BT-Drucksache 18/8373

Beteiligungen der DEG an Unternehmen und Fonds in Steueroasen

Vom 9. Mai 2016


 

Deutscher Bundestag Drucksache 18/8373
18. Wahlperiode 09.05.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Susanna Karawanskij,
Katrin Kunert, Thomas Nord, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich und
der Fraktion DIE LINKE.

Beteiligungen der DEG an Unternehmen und Fonds in Steueroasen

Im Zuge der Veröffentlichung der Panama Papers wurde auch bekannt, dass die
DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH, 100-prozentige
Tochter der staatseigenen KfW Bankengruppe an Fonds und Unternehmen beteiligt
ist, die ihren Sitz an Standorten haben, die gemeinhin als Steueroasen gelten (www.
finews.ch/news/finanzplatz/15984-steuerparadiese-steueroasen-tax-heaven-steuern-
dubai-cayman-shcwiez-mauritius-bulgarien-panama-andorra). Im Geschäftsbe-
richt der DEG von 2015 werden neun solcher Beteiligungen angeführt,
1. Banyan Tree Growth Capital LLC (DEG-Anteil 27 Prozent); Sitz: Port Louis,

Mauritius
2. Berkeley Energy Wind Mauritius Ltd. (25,8 Prozent); Sitz: Ebene, Mauritius
3. The Kibofund II LLC (25 Prozent); Sitz: Ebene, Mauritius
4. Aavishkaar Frontier Fund (22,222 Prozent); Sitz: Ebene, Mauritius
5. Emerald Sri Lanka Fund I Limited (23,53 Prozent); Sitz: Port Louis, Mauritius
6. Kendall Court Mezzanine (Asia) Bristol Merit Fund L. P. (24,37 Prozent);

Sitz: Kaimaninseln
7. Worldwide Group Inc. Morning Star (32,28 Prozent); Sitz: Charlestown, St.

Chr. und Nevis
8. Portland Caribbean Fund II, L. P. (20,99 Prozent); Sitz: George Town, Kai-

maninseln
9. Frontier Bangladesh II L. P. (20 Prozent); Sitz: Grand Cayman, Kaimaninseln.
Der Gesamtwert dieser Beteiligungen liegt laut DEG-Geschäftsbericht von 2015
bei über 250 Mio. Euro (zu dem Wert der Beteiligungen, siehe die Nummern 4,
5 und 9, liegen im Geschäftsbericht der DEG von 2015 keine Angaben vor), deren
summiertes Ergebnis bei ca. 27 Mio. Euro.
Für einige der genannten Unternehmen und Fonds sind keinerlei Informationen dar-
über verfügbar, welche Anlageziele sie haben bzw. in welche Anlageklassen oder
Schwerpunktländer sie investieren. So weist die Internetseite der Worldwide Group
Inc. Morning Star weder auf solche Fakten noch auf konkrete Investitionsprojekte
oder Investitionskriterien hin. Zugleich führt die Seite jedoch verschiedene Mög-
lichkeiten auf, Unternehmen mit dem Ziel „asset protection and tax planning“ zu
gründen. Als Standortvorteil des Unternehmenssitzes Nevis listet Worldwide
Group Inc. Morning Star u. a. die fehlende Besteuerung von Einnahmen sowie die

Drucksache 18/8373 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

 

nicht vorhandene Publizitätspflicht auf (www.morningstarnev.com/PDFs/MSH-
Nevis-KF.pdf). Ein entwicklungspolitscher Bezug des Unternehmens fehlt.
Auch über andere Beteiligungen sind kaum Informationen auffindbar. So ist der
Sitz des Kendall Court Mezzanine (Asia) Bristol Merit Fund L. P. im Geschäfts-
bericht der DEG gar nicht, im Geschäftsbericht der KfW aus dem Jahr 2014 mit
Kaimaninseln ausgewiesen. Der Sitz der Fondsgesellschaft Kendall Court ist je-
doch laut eigenen Angaben Singapur (www.kendallcourt.com/inside.php?s=
contactus). Investitionsziel sind risikoreiche Mezzanine-Finanzierungen in Süd-
ostasien, die jedoch nicht näher spezifiziert werden. Über einen konkreten ent-
wicklungspolitischen Nutzen des Fonds sind keine Informationen verfügbar, ver-
gangene Investitionen der Fondsgesellschaft in Palmöl oder Biodieselplantagen
werfen jedoch erhebliche Zweifel über die Existenz eines solchen auf. Zudem
weist der Fonds scheinbar keinerlei ethische oder umweltbezogene Standards für
Investitionen auf. Gleiches gilt für den Frontier Bangladesch II L. P., der zwar
von einer Fondsgesellschaft aus Bangladesch gemanaged wird, seinen Sitz jedoch
ebenso auf den Kaimaninseln hat.
Fünf weitere Fonds und Unternehmen, an denen die DEG beteiligt ist, haben
ihren Sitz auf Mauritius, ihr regionaler Tätigkeitsschwerpunkt liegt aber an-
derswo. So investiert beispielsweise der Kibofund II in verschiedene Projekte
in den Ländern Afrikas – unter anderem in ein Kraftwerk der Firma Electro-
Maxx, das bei der lokalen Bevölkerung stark kritisiert wird (www.youtube.com/
watch?v=os5zxgmgAME).
Neben dem fragwürdigen entwicklungspolitischen Nutzen der einzelnen Beteili-
gungen stellt sich aber auch die generelle Frage, inwiefern die Beteiligung an
Unternehmen und Fonds in Steueroasen mit dem im Gesellschaftsvertrag der
DEG festgelegten gemeinnützigen Zweck der Förderung der Entwicklungszu-
sammenarbeit vereinbar ist. So weist die DEG als einen zentralen Indikator, um
den entwicklungspolitischen Nutzen ihrer Finanzierungen zu messen, die zusätz-
lichen Staatseinnahmen der Entwicklungsländer aus, die aus den Steuerabgaben
der von der DEG finanzierten Unternehmen resultieren (www.deginvest.de/
Internationale-Finanzierung/DEG/Die-DEG/Was-wir-bewirken/#2). Nach Kennt-
nis der Fragesteller versteuern die neun aufgelisteten Unternehmen und Fonds
ihre Erträge jedoch in den Steuerparadiesen und nicht in den Projektländern.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Beweggründe der DEG,

