BT-Drucksache 18/6906

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/4621 - Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren (3. Opferrechtsreformgesetz)

Vom 2. Dezember 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6906
18. Wahlperiode 02.12.2015

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/4621 –

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren
(3. Opferrechtsreformgesetz)

A. Problem
Der vorliegende Gesetzentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindest-
standards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straf-
taten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI (ABl. L 315 vom
14.11.2012, S. 57; Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU), soweit der Zuständigkeits-
bereich der Bundesgesetzgebung betroffen ist. Darüber hinaus erscheint das gel-
tende Instrumentarium der Opferschutzregelungen nach Auffassung der Bundes-
regierung in einzelnen Bereichen erweiterungsbedürftig. Dies gelte in besonde-
rem Maße für das Gebiet der psychosozialen Prozessbegleitung, deren bislang le-
diglich rudimentäre Regelung ihrer aktuellen Bedeutung in der Praxis nicht mehr
gerecht werde.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung. Die Änderungen betreffen
insbesondere die Überführung der Regelungen zur psychosozialen Begleitung aus
der Strafprozessordnung in ein eigenes Gesetz sowie redaktionelle Änderungen
und Präzisierungen.
Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung.

C. Alternativen
Unveränderte Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs.

D. Weitere Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/6906 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/4621 in der aus der nachstehenden Zusam-
menstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen.

Berlin, den 2. Dezember 2015

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Renate Künast
Vorsitzende

Dr. Patrick Sensburg
Berichterstatter

Dirk Wiese
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6906
Zusammenstellung
des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren
(3. Opferrechtsreformgesetz)
– Drucksache 18/4621 –
mit den Beschlüssen des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (6. Ausschuss)

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung
der Opferrechte im Strafverfahren

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung
der Opferrechte im Strafverfahren

(3. Opferrechtsreformgesetz)*) (3. Opferrechtsreformgesetz)*)

Vom… Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Artikel 1 Artikel 1

Änderung der Strafprozessordnung Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074,
1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23.
April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074,
1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 23.
April 2014 (BGBl. I S. 410) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht werden die Angaben zu
den §§ 406g und 406h durch die folgenden An-
gaben ersetzt:

㤠406g Psychosoziale Prozessbegleitung

§ 406h Beistand des nebenklageberechtigten
Verletzten

§ 406i Unterrichtung des Verletzten über
seine Befugnisse im Strafverfahren

§ 406j Unterrichtung des Verletzten über
seine Befugnisse außerhalb des Straf-
verfahrens

§ 406k Weitere Informationen

§ 406l Befugnisse von Angehörigen und Er-
ben von Verletzten“.
*) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2012/29/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über Mindest-

standards für die Rechte, die Unterstützung und den Schutz von Opfern von Straftaten sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI
(ABl. L 315 vom 14.11.2012, S. 57).

Drucksache 18/6906 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

1. Dem § 48 wird folgender Absatz 3 angefügt: 2. Dem § 48 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Ist der Zeuge zugleich der Verletzte, so
sind die ihn betreffenden Verhandlungen, Verneh-
mungen und sonstigen Untersuchungshandlungen
stets unter Berücksichtigung seiner besonderen
Schutzbedürftigkeit durchzuführen. Insbesondere
ist zu prüfen,

„(3) Ist der Zeuge zugleich der Verletzte, so
sind die ihn betreffenden Verhandlungen, Verneh-
mungen und sonstigen Untersuchungshandlungen
stets unter Berücksichtigung seiner besonderen
Schutzbedürftigkeit durchzuführen. Insbesondere
ist zu prüfen,

1. ob die dringende Gefahr eines schwerwie-
genden Nachteils für das Wohl des Zeugen
Maßnahmen nach den §§ 168e oder 247a er-
fordert,

1. u n v e r ä n d e r t

2. ob überwiegende schutzwürdige Interessen
des Zeugen den Ausschluss der Öffentlich-
keit nach § 171b Absatz 1 des Gerichtsver-
fassungsgesetzes erfordern und

2. u n v e r ä n d e r t

3. inwieweit auf nicht unerlässliche Fragen
zum persönlichen Lebensbereich des Zeugen
nach § 68a Absatz 1 verzichtet werden kann.

3. u n v e r ä n d e r t

Dabei sind die persönlichen Verhältnisse des Zeu-
gen sowie Art und Umstände der Straftat zu be-
rücksichtigen. Hinweise auf eine besondere
Schutzbedürftigkeit können sich insbesondere aus
der Stellungnahme einer Opferhilfeeinrichtung
ergeben.“

Dabei sind die persönlichen Verhältnisse des Zeu-
gen sowie Art und Umstände der Straftat zu be-
rücksichtigen.“

2. In § 140 Absatz 1 Nummer 9 wird die Angabe
„406g“ durch die Angabe „406h“ ersetzt.

3. u n v e r ä n d e r t

3. § 158 wird wie folgt geändert: 4. u n v e r ä n d e r t

a) Dem Absatz 1 werden die folgenden Sätze
angefügt:

„Dem Verletzten ist auf Antrag der Eingang
seiner Anzeige schriftlich zu bestätigen. Die
Bestätigung soll eine kurze Zusammenfas-
sung der Angaben des Verletzten zu Tatzeit,
Tatort und angezeigter Tat enthalten. Die Be-
stätigung kann versagt werden, soweit der
Untersuchungszweck, auch in einem anderen
Strafverfahren, gefährdet erscheint.“

b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:

„(4) Ist der Verletzte der deutschen
Sprache nicht mächtig, erhält er die notwen-
dige Hilfe bei der Verständigung, um die An-
zeige in einer ihm verständlichen Sprache
anzubringen. Die schriftliche Anzeigebestä-
tigung nach Absatz 1 Satz 3 und 4 ist dem
Verletzten in diesen Fällen auf Antrag in eine

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

ihm verständliche Sprache zu übersetzen;
Absatz 1 Satz 5 bleibt unberührt.“

4. Dem § 161a wird folgender Absatz 5 angefügt: 5. u n v e r ä n d e r t

„(5) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsver-
fassungsgesetzes gilt entsprechend.“

5. § 163 Absatz 3 wird wie folgt geändert: 6. u n v e r ä n d e r t

a) In Satz 1 wird vor der Angabe „§ 52“ die An-
gabe „§ 48 Absatz 3,“ eingefügt.

b) Folgender Satz wird angefügt:

㤠185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfas-
sungsgesetzes gilt entsprechend.“

6. Dem § 171 wird folgender Satz angefügt: 7. u n v e r ä n d e r t

㤠187 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Ge-
richtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend für
Verletzte, die nach § 395 der Strafprozessordnung
berechtigt wären, sich der öffentlichen Klage mit
der Nebenklage anzuschließen, soweit sie einen
Antrag auf Übersetzung stellen.“

7. § 214 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst: 8. § 214 Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

„Zugleich veranlasst er die nach § 397 Absatz 2
Satz 3, § 406d Absatz 1 und § 406h erforderlichen
Benachrichtigungen vom Termin; § 406d Absatz
4 gilt entsprechend.“

„Zugleich veranlasst er die nach § 397 Absatz 2
Satz 3, § 406d Absatz 1 und § 406h Absatz 2
Satz 2 erforderlichen Benachrichtigungen vom
Termin; § 406d Absatz 4 gilt entsprechend.“

8. Dem § 397 wird folgender Absatz 3 angefügt: 9. u n v e r ä n d e r t

„(3) Ist der Nebenkläger der deutschen Spra-
che nicht mächtig, erhält er auf Antrag nach Maß-
gabe des § 187 Absatz 2 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes eine Übersetzung schriftlicher Unterla-
gen, soweit dies zur Ausübung seiner strafpro-
zessualen Rechte erforderlich ist.“

9. In § 397a Absatz 1 Nummer 1 wird die Angabe
„176a,“ gestrichen.

10. u n v e r ä n d e r t

10. § 406d wird wie folgt geändert: 11. u n v e r ä n d e r t

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Dem Verletzten ist, soweit es ihn
betrifft, auf Antrag mitzuteilen:

1. die Einstellung des Verfahrens,

2. der Ort und Zeitpunkt der Hauptver-
handlung sowie die gegen den Ange-
klagten erhobenen Beschuldigungen,

3. der Ausgang des gerichtlichen Verfah-
rens.

