BT-Drucksache 18/7166

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern, Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2015

Vom 18. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/7166
18. Wahlperiode 18.12.2015

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Frank Tempel, Jan van Aken, Annette Groth,

Dr. André Hahn, Inge Höger, Ulla Jelpke, Jan Korte, Harald Petzold (Havelland),

Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Einsätze von sogenannten stillen SMS, WLAN-Catchern, IMSI-Catchern,
Funkzellenabfragen sowie Software zur Bildersuche im zweiten Halbjahr 2015

Berichte über die zunehmende Überwachung und Analyse digitaler Verkehre un-
tergraben das Vertrauen in die Freiheit des Internets und der Telekommunikation.
Aus Antworten aus früheren Anfragen geht hervor, dass dies vor allem den poli-
zeilichen Bereich betrifft: Der Einsatz „stiller SMS“, sogenannter WLAN-Cat-
cher und „IMSI-Catcher“ nimmt stetig zu, die Ausgaben für Analysesoftware
steigen ebenfalls (Bundestagsdrucksachen 18/4130, 18/2257 und 18/5645). Das
Bundeskriminalamt hat selbst Trojaner entwickelt und nutzt zeitgleich eine
„Übergangslösung“ zur „Onlinedurchsuchung“ kompletter Rechnersysteme. Ein
weiteres System zum ferngesteuerten Abhören von verschlüsselter Internettele-
fonie werde noch erprobt. Auch die Fähigkeiten zur Bildersuche in Polizeidaten-
banken werden weiter entwickelt, beispielsweise nutzt das Bundeskriminalamt
immer häufiger die Möglichkeit der Fotoabfrage seiner Datenbestände mittels
Aufnahmen aus Überwachungskameras.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie oft haben welche Bundesbehörden im zweiten Halbjahr 2015 von
„WLAN-Catchern“ Gebrauch gemacht?

a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „WLAN-Catcher“ ein-
gesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen
bedient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Straf-
verfolgung differenzieren)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

d) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt, und welche Änderungen
haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksa-
chen 17/14714, 18/2257 und 18/4130)?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

 

Drucksache 18/7166 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

2. Welche Bundesbehörden haben im zweiten Halbjahr 2015 wie oft „IMSI-
Catcher“ eingesetzt?

a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „IMSI-Catcher“ einge-
setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen, auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils insgesamt
betroffen (bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Straf-
verfolgung differenzieren)?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Er-
kenntnisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw.
Gefahren beitrugen?

e) Für welche deutschen Firmen bzw. Lizenznehmer ausländischer Produkte
wurden seitens der Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2015 Ausfuhr-
genehmigungen für sogenannte IMSI-Catcher in welche Bestimmungs-
länder erteilt?

3. Wie hat sich die Zahl der vom Bundesamt für Sicherheit in der Informations-
technik oder anderer zuständiger Bundesbehörden (auch in deren Auftrag)
aufgespürten IMSI-Catcher bzw. ähnlichen Abhöranlagen für den Mobil-
funkverkehr im Regierungsviertel oder in räumlicher Nähe anderer Bundes-
behörden seit dem Jahr 2010 entwickelt, und in welchen Fällen konnten die
Betreiber der Anlagen durch Bundesbehörden ausfindig gemacht werden
(bitte diese Verantwortlichen jeweils benennen)?

4. Welche Bundesbehörden sind derzeit technisch und rechtlich in der Lage, an
Mobiltelefone „stille SMS“ zum Ausforschen des Standortes ihrer Besitze-
rinnen und Besitzer oder dem Erstellen von Bewegungsprofilen zu verschi-
cken bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr
2015 ergeben?

a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine „stillen SMS“ einge-
setzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Behörden oder Firmen be-
dient (bitte außer den Zahlen auch die beteiligten Behörden benennen)?

b) Wie viele „stille SMS“ haben diese Behörden in den letzten fünf Jahren
durch andere Behörden versenden lassen (bitte nach Halbjahren darstel-
len)?

c) Wie viele „stille SMS“ wurden von den jeweiligen Behörden im zwei-
ten Halbjahr 2015 bzw. in deren Auftrag durch andere Behörden oder Fir-
men insgesamt jeweils versandt (bitte bezüglich des Zollkriminalamts
nach den einzelnen Zollfahndungsämtern aufschlüsseln)?

d) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

e) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

f) Welche Hard- und Software wird hierfür genutzt und welche Änderungen
haben sich hierzu gegenüber dem Vorjahr ergeben (Bundestagsdrucksa-
che 18/2257)?

g) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

 

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7166

 

5. Wie viele Maßnahmen der Funkzellenauswertung haben welche Bundesbe-
hörden im zweiten Halbjahr 2015 vorgenommen (bitte wie auf Bundestags-
drucksache 17/14714 beantworten)?

a) Welche Bundesbehörden haben zwar selbst keine Maßnahmen der Funk-
zellenauswertung eingesetzt, sich hierfür aber der Amtshilfe anderer Be-
hörden bedient (bitte außer den Zahlen, auch die beteiligten Behörden be-
nennen)?

b) Wie viele Anschlüsse, Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils
insgesamt betroffen?

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden
(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

d) Welche Funkzellenabfragen wurden vom Ermittlungsrichter des General-
bundesanwalts beim Bundesgerichtshof gestattet, und im Zusammenhang
mit welchen Ermittlungen fanden diese statt?

e) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

6. Inwiefern sind Bundesbehörden des Innern, der Verteidigung, der Finanzen
oder des Bundeskanzleramtes mittlerweile in der Lage, Mikrofone von Mo-
biltelefonen aus der Ferne zu aktivieren um diese als Abhöreinrichtungen zu
nutzen, in welchem Umfang wird dies bereits genutzt, und welche Soft- oder
Hardware wird hierfür genutzt bzw. welche Änderungen haben sich gegen-
über dem ersten Halbjahr 2015 ergeben?