Fonds und Unternehmensbeteiligungen in Steuerparadiesen zu unterhalten?
2. Worin sieht die Bundesregierung den entwicklungspolitischen Mehrwert sol-

cher Beteiligungen im Allgemeinen?
3. Wie bewertet die Bundesregierung die Beteiligungen der DEG an oben ge-

nannten Unternehmen und Fonds, gerade im Hinblick auf die Tatsache, dass
alle Beteiligungen ihren Sitz in Steueroasen haben?

4. Was geschieht nach Kenntnis der Bundesregierung mit den Erträgen, die die
verschiedenen Beteiligungen erbringen?

5. Wo und in welcher Höhe werden die Erträge der Beteiligungen nach Kennt-
nis der Bundesregierung versteuert?

6. Inwieweit kann die Bundesregierung sicherstellen, dass die Erträge der
DEG-Beteiligungen in der Bundesrepublik Deutschland korrekt versteuert
werden, insbesondere in Anbetracht des Vorschlags des Abgeordneten
Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der Fraktion der SPD, an Steu-
erhinterziehung beteiligten Banken, die Lizenz zu entziehen (www.noz.de/
deutschland-welt/politik/artikel/694459/steueroasen-die-schmutzige-seite-des-
kapitals)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/8373
 

 

7. Welche Erträge erwirtschaftete die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung
bisher aus den oben genannten Beteiligungen sowie etwaiger ehemaligen an-
deren Beteiligungen an Unternehmen oder Fonds in sogenannten Steuerpa-
radiesen (bitte einzeln aufschlüsseln und auch die Erträge bereits veräußerter
und ausgelaufener Beteiligungen einbeziehen)?

8. Inwieweit entzieht sich nach Kenntnis der Bundesregierung die DEG durch
die Beteiligung an Unternehmen und Fonds in Steueroasen ihrer Steuer-
pflicht in Deutschland?

9. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die von der DEG entrichteten
Steuern auf Erträge der verschiedenen Beteiligungen im In- und Ausland?

10. Inwieweit widerspricht das Investitionsverhalten der DEG, in Fonds zu in-
vestieren, die dann wiederum in Projekte in Entwicklungsländern investie-
ren, dem Anspruch der DEG, das Steueraufkommen in Entwicklungsländern
zu erhöhen?

11. Sieht die Bundesregierung diesbezüglich Handlungsbedarf, und wenn ja,
welchen?

12. Wie bewertet die Bundesregierung das Verhalten der DEG, Gelder nicht di-
rekt in die Projektländer, sondern in Fonds zu investieren, die dann wiederum
in Projekte in Entwicklungsländern investieren?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu
a) der Investmentstrategie,
b) den Investitionsbranchen,
c) den Investitionsländern,
d) der entwicklungspolitischen Ausrichtung und
e) dem Unternehmensziel der Worldwide Group Inc. Morning Star?

14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Beweggründen der
DEG, sich an der Worldwide Group Inc. Morning Star zu beteiligen?

15. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass sich die DEG an der
Worldwide Group Inc. Morning Star beteiligt, einem Unternehmen, das auf
seiner Homepage offensiv mit Steuervermeidung wirbt?

16. Inwieweit treten durch die Beteiligung an der Worldwide Group Inc.
Morning Star Zielkonflikte mit den entwicklungspolitischen Zielen der DEG
bzw. der Bundesregierung auf, insbesondere weil das Unternehmen keinerlei
entwicklungspolitischen Bezug zu haben scheint?