Drucksache 18/6906 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Ist der Verletzte der deutschen Sprache nicht
mächtig, so werden ihm auf Antrag Ort und
Zeitpunkt der Hauptverhandlung in einer
ihm verständlichen Sprache mitgeteilt.“

b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Nummer 2 wird folgende Num-
mer 3 eingefügt:

„3. der Beschuldigte oder Verurteilte
sich einer freiheitsentziehenden
Maßnahme durch Flucht entzogen
hat und welche Maßnahmen zum
Schutz des Verletzten deswegen
gegebenenfalls getroffen worden
sind;“.

bb) Die bisherige Nummer 3 wird Num-
mer 4.

cc) Folgender Satz wird angefügt:

„Die Mitteilung erfolgt durch die Stelle,
welche die Entscheidung gegenüber
dem Beschuldigten oder Verurteilten
getroffen hat; in den Fällen des Satzes 1
Nummer 3 erfolgt die Mitteilung durch
die zuständige Staatsanwaltschaft.“

c) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 ein-
gefügt:

„(3) Der Verletzte ist über die Informa-
tionsrechte aus Absatz 2 Satz 1 nach der Ur-
teilsverkündung oder Einstellung des Ver-
fahrens zu belehren. Über die Informations-
rechte aus Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3
ist der Verletzte zudem bei Anzeigeerstat-
tung zu belehren, wenn die Anordnung von
Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten
zu erwarten ist.“

d) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

11. Nach § 406f wird folgender § 406g eingefügt: 12. Nach § 406f wird folgender § 406g eingefügt:

㤠406g 㤠406g

Psychosoziale Prozessbegleitung Psychosoziale Prozessbegleitung

(1) Psychosoziale Prozessbegleitung ist
eine besondere Form der nicht rechtlichen Beglei-
tung für besonders schutzbedürftige Verletzte vor,
während und nach der Hauptverhandlung. Sie
umfasst die Informationsvermittlung sowie die

(1) Verletzte können sich des Beistands
eines psychosozialen Prozessbegleiters bedie-
nen. Dem psychosozialen Prozessbegleiter ist es
gestattet, bei Vernehmungen des Verletzten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

qualifizierte Betreuung und Unterstützung im ge-
samten Strafverfahren mit dem Ziel, die individu-
elle Belastung der Verletzten zu reduzieren, ihre
Sekundärviktimisierung zu vermeiden und ihre
Aussagetüchtigkeit zu fördern.

und während der Hauptverhandlung gemein-
sam mit dem Verletzten anwesend zu sein.

(2) Verletzte können sich des Beistands ei-
nes psychosozialen Prozessbegleiters bedienen.
Dem psychosozialen Prozessbegleiter ist es ge-
stattet, bei Vernehmungen des Verletzten und
während der Hauptverhandlung gemeinsam mit
dem Verletzten anwesend zu sein. Die Länder kön-
nen bestimmen, welche Personen und Stellen als
psychosoziale Prozessbegleiter anerkannt werden
und welche Voraussetzungen hierfür an Berufs-
ausbildung, praktische Berufserfahrung und spe-
zialisierte Weiterbildung zu stellen sind.

(2) Die Grundsätze der psychosozialen
Prozessbegleitung sowie die Anforderungen an
die Qualifikation und die Vergütung des psy-
chosozialen Prozessbegleiters richten sich nach
dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbe-
gleitung im Strafverfahren vom … [einsetzen:
Datum der Ausfertigung und Fundstelle] in der
jeweils geltenden Fassung.

(3) Unter den in § 397a Absatz 1 Num-
mer 4 und 5 bezeichneten Voraussetzungen ist
dem Verletzten auf seinen Antrag ein psychosozi-
aler Prozessbegleiter beizuordnen. Unter den in
§ 397a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten
Voraussetzungen kann dem Verletzten ein psy-
chosozialer Prozessbegleiter beigeordnet werden,
wenn die besondere Schutzbedürftigkeit des Ver-
letzten dies erfordert. Die Beiordnung ist für den
Verletzten kostenfrei. Für den Antrag gilt § 142
entsprechend. Im Vorverfahren entscheidet das
nach § 162 zuständige Gericht.“

(3) Unter den in § 397a Absatz 1 Num-
mer 4 und 5 bezeichneten Voraussetzungen ist
dem Verletzten auf seinen Antrag ein psychosozi-
aler Prozessbegleiter beizuordnen. Unter den in
§ 397a Absatz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten
Voraussetzungen kann dem Verletzten auf seinen
Antrag ein psychosozialer Prozessbegleiter bei-
geordnet werden, wenn die besondere Schutzbe-
dürftigkeit des Verletzten dies erfordert. Die Bei-
ordnung ist für den Verletzten kostenfrei. Für die
Beiordnung gilt § 142 Absatz 1 entsprechend. Im
Vorverfahren entscheidet das nach § 162 zustän-
dige Gericht.

(4) Einem nicht beigeordneten psychoso-
zialen Prozessbegleiter kann die Anwesenheit
bei einer Vernehmung des Verletzten unter-
sagt werden, wenn dies den Untersuchungs-
zweck gefährden könnte. Die Entscheidung
trifft die die Vernehmung leitende Person; die
Entscheidung ist nicht anfechtbar. Die Gründe
einer Ablehnung sind aktenkundig zu ma-
chen.“

12. Der bisherige § 406g wird § 406h und Absatz 1
Satz 4 wird aufgehoben.

13. u n v e r ä n d e r t

Drucksache 18/6906 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

13. Der bisherige § 406h wird durch die folgenden
§§ 406i bis 406l ersetzt:

14. Der bisherige § 406h wird durch die folgenden
§§ 406i bis 406l ersetzt:

㤠406i 㤠406i

Unterrichtung des Verletzten über seine Befug-
nisse im Strafverfahren

Unterrichtung des Verletzten über seine Befug-
nisse im Strafverfahren

(1) Verletzte sind möglichst frühzeitig, re-
gelmäßig schriftlich und soweit möglich in einer
für sie verständlichen Sprache über ihre aus den
§§ 406d bis 406h folgenden Befugnisse im Straf-
verfahren zu unterrichten und insbesondere auch
auf Folgendes hinzuweisen:

(1) u n v e r ä n d e r t

1. sie können nach Maßgabe des § 158 eine
Straftat zur Anzeige bringen oder einen
Strafantrag stellen;

2. sie können sich unter den Voraussetzungen
der §§ 395 und 396 oder des § 80 Absatz 3
des Jugendgerichtsgesetzes der erhobenen
öffentlichen Klage mit der Nebenklage an-
schließen und dabei

a) nach § 397a beantragen, dass ihnen ein
anwaltlicher Beistand bestellt oder für
dessen Hinzuziehung Prozesskosten-
hilfe bewilligt wird,

b) nach Maßgabe des § 397 Absatz 3 und
der §§ 185 und 187 des Gerichtsverfas-
sungsgesetzes einen Anspruch auf Dol-
metschung und Übersetzung im Straf-
verfahren geltend machen;

3. sie können einen aus der Straftat erwachse-
nen vermögensrechtlichen Anspruch nach
Maßgabe der §§ 403 bis 406c und des § 81
des Jugendgerichtsgesetzes im Strafverfah-
ren geltend machen;

4. sie können, soweit sie als Zeugen von der
Staatsanwaltschaft oder dem Gericht ver-
nommen werden, einen Anspruch auf Ent-
schädigung nach Maßgabe des Justizvergü-
tungs- und -entschädigungsgesetzes geltend
machen;

5. sie können nach Maßgabe des § 155a eine
Wiedergutmachung im Wege eines Täter-
Opfer-Ausgleichs erreichen.

