BT-Drucksache 18/820

Ausbildungsqualität in Gastronomieberufen

Vom 13. März 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/820
18. Wahlperiode 13.03.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Nicole Gohlke,
Sigrid Hupach, Jutta Krellmann, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring,
Harald Petzold (Havelland), Katrin Werner, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

Ausbildungsqualität in Gastronomieberufen

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Dortmund machte im
vergangenen Jahr einen besonders schwerwiegenden Fall bekannt, in dem so-
wohl gegen die im Ausbildungsvertrag geregelte als auch gesetzliche Bestim-
mungen verstoßen wurde. In Hamm wurde eine junge Frau zunächst in einer
Filiale einer Coffee-House-Kette als Aushilfe eingestellt und begann dort an-
schließend eine Ausbildung als Fachfrau für Systemgastronomie. Faktisch fand
jedoch keine Ausbildung statt. Nach einer Beschwerde wurde ihr vom Arbeit-
geber gekündigt, woraufhin die Auszubildende unter dem Rechtsbeistand der
NGG den Arbeitgeber verklagte. Das Gericht gab der Klage statt und stellte fest,
dass der Schaden der Auszubildenden darin liege, „dass sie ihre Arbeitskraft zu
einem nicht marktgerechten Preis zur Verfügung gestellt hat“ (www.ngg-
dortmund.de/betriebe-und-branchen/gastgewerbe/413-ngg-dortmund-erstreitet-
schadenersatz-fuer-auszubildende). Vor wenigen Wochen sprach das Landes-
arbeitsgericht Hamm der jungen Frau 4 800 Euro Schadenersatz zu.
Dass dieser Fall nicht exemplarisch für eine Branche bzw. für die duale Ausbil-
dung als solche steht, ist unbestritten. Ebenso unbestritten ist aber auch, dass die
Qualität einer Ausbildung in hohem Maße über die berufliche Perspektive vieler
junger Menschen entscheidet. Die DGB-Jugend weist in ihrem Ausbildungsre-
port jedes Jahr darauf hin, dass in einigen Ausbildungsberufen die Bedingungen
derart schlecht sind, dass hohe Vertragslösungsquoten, hohe Misserfolgsquoten
bei Prüfungen und ein hoher Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen zu ver-
zeichnen sind. Dies betrifft unter anderem Berufe im Lebensmittelhandwerk und
im Hotel- und Gaststättengewerbe. Dabei gehören die Restaurantfachfrau bzw.
der Restaurantfachmann und die Fachfrau bzw. der Fachmann für Systemgas-
tronomie laut Berufsbildungsbericht der Bundesregierung zu den Berufen mit
den höchsten Anteilen an unbesetzten Ausbildungsplätzen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr

2008 eine Ausbildung „Fachmann bzw. -frau für Systemgastronomie“ begon-
nen, wie viele brachen diese Ausbildung vorzeitig ab, und wie viele führten
diese mit bestandener Abschlussprüfung zu Ende (bitte nach Bundesländern,
Geschlecht, Herkunft, vorherigem Schulabschluss und Grund für den Ausbil-
dungsabbruch auflisten)?

Drucksache 18/820 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr
2008 eine Ausbildung „Restaurantfachmann bzw. -frau“ begonnen, wie viele
brachen diese Ausbildung vorzeitig ab, und wie viele führten diese mit be-
standener Abschlussprüfung zu Ende (bitte nach Bundesländern, Geschlecht,
Herkunft, vorherigem Schulabschluss und Grund für den Ausbildungs-
abbruch auflisten)?

3. Wie viele Arbeitsgerichtverfahren gab es nach Kenntnis der Bundesregierung
seit dem Jahr 2008 unter Beteiligung von Auszubildenden zum und zur Fach-
mann bzw. -frau für Systemgastronomie und zum und zur Restaurantfach-
mann bzw. -frau?
a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dieser Zahl,

und welche Konsequenzen zieht sie daraus?
Wie bewertet die Bundesregierung diese Zahl im Vergleich zu anderen
Ausbildungsberufen/Branchen?

b) Wie viele Arbeitsgerichtsverfahren unter Beteiligung von Auszubilden-
den sind der Bundesregierung aus anderen Branchen bekannt?

4. Wie viele Verstöße gegen arbeitsschutzrechtliche Bestimmungen gemäß Ar-
beitsschutzgesetz (ArbSchG), Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) und
Berufsbildungsgesetz (BBiG) bei Auszubildenden zum und zur Fachmann
bzw. -frau für Systemgastronomie und zum und zur Restaurantfachmann
bzw. -frau sind der Bundesregierung seit dem Jahr 2008 bekannt?

5. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche tarif-
liche Ausbildungsvergütung von Auszubildenden zum und zur Fachmann
bzw. -frau für Systemgastronomie und zum und zur Restaurantfachmann
bzw. -frau?

6. Sind der Bundesregierung außertarifliche Vergütungen und deren Durch-
schnittshöhe von Auszubildenden zum und zur Fachmann bzw. -frau für Sys-
temgastronomie und zum und zur Restaurantfachmann bzw. -frau sowie in
anderen Branchen bekannt?
Wenn ja, in welcher Höhe, und wie viele Auszubildende sind davon betrof-
fen?

7. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem hohen Anteil
an unbesetzten Ausbildungsplätzen in den Berufen Fachmann bzw. -frau für
Systemgastronomie sowie Restaurantfachmann bzw. -frau?
Welche Konsequenzen zieht sie daraus, und welchen Handlungsbedarf leitet
sie daraus ab?

8. Welchen Zusammenhang sieht die Bundesregierung zwischen der Qualität
der Ausbildung zum und zur Fachmann bzw. -frau für Systemgastronomie
bzw. zum und zur Restaurantfachmann bzw. -frau, die sich beispielsweise in
hohen Vertragslösungsquoten und einer niedrigen Vergütung äußern, und
dem hohen Anteil an unbesetzten Ausbildungsstellen in diesen Berufen?
Welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus, und welchen Handlungsbedarf
leitet sie daraus ab?

9. Wie hat sich seit dem Jahr 2008 die Anzahl der ausbildenden Betriebe aus
Branchen, die den höchsten Anteil an unbesetzten Ausbildungsplätzen auf-
weisen, entwickelt (bitte nach den zehn Berufen mit dem höchsten Anteil an
unbesetzten Ausbildungsstellen aufschlüsseln)?
Wie viele Betriebe bilden nicht mehr aus?
Wie viele Betriebe sind neu hinzugekommen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/820
10. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Ausbildungsqualität
in Berufen und Branchen, die den höchsten Anteil an unbesetzten Ausbil-
dungsplätzen aufweisen, zu verbessern?

Berlin, den 12. März 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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