BT-Drucksache 18/8459

Für eine zeitgemäße Antwort auf neue psychoaktive Substanzen

Vom 13. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8459
18. Wahlperiode 13.05.2016
Antrag
der Abgeordneten Frank Tempel, Kathrin Vogler, Matthias W. Birkwald,
Dr. André Hahn, Ulla Jelpke, Katja Kipping, Jan Korte, Petra Pau, Martina
Renner, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Azize Tank, Halina Wawzyniak, Harald
Weinberg, Birgit Wöllert, Sabine Zimmermann (Zwickau), Pia Zimmermann
und der Fraktion DIE LINKE.

Für eine zeitgemäße Antwort auf neue psychoaktive Substanzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die seit 2008 anhaltende Flut von neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) ist beunru-
higend. Laut Europäischem Drogenbericht 2015 sind seitdem über 450 verschiedene
neue Substanzen bekannt geworden. Allein im Jahr 2014 sind in Europa 101 neue Sub-
stanzen festgestellt worden. Die Zahl der Todesfälle in Deutschland, bei denen NPS
beteiligt waren, gibt das Bundeskriminalamt mit 25 an (zum Vergleich: Todesfälle in-
folge von Alkohol ca. 74.000, von Tabak ca. 110.000, von illegalen Drogen zusammen
ca. 1.000). NPS, wegen des teils fehlenden betäubungsmittelrechtlichen Verbots auch
Legal Highs genannt, werden unter anderem als Spice, Badesalze, Kräutermischungen
oder auch als Forschungschemikalien (Research Chemicals) angeboten und überwie-
gend über das Internet vertrieben.
Meistens werden bekannte Substanzen aus der Cannabis-Pflanze oder Amphetamine
chemisch verändert, um so die Einstufung als Betäubungsmittel (BtM) zu umgehen.
Ihre Wirkungen sind wenig untersucht und für die Konsumierenden unkalkulierbar –
nicht zuletzt, da sie häufig als Mix angeboten werden. Sie können stärker oder weniger
stark als die Ursprungssubstanzen wirken, aber auch andersartig. Welche Substanzen
tatsächlich enthalten sind, lässt sich für die Konsumierenden nicht nachprüfen.
Die Bundesregierung versucht seit Jahren immer wieder, NPS wie in anderen Ländern
auch nach ihrem Auftauchen möglichst schnell betäubungsmittelrechtlich zu verbie-
ten. Daher werden immer neue Substanzen in immer größerer Zahl auf den Markt ge-
worfen. Die Bundesregierung sieht offenbar ein, dass dieser Wettlauf nicht zu gewin-
nen ist, und antwortet mit einer massiven Ausweitung des seit fast 100 Jahren geschei-
terten Prohibitionsansatzes: Sie schlägt ein eigenes Strafgesetz für NPS vor (Neue-
psychoaktive-Stoffe-Gesetz, NpSG). Demnach sollen ganze Stoffgruppen verboten
werden, ungeachtet ihrer Wirkungen oder konkreten Schädlichkeit und ohne diesbe-
zügliche Untersuchungen – ein Eskalationsschritt, der letztlich die Unfähigkeit doku-
mentiert, alte Wege zu überdenken.
Aus mehreren Gründen ist dieser Vorschlag verfehlt. NPS sind selbst eine direkte Fol-
ge des Drogenverbots. Denn gerade das Verbot von Betäubungsmitteln ist ein Haupt-