(2) Liegen Anhaltspunkte für eine beson-
dere Schutzbedürftigkeit des Verletzten vor, soll

(2) Liegen Anhaltspunkte für eine beson-
dere Schutzbedürftigkeit des Verletzten vor, soll

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

der Verletzte im weiteren Verfahren an geeigneter
Stelle auf seine Rechte hingewiesen werden, die
sich aus § 68a Absatz 1, den §§ 247 und 247a so-
wie aus den §§ 171b und 172 Nummer 1a des Ge-
richtsverfassungsgesetzes ergeben.

der Verletzte im weiteren Verfahren an geeigneter
Stelle auf die Vorschriften hingewiesen werden,
die seinem Schutze dienen, insbesondere auf
§ 68a Absatz 1, die §§ 247 und 247a sowie 171b
und 172 Nummer 1a des Gerichtsverfassungs-
gesetzes.

(3) Minderjährige Verletzte und ihre Ver-
treter sollten darüber hinaus im weiteren Verfah-
ren an geeigneter Stelle auf ihre Rechte aus den
§§ 58a und 255a Absatz 2, wenn die Anwendung
dieser Vorschriften in Betracht kommt, sowie auf
ihre Rechte aus § 241a hingewiesen werden.

(3) Minderjährige Verletzte und ihre Ver-
treter sollten darüber hinaus im weiteren Verfah-
ren an geeigneter Stelle auf die Vorschriften hin-
gewiesen werden, die ihrem Schutze dienen,
insbesondere auf die §§ 58a und 255a Absatz 2,
wenn die Anwendung dieser Vorschriften in
Betracht kommt, sowie auf § 241a.

§ 406j § 406j

Unterrichtung des Verletzten über seine Befug-
nisse außerhalb des Strafverfahrens

u n v e r ä n d e r t

Verletzte sind möglichst frühzeitig, regelmä-
ßig schriftlich und soweit möglich in einer für sie
verständlichen Sprache über folgende Befugnisse
zu unterrichten, die sie außerhalb des Strafverfah-
rens haben:

1. sie können einen aus der Straftat erwachse-
nen vermögensrechtlichen Anspruch, soweit
er nicht nach Maßgabe der §§ 403 bis 406c
und des § 81 des Jugendgerichtsgesetzes im
Strafverfahren geltend gemacht wird, auf
dem Zivilrechtsweg geltend machen und da-
bei beantragen, dass ihnen für die Hinzuzie-
hung eines anwaltlichen Beistands Prozess-
kostenhilfe bewilligt wird;

2. sie können nach Maßgabe des Gewaltschutz-
gesetzes den Erlass von Anordnungen gegen
den Beschuldigten beantragen;

3. sie können nach Maßgabe des Opferentschä-
digungsgesetzes einen Versorgungsanspruch
geltend machen;

4. sie können nach Maßgabe von Verwaltungs-
vorschriften des Bundes oder der Länder ge-
gebenenfalls Entschädigungsansprüche gel-
tend machen;

5. sie können Unterstützung und Hilfe durch
Opferhilfeeinrichtungen erhalten, etwa

a) in Form einer Beratung,

Drucksache 18/6906 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

b) durch Bereitstellung oder Vermittlung
einer Unterkunft in einer Schutzeinrich-
tung oder

c) durch Vermittlung von therapeutischen
Angeboten wie medizinischer oder psy-
chologischer Hilfe oder weiteren ver-
fügbaren Unterstützungsangeboten im
psychosozialen Bereich.

§ 406k § 406k

Weitere Informationen u n v e r ä n d e r t

(1) Die Informationen nach den §§ 406i
und 406j sollen jeweils Angaben dazu enthalten,

1. an welche Stellen sich die Verletzten wenden
können, um die beschriebenen Möglichkei-
ten wahrzunehmen, und

2. wer die beschriebenen Angebote gegebenen-
falls erbringt.

(2) Liegen die Voraussetzungen einer be-
stimmten Befugnis im Einzelfall offensichtlich
nicht vor, kann die betreffende Unterrichtung un-
terbleiben. Gegenüber Verletzten, die keine zu-
stellungsfähige Anschrift angegeben haben, be-
steht keine schriftliche Hinweispflicht.

§ 406l § 406l

Befugnisse von Angehörigen und Erben von
Verletzten

u n v e r ä n d e r t

§ 406i Absatz 1 sowie die §§ 406j und 406k
gelten auch für Angehörige und Erben von Ver-
letzten, soweit ihnen die entsprechenden Befug-
nisse zustehen.“

14. Dem § 464b wird folgender Satz angefügt: 15. Dem § 464b wird folgender Satz angefügt:

„Abweichend von § 750 Absatz 1 Satz 1 der
Zivilprozessordnung kann zur Bezeichnung des
Nebenklägers im Kostenfestsetzungsbeschluss die
Angabe der vollständigen Anschrift
unterbleiben.“

„Zur Bezeichnung des Nebenklägers kann im
Kostenfestsetzungsbeschluss die Angabe der
vollständigen Anschrift unterbleiben.“

15. Dem § 465 Absatz 2 wird folgender Satz ange-
fügt:

16. u n v e r ä n d e r t

„Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung
der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung ei-
nes psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den
Angeklagten damit zu belasten.“

16. § 472 wird wie folgt geändert: 17. u n v e r ä n d e r t

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach Satz 1 wird folgender Satz
eingefügt:

„Die notwendigen Auslagen für einen
psychosozialen Prozessbegleiter des
Nebenklägers können dem
Angeklagten nur bis zu der Höhe
auferlegt werden, in der sich im Falle
der Beiordnung des psychosozialen
Prozessbegleiters die Gerichtsgebühren
erhöhen würden.“

bb) In dem neuen Satz 3 wird das Wort
„Hiervon“ durch die Wörter „Von der
Auferlegung der notwendigen Ausla-
gen“ ersetzt.

b) In Absatz 3 Satz 1 wird die Angabe „406g“
durch die Angabe „406h“ ersetzt.

17. In § 473 Absatz 1 Satz 2 wird die Angabe „406g“
durch die Angabe „406h“ ersetzt.

18. u n v e r ä n d e r t

Artikel 2 Artikel 2

Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes u n v e r ä n d e r t

In § 171b Absatz 2 Satz 2 des Gerichtsverfas-
sungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch
Artikel 2 des Gesetzes vom 23. April 2014 (BGBl. I
S. 410) geändert worden ist, wird die Angabe „Satz 3“
durch die Angabe „Satz 4“ ersetzt.

Artikel 3 Artikel 3

Änderung des Gerichtskostengesetzes Änderung des Gerichtskostengesetzes

Die Anlage 1 (Kostenverzeichnis) des Gerichts-
kostengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), das zuletzt
durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Dezember 2014
(BGBl. I S. 2082) geändert worden ist, wird wie folgt
geändert:

Die Anlage 1 (Kostenverzeichnis) des Gerichts-
kostengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 27. Februar 2014 (BGBl. I S. 154), das zuletzt
durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Dezember 2014
(BGBl. I S. 2082) geändert worden ist, wird wie folgt
geändert:

Drucksache 18/6906 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

1. In der Gliederung wird nach der Angabe zu Teil 3
Hauptabschnitt 1 Abschnitt 4 folgende Angabe
eingefügt:

1. u n v e r ä n d e r t

„Abschnitt 5
Psychosoziale Prozessbegleitung“.
2. Nach Nummer 3141 wird folgender Abschnitt 5
eingefügt:

2. Nach Nummer 3141 wird folgender Abschnitt 5
eingefügt:
Entwurf

Nr. Gebührentatbestand

Gebühr oder Satz der je-
weiligen Gebühr 3110 bis
3117, soweit nichts ande-

res vermerkt ist

„Abschnitt 5
Psychosoziale Prozessbegleitung

Vorbemerkung 3.1.5:
Eine Erhöhung nach diesem Abschnitt tritt nicht ein, soweit das Gericht etwas anderes angeordnet hat (§ 465 Abs. 2 Satz 4 StPO).

