BT-Drucksache 18/7636

Gesamt- und Folgekosten aller Auslandseinsätze seit Gründung der Bundeswehr

Vom 19. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7636
18. Wahlperiode 19.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Caren Lay, Wolfgang Gehrcke,
Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Annette Groth, Heike Hänsel,
Inge Höger, Andrej Hunko, Kerstin Kassner, Katrin Kunert, Birgit Menz,
Niema Movassat, Dr. Alexander Neu, Dr. Kirsten Tackmann, Kathrin Vogler,
Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Gesamt- und Folgekosten aller Auslandseinsätze seit Gründung der Bundeswehr

In der Antwort auf eine Berichtsanforderung der Vorsitzenden des Haushaltsaus-
schusses des Deutschen Bundestages nach den Gesamtkosten der Auslandseinsätze
der Bundeswehr (2016/0054824) teilt das Bundesministerium der Verteidigung
mit: „Entsprechendes Datenmaterial bis hin zur Gründung der Bundeswehr liegt
nicht vor.“ Aufgrund des vorliegenden Datenmaterials wurden für insgesamt
55 Auslandseinsätze Angaben zum Einsatzzeitraum, der Anzahl des eingesetzten
Personals sowie der Ausgaben per 19. Januar 2016 getätigt. Zu acht dieser Einsätze
konnten gar keine oder nur lückenhafte Ausgaben zum eingesetzten Personal und
den Gesamtkosten gemacht werden. Darüber hinaus war die Bundesregierung nicht
in der Lage anzugeben, welche Heilbehandlungskosten insgesamt seit der Grün-
dung der Bundeswehr für physische und psychische Therapien von in Auslandsein-
sätzen geschädigten Soldatinnen und Soldaten aufgewendet wurden. Gleiches gilt
für die Gesamtkosten, die seit der Gründung der Bundeswehr für die Versorgung
und Entschädigung der Hinterbliebenen der 106 Soldatinnen und Soldaten, die ins-
gesamt bei den Auslandseinsätzen zu Tode kamen, entstanden.
Die Fragesteller sind überrascht, dass die Bundesregierung entweder nicht in der
Lage oder nicht Willens ist, Abgeordneten haushaltsrelevante Informationen zur
Verfügung zu stellen. Artikel 110 des Grundgesetzes gewährleistet das parlamen-
tarische Budgetrecht und weist dem Bundeshaushalt und damit insbesondere dem
Haushaltsgesetzgeber eine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung zu. Das
Budgetrecht und mit ihm die Kontrolle des Haushaltsvollzuges ist eines der we-
sentlichen Instrumente der parlamentarischen Regierungskontrolle. Dies muss
vor dem Hintergrund des wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts, der
die Bundeswehr zu einer Parlamentsarmee macht, insbesondere für die auch
nachgelagerte Kontrolle von Wehrausgaben gelten. Diese Kontrolle kann nur ef-
fektiv ausgeübt werden, wenn und soweit die Bundesregierung dem Parlament
die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Für welche Auslandseinsätze seit Gründung der Bundeswehr liegt der Bun-

desregierung kein Datenmaterial zur Erfassung der Kosten aus jeweils wel-
chen Gründen vor?

Drucksache 18/7636 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

a) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „Rapid Reaction Force“ im ehemaligen Jugo-
slawien im Zeitraum von Juni 1995 bis Dezember 1995 machen?

b) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „United Nations Transitional Administration
for Eastern Slavonia, Baranja and Western Sirmium“ in Kroatien und Ser-
bien im Zeitraum von Februar 1996 bis Juli 1997 machen?

c) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „LIBELLE“ in Albanien im März 1997 ma-
chen?

d) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „ALLIED HARBOR“ im Kosovo und in Ma-
zedonien im Zeitraum von April 1999 bis September 1999 machen?

e) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „AVENIR“ im Kongo im Zeitraum von
April 2004 bis Juni 2004 machen?

f) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes „Aceh Monitoring“ in Indonesien im Zeitraum
von September 2005 bis März 2006 machen?

g) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen des Einsatzes in Pakistan im Zeitraum von Oktober 2005 bis
März 2006 machen?

h) Aus welchen Gründen kann die Bundesregierung insbesondere keine An-
gaben zu den Gesamtkosten sowie dem insgesamt eingesetzten Personal
im Rahmen der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammen-
arbeit in Europa (OSZE) in Georgien im Zeitraum von August 2008 bis
Juni 2009 machen?

2. Auf welche Gesamtsumme belaufen sich seit Gründung der Bundeswehr die
Heilbehandlungskosten, die aufgrund der in Auslandseinsätzen physisch
oder psychisch zu Schaden gekommenen Soldatinnen oder Soldaten sowie
zu Schaden gekommenen zivilen Beschäftigten entstanden sind?
a) Welche Heilbehandlungskosten sind zu welchem Umfang für welche

Dauer aufgrund jeweils welcher Rechtsgrundlage grundsätzlich erstat-
tungsfähig?

b) Welche Heilbehandlungskosten in welcher jährlichen Gesamthöhe wur-
den seit dem 1. Januar 1992 jeweils kassenwirksam?

3. Auf welche Gesamtsumme belaufen sich seit Gründung der Bundeswehr die
Aufwendungen, die für die Hinterbliebenen der 106 in Auslandseinsätzen zu
Tode gekommenen Personen angefallen sind (bitte nach Rechtsgrundlagen
differenzieren, insbesondere nach dem sozialen Entschädigungsrecht, Leis-
tungen aufgrund der Dienstzeitversorgung, Entschädigungen nach § 63e des
Soldatenversorgungsgesetzes sowie Aufwendungen für Bestattungen und
ggf. der Errichtung von Ehrengräbern einschließlich der Kosten der Grab-
pflege)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7636
 

Falls die Bundesregierung bei ihrer in der Antwort auf die vorbezeichnete
Berichtsanforderung geäußerten Auffassung bleibt, dass eine Erfassung die-
ser Leistungen nicht vorgenommen wird, was sind die Gründe dafür, und auf
welcher Grundlage prognostiziert die Bundesregierung dann die Aufstellung
der jeweiligen Haushaltstitel?

Berlin, den 18. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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