BT-Drucksache 18/7593

Bau der Bundesautobahn 52 auf Gladbecker Stadtgebiet

Vom 16. Februar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7593
18. Wahlperiode 16.02.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Caren Lay,
Matthias W. Birkwald, Eva Bulling-Schröter, Andrej Hunko, Ulla Jelpke,
Kathrin Vogler, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Bau der Bundesautobahn 52 auf Gladbecker Stadtgebiet

Das Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes
Nordrhein-Westfalen hat in seiner Nachmeldung zum Bundesverkehrswegeplan
(BVWP) 2015 den Ausbau der A 52 nördlich der A 2 und seine priorisierte Pla-
nung davon abhängig gemacht, dass die Stadt Gladbeck der Maßnahme
zustimmt (siehe: www.mbwsv.nrw.de/verkehr/_pdf_container/2015_07_17_
Priorisierungsliste.pdf).
Über die finanzielle Beteiligung der Stadt Gladbeck an den Kosten des geplanten
Tunnels wurde am 25. März 2012 ein Ratsbürgerentscheid durchgeführt, in dem
sich die große Mehrheit der Abstimmenden gegen die geplante Beteiligung der
Stadt Gladbeck am Autobahnbau ausgesprochen hat. Von Bund und Land war für
diesen Fall zugesichert, dass auf dem Gladbecker Stadtgebiet keine Ausbaupla-
nung stattfinden wird. An diese Absprache fühlen sich Bund und Land für den
Abschnitt nach Einschätzung der Fragesteller nun nicht mehr gebunden.
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbrau-
cherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen hat den Gladbecker Bürgerinnen und
Bürgern in einem Schreiben vom 15. September 2015 zugesagt, dass ein Bau der
A 52 durch Gladbeck gegen eine demokratische Mehrheitsentscheidung der Bür-
gerinnen und Bürger Gladbecks nicht erkennbar sei und von seinem Haus nicht
unterstützt werden würde.
Der Rat der Stadt Gladbeck hat in seiner Sitzung am 26. November 2015 den
Ausbau der A 52 auf der Grundlage einer ihm vorgelegten „endabgestimmten
Vereinbarung zum geplanten Neubau der A 52 im Zuge der B 224 auf Gladbecker
Stadtgebiet“ begrüßt und den Bürgermeister zur Unterzeichnung bevollmächtigt.
Am 23. Dezember 2015 ist diese Unterzeichnung erfolgt. Diese ist dann zunächst
dem Düsseldorfer Verkehrsminister zur Mitzeichnung weitergeleitet worden und
soll dann zur Unterschrift an den Bundesminister für Verkehr und digitale Infra-
struktur Alexander Dobrindt, der namentlich in der Vereinbarung aufgeführt ist,
geschickt werden. Dieser Darstellung der Stadt Gladbeck entgegen steht die Ant-
wort der Bundesregierung vom 09. Februar 2016, wonach „Verwaltungsverein-
barungen für den Bund (...) die jeweils zuständige Auftragsverwaltung“ schließe
und eine „Zustimmung zu planerischen Details in Form des Gesehen-Vermerkes
durch den Bund (...) zunächst die Erstellung der entsprechenden Entwurfsunter-
lagen“ erfordere (Antwort auf die Schriftliche Frage 98 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/7510).

Drucksache 18/7593 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

An der Tauglichkeit der „Vereinbarung“ als „endabgestimmte“ Grundlage einer
langfristigen und belastbaren Zusammenarbeit zwischen Land, Bund und Stadt
bestehen bei den Rechtsanwälten Hans-Joachim Kalb, Burchard Strunz, Matthias
Raith u. a. indessen erhebliche Zweifel („Zur Tauglichkeit der ´Vereinbarung
zum geplanten Neubau der A 52 im Zuge der B 224 auf Gladbecker Gebiet` als
Grundlage für Planung und Bau der Autobahn in Gladbeck“ vom 18. Ja-
nuar 2016). Neben vertraglichen Ungereimtheiten werden in der Vereinbarung
Verstöße gegen geltendes Verwaltungsrecht und die im Grundgesetz festgelegten
Zuständigkeiten der Vertragsparteien festgestellt. So sollen beispielsweise Lärm-
schutzeinrichtungen im Bereich des Autobahndreiecks A 52/A 2, für das bereits
ein Planfeststellungsverfahren läuft, „außerhalb des Planfeststellungsverfahrens“
gebaut werden. Bund und Land sollen Kosten übernehmen, ohne dass die Rechts-
beziehungen zwischen den beiden Körperschaften geklärt sind. Teilweise handelt
es sich um Kostenpositionen, die nach geltendem Recht ausschließlich der Bund
zu tragen hat. Die beteiligten Ministerien garantieren die Finanzierung des erst
nach fünf bis zehn Jahren anstehenden Baus, obwohl die Bereitstellung der erfor-
derlichen Mittel zum Bau der Autobahn nur durch den Deutschen Bundestag als
Haushaltsgesetzgeber erfolgen kann.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern war die Bundesregierung an der Erarbeitung des in der Stadt

Gladbeck vorgelegten Entwurfes einer dreiseitigen „Vereinbarung zum ge-
planten Neubau der A 52 im Zuge der B 224 auf Gladbecker Stadtgebiet“
zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Glad-
beck beteiligt?
a) Von welchem der drei Beteiligten ging die Initiative zu dieser Vereinba-

rung aus?
b) Welcher der drei Beteiligten hat den ersten Entwurf zu dieser Vereinba-

rung verfasst?
c) Von wann datiert der erste Entwurf dieser Vereinbarung?
d) An welchem Tag hat die Bundesregierung erstmals von der Idee einer

solchen Vereinbarung Kenntnis erlangt?
e) Welche Gespräche (telefonisch sowie mit persönlicher Anwesenheit)

wurden wann vom Bundesministerium für Verkehr und digitale
Infrastruktur (BMVI) mit einem oder beiden der anderen beiden Beteilig-
ten über diese Vereinbarung geführt?

f) Wurde Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bereits über die
Existenz dieser Vereinbarung informiert?