Dem Verletzten ist ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet

3150 - für das Vorverfahren:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um .........................................................
350,00 €

3151 - für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um .........................................................
250,00 €

(1) Die Erhöhung der Gebühr 3116 tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.
(2) Die Erhöhungen nach den Nummern 3150 und 3151 können nebeneinander eintreten.

3152 Dem Verletzten ist für das Berufungsverfahren ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet:
Die Gebühren 3120 und 3121 erhöhen sich um .............................................................................

Die Erhöhung der Gebühr 3120 oder 3121 für die Anordnung einer oder mehrerer Maßregeln der Besse-
rung und Sicherung tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.
150,00 €“.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/6906
Beschlüsse des 6. Ausschusses

Nr. Gebührentatbestand

Gebühr oder Satz der je-
weiligen Gebühr 3110 bis
3117, soweit nichts ande-

res vermerkt ist

„Abschnitt 5
Psychosoziale Prozessbegleitung

Vorbemerkung 3.1.5:

Eine Erhöhung nach diesem Abschnitt tritt nicht ein, soweit das Gericht etwas anderes angeordnet hat (§ 465 Abs. 2 Satz 4 StPO).

Dem Verletzten ist ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet

3150 - für das Vorverfahren:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um ..............................................................
520,00 €

3151 - für das gerichtliche Verfahren im ersten Rechtszug:
Die Gebühren 3110 bis 3116 und 3118 erhöhen sich um ..............................................................
370,00 €

(1) Die Erhöhung der Gebühr 3116 tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.
(2) Die Erhöhungen nach den Nummern 3150 und 3151 können nebeneinander eintreten.

3152 Dem Verletzten ist für das Berufungsverfahren ein psychosozialer Prozessbegleiter beigeordnet:
Die Gebühren 3120 und 3121 erhöhen sich um .............................................................................
Die Erhöhung der Gebühr 3120 oder 3121 für die Anordnung einer oder mehrerer Maßregeln der Besserung
und Sicherung tritt nur ein, wenn ausschließlich diese Gebühr zu erheben ist.
210,00 €.“

Drucksache 18/6906 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

Artikel 4

Gesetz über die psychosoziale Prozess-
begleitung im Strafverfahren

(PsychPbG)

§ 1

Regelungsgegenstand

Dieses Gesetz regelt für die psychosoziale Pro-
zessbegleitung nach § 406g der Strafprozessord-
nung

1. die Grundsätze der psychosozialen Prozessbe-
gleitung (§ 2),

2. die Anforderungen an die Qualifikation des
psychosozialen Prozessbegleiters (§§ 3 und 4)
sowie

3. die Vergütung des psychosozialen Prozessbe-
gleiters (§§ 5 bis 10).

§ 2

Grundsätze

(1) Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine
besondere Form der nichtrechtlichen Begleitung im
Strafverfahren für besonders schutzbedürftige Ver-
letzte vor, während und nach der Hauptverhand-
lung. Sie umfasst die Informationsvermittlung so-
wie die qualifizierte Betreuung und Unterstützung
im gesamten Strafverfahren mit dem Ziel, die indi-
viduelle Belastung der Verletzten zu reduzieren und
ihre Sekundärviktimisierung zu vermeiden.

(2) Psychosoziale Prozessbegleitung ist ge-
prägt von Neutralität gegenüber dem Strafverfah-
ren und der Trennung von Beratung und Beglei-
tung. Sie umfasst weder die rechtliche Beratung
noch die Aufklärung des Sachverhalts und darf
nicht zu einer Beeinflussung des Zeugen oder einer
Beeinträchtigung der Zeugenaussage führen. Der
Verletzte ist darüber sowie über das fehlende Zeug-
nisverweigerungsrecht des psychosozialen Prozess-
begleiters von diesem zu Beginn der Prozessbeglei-
tung zu informieren.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

§ 3

Anforderungen an die Qualifikation

(1) Psychosoziale Prozessbegleiter müssen
fachlich, persönlich und interdisziplinär qualifiziert
sein.

(2) Für die fachliche Qualifikation ist erfor-
derlich:

1. ein Hochschulabschluss im Bereich Sozialpä-
dagogik, Soziale Arbeit, Pädagogik, Psycholo-
gie oder eine abgeschlossene Berufsausbildung
in einem dieser Bereiche sowie

2. der Abschluss einer von einem Land anerkann-
ten Aus- oder Weiterbildung zum psychosozia-
len Prozessbegleiter.

Der psychosoziale Prozessbegleiter muss praktische
Berufserfahrung in einem der unter Satz 1 Num-
mer 1 genannten Bereiche haben.

(3) Der psychosoziale Prozessbegleiter stellt
in eigener Verantwortung sicher, dass er über die
notwendige persönliche Qualifikation verfügt. Dazu
gehören insbesondere Beratungskompetenz, Kom-
munikations- und Kooperationsfähigkeit, Konflikt-
fähigkeit, Belastbarkeit sowie organisatorische
Kompetenz.

(4) Für die interdisziplinäre Qualifikation ist
insbesondere ein zielgruppenbezogenes Grundwis-
sen in Medizin, Psychologie, Viktimologie, Krimi-
nologie und Recht erforderlich. Der psychosoziale
Prozessbegleiter stellt in eigener Verantwortung si-
cher, dass er Kenntnis vom Hilfeangebot vor Ort
für Verletzte hat.

(5) Der psychosoziale Prozessbegleiter stellt
in eigener Verantwortung seine regelmäßige Fort-
bildung sicher.

§ 4

Anerkennung und weitere
Anforderungen

Die Länder bestimmen, welche Personen und
Stellen für die psychosoziale Prozessbegleitung an-
erkannt werden, welche weiteren Anforderungen

Drucksache 18/6906 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

hierfür an Berufsausbildung, praktische Berufser-
fahrung, spezialisierte Weiterbildung und regelmä-
ßige Fortbildungen zu stellen sind.

§ 5

Vergütung

(1) Die Vergütung des nach § 406g Absatz 3
der Strafprozessordnung beigeordneten psychoso-
zialen Prozessbegleiters richtet sich nach den §§ 6
bis 10.

(2) Ist der psychosoziale Prozessbegleiter als
Angehöriger oder Mitarbeiter einer nichtöffentli-
chen Stelle tätig, steht die Vergütung (§ 6) der Stelle
zu.

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für die Vergütung

1. der Angehörigen oder Mitarbeiter einer Be-
hörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle,
wenn sie die psychosoziale Prozessbegleitung
in Erfüllung ihrer Dienstaufgabe wahrneh-
men,

2. der Angehörigen oder Mitarbeiter einer nicht-
öffentlichen Stelle, wenn sie die psychosoziale
Prozessbegleitung in Erfüllung ihrer Aufgabe
wahrnehmen und die Stelle für die Durchfüh-
rung der psychosozialen Prozessbegleitung
stellenbezogene Förderungen erhält.

§ 6

Höhe der Vergütung

Der beigeordnete psychosoziale Prozessbeglei-
ter erhält für die Wahrnehmung seiner Aufgaben
aus der Staatskasse für eine psychosoziale Prozess-
begleitung eine Vergütung

1. im Vorverfahren in Höhe von 520 Euro,

2. im gerichtlichen Verfahren im ersten Rechts-
zug in Höhe von 370 Euro,

3. nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfah-
rens in Höhe von 210 Euro.

Mit der Vergütung nach Satz 1 sind auch Ansprü-
che auf Ersatz anlässlich der Ausübung der psycho-
sozialen Prozessbegleitung entstandener Aufwen-
dungen und Auslagen sowie Ansprüche auf Ersatz

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/6906

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

der auf die Vergütung entfallenden Umsatzsteuer
abgegolten.

