjährig und besonders langjährig Versicherten be-
antworten)?

5. Wie hoch ist aktuell die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Altersren-
ten mit einem Zahlbetrag unterhalb der bundesweiten Armutsgefährdungs-
grenze nach der EU-SILC für Alleinstehende in der Bundesrepublik Deutsch-
land insgesamt, den Rentengebieten Ost und West sowie den einzelnen Bun-
desländern, kreisfreien Städten und Verwaltungskreisen, und wie hoch ist ihr
jeweiliger Anteil an den Bezieherinnen und Beziehern von Altersrenten ins-
gesamt (bitte nach Männern und Frauen differenziert beantworten und geson-
dert den Anteil langjährig bzw. besonders langjährig Versicherter an den Be-
troffenen ausweisen)?

6. Wie hoch ist aktuell die Anzahl von allen Neurentnerinnen und -rentnern mit
einem Zahlbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung unterhalb des durch-
schnittlichen Bruttobedarfs der Grundsicherung bzw. unterhalb der bundes-
weiten Armutsgefährdungsgrenze nach der EU-SILC insgesamt, wie hoch ist
ihr Anteil an den Neurentnerinnen und Neurentnern insgesamt, und wie hat
sich dieses Verhältnis seit Einführung der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung im Jahre 2003 entwickelt (bitte in Jahresschritten für die
Bundesrepublik Deutschland insgesamt, die Rentengebiete Ost und West und
die einzelnen Bundesländer beantworten und nach Männern und Frauen dif-
ferenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/856
7. Wie hoch ist aktuell die Anzahl von Neurentnerinnen und Neurentnern in
der Erwerbsminderungsrente mit einem Zahlbetrag der gesetzlichen Ren-
tenversicherung unterhalb des jeweiligen durchschnittlichen Bruttobedarfs
der Grundsicherung (voll erwerbsgemindert im Alter von 18 bis 65 Jahren)
bzw. unterhalb der bundesweiten Armutsgefährdungsgrenze nach der EU-
SILC für Alleinstehende insgesamt, wie hoch ist ihr Anteil an den Neurent-
nerinnen und Neurentnern in der Erwerbsminderungsrente insgesamt, und
wie hat sich dieses Verhältnis seit Einführung der Grundsicherung im Alter
und bei Erwerbsminderung im Jahre 2003 entwickelt (bitte in Jahresschrit-
ten für die Bundesrepublik Deutschland insgesamt, die Rentengebiete Ost
und West und die einzelnen Bundesländer beantworten und nach Männern
und Frauen sowie Altersklassen in Fünfjahresschritten vom 40. Lebensjahr
an differenzieren)?

8. Wie hoch ist aktuell die Anzahl von Neurentnerinnen und Neurentnern in
der Altersrente mit einem Zahlbetrag der gesetzlichen Rentenversicherung
unterhalb des jeweiligen durchschnittlichen Bruttobedarfs der Grundsiche-
rung bzw. unterhalb der bundesweiten Armutsgefährdungsgrenze nach der
EU- SILC für Alleinstehende, wie hoch ist Ihr Anteil an den Neurentnerin-
nen und Neurentnern in der Altersrente insgesamt, und wie hat sich dieses
Verhältnis seit Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung im Jahre 2003 entwickelt (bitte in Jahresschritten für die Bun-
desrepublik Deutschland insgesamt, die Rentengebiete Ost und West und
die einzelnen Bundesländer sowie jeweils und nach Männern und Frauen,
Renteneintritt mit bzw. ohne Abschläge sowie nach langjährigen und beson-
ders langjährig versicherten differenziert beantworten)?

9. Wie hat sich seit Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung im Jahre 2003 das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei der
Rente nach Erwerbsminderung aller Versicherten in der Bundesrepublik
Deutschland, den Rentengebieten Ost und West sowie den einzelnen Bun-
desländern entwickelt (bitte in Jahresschritten differenziert nach Männern
und Frauen beantworten)?

10. Wie hat sich seit Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung im Jahre 2003 das durchschnittliche Rentenzugangsalter bei den
Altersrenten aller Versicherten in der Bundesrepublik Deutschland, den
Rentengebieten Ost und West sowie den einzelnen Bundesländern entwi-
ckelt (bitte in Jahresschritten differenziert nach Männern und Frauen, dem
Anteil abschlagsfreier Eintritte in die Altersrente, langjährig und besonders
langjährig Versicherten beantworten)?

11. Wie hat sich seit Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbs-
minderung im Jahre 2003 der Anteil der Renteneintritte wegen Erwerbs-
minderung an allen Renteneintritten in der Bundesrepublik Deutschland
insgesamt, in den Rentengebieten Ost und West und in den einzelnen Bun-
desländern entwickelt (bitte in Jahresschritten differenziert nach Männern
und Frauen beantworten)?

Berlin, den 17. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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