17. Wie stellt die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung sicher, dass die
Worldwide Group Inc. Morning Star keine Investitionen tätigt, die den ent-
wicklungspolitischen Leitlinien der Bundesregierung widersprechen?

18. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass die DEG mit der Beteiligung
an der Worldwide Group Inc. Morning Star keinerlei entwicklungspolitische
Ziele verfolgt?

19. Bewertet die Bundesregierung die Worldwide Group Inc. Morning Star als
Briefkastenfirma?

20. An welchen konkreten Projekten ist nach Kenntnis der Bundesregierung die
Banyan Tree Growth Capital LCC beteiligt?

21. Aus welchen Gründen investiert die DEG nach Kenntnis der Bundesregie-
rung nicht direkt in indische kleine und mittlere Unternehmen, sondern tätigt
diese Investments über die Banyan Tree Growth Capital LCC?

Drucksache 18/8373 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

 

22. Welche Angaben liegen der Bundesregierung zu
a) den Projekten,
b) den Projekt- bzw. Investitionsländern,
c) dem entwicklungspolitischen Anspruch und
d) der Politik der Corporate Social Responsibility (CSR-Politik)
der Berkeley Energy Wind Mauritius Ltd. vor (bitte jeweils anführen bzw.
ggf. vorhandene Dokumente beifügen)?

23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Proteste der lokalen Be-
völkerung an dem Kraftwerk von Electro-Maxx in Torono (Uganda), an dem
die DEG durch ihr Investment in „The Kibofund II LLC“ beteiligt ist?

24. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu den Protesten der lokalen Be-
völkerung gegen den Kraftwerksbau, insbesondere im Hinblick auf gesund-
heitliche Auswirkungen sowie Umsiedlungen der Bevölkerung?

25. Welche Angaben liegen der Bundesregierung zur CSR-Politik des Aacish-
kaar Frontier Fund vor?

26. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Beweggründen der
DEG, sich an dem Aacishkaar Frontier Fund zu beteiligen?

27. Welche Angaben liegen der Bundesregierung zu
a) den Projekten,
b) dem entwicklungspolitischen Anspruch und
c) der CSR-Politik
des Emerald Sri Lanka Fund I Limited vor?

28. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Beweggründen der
DEG, sich an dem Emerald Sri Lanka Fund I Limited zu beteiligen?

29. Welche Informationen zu
a) der Investmentstrategie,
b) den Investitionsbranchen,
c) den Investitionsländern,
d) dem entwicklungspolitischen Anspruch und
e) der CSR-Politik
des Kendall Court Mezzanine (Asia) Bristol Merit Fund L. P. vor (bitte ein-
zeln auflisten und ggf. vorhandene Dokumente anfügen)?

30. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Beweggründen der
DEG, sich an dem Kendall Court Mezzanine (Asia) Bristol Merit Fund L. P.
zu beteiligen?

31. Welche Angaben liegen der Bundesregierung zu
a) den Projekten,
b) dem entwicklungspolitischen Anspruch und
c) der CSR-Politik
des Frontier Bangladesh II L. P. vor?

32. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Beweggründen der
DEG, sich an dem Frontier Bangladesh II L. P. zu beteiligen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/8373
 

 

33. Inwiefern führt die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der
oben genannten Beteiligungen Umwelt- und Sozialrisikoprüfungen zu den
von den Unternehmen und Fonds finanzierten Projekten durch?

34. Wie überprüft die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung, inwiefern die
genannten Unternehmen und Fonds im Sinne der entwicklungspolitischen
Grundsätze und Maßnahmen der Bundesregierung, die der DEG als Rahmen
dienen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1717) sowie des Menschenrechtsleit-
fadens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (BMZ) agieren, der der DEG als Richtschnur dient (siehe BMZ-
Strategiepapier 4/2011)?

35. Wie überprüft die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung den entwick-
lungspolitischen Nutzen ihrer Beteiligung an den neun in der Vorbemerkung
der Fragesteller genannten Unternehmen und Fonds?

36. Welche konkreten Belege hat die DEG nach Kenntnis der Bundesregierung
für den entwicklungspolitischen Nutzen ihrer Beteiligung an den neun in der
Vorbemerkung der Fragesteller genannten Unternehmen und Fonds (bitte für
jede Beteiligung anführen)?

37. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung von den Projekten der oben ge-
nannten Fonds und Unternehmen, an denen die DEG beteiligt ist, potenziell
Geschädigte die Möglichkeit, sich an den Beschwerdemechanismus der
DEG zu wenden?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn sie diese Möglichkeit haben, welche realistischen Möglichkeiten ha-
ben sie, von der Existenz dieses Beschwerdemechanismus zu erfahren?

Berlin, den 4. Mai 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.