BT-Drucksache 18/7243

Gesetz zur Regulierung von Prostitutionsstätten vorlegen

Vom 13. Januar 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7243
18. Wahlperiode 13.01.2016
Antrag
der Abgeordneten Ulle Schauws, Katja Dörner, Dr. Franziska Brantner, Kai
Gehring, Tabea Rößner, Elisabeth Scharfenberg, Maria Klein-Schmeink,
Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner, Beate
Walter-Rosenheimer, Britta Haßelmann, Renate Künast, Monika Lazar,
Claudia Roth (Augsburg) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Gesetz zur Regulierung von Prostitutionsstätten vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Situation vieler Prostituierter ist verbesserungsbedürftig, klare Rahmenbedin-
gungen sind erforderlich. Prostitution ist eine Wirtschaftsbranche mit erheblichen
Umsätzen, die Geschäftsinteressen folgt, wohlwissend, dass Motivation und Not-
wendigkeit, in der Prostitution zu arbeiten, sehr unterschiedlich sein können. Grund-
rechte wie sexuelle Selbstbestimmung, persönliche Freiheit, Gesundheit und Persön-
lichkeitsrechte von Prostituierten sind in besonderer Weise gefährdet. Anders als an-
dere Gewerbe ist der Bereich sexueller Dienstleistungen bislang keiner auf ihre spe-
zifischen Bedürfnisse zugeschnittenen fachgesetzlichen Regulierung unterworfen.
Es fehlt an Rechtsgrundlagen, mit denen die Zuverlässigkeit der Prostitutionsstätten-
Betreiberinnen und -Betreiber durch eine Genehmigungs- bzw. Erlaubnispflicht mit
verbindlichen hygienischen und sozialen Mindeststandards vorab geprüft werden
kann und unzuträgliche Auswüchse des Gewerbes unterbunden werden können. Das
bisherige Fehlen gewerblicher Aufsichtsinstrumente führt zu Intransparenz und be-
günstigt kriminelle Strukturen.
Die Besonderheiten des Prostitutionsgewerbes bilden eine Herausforderung für eine
wirksame Regulierung. Erforderlich sind effektive und praxistaugliche Regelungen,
um die Prostituierten in der Prostitutionsstätte besser zu schützen, ihr Selbstbestim-
mungsrecht zu stärken, gesetzliche Grundlagen verträglicher Arbeitsbedingungen zu
gewährleisten und um Kriminalität wie Menschenhandel, Gewalt gegen Frauen und
Ausbeutung und Zuhälterei zu bekämpfen. Dies soll mit einem Prostitutionsstätten-
gesetz erreicht werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,

1. dem Bundestag einen Gesetzentwurf zur Regulierung von Prostitutionsstätten
als Gewerbebetriebe vorzulegen, der eine Erlaubnispflicht mit hygienischen
und sozialen Mindeststandards beinhaltet und das eingeschränkte Weisungs-
recht präzisiert;

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Drucksache 18/7243 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. die Bundesländer dabei zu unterstützen, freiwillige, mehrsprachige und nied-

rigschwellige Beratung – auch eine Erst- und Ausstiegsberatung – deutlich aus-
zubauen.

Berlin, den 12. Januar 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Zu 1: Eine Genehmigungspflicht bzw. Erlaubnispflicht für Prostitutionsstätten müsste Schutzregelungen für die
Prostituierten, die Verpflichtung zu einem Geschäftsplan, Dokumentationspflichten und eine Überprüfung der
Bordellbetreibenden beinhalten, so dass ausbeuterische Geschäftsmodelle erkannt und unterbunden werden
können. Die Bordellbetreibenden müssen zur Einhaltung von sozialen und hygienischen Standards verpflichtet
werden. Dazu zählt auch die Pflicht, Kondome in ihren Betrieben auszulegen und entsprechende Hinweisschil-
der deutlich anzubringen, um die Verhandlungsposition von Prostituierten für geschützten Geschlechtsverkehr
zu stärken. Wenn Prostitutionsstätten nicht in der Lage sind, diesen gesundheitlichen Mindeststandard zu erfül-
len, müssen sie ordnungsrechtlich belangt werden können. Ausbeuterische Geschäftsmodelle oder Dienstleis-
tungen sind sittenwidrig und dürfen nicht angeboten werden. Hierbei muss der Schutzgedanke für die Rechte
der Prostituierten ausschlaggebend sein. Für die Beurteilung, ob es sich um eine Ausbeutung handelt, ist dabei
neben der Bewerbung des Angebots nach außen auch die Gestaltung des vertraglichen Binnenverhältnisses
zwischen Prostituierten und Betreibenden maßgeblich.
Das Fehlen einer eindeutigen Aussage zu den inhaltlichen Grenzen des Direktionsrechts im Text des Prostitu-
tionsgesetzes wird seit dessen Inkrafttreten häufig als unbefriedigend bewertet, weil es wiederholt Anlass zu
Missverständnissen gab. Durch Einfügung eines neuen Absatzes in § 3 des Prostitutionsstättengesetzes könnte
eine ausdrückliche Formulierung nachgeholt und könnten die Grenzen des Weisungsrechts von Arbeitgeberin-
nen und Arbeitgebern gegenüber Prostituierten präzisiert werden. Inhaltliche Bestimmungen der Arbeitsleis-
tung sowie verhaltensbezogene Weisungen gegenüber Prostituierten sind unzulässig, soweit sie Art oder Aus-
maß sexueller Dienstleistungen betreffen.
Die Ausgestaltung des Prostitutionsstättengesetzes muss so gestaltet werden, dass sie nicht gegen selbständige
Prostituierte in der Wohnungsprostitution oder gegen selbständige Prostituierte in Prostitutionswagen geht.

Zu 2: Derzeit ist eine ausreichende und flächendeckende Beratung von Prostituierten nicht gewährleistet. Deut-
lich verbesserte Investitionen in niedrigschwellige mehrsprachige Beratungs- und Hilfsangebote sind erforder-
lich, denn nur durch ein ausgebautes Beratungsangebot kann der Schutz der Prostituierten verbessert und kön-
nen Ausbeutungsrisiken eingedämmt werden. Eine verstärkt aufsuchende Beratung vor Ort vermittelt die Infor-
mationen über die Rechtslage sowie gesundheitliche oder psychologische Hilfe. Ein solches Angebot ist die
zentrale Maßnahme, um Prostituierte zu erreichen und zu unterstützen. Dies ist wichtig, um den Prostituierten
die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen. Dazu gehört auch, dass Prostituierte besser über bestehende
Ansprüche auf finanzielle Unterstützungsleistungen informiert werden und sichergestellt wird, dass ihnen diese
Leistungen diskriminierungsfrei gewährt werden. Dafür geeignet ist ebenfalls das Angebot einer Erstberatung.
Durch eine Erstberatung werden Prostituierte über die Möglichkeiten, Rechte und Risiken in der Prostitution
aufgeklärt und gerade ausländische Frauen aus nicht EU-Staaten über ihre Rechte vor allem im Hinblick auf
den Aufenthaltsstatus informiert. Durch eine Ausstiegsberatung kann ein beruflicher Neuanfang erleichtert wer-
den. Die Beratungsangebote müssen von Seiten der Bundesregierung unterstützt und eng mit den Ländern ab-
gestimmt werden. Ergänzend dazu müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden, wie z. B. Gesund-
heitsämtern, über die Situation von Prostituierten informiert und für ihre Belange sensibilisiert werden, um sie
unterstützen zu können.

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