§ 7

Entstehung des Anspruchs

Der Anspruch auf Vergütung entsteht für je-
den Verfahrensabschnitt nach § 6 Satz 1 gesondert.
Das gerichtliche Verfahren beginnt, wenn das für
die Hauptverhandlung zuständige Gericht die Er-
öffnung des Hauptverfahrens nach § 203 der Straf-
prozessordnung beschließt.

§ 8

Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes

Auf den Umfang und die Fälligkeit des Vergü-
tungsanspruchs sowie auf die Festsetzung der Ver-
gütungen und Vorschüsse einschließlich der
Rechtsbehelfe sind § 8 Absatz 1, § 47 Absatz 1
Satz 1, § 48 Absatz 1, die §§ 54, 55 Absatz 1, § 56
Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 des Rechtsanwaltsver-
gütungsgesetzes entsprechend anzuwenden.

§ 9

Erlöschen des Anspruchs

Der Vergütungsanspruch erlischt, wenn er
nicht binnen 15 Monaten nach Einstellung oder
rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bei dem
für die Festsetzung der Vergütung zuständigen Ge-
richt geltend gemacht wird.

§ 10

Öffnungsklausel; Verordnungsermächtigung

(1) Die Landesregierungen können für ihren
Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass
die in diesem Gesetz genannten Bestimmungen über
den Vergütungsanspruch des psychosozialen Pro-
zessbegleiters keine Anwendung finden, wenn die
Landesregierungen die Vergütung des psychosozia-
len Prozessbegleiters anderweitig geregelt haben.

Drucksache 18/6906 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 6. Ausschusses

(2) Die Landesregierungen können die Er-
mächtigung nach Absatz 1 durch Rechtsverord-
nung auf die Landesjustizverwaltungen übertra-
gen.

§ 11

Übergangsregelung

Die Länder können abweichend von den Vo-
raussetzungen des § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2
bis zum 31. Juli 2017 bestimmen, dass Personen, die
bereits eine von einem Land anerkannte Aus- oder
Weiterbildung im Sinne dieses Gesetzes begonnen,
aber noch nicht beendet haben, psychosoziale Pro-
zessbegleitung vornehmen können.

Artikel 4 Artikel 5

Inkrafttreten Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am
Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 1 Num-
mer 11, 15 und 16 Buchstabe a sowie Artikel 3 treten
am 1. Januar 2016 in Kraft.

Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am
Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 1 Num-
mer 12, 16 und 17 Buchstabe a sowie Artikel 3 und 4
treten am 1. Januar 2017 in Kraft.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/6906
Bericht der Abgeordneten Dr. Patrick Sensburg, Dirk Wiese, Jörn Wunderlich und
Hans-Christian Ströbele

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/4621 in seiner 100. Sitzung am 23. April 2015
beraten und an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur federführenden Beratung sowie an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales und an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung
überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Vorlage auf Drucksache 18/4621 in seiner 58. Sitzung am 2. De-
zember 2015 beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme mit Änderungen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat die Vorlage auf Drucksache 18/4621 in seiner
48. Sitzung am 2. Dezember 2015 beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme mit Änderungen. Der Ände-
rungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD wurde einstimmig angenommen. Die aus dem Beratungsver-
lauf ersichtliche Entschließung der Fraktion DIE LINKE. wurde mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.
Der Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich mit der Vorlage auf Bundesrats-Drucksa-
che 56/15 (Bundestags-Drucksache 18/4621) in seiner 22. Sitzung am 25. Februar 2015 befasst und festgestellt,
dass eine Nachhaltigkeitsrelevanz des Gesetzentwurfs gegeben und die Nachhaltigkeitsprüfung ausreichend dar-
gestellt sei; eine Prüfbitte sei daher nicht erforderlich.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage in seiner 52. Sitzung am 6. Mai 2015 anberaten
und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen, die er in seiner 59. Sitzung am 17. Juni 2015 durch-
geführt hat. An dieser Anhörung haben folgende Sachverständige teilgenommen:

Christina Clemm Rechtsanwältin, Berlin

Friesa Fastie Berlin

Prof. Dr. Rita Haverkamp Eberhard Karls Universität Tübingen
Juristische Fakultät
Stiftungsprofessur für Kriminalprävention und Risikomanagement

Roswitha Müller-Piepenkötter Weisser Ring e. V., Mainz
Bundesvorsitzende, Staatsministerin a. D.

Dr. Holger-C. Rohne Rechtsanwalt und Mediator, Heidelberg

Ulrike Stahlmann-Liebelt Staatsanwaltschaft Flensburg
Oberstaatsanwältin, Pressesprecherin

Dr. Olaf Witt Richter am Landgericht Stralsund

Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll der 59. Sitzung am 17. Juni 2015 mit den
anliegenden Stellungnahmen der Sachverständigen verwiesen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage auf Drucksache 18/4621 in seiner 76. Sitzung
am 2. Dezember 2015 abschließend beraten und empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs in der
aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Fassung. Die Änderungen entsprechen einem Änderungsantrag der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD, der ebenfalls einstimmig angenommen wurde.
Im Laufe der Beratungen hatte die Fraktion DIE LINKE. eine Entschließung in den Ausschuss für Recht und
Verbraucherschutz eingebracht, die mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen

Drucksache 18/6906 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt wurde. Die Entschließung hatte folgen-
den Wortlaut:
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Es wird begrüßt, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren
nun ausdrücklich das bewährte Instrument der psychosozialen Prozessbegleitung regelt. Außerdem setzt der Ge-
setzesentwurf die EU-Opferschutzrichtlinie (2012/29/EU) um und erweitert die Informationsrechte, Hinweis- und
Belehrungspflichten sowie Dolmetsch- und Übersetzungsdienste gegenüber potentiellen Opfern. Es ist bedauer-
lich, dass die Umsetzungsfrist bis zum 16. November 2015 nicht eingehalten wurde, obwohl die öffentliche Anhö-
rung zu dem Vorhaben bereits am 17. Juni 2015 im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz stattgefunden
hat. Der Gesetzesentwurf enthält viele sinnvolle Ergänzungen der Strafprozessordnung (StPO). Denn es ist wich-
tig das potentielle Opfer bei der Aufarbeitung der Tat zu unterstützen und vor weiterer Traumatisierung zu schüt-
zen. Es ist aber auch immer zu bedenken, dass erst im Verlauf des Strafverfahrens geklärt wird, ob überhaupt
eine Straftat stattgefunden hat und es tatsächlich ein Opfer gibt. Erst am Ende des Strafverfahrens werden die
Schuld des potentiellen Täters und die Rollenverteilung zwischen Täter und Opfer festgestellt. Die Berücksichti-
gung von Opferinteressen während des Verfahrens darf nicht zu Lasten der Rechtsstellung der Beschuldigten
gehen, die im reformiert inquisitorisch konzipierten Strafverfahren der Strafprozessordnung angesichts der be-
herrschenden Rolle der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren und der überragenden Stellung des Gerichts
in der Hauptverhandlung ohnehin nur schwach ausgestaltet ist. Unter Berücksichtigung des Opferschutzes einer-
seits und der Beschuldigtenrechte andererseits weist der Gesetzesentwurf der Bundesregierung, wie die öffentli-
che Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz ergeben hat, noch folgende Schwächen auf, die es
zu beheben gilt.
Der Begriff des "Verletzten" ist, wie viele Sachverständige (Haverkamp, Clemm, Witt, siehe schriftliche Stellung-
nahmen und Wortprotokoll: http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a06/anhoerungen/opfer-
recht/374648) in der Anhörung vorschlugen, im Gesetz legal zu definieren. So wird im Hinblick auf die Un-
schuldsvermutung die Vorläufigkeit der Verletzteneigenschaft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens
für alle Seiten klargestellt und es können für das potentielle Opfer unangenehme Diskussionen vermieden werden.
Eine Definition in Anlehnung an das Österreichische Verfahrensrecht erscheint z.B. sachgerecht: „jede Person,
die durch eine vorsätzlich begangene Straftat Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt oder in ihrer sexuel-
len Integrität beeinträchtigt worden sein könnte“ und „der Ehegatte, der eingetragene Partner, der Lebensge-
fährte, die Verwandten in gerader Linie, der Bruder oder die Schwester einer Person, deren Tod durch eine
Straftat herbeigeführt worden sein könnte, oder andere Angehörige, die Zeugen der Tat waren“ sowie „jede an-
dere Person, die durch eine Straftat einen Schaden erlitten haben oder sonst in ihren strafrechtlich geschützten
Rechtsgütern beeinträchtigt worden sein könnte“ (§ 65 Nr. 1 StPO-Ö).
Nahezu alle Sachverständigen in der Anhörung (Stahlmann-Liebelt, Witt, Fastie, Haverkamp, Clemm, Rohne,
ebd.) forderten die ausdrückliche Aufnahme der Trennung zwischen rechtlicher Beratung und psychosozialer
Betreuung und den Umstand, dass die psychosoziale Prozessbegleitung nicht mit Gesprächen über den Gesche-
hensablauf und Tatvorwurf verbunden sein darf, um Einflussnahme auszuschließen, im Gesetzestext. Wegen der
Nachweisbarkeit erscheinen außerdem gesetzliche Dokumentationspflichten der Prozessbegleitung angebracht.
Statt der bisher vorgesehenen Beschränkung auf Kinder und Jugendliche (§ 406g Abs. 5, § 397a Abs. 1 Nr.1-3
StPO-E) haben grundsätzlich alle potentiellen Opfer schwerer Gewalt- und Sexualdelikte sowie Angehörige von
potentiellen Tötungsopfern Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung. Auch Erwachsene dürften bei solchen
Straftaten regelmäßig schwer traumatisiert und auf Unterstützung angewiesen sein. So kommen potentielle Opfer
nicht in die Bedrängnis ihre Schutzbedürftigkeit nachweisen zu müssen und es wird auch keinerlei Vorabentschei-
dung und Vorabprüfung über die Schuld des Angeklagten oder die Tatfolgen getroffen. § 406g Abs. 1 StPO-E
verwendet den Begriff „Aussagetüchtigkeit“, obwohl es nicht das Ziel der Prozessbegleitung ist, die Aussagequa-
lität der potentiell Verletzten zu verbessern (so auch Stahlmann-Liebelt, Clemm, ebd.). Das ist allenfalls ein Ne-
beneffekt. Einflussnahme soll vermieden werden und Aufgabe der Begleitung ist nur die Unterstützung der be-
troffenen Zeug/innen und nicht des Strafverfahrens. Entweder der Begriff der „Aussagetüchtigkeit wird gestrichen
oder stattdessen in § 406g Abs. 1 Satz 2 am Ende formuliert: „die Aussagesituation zu erleichtern“. Wenn es bei
der Schutzbedürftigkeitsprüfung bleiben sollte, ist in § 406g Abs. 3 Satz 2 StPO eine Klarstellung, dass auch für
die Fälle bei denen eine solche Prüfung vorgesehen ist, die Antragsstellung erforderlich ist, sinnvoll. Ebenfalls

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/6906
erscheint es dann sachgerecht die Bezugnahme auf Stellungnahmen von Opfereinrichtungen in § 48 Abs. 3 Satz
3 StPO-E zu streichen. Das Gericht ist unabhängig von solchen Stellungnahmen in der Lage Hinweise zur Schutz-
bedürftigkeit einzuholen, insbesondere können Angaben der Nebenklagevertretung oder der Gerichtshilfe dafür
besonders geeignet sein (so auch Stahlmann-Liebelt, Haverkamp, Müller-Piepenkötter, ebd.). Der Bund stellt
wegen der Gefahr der Zersplitterung und einer heterogenen Praxis die Definition von Qualifikationsstandards
für die psychosoziale Prozessbegleitung selbst auf und weist diese Aufgabe nicht, wie im § 406g Absatz 2 StPO
des Gesetzesentwurfs vorgeschlagen, den Bundesländern zu.
Mehrere Sachverständige halten eine wissenschaftliche Evaluation der in den letzten Jahren verstärkten Opfer-
gesetzgebung für zwingend notwendig und empfehlen eine Evaluationsklausel in den Gesetzesentwurf aufzuneh-
men (so Haverkamp, Rohne, Fastie, ebd.).
Die Opferrechte in einigen zusammenhängenden Vorschriften in einem Abschnitt zu bündeln bietet für Rechtsan-
wender/innen eine Vereinfachung. Die Barrierefreiheit von Informationen und Dolmetscherleistungen bietet bes-
seren Zugang für Betroffene. Für besseren Zugang zu Informationen und zum Recht sorgt auch ein erleichterter
Zugang von potentiellen Opfern aber auch allen anderen Rechtssuchenden zur kostenlosen anwaltlichen Erstbe-
ratung, wie viele Sachverständige in der Anhörung forderten (so Haverkamp, Clemm, Rohne, Fastie, Stahlmann-
Liebelt, ebd.). Das Beratungshilferecht ist entsprechend zu reformieren.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. den Begriff des "Verletzten" zur Klarstellung der Vorläufigkeit der Verletzteneigenschaft in der Strafprozess-
ordnung legal zu definieren;
2. die Trennung zwischen rechtlicher Beratung und psychosozialer Betreuung und den Umstand, dass die psy-
chosoziale Prozessbegleitung nicht mit Gesprächen über den Geschehensablauf und Tatvorwurf verbunden sein
darf ebenso wie eine Dokumentationspflicht der Prozessbegleitung in § 406g StPO aufzunehmen;
3. statt der bisherigen Beschränkung auf Kinder und Jugendliche grundsätzlich allen potentiellen Opfer schwerer
Gewalt- und Sexualdelikte sowie Angehörigen von potentiellen Tötungsopfern Anspruch auf psychosoziale Pro-
zessbegleitung einzuräumen und § 406g Abs. 5 StPO-E entsprechend anzupassen;
4. die bisherige Formulierung der „Aussagetüchtigkeit“ in § 406g Abs. 1 StPO-E durch die Formulierung „die
Aussagesituation zu erleichtern“ zu ersetzen oder zu streichen;
5. in § 406g Abs. 3 Satz 2 StPO klarzustellen, dass für die Fälle bei denen eine Schutzbedürftigkeitsprüfung vor-
gesehen ist, ein Antrag gestellt werden muss;
6. die Bezugnahme auf Stellungnahmen von Opfereinrichtungen in § 48 Abs. 3 Satz 3 StPO-E zu streichen;
7. die Definition von Qualifikationsstandards für die psychosoziale Prozessbegleitung in § 406g StPO festzulegen;
8. in das Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren eine Evaluationsklausel aufzunehmen;
9. die Rechte von potentiellen Opfern im Strafverfahren wie Nebenklage, Prozessbegleitung und Informations-
rechte in einem eigenen Abschnitt der Strafprozessordnung zu regeln;
10. sicherzustellen, dass die Informationen und Dolmetscherleistungen barrierefrei erfolgen;
11. den Zugang zur kostenlosen anwaltliche Erstberatung für alle Rechtssuchenden im Rahmen einer Reform des
Beratungshilferechts zu erleichtern.