2. Hat die Bundesregierung dem Inhalt dieser Vereinbarung zugestimmt?
Wenn ja, wer erteilte diese Zustimmung?
Wenn nein, wie erklärt sich die Bundesregierung, dass Bundesverkehrsmi-
nister Alexander Dobrindt in dieser Vereinbarung als Unterzeichner aufge-
führt ist?

3. Ist die Einschätzung der Fragesteller zutreffend, dass die Antwort auf die
Schriftliche Frage 98 auf Bundestagsdrucksache 18/7510 bedeutet, dass der
Bundesverkehrsminister diese Vereinbarung nicht unterzeichnen wird und
dies seitens des Bundes auch nie intendiert war?

Wenn nein, warum ist diese Einschätzung nicht zutreffend, und wann und
durch wen wurde von der Bundesregierung die Zusage zur Unterzeichnung
gegenüber wem gegeben?
Wenn ja, wie erklärt sich die Bundesregierung die anderslautenden Darstel-
lungen der Stadt Gladbeck?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7593
 

4. Hat der nordrhein-westfälische Verkehrsminister diese Vereinbarung bereits
unterzeichnet?

Wenn ja, wann erfolgte dies?
Wenn ja, wurde diese bereits an den Bundesverkehrsminister weitergeleitet
und gegebenenfalls wann?
Wenn nein, ist der Bundesregierung bekannt, warum dies noch nicht erfolgte
und wann dies gegebenenfalls erfolgen wird?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Bürgermeister der Stadt Gladbeck
kein über den vorgelegten Entwurf hinausgehendes Verhandlungsmandat
hat, und welche Schlussfolgerungen zieht sie gegebenenfalls daraus?

6. Ist der Bundesregierung die rechtliche Begutachtung der Vereinbarung mit
dem Titel „Zur Tauglichkeit der ´Vereinbarung zum geplanten Neubau der
A 52 im Zuge der B 224 auf Gladbecker Gebiet` als Grundlage für Planung
und Bau der Autobahn in Gladbeck“ der Rechtsanwälte Hans-Joachim Kalb,
Burchard Strunz, Matthias Raith u. a. vom 18. Januar 2016 bekannt?

7. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, wonach diese Vereinbarung
mehrere Verstöße gegen geltendes Recht beinhaltet, insbesondere gegen
a) das Haushaltsrecht des Deutschen Bundestages, durch die verbindliche

Zusage einer Finanzierung zum Bau des Abschnittes der A 52 bis
Gelsenkirchen-Buer-West (§ 6 des Entwurfes der Vereinbarung),

b) das Planfeststellungsrecht nach § 17 des Bundesfernstraßengesetzes in
Verbindung mit den §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes, durch
die Aussagen der Vereinbarung zur „landschaftlichen Gestaltung im
Übergang zum Schlosspark“ (§ 5 des Entwurfs der Vereinbarung), sowie

c) die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern, indem gemein-
same Verpflichtungen von Bund und Land festgelegt werden (insbeson-
dere in den §§ 1 und 4 des Entwurfes der Vereinbarung), ohne zu konkre-
tisieren, wer von diesen beiden jeweils welche Verpflichtungen überneh-
men will (bitte jeweils begründen)?

8. Welche Rechtsgrundlage gibt es für die in den Fragen 7a bis 7c genannten
Teile der Vereinbarung?

9. Wird die Bundesregierung – vor dem Hintergrund ihrer Antwort auf die
Schriftliche Frage 98 auf Bundestagsdrucksache 18/7510 wonach „die in der
Vereinbarung niedergelegten Eckpunkte zu Grunde gelegt werden sollen, so-
weit diese (…) mit den rechtlichen Vorgaben vereinbar sind“ – die Verein-
barkeit der Vereinbarung mit den rechtlichen Vorgaben prüfen?

Wenn ja, bis wann wird dies erfolgen?
Wenn nein, warum nicht?

10. Wieso enthält diese Vereinbarung keine salvatorische Klausel?
11. Welche Auswirkungen hat es auf den in Arbeit befindlichen Bundesver-

kehrswegeplan 2015, wenn der Beschluss des Gladbecker Rates wegen der
beurteilten Verstöße gegen geltendes Recht aufgehoben werden müsste bzw.
würde?

Drucksache 18/7593 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
 

12. Wann und durch wen wurde der Stadt Gladbeck oder dem Land Nordrhein-
Westfalen mitgeteilt, dass die A 52 zwischen der A 2 und der Stadtgrenze
Gelsenkirchen auch im Falle einer Ablehnung der Vereinbarung durch den
Rat der Stadt bzw. dem Land oder einen ablehnenden Bürgerentscheid ge-
baut werde (www.derwesten.de/staedte/gladbeck/berliner-a52-paket-geht-
im-november-flott-in-die-ratsgremien-id11233875.html#plx1086369719),
und was sind die Gründe dafür?

Berlin, den 15. Februar 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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