BT-Drucksache 18/8448

Bundesfernstraßengesellschaft

Vom 11. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8448
18. Wahlperiode 11.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Anja Hajduk, Sven-Christian Kindler,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Markus Tressel,
Harald Ebner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bundesfernstraßengesellschaft

Im Bericht des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zur
Reform der Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen vom 11. De-
zember 2015 umreißt die Bundesregierung ein Gesamtkonzept zur Reform der
Auftragsverwaltung im Bereich der Bundesfernstraßen. Dazu soll eine Infrastruk-
turgesellschaft des Bundes mit Fokus auf Bundesautobahnen gegründet werden.
Die Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ hat im Auftrag der
Verkehrsministerkonferenz der Länder am 23. Februar 2016 einen Bericht vorge-
legt, der sich kritisch zu einer Bundesfernstraßengesellschaft äußert. In einem Be-
schluss lehnt die Verkehrsministerkonferenz die bisher bekannten Vorschläge des
Bundes zur Errichtung einer Bundesautobahngesellschaft bzw. einer Bundesfern-
straßengesellschaft ab.


Wir fragen die Bundesregierung:
1. Aus welchen Gründen ist vorgesehen, die Bundesstraßen nicht durch die

Bundesfernstraßengesellschaft zu verwalten bzw. zu bewirtschaften?
2. Inwiefern soll sichergestellt werden, dass die Bundesfernstraßengesellschaft

und das Anlageneigentum dauerhaft im Besitz des Bundes bleiben und nicht
privatisiert werden können, um der Forderung der Gewerkschaften IGM,
ver.di, IGBCE, IGBAU und DGB nachzukommen (siehe „Ergänzende und
abweichende Positionen zum Bericht der Expertenkommission Stärkung von
Investitionen in Deutschland“), oder soll die Möglichkeit zu einer späteren
Privatisierung offengehalten werden?

3. Wie soll sichergestellt werden, dass mit der Bundesfernstraßengesellschaft
kein Schattenhaushalt entsteht, da sie über hinreichenden unternehmerischen
Spielraum verfügen wird, betriebswirtschaftliche Risiken selbst tragen soll
und über 50 Prozent der Kosten aus eigenen Mauterlösen stammen sollen,
wodurch sie nicht automatisch dem staatlichen Bereich zugeordnet wird und
Schuldenbremse nach Artikel 109 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) bzw.
Artikel 115 GG sowie Maastricht-Kriterien demzufolge nicht greifen?

4. Inwiefern kann ein Schattenhaushalt vermieden werden, wenn gleichzeitig
kein Haftungsverbund zwischen Gesellschaft und Bund vorgesehen ist?

5. Aus welchen Gründen soll die Bundesfernstraßengesellschaft eigene Kapa-
zitäten zur Kreditaufnahme privaten Kapitals erhalten, da auch die Möglich-
keit besteht, der Gesellschaft günstigere Zwischenfinanzierungen über die
Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH zu ermöglichen?

Drucksache 18/8448 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

6. Inwiefern besteht die Gefahr, dass eine Beteiligung privaten Kapitals an Pro-
jekten der Gesellschaft nach Renditefähigkeit und nicht anhand einer gesamt-
wirtschaftlichen Betrachtung erfolgt, so dass weniger ertragreiche Projekte
nicht oder nachrangig umgesetzt werden?

7. Wie kann ausreichend sichergestellt werden, dass eine Bundesfernstraßenge-
sellschaft nur Projekte umsetzt, für die der Deutsche Bundestag den Bedarf
gesetzlich festgelegt hat, damit die Gesellschaft nicht selbstständig Projekte
„erfindet“, um eingenommene Mittel vollständig selbst verausgaben zu kön-
nen?

8. Inwiefern hält es die Bundesregierung für möglich, dass eine Bundesfern-
straßengesellschaft mittel- bis langfristig Überschüsse erwirtschaftet und
diese an den Bundeshaushalt abführt?

9. Welche Personalübernahmemodelle für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
aus den Auftragsverwaltungen der Länder sind im Zuge der Gründung einer
Bundesfernstraßengesellschaft vorgesehen, und wie wird sichergestellt, dass
sich für diese keine wirtschaftlichen bzw. statusrechtlichen Einbußen erge-
ben?

10. Mit welchen Maßnahmen sollen Doppelstrukturen zwischen Bundesfernstra-
ßengesellschaft und Verwaltungen der Länder vermieden werden?

11. Inwiefern ist im Rahmen des geplanten kaufmännischen Rechnungswesens
vorgesehen, eine umfassende Vermögensbilanz über das gesamte Anlagever-
mögen zu erstellen, und in welchem zeitlichen Rahmen kann eine Eröff-
nungsbilanz vorgelegt werden?

12. Aus welchen Gründen prüft die Bundesregierung nur die Errichtung Bundes-
fernstraßengesellschaft in der Form einer GmbH, und inwiefern ist hierbei
auch die Prüfung einer gemeinnützigen GmbH vorgesehen?

13. Aus welchen Gründen sollen die Rechtsformen „Anstalt öffentlichen
Rechts“ sowie „Aktiengesellschaft“ nicht geprüft werden?

14. Welche konkreten Einflussmöglichkeiten sind für den Deutschen Bundestag
vorgesehen, damit er seine Beteiligungs-, Mitsprache- und Kontrollrechte
umfassend wahrnehmen kann?

15. Wie steht die Bundesregierung zu Schaffung eines Aufsichtsgremiums für
die Bundesfernstraßengesellschaft, in der neben der Bundesregierung, auch
die Fraktionen entsprechend ihrer Fraktionsstärke und Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer vertreten sind?

16. Welche Position hat die Bundesregierung zur Schaffung einer zentralen, pri-
mär auf Nutzerfinanzierung und Haushaltsmittel gerichtete Finanzierungsge-
sellschaft, um eine überjährige Finanzierung über die gesamte Lebensdauer
des jeweiligen Investitionsgutes ohne grundlegende Neuorganisation einer
Bundesfernstraßengesellschaft sicherzustellen, wie es die Landesverkehrs-
minister fordern?

17. Welche Position hat die Bundesregierung zur Schaffung eines „Sonderver-
mögens nachholende Sanierung“, wie es die Landesverkehrsminister for-
dern?

Berlin, den 11. Mai 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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