7. Welche weiteren Hersteller haben im zweiten Halbjahr 2015 an polizeiliche
oder geheimdienstliche Bundesbehörden Software zur computergestützten
Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen (auch testweise) geliefert, nach wel-
chem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils genutzt, bzw. wel-
che Nutzung ist anvisiert, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilun-
gen sind bzw. wären darüber zugriffsberechtigt, in welchen Ermittlungen
kommen bzw. kämen diese im Einzel- oder Regelfall zur Anwendung, bzw.
welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr 2015 erge-
ben?

a) Welche Kosten sind für Tests oder Beschaffung entsprechender Software
entstanden?

b) Auf welche Datensätze kann die etwaige, neu beschaffte Software zugrei-
fen, nach welchem Verfahren funktioniert diese, wo wird diese jeweils
genutzt, welche konkreten Behörden bzw. deren Abteilungen sind darüber
zugriffsberechtigt?

c) Inwiefern kann die Bundesregierung mitteilen, ob die Anwendung von
Software zur computergestützten Bildersuche bzw. zu Bildervergleichen
im Vergleich zum Vorjahr zu- oder abnimmt?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen, bzw. inwiefern lässt sich dies überhaupt rekonstruieren?

e) Was ist der Bundesregierung über weitere Pläne Europols zur Beschaf-
fung von Software zur Erkennung von Personen und Sachen in Bild- und
Videodaten bekannt, und für welche konkreten Abteilungen würde diese
genutzt (Bundestagsdrucksache 18/4193)?

 

Drucksache 18/7166 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

 

8. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Anwendungen zur
Vorhersage und Szenario-Modellierung („future-forecasting and scenario
techniques“) bei Europol vorhanden sind oder beschafft werden sollen?

a) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Maße und in
welchen Fällen die aus Deutschland angelieferten Daten bei Europol mit
Verfahren zum Data Mining, zur Mustererkennung, zur Prognose oder zu
„Predictive Analytics“ verarbeitet werden?

b) Was ist der Bundesregierung über den aktuellen Stand von Arbeiten an
einem „European Tracking System“ bei Europol bekannt, welche Behör-
den von Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder sonstigen Partner
sind daran beteiligt, und inwiefern würde das System auch von deutschen
Behörden genutzt?

c) Sofern die Bundesregierung weiterhin keine Kenntnis hat auf welche
Weise die aus Deutschland bei Europol eingestellten Informationen mit-
hilfe der erfragten Technologien verarbeitet werden und diese Informati-
onen auch nicht einholen kann (Bundestagsdrucksache 18/4193), inwie-
fern existiert hierzu aus Sicht der Bundesregierung ein parlamentarisches
Kontrolldefizit, und inwiefern könnte eine diesbezügliche parlamentari-
sche Kontrolle durch die gegenwärtige Neufassung der Europol-Verord-
nung behoben werden?

9. Welche Software welcher Hersteller kommt bei Bundesbehörden zur krimi-
nalpolizeilichen Vorgangsverwaltung und Fallbearbeitung zur Anwendung
(bitte nach Vorgangsbearbeitung, kriminalistische Fallbearbeitung auf-
schlüsseln), bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ers-
ten Halbjahr 2015 ergeben?

a) Welche Kosten sind Bundesbehörden im Einzelfall und unter Berücksich-
tigung der Arbeitszeit innerhalb der Behörde für die Beschaffung, Anpas-
sung, den Service und Pflege der Software im zweiten Halbjahr 2015 ent-
standen?

b) Welche weiteren Produkte der Firma rola Security Solutions (auch „Zu-
satzmodule“) wurden für welche Behörden und welche Einsatzzwecke
beschafft, bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten
Halbjahr 2015 ergeben?

c) Inwiefern und wofür werden Anwendungen von rola Security Solutions
auch bei In- und Auslandsgeheimdiensten der Bundesregierung genutzt,
bzw. welche Änderungen haben sich gegenüber dem ersten Halbjahr 2015
ergeben?

10. Inwiefern und auf welche Weise wird der Internetknoten DE-CIX bzw. an-
dere in Deutschland oder auch im Ausland befindliche, internationale
Schnittstellen von Glasfaserkabeln durch welche Bundesbehörden weiterhin
überwacht (Bundestagsdrucksachen 17/14714, 18/2257 und 18/4130), und
von welchen deutschen Behörden werden dort abgehörte Internetverkehre an
welche ausländischen Behörden weitergegeben?

11. Wie oft haben welche Bundesbehörden (auch des Bundeskanzleramtes) im
zweiten Halbjahr 2015 Trojaner-Programme bzw. ähnliche Überwachungs-
software eingesetzt oder einsetzen lassen?

a) Welche der verfügbaren Programme (etwa „Übergangslösung“, Trojaner
zur „Onlinedurchsuchung“, Trojaner zur „Quellen-TKÜ“) kam dabei je-
weils zur Anwendung?

b) Wie viele Personen und Ermittlungsverfahren waren jeweils betroffen
(bitte in Informationsgewinnung, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung
differenzieren)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7166

 

c) Wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden?

d) Inwiefern haben die Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung Erkennt-
nisse geliefert, die wesentlich zur Aufklärung von Straftaten bzw. Gefah-
ren beitrugen?

Berlin, den 18. Dezember 2015

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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