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anreiz für den Bezug von tatsächlich oder vermeintlich legalen NPS. Statt gut unter-
suchter Substanzen werden so Stoffe konsumiert, die kaum einschätzbar und möglich-
erweise noch deutlich gefährlicher als bekannte Drogen sind. Etwa zwei Drittel der
beim Bundeskriminalamt erfassten NPS-Drogen sind synthetische Cannabinoide. Wä-
re Cannabis mit seinen bekannten Rauschwirkungen und Gefahren legal und in kon-
trollierter Qualität erhältlich, würden sich wohl nur wenige Menschen für den er-
wünschten Rausch unbekannten Gesundheitsrisiken aussetzen. Durch das Verbot von
ganzen Stoffgruppen sind weitere Ausweichreaktionen der Drogenhersteller in Rich-
tung immer riskanterer neuer Substanzen zu befürchten. Aber chemisch neuartige
Stoffe sind in ihren Wirkungen noch weniger berechenbar.
Das BtM-Verbot löst keine drogenbezogenen Probleme, sondern verursacht sie maß-
geblich mit. Das betrifft unter anderem die enorme Macht, die die organisierte Krimi-
nalität auch aufgrund des Drogenhandels erlangt hat, die Inkaufnahme des sozialen
Abstiegs von Abhängigen und der kaum kalkulierbaren Gesundheitsgefahren, weil
Identität und Qualität der Drogen unbekannt sind. Das Betäubungsmittelverbot ist
nicht geeignet, das Angebot oder die Nachfrage nach Drogen sowie drogenbedingte
gesellschaftliche und gesundheitliche Schäden wirksam zu reduzieren. Die Strafandro-
hung erschwert vielmehr wirksame Präventionsarbeit, schadensmindernde Maßnah-
men und Hilfeangebote. Bei den NPS, die größtenteils über den (internationalen) On-
linehandel bezogen werden, läuft der Verbotsansatz vollends ins Leere, da er noch we-
niger wirksam durchgesetzt werden kann als beim Straßenhandel. Stattdessen stellt das
zunehmende Aufkommen von NPS einen weiteren Grund für alternative Ansätze in
der Drogenpolitik dar.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. eine wissenschaftliche Evaluation der positiven wie negativen Auswirkungen des
Betäubungsmittelrechts zu initiieren (siehe Bundestagsdrucksache 18/1613);

2. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Anbau von Cannabis zum eigenen Bedarf
erlaubt sowie den nichtkommerziellen Bezug über Cannabis-Clubs ermöglicht (sie-
he Bundestagsdrucksache 17/7196);

3. Optionen für regulierte und nichtkommerzielle Abgabemodelle auch für andere
Rauschmittel zu prüfen bzw. gegebenenfalls zu erproben und sich dabei auf gut
untersuchte Substanzen zu konzentrieren. Es ist zu evaluieren, inwieweit dabei die
Ziele – unter anderem Austrocknung des organisierten illegalen Drogenhandels
und weiterer drogenbedingter Kriminalität, Reduktion von drogenbedingten Ge-
sundheitsschäden, verbesserte Erreichbarkeit von Konsumierenden für Präven-
tions-, Therapie- und Hilfeangebote sowie ein reduzierter Konsum von NPS – er-
reicht werden;

4. einen Gesetzentwurf zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vorzulegen, der
gewährleistet, dass Konsumierende von Rauschmitteln nicht mehr strafrechtlich
verfolgt werden. Hierfür ist eine verbindliche „geringe Menge“ für Cannabis und
für andere BtM festzuschreiben, bei deren Erwerb und Besitz im Regelfall von
Strafverfolgung und Verurteilung abgesehen werden soll;

5. sich in internationalen Verhandlungen etwa zu Suchtstoffabkommen, aber auch im
Rahmen der Weltgesundheitsorganisation sowie in der EU für eine Öffnung inter-
nationaler Vereinbarungen bzw. Bestimmungen einzusetzen, die neue drogenpoli-
tische Ansätze ermöglichen und die Evaluation dieser Ansätze fördern. Das gilt
analog für Verhandlungen im Europäischen Rat zur EU-Rechtsetzung;

6. in Verordnungen und Gesetzentwürfen zur Regulierung aller Rauschmittel inklu-
sive Alkohol die spezifische Schädlichkeit für die Konsumierenden und die Gesell-
schaft zugrunde zu legen (z. B. Jugend- und Verbraucherschutz, Handelsverbote,
Vertriebswege, Werbebeschränkungen, Besteuerung/Preisregulierung, behördliche
Verantwortung etc.);