Die Fraktion DIE LINKE. wies auf die Dauer des parlamentarischen Verfahrens hin. Die Umsetzungspflicht
aus der mit dem Gesetz umzusetzenden EU-Richtlinie sei bereits im November dieses Jahres abgelaufen; schon
im Juni 2015 habe es eine öffentliche Anhörung gegeben. Gleichwohl begrüße die Fraktion das Gesetz. Potentielle
Opfer müssten unterstützt und vor weiterer Traumatisierung geschützt werden, wobei dies nicht zugleich nach-
teilig für die Rechtsstellung der Beschuldigten wirken dürfe. Insbesondere durch den Änderungsantrag der Koa-
litionsfraktionen seien die Forderungen der Fraktion DIE LINKE. jedenfalls teilweise erfüllt; es gebe einige Ver-
besserungen für mutmaßliche Opfer. Bedauerlich sei, dass der Begriff des Verletzten nicht wie im österreichi-
schen Recht definiert werde. Kritik übte die Fraktion auch an der fehlenden Evaluierungsklausel und verwies im
Übrigen auf die von ihr eingebrachte Entschließung.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äußerte sich dem Grunde nach ebenfalls zustimmend zum Gesetz-
entwurf. Lange Zeit sei der Angeklagte im Strafverfahren alleiniges Subjekt gewesen. Mit den Neuregelungen
leiste man einen Beitrag zu einem Paradigmenwechsel. Nunmehr gebe es ein zweites Subjekt, das „Opfer“ bzw.

Drucksache 18/6906 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die „verletzte Person“. Über deren Rechte gebe es entsprechende Informationspflichten, was positiv zu bewerten
sei. Wichtig sei, dadurch rechtsstaatliche Errungenschaften für den Schutz des Angeklagten nicht zu beschneiden.
So bestehe etwa die Gefahr von – möglicherweise unzutreffenden – Implikationen für das weitere Strafverfahren,
wenn die Verletzteneigenschaft festgestellt werde. Für vorzugswürdig halte es die Fraktion deshalb, mit den Be-
griffen „potentieller“ oder „mutmaßlicher“ Verletzter zu arbeiten, um dieser Gefahr zu begegnen. Sie regte an,
dies zeitnah gesetzlich zu fixieren. Außerdem sei eine Evaluierungsklausel nötig.
Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass im Gesetzentwurf und in dem vorgelegten Änderungsantrag zahl-
reiche Anregungen aus allen Fraktionen umgesetzt worden seien. Die Regelungen spiegelten einen breiten Kon-
sens, der eine ausgeglichene Betrachtung der Beteiligten am Strafverfahren ermögliche. So werde die Stellung
der Opfer, die seit dem Ende der 1980er Jahre stärkere Beachtung finde, berücksichtigt und gleichzeitig gewähr-
leistet, dass Beschuldigtenrechte gewahrt blieben. Dass eine Legaldefinition des Begriffes „Opfer“ fehle, sei der
Komplexität der Begriffsbestimmung geschuldet; dies habe sich – unter anderem – in der öffentlichen Anhörung
gezeigt. Hier könne auch die Rechtsprechung einen Beitrag zur weiteren Konkretisierung leisten. Insgesamt han-
dele es sich um ein sehr gutes Gesetz, das mit den begrüßenswerten Regelungen zur psychosozialen Prozessbe-
gleitung im Übrigen über die EU-Richtlinie hinausgehe.
Die Fraktion der SPD schloss sich diesen Ausführungen vollumfänglich an und betonte, dass viele der Anre-
gungen der Fraktion DIE LINKE., die sich in der eingebrachten Entschließung fänden, im Gesetz und dem Än-
derungsantrag berücksichtigt worden seien. Es gebe einen breiten Konsens, dass mit den vorgelegten Regelungen
ein großer Schritt in die richtige Richtung gemacht werde und Opferinteressen angemessener berücksichtigt wür-
den.

IV. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Im Folgenden werden lediglich die vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfohlenen Änderungen
gegenüber der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs erläutert. Soweit der Ausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die jeweilige Begründung in Drucksache 18/4621 verwiesen.
Zu Artikel 1 (Änderung der Strafprozessordnung)
Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung der neuen Inhaltsübersicht der Strafprozessordnung (StPO).
Zu Nummer 2 (Änderung des § 48 StPO-E)
§ 48 Absatz 3 Satz 4 StPO-E wird gestrichen. Bei § 48 Absatz 3 StPO-E handelt es sich um eine zentrale Ein-
stiegsnorm für die Feststellung, ob ein Verletzter besonders schutzbedürftig ist oder nicht. Bei dieser Prüfung sind
sämtliche Kriterien heranzuziehen, aus denen sich eine besondere Schutzbedürftigkeit ergeben kann. Das kann
auch die Einschätzung einer Opferhilfeeinrichtung sein. Um die Vorschriften der StPO weiterhin übersichtlich
und schlank zu halten, kann aufgrund des lediglich klarstellenden Charakters des Satzes 4 auf dessen Anfügung
in § 48 Absatz 3 StPO-E verzichtet werden.
Wer Verletzter im Sinne der StPO ist, ist nicht legal definiert. Der Begriff ist durch die Rechtsprechung aber
bereits ausreichend und umfassend definiert. Insbesondere für die Fälle, die § 48 Absatz 3 StPO-E und auch die
Opferschutzrichtlinie im Blick haben, ist die Frage, wer Verletzter ist, nicht problematisch.
Die Opferschutzrichtlinie stellt in ihrer Begriffsbestimmung auf natürliche Personen ab.
§ 48 Absatz 3 StPO-E stellt auf besonders schutzbedürftige Verletzte ab. Das sind Personen, die von schweren
Straftaten, z. B. schweren Gewalt- oder Sexualdelikten – ihre tatsächliche Begehung unterstellt –, unmittelbar in
ihren Rechtsgütern (z. B. auf körperliche Integrität) betroffen sind. Diese Personen sind „Verletzte“.
Unproblematisch sind auch die Fälle, in denen der Gesetzgeber bereits eine bewusste Entscheidung wie bei der
Nebenklagebefugnis gem. § 395 StPO getroffen hat. Wer nebenklagebefugt ist, ist Verletzter im Sinne der StPO.
Daher gehören auch die Angehörigen gem. § 395 Absatz 2 Nummer 1 StPO zu den Verletzten. Das sind die Kin-
der, Eltern, Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner des durch eine rechtswidrige Tat Getöteten.
Zu den Nummern 3 bis 7
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen (Umnummerierung) infolge der geänderten Inhaltsübersicht
(vgl. Nummer 1).

