BT-Drucksache 18/8388

Arbeitsuchende Lehrerinnen und Lehrer für Integrationskurse

Vom 3. Mai 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/8388
18. Wahlperiode 03.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Klaus Ernst,
Nicole Gohlke, Sevim Dağdelen, Norbert Müller (Potsdam), Dr. Petra Sitte,
Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Arbeitsuchende Lehrerinnen und Lehrer für Integrationskurse

Im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes hat die Bundesregierung sogenannte
Integrationskurse im Jahr 2005 eingeführt, die einen Beitrag zu einer gelingenden
Integration leisten sollen. Voraussetzung für die Teilnahme ist ein dauerhafter Auf-
enthalt im Bundesgebiet sowie eine Aufenthaltserlaubnis. Seit Verabschiedung des
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes dürfen auch Personen mit einer Aufent-
haltsgestattung an diesen Kursen teilnehmen, allerdings nur im Rahmen freier Ka-
pazitäten und nur aus bestimmten Herkunftsländern. Die Integrationskurse setzen
sich aus zwei Komponenten zusammen, einem Orientierungskurs sowie einem
Sprachkurs. Im Orientierungskurs sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern
unter anderem Kenntnisse der deutschen Kultur, Geschichte und Gesellschaft ver-
mittelt werden. Der Sprachkurs dient dem Erwerb der deutschen Sprache auf dem
Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Um
als Lehrkraft in Integrationskursen unterrichten zu können, wird eine Zulassung des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) benötigt. Diese sah bisher ei-
nen Hochschulabschluss und eine Zusatzausbildung „Deutsch als Fremdspra-
che/Deutsch als Zweitsprache“ (DaF/DaZ) als Bedingung vor. Im vergangenen Jahr
wurden die bisherigen Zulassungskriterien – befristet für ein Jahr – bei Neueinstel-
lungen gesenkt. So sollen beispielsweise andere DaF- oder DaZ-Zertifikate aner-
kannt werden, so dass auch Personen mit einem nichtpädagogischen Abschluss
schneller als bisher im Integrationskurs unterrichten dürfen. Die neuen Zulassungs-
kriterien umfassen auch eine Neubewertung anderer pädagogischer Abschlüsse, die
z. B. eine schnellere Zulassung von Lehrkräften mit dem zweiten Staatsexamen und
von Lehrerinnen und Lehrer aus dem Ausland ermöglichen soll.
In den „Tagesthemen“ vom 14. April 2016 antwortete der Bundesminister für be-
sondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes Peter Altmaier auf die
Frage, woher zusätzliches Personal für die Integrationskurse gefunden werden
solle, dass (junge) Menschen, die ein Lehramtsstudium absolviert haben und die
bisher keine Arbeit finden konnten, hier eine sinnvolle Arbeit verrichten bzw. als
Lehrkräfte für die Integrationskurse angestellt werden könnten. Außerdem hätte
es bereits im letzten Jahr Beschlüsse von Bundesländern gegeben, die darauf hin-
ausliefen, dass mehrere tausend Lehrkräfte neu eingestellt werden sollen. Allein
in Bayern würden über 3 000 Lehrkräfte neu eingestellt.

Drucksache 18/8388 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Lehrkräfte

mit zweitem Staatsexamen bzw. erfolgreich abgeschlossenem Referendariat
für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen mit einer zertifizierten
Zusatzausbildung DaZ/DaF (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

2. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer haben nach Kenntnis der Bundesregierung
in den Jahren seit 2014 das zweite Staatsexamen erworben bzw. das Refe-
rendariat erfolgreich abgeschlossen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?
Wie viele davon haben nach Kenntnis der Bundesregierung bisher keine Ver-
wendung im Schuldienst erhalten?