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8459
7. Maßnahmen der Schadensminderung (Harm Reduction) konsequent zu fördern und

zu einer gleichberechtigten Säule der Drogenpolitik zu erheben. Dazu ist kurzfristig
ein Gesetzentwurf vorzulegen, der die chemische Analyse von Drogen (Drug Che-
cking) bundesweit ermöglicht. Es sind durch den Bund Drug-Checking-Projekte zu
initiieren. In Zusammenarbeit mit den Ländern und Kommunen ist auf weitere
schadensreduzierende Maßnahmen hinzuwirken, etwa den bedarfsdeckenden Be-
trieb von Drogenkonsumräumen, den Spritzentausch auch in Haftanstalten, die
Vermeidung des sozialen Abstiegs von Abhängigen durch entsprechende Hilfean-
gebote sowie weitere Maßnahmen zur Reduktion von Begleiterkrankungen wie
HIV- und Hepatitisinfektionen;

8. durch Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (Anlage 4 Nummer 9) sicherzustel-
len, dass ein Entzug der Fahrerlaubnis nicht allein aufgrund des festgestellten Kon-
sums einer illegalen Droge, sondern erst bei einer diagnostizierten Abhängigkeits-
erkrankung, einem Drogengebrauch in riskanten Situationen oder nach einer wie-
derholten „Drogenfahrt“ gemäß § 24a StVG (fehlendes Trennungsvermögen zwi-
schen Konsum und Teilnahme am Straßenverkehr) erfolgen kann. Die Regelung in
§ 14 Abs. 1 Satz 2 der Fahrerlaubnis-Verordnung, derzufolge die Beibringung eines
ärztlichen Gutachtens angeordnet werden kann, wenn der Betroffene Betäubungs-
mittel nur widerrechtlich besitzt oder besessen hat, ist zu streichen.

Berlin, den 12. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Drucksache 18/8459 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Begründung

Zu 1. Zweck des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) ist vor allem der Schutz der öffentlichen Gesundheit (u. a. in
einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs – BGH – vom 17. Oktober 1986 – 2 StR 520/86 als „Volksgesund-
heit“ bezeichnet). Es bestehen aber von Fachleuten vieler Berufsrichtungen erhebliche Zweifel, ob das BtMG in
der heutigen Form tatsächlich in der Lage ist, die öffentliche wie die individuelle Gesundheit zu schützen. So
sieht fast die Hälfte aller deutschen Strafrechtsprofessorinnen und -professoren die „dringende Notwendigkeit,
die Geeignetheit, Erforderlichkeit und normative Angemessenheit des Betäubungsmittelstrafrechts zu überprü-
fen“ (http://schildower-kreis.de/resolution-deutscher-strafrechtsprofessorinnen-und-professoren-an-die-abgeord-
neten-des-deutschen-bundestages/, Abruf am 11. Mai 2016).
Die Alkoholprohibition in den USA der 1920-/30er-Jahre ist vor allem daran gescheitert, dass sie einen enormen
Anstieg der Kriminalität und den Aufstieg der US-amerikanischen Mafia zur Folge hatte. Die illegale Produktion
brachte zudem häufiger mangelhafte Produktqualität hervor, mehr Menschen kamen etwa durch Methanol- und
andere Vergiftungen zu Schaden oder starben. Das Betäubungsmittelverbot hat vergleichbare Folgen: Die orga-
nisierte Kriminalität floriert seit vielen Jahrzehnten, Menschen kommen wegen Verunreinigungen zu Schaden,
die soziale Kontrolle für einen risikobewussten Konsum fehlt. Viel zu selten werden in der Diskussion die Folgen
der Drogenprohibition von den Folgen des reinen Substanzkonsums getrennt. Die Erfolge der Substitutionsbe-
handlung zeigen, dass die Schäden durch sozialen Abstieg, Illegalität und minderwertige Drogen die des eigent-
lichen Substanzkonsums deutlich übertreffen können.
Die Frage, ob die positiven Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts die negativen überwiegen, muss daher
ergebnisoffen und wissenschaftlich fundiert untersucht werden (siehe Antrag „Beabsichtigte und unbeabsichtigte
Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts überprüfen“, Bundestagsdrucksache 18/1613). Dafür ist die ganze
Bandbreite an Expertinnen und Experten aus Rechtswissenschaft, Suchthilfe, Sozialarbeit, Konsumierendenver-
bänden, Medizin, Kriminologie, Public Health, Erziehungswissenschaft und Polizei einzubeziehen.
Zu 2. Die strafrechtliche Verfolgung von Cannabis-Konsumierenden ist unverhältnismäßig. Auch wenn Canna-
bis-Konsum nicht harmlos ist, gibt es grundsätzlich keinen Grund, in die persönliche Entscheidung der bzw. des
Einzelnen für den Cannabis-Konsum mit der Strafandrohung bis hin zum Freiheitsentzug einzugreifen. Denn
durch das Verbot können keine Gemeinwohlinteressen, die derart scharfe Maßnahmen rechtfertigen, wirksam
geschützt werden.
Das Cannabis-Verbot ist zudem unzweckmäßig, da weder der Konsum noch das Angebot von Cannabis wirksam
eingeschränkt werden. Um Anreize zur Absatzmaximierung zu verhindern, setzt die Fraktion DIE LINKE. auf
Erlaubnis des Anbaus zum eigenen Bedarf sowie auf gemeinschaftlich geführte und nichtkommerzielle Cannabis-
Clubs und Regelungen zu Werbeverboten und zur Gewährleistung des Jugend- und Verbraucherschutzes (siehe
Antrag „Legalisierung von Cannabis durch Einführung von Cannabis-Clubs“, Bundestagsdrucksache 17/7196).
Zu 3. Mit der Substitutionsbehandlung mit Methadon, synthetisch hergestelltem Heroin (Diamorphin) und ande-
ren Substanzen existiert bereits eine regulierte Abgabe von Rauschmitteln für Opiatabhängige. Der Erfolg ist
deutlich: Die gesundheitlichen Schädigungen inkl. HIV-Infektionen der Abhängigen nehmen ab, viele Betroffene
können ein selbstbestimmtes Leben führen, die Kriminalität wurde reduziert, das Risikobewusstsein nimmt zu.
Es sind weitere regulierte Abgabemodelle zu prüfen, die es Menschen mit einer Suchterkrankung ermöglichen,
der Abhängigkeit von der Drogenmafia zu entkommen, den Konsum zu kontrollieren und wieder ein selbstbe-
stimmtes Leben aufzubauen.
Zu 4. Die Kriminalisierung von Konsumierenden hat sich als ungeeignet erwiesen, drogenassoziierte Probleme
wirksam zu reduzieren. Sie bindet enorme Ressourcen und hält Menschen, die sich für Drogenkonsum entschie-
den haben, nicht vom Konsum ab. Für Cannabis hat das Bundesverfassungsgericht die Strafverfolgung bei Besitz
einer geringen Menge im Regelfall als unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig gewertet (vgl. Beschluss
vom 09. März 1994, BVerfGE 90, 145). Portugal und andere Staaten haben mit der Entkriminalisierung von
Drogenkonsumierenden hervorragende Erfahrungen gemacht: Die Konsumzahlen haben sich nicht erhöht und die
drogenbedingten Todesfälle sowie konsumassoziierte Probleme wie HIV- und HCV-Infektionen konnten gesenkt
werden.
Zu 5. Mit der Unterzeichnung internationaler Suchtstoffabkommen hat sich Deutschland verpflichtet, die Strate-
gie der Drogenbekämpfung mittels Repression umzusetzen. In immer mehr Staaten – gerade in den Herstellerlän-
dern, in denen der Krieg gegen die Drogen („War on Drugs“) viele Todesopfer fordert – wird dieser Ansatz in-