3. Wie viele Lehrerinnen und Lehrer mit abgeschlossenem Referendariat für all-
gemeinbildende und berufsbildende Schulen waren zum 31. Dezember 2015
arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldet (bitte nach Bundesländern, Schular-
ten und zertifizierter Zusatzausbildung DaZ/DaF aufschlüsseln)?
a) Wie viele Lehrkräfte an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen

waren seit Beginn der 18. Wahlperiode arbeitsuchend gemeldet (bitte
nach Monat, Bundesland und zertifizierter Zusatzausbildung DaF/DaZ
aufschlüsseln)?

b) Wie entwickeln sich die Zugänge in Arbeitslosigkeit von Lehrkräften an
allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen am ersten Arbeitsmarkt
seit Beginn der 18. Wahlperiode (bitte nach Monat, Bundesland und zer-
tifizierter Zusatzausbildung DaF/DaZ aufschlüsseln)?

c) Wie entwickeln sich jährlich die Abgänge aus Arbeitslosigkeit von Lehr-
kräften an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen in Beschäf-
tigung am ersten Arbeitsmarkt seit Beginn der 18. Wahlperiode (bitte
nach Monat, Bundesland und zertifizierter Zusatzausbildung DaF/DaZ
aufschlüsseln)?

4. Wie viele Integrationslehrkräfte werden per Datum der Fragestellung sowie
in den kommenden Jahren bis 2020 benötigt, um ausreichend Integrations-
kurse bereitstellen zu können (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?
a) Wie viele Lehrkräfte in Integrationskursen gibt es per Datum der Frage-

stellung?
b) Wie viele offene Stellenangebote für Lehrkräfte in Integrationskursen gibt

es per Datum der Fragestellung (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?
c) Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung wann, um eine aus-

reichende Anzahl von Integrationskursen sicherzustellen?
d) Spricht sich die Bundesregierung dafür aus, den Anteil der sozialversiche-

rungspflichtigen Beschäftigten für diese Kurse deutlich zu erhöhen?
e) Plant die Bundesregierung, eine weitere Anhebung der maximalen Teil-

nehmerinnen- und Teilnehmeranzahl in Integrationskursen über 25 Perso-
nen hinaus?
Wenn ja, warum, und auf welche Anzahl?
Wenn nein, warum nicht?

f) Welche Auswirkungen wird die beabsichtigte Erhöhung der Höchstteil-
nehmendenzahl von 20 auf 25 Personen (Eckpunkte für ein Integrations-
gesetz vom 13. April 2016) in Bezug auf die Qualität des Unterrichts in
den Integrationskursen und die Attraktivität des Arbeitsplatzes für poten-
tiell interessierte Lehrkräfte haben (bitte ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8388
 

5. Ist die Bundesregierung ebenso wie der Bundesminister für besondere Auf-
gaben Peter Altmaier der Ansicht, dass (junge) arbeitsuchende Absolventin-
nen und Absolventen von Lehramtsstudiengängen (mit dem zweiten Staats-
examen bzw. erfolgreich abgeschlossenem Referendariat), Lehrkräfte für In-
tegrationskurse werden sollten?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?
a) Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung wann, um junge ar-

beitsuchende Lehrerinnen und Lehrer für allgemeinbildende und berufs-
bildende Schulen als Lehrkräfte für Integrationskurse zu gewinnen?

b) Müssen arbeitsuchende Lehrerinnen und Lehrer für allgemeinbildende
und berufsbildende Schulen zusätzliche Qualifikationen nachweisen (wie
z. B. zertifizierte DaZ-/DaF-Ausbildung), um als Integrationskurslehr-
kräfte arbeiten zu können?
Wenn ja, warum, und welche?
Wenn nein, warum nicht?

c) Welche konkreten (Weiterbildungs-)Maßnahmen wird die Bundesregie-
rung wann für arbeitsuchende Lehrerinnen und Lehrer für allgemeinbil-
dende und berufsbildende Schulen bereitstellen, um sie für die Integrati-
onskurse zu qualifizieren?
Sind die Maßnahmen für Teilnehmerinnen und Teilnehmer kostenfrei?
Wenn nein, warum nicht?

d) Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die im vergangenen Jahr abge-
senkten Zulassungsanforderungen für Integrationslehrkräfte einen Quali-
tätsverlust bedeuten?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

e) Plant die Bundesregierung weitere Änderungen bzw. Absenkungen der
Kriterien für die Zulassung von Lehrkräften für Integrationskurse?
Wenn ja, welche, und wann?
Wenn nein, warum nicht?

f) Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass auch nichtpädagogisches Lehr-
personal, welches eine Zusatzausbildung DaZ/DaF nachweisen kann,
weiterhin für Integrationskurse zugelassen werden sollte?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

g) Welche konkreten Schritte will die Bundesregierung wann unternehmen,
um die Qualität der Integrationskurse (trotz Absenken der Zulassungskri-
terien für Integrationslehrkräfte) sicherzustellen?

6. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den zusätzlichen Bedarf bzw. Ersatz-
bedarf von Lehrkräften für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen in
den Bundesländern in den Jahren bis 2020 (bitte nach Bundesländern und
Jahren aufschlüsseln)?

Drucksache 18/8388 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

7. Welche Bundesländer haben – laut Aussage von Peter Altmaier in den „Ta-
gesthemen“ vom 14. April 2016 – im vergangenen Jahr nach Kenntnis der
Bundesregierung Beschlüsse gefasst, mehrere tausend Lehrerinnen und Leh-
rer für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen neu einzustellen?
a) Wie viele Lehrerinnen und Lehrer mit zweitem Staatsexamen bzw. erfolg-

reich abgeschlossenem Referendariat sollen nach diesen Beschlüssen in
welchem Zeitraum neu eingestellt werden (bitte nach Bundesländern auf-
schlüsseln)?

b) Wie viele der geplanten Neueinstellungen sind Nachbesetzungen für aus-
scheidende Lehrkräfte?

c) Wie viele Stellen davon sind Vollzeitstellen, und wie viele Teilzeitstellen?
d) Wird die Bundesregierung die Länder bei der Umsetzung dieser Be-

schlüsse – wie Peter Altmaier sinngemäß ankündigte – unterstützen?
Wenn ja, mit welchen Maßnahmen, wenn nein, warum nicht?

8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Un-
terrichtsversorgung in den einzelnen Bundesländern (bitte nach Bundeslän-
dern und nach allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen aufschlüs-
seln)?

9. Wie vielen Vollzeitäquivalenten entsprechen nach Kenntnis der Bundesre-
gierung die von Bundesminister Peter Altmaier genannten 3 000 neu einge-
stellten Lehrkräfte in Bayern?
a) Wie viele davon sollen als Lehrkräfte für allgemeinbildende und berufs-

bildende Schulen eingestellt werden?
b) Wie hoch ist der Anteil der nachbesetzten Stellen bei diesen 3 000 neu

eingestellten Lehrerinnen und Lehrern in Bayern?
c) Wie hoch ist der Anteil der zusätzlichen Lehrkräfte, die zur Integration

von Geflüchteten in Integrationskursen eingesetzt werden?
d) Wie viele werden in Willkommensklassen an allgemeinbildenden und wie

viele an berufsbildenden Schulen arbeiten?
10. Wie hoch ist die Vergütung für Integrationskurse per Datum der Fragestel-

lung (pro Stunde)?
a) Welchem Bruttoeinkommen entspricht dieser Stundensatz bei einer Voll-

zeitstelle in Integrationskursen?
b) Von wie vielen Unterrichtsstunden pro Woche geht die Bundesregierung

bei einer Vollzeitstelle in Integrationskursen aus?
c) Wie steht dieses Bruttoeinkommen im Verhältnis zu dem durchschnittli-

chen monatlichen Bruttoeinkommen einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft
an einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden Schule gemäß dem
Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) (Sekundar-
stufe II, bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

d) Plant die Bundesregierung, den Kostenerstattungssatz, den Kursträger
vom BAMF pro Teilnehmerin und Teilnehmer erhalten, so anzuheben,
dass damit Lehrkräfte in Integrationskursen ein vergleichbares Bruttoein-
kommen erhalten, wie Lehrkräfte im Schuldienst?
Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8388
 

e) Wie viele sozialversicherungspflichtig beschäftigte Lehrkräfte sind per
Datum der Fragestellung in Volkshochschulen und anderen Trägern für
die Integrationskurse angestellt?
Wie viele Lehrkräfte arbeiten derzeit auf Honorarbasis?

Berlin, den 3. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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