http://schildower-kreis.de/resolution-deutscher-strafrechtsprofessorinnen-und-professoren-an-die-abgeordneten-des-deutschen-bundestages/
http://schildower-kreis.de/resolution-deutscher-strafrechtsprofessorinnen-und-professoren-an-die-abgeordneten-des-deutschen-bundestages/
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8459
zwischen infrage gestellt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich aktiv dafür einzusetzen, die Suchtstoffab-
kommen so abzuändern, dass alternative Wege in der Drogenpolitik und ihre Evaluation gefördert werden. Dies
wäre bereits bei der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem (UNGASS) im
April 2016 möglich gewesen.
Zu 6. Die Unterteilung in legale und illegale Drogen sagt nichts über deren Gefährlichkeit aus. Alkohol und Tabak
verursachen katastrophale Schäden. Trotzdem werden beide legalen Drogen in Deutschland besonders lasch re-
guliert, sind besonders billig und praktisch überall erhältlich. Werbeverbote für Tabakprodukte, zu denen sich
Deutschland mit dem Gesetz zum Tabak-Rahmenübereinkommens der Weltgesundheitsorganisation verpflichtet
hat, wurde erst im Jahr 2016 und damit elf Jahre nach der Umsetzungsfrist in Angriff genommen. Für Alkohol
gibt es nur sehr wenige gesetzliche Regelungen zu Werbebeschränkungen; in Deutschland setzt man stattdessen
auf Selbstverpflichtungen der Industrie. So stehen wir absatzsteigernden Regulierungen auf der einen und straf-
rechtlicher Verfolgung auch von Konsumierenden auf der anderen Seite gegenüber. Eine gesundheitsbezogene
Regulierung muss weggehen von dieser holzschnittartigen Einteilung und stattdessen die tatsächlichen gesund-
heitlichen und gesellschaftlichen Schäden der einzelnen Drogen in den Blick nehmen.
Zu 7. Der Ansatz der Harm Reduction fokussiert nicht auf die Abstinenz, sondern darauf, Folgeschäden durch
Drogengebrauch zu minimieren. Das Testen von Drogen auf ihre Inhaltsstoffe (Drug Checking) verringert diese
Gefahren, indem schädliche Verunreinigungen und unerwünschte Rauschmittel in den Drogen ermittelt werden.
Mindestens genauso wichtig ist, dass so Konsumentengruppen, die momentan für Präventionsarbeit praktisch
unzugänglich sind, erschlossen und gefährliche Entwicklungen auf dem Drogenmarkt aufgedeckt werden können
(vgl. Änderungsantrag zum Haushaltsgesetz des Bundes auf Bundestagsdrucksache 18/3275). Die Bundesregie-
rung lehnt Drug Checking ab (siehe Bundestagsdrucksache 17/7006, Position wiederholt am 11. Mai 2016 im
Gesundheitsausschuss des Bundestages). Andere schadensreduzierende Maßnahmen wie zum Beispiel die Ein-
richtung von Drogenkonsumräumen und die Vergabe von Spritzbestecken auch in Haftanstalten tragen dazu bei,
die gesundheitlichen Risiken insbesondere bei Opiatabhängigen zu reduzieren. Nachdem zum Beispiel die Sub-
stitutionstherapie mit Diamorphin und Drogenkonsumräume gegen den Widerstand von CDU/CSU eingeführt
wurden, werden diese Maßnahmen nun als Erfolgsrezepte von der Bundesregierung angeführt (siehe Rede der
Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler bei der UNGASS-Sitzung der Vereinten Nationen im April 2016).
Zu 8. Nachdem die Null-Toleranz-Politik im Betäubungsmittelrecht als verfassungsrechtlich problematisch er-
kannt wurde, wurde sie umso stärker im Verkehrsrecht weiterverfolgt. Selbst Menschen, die nie unter Drogenein-
fluss am Straßenverkehr teilgenommen haben, droht die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen zu werden. Angeblich
sei es per se zweifelhaft, dass Menschen, die etwa einmal eine Partydroge konsumiert oder auch nur besessen
haben, zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet sind. Nur mit kostspieligen medizinischen Gutachten und wei-
teren Auflagen können die Betroffenen versuchen, diese Annahme zu entkräften. Es gab nie einen Nachweis, dass
diese Regelungen ihrem Zweck, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, dienlich sind (vgl. die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/9868). Da für viele Menschen mit dem Verlust der Fahrer-
laubnis ein Verlust des Arbeitsplatzes einhergehen kann, werden so in bedenklicher Leichtfertigkeit Existenzen
in Gefahr gebracht. Das Nüchternheitsgebot für die Teilnahme am Straßenverkehr wird durch die geforderten
Gesetzesänderungen in keiner Weise abgeschwächt.

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