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/6906
Zu Nummer 8 (Änderung des § 214 StPO-E)
Es handelt sich um eine Präzisierung des Verweises.
Zu den Nummern 9 bis 11
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen (Umnummerierung) infolge der geänderten Inhaltsübersicht
(vgl. Nummer 1).
Zu Nummer 12 (Änderung des § 406g StPO-E)
Der bisherige Absatz 1 wird in das neue Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren
(PsychPbG) überführt und daher in § 406g StPO-E gestrichen. Der neue § 406g StPO-E regelt daher nunmehr in
Absatz 1, 3 und 4 die unmittelbar auf den Strafprozess bezogene Rechtsstellung des psychosozialen Prozessbe-
gleiters. In Absatz 2 wird klargestellt, aus welchem Gesetz sich die weiteren Anforderungen (die wesentlichen
Grundsätze und die Anforderungen an die Qualifikation) an die psychosoziale Prozessbegleitung und die Vergü-
tung des psychosozialen Prozessbegleiters ergeben, nämlich aus dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbe-
gleitung im Strafverfahren (PsychPbG).
In Absatz 3 Satz 2 wird klargestellt, dass auch hier eine Beiordnung nur auf Antrag des Verletzten erfolgt (so wie
in den Fällen des gebundenen Anspruchs in Satz 1). Darüber hinaus wird Satz 4 redaktionell geändert, indem bei
§ 142 StPO auf die Beiordnung abgestellt wird und nicht wie bisher auf den Antrag.
In Absatz 4 wird eine gesetzliche Grundlage geschaffen, nach der das Gericht auch einem ohne Beiordnung ge-
wählten Prozessbegleiter die Anwesenheit bei der Vernehmung des Verletzten untersagen kann, wenn der Unter-
suchungszweck gefährdet sein könnte. Damit wird ein Gleichlauf zur Regelung des Verletztenbeistands herge-
stellt (§ 406f Absatz 2 StPO).
In den Fällen der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters wird dem Problem bereits dadurch Rech-
nung getragen, dass in § 406g Absatz 3 Satz 4 StPO-E auf § 142 StPO verwiesen wird. Nach § 142 Absatz 1
Satz 2 StPO kann der gewählte Beistand aus wichtigem Grund abgelehnt werden.
Zu Nummer 13
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung (Umnummerierung) infolge der geänderten Inhaltsübersicht
(vgl. Nummer 1).
Zu Nummer 14 (Änderung des § 406i StPO-E)
Bei den in § 406i Absatz 2 und 3 StPO-E genannten Vorschriften handelt es sich um Verfahrensrechte des Ver-
letzten, aber nicht um einklagbare Rechte. Um zu vermeiden, dass durch die Formulierung „seine Rechte“ der
Eindruck entsteht, hierauf hätte der Verletzte einen Anspruch, wurde eine andere neutrale Formulierung für die
hier geregelte Informationspflicht gewählt.
Zu Nummer 15 (Änderung des § 464b StPO-E)
Mit der Regelung in § 464b StPO-E soll klargestellt werden, dass die Anschrift des Nebenklägers im Kostenfest-
setzungsbeschluss unterbleiben kann. Zwar ist dies bereits nach geltender Rechtslage möglich, allerdings wurde
in der Praxis davon nicht Gebrauch gemacht. Die Regelung soll daher bestehen bleiben, lediglich der Verweis auf
§ 750 ZPO soll gestrichen werden.
Zu den Nummern 16 bis 18
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen (Umnummerierung) infolge der geänderten Inhaltsübersicht
(vgl. Nummer 1).
Zu Artikel 3 (Änderung des Gerichtskostengesetzes)
Zu Nummer 2 (Änderung der Anlage 1)
Mit den vorgeschlagenen Änderungen sollen die in Verfahren mit psychosozialer Prozessbegleitung vorgesehe-
nen Gerichtsgebührenzuschläge an die in § 6 PsychPbG geregelten Vergütungssätze für beigeordnete psychoso-
ziale Prozessbegleiter angepasst werden.
Zu Artikel 4 -neu- (Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren – PsychPbG)
Mit der Regelung des § 406g StPO-E wird die psychosoziale Prozessbegleitung ihrer Bedeutung entsprechend im
deutschen Strafverfahrensrecht verankert. Die psychosoziale Prozessbegleitung wird zwar in einigen Ländern be-
reits praktiziert, ist aber für das Strafverfahrensrecht trotz der Erwähnung in § 406h Nummer 5 StPO dennoch ein

Drucksache 18/6906 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Novum. Insbesondere kindlichen und jugendlichen Verletzten wird, wenn die Voraussetzungen des § 397a Ab-
satz 1 Nummer 4 und 5 StPO vorliegen, ein psychosozialer Prozessbegleiter auf Staatskosten beigeordnet, mit
dem Ziel, dem Verletzten in jeder Phase des Strafverfahrens die emotionale und psychologische Unterstützung
zukommen lassen, die es benötigt.
Erfolgreiche psychosoziale Prozessbegleitung setzt die bundeseinheitliche Einhaltung bestimmter Standards vo-
raus. Eine interdisziplinär besetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat im Auftrag der Konferenz der Justizministe-
rinnen und Justizminister der Länder „Mindeststandards der psychosozialen Prozessbegleitung“ erarbeitet. Das
gesetzliche Leitbild entspricht diesen Mindeststandards und die bislang vorgeschlagene Regelung hat sich daran
orientiert, hat aber nicht alle Standards im Rahmen der gesetzlichen Regelung aufgegriffen. Zum einen, weil
davon ausgegangen wird, dass sich die Länder bei der Umsetzung daran ebenfalls orientieren, zum anderen, um
das Strafverfahrensrecht nicht zu überfrachten.
Die weiteren Beratungen zum 3. Opferrechtsreformgesetz haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, die bislang vorge-
schlagenen Regelungen zu ergänzen, damit allen Verletzten eine psychosoziale Prozessbegleitung auf einem bun-
deseinheitlichen Niveau mit bundeseinheitlich geltenden Standards zur Verfügung steht. So sollen zum einen die
wesentlichen Elemente der Mindeststandards gesetzlich verankert werden, zum anderen hat sich das Bedürfnis
nach einer einheitlichen bundesgesetzlichen Vergütungsregelung ergeben. Beide Regelungsbereiche fördern das
Ziel, die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahrensrecht im Sinne der Verletzten erfolgreich zu instal-
lieren.
Um das Strafverfahrensrecht nicht zu überfrachten, soll nunmehr ein eigenständiges Gesetz über die psychosozi-
ale Prozessbegleitung im Strafverfahren geschaffen werden, das folgende für die psychosoziale Prozessbegleitung
notwendigen Regelungsbereiche umfasst:

− Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung,
− Anforderungen an die Qualifikation und
− Vergütung der psychosozialen Prozessbegleiter.

Die Regelung in § 406g StPO-E beschränkt sich nunmehr auf die ausschließlich strafverfahrensrechtlich bezoge-
nen Elemente und verweist im Übrigen auf das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung.
Zu § 1 (Regelungsgegenstand)
§ 1 stellt klar, welchen Inhalt dieses Gesetz hat.
Zu § 2 (Grundsätze)
Zu Absatz 1
Die ursprünglich in § 406g Absatz 1 StPO-E vorgesehene Regelung, die das Leitbild der psychosozialen Prozess-
begleitung definiert und beschreibt, was psychosoziale Prozessbegleitung ist und welche Zielsetzung sie für die
Verletzten hat, wird in das neue Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren überführt.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt die wesentlichen Standards, die für psychosoziale Prozessbegleitung gelten: Neutralität im Straf-
verfahren und klare Trennung von Beratung und Begleitung, keine Beeinflussung des Zeugen bzw. seiner Aus-
sage. Diese Standards sind so auch in den „Mindeststandards der psychosozialen Prozessbegleitung“ der Bund-
Länder-Arbeitsgruppe definiert.
Wichtig ist nicht nur, dass der psychosoziale Prozessbegleiter nach diesen Standards arbeitet. Wichtig ist auch,
dass der Verletzte darüber Bescheid weiß. Daher ist er vom psychosozialen Prozessbegleiter zu Beginn der Be-
gleitung darüber zu informieren.
Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der Begleitung vor, während und nach der
Hauptverhandlung. Prozessbegleitung ersetzt nicht den Anwalt oder die Anwältin, deren Aufgabe die Rechtsbe-
ratung ist. Dies wird nochmal ausdrücklich klargestellt.
Zu § 3 (Anforderungen an die Qualifikation)
Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der Begleitung von oftmals hoch traumatisier-
ten Verletzten, bei denen es sich insbesondere um Kinder und Jugendliche handeln wird. Eine solche Form der
Begleitung setzt ein hohes Maß an Professionalität voraus. § 3 regelt die wesentlichen Anforderungen an diese

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/6906
Qualifikation, wie sie auch seitens der Bund-Länder-Arbeitsgruppe im Auftrag der Konferenz der Justizministe-
rinnen und Justizminister der Länder erarbeiteten „Mindeststandards der psychosozialen Prozessbegleitung“ for-
muliert wurden.
Psychosoziale Prozessbegleitung soll für besonders schutzbedürftige Verletzte die mit der Durchführung eines
Strafverfahrens verbundenen Belastungen verringern und eine Sekundärviktimisierung vermeiden. Der Abbau
von Belastungen und Ängsten, die Stabilisierung des Zeugen, hat auch für die Justiz einen hohen Nutzen. Zum
einen kann die Aussagetüchtigkeit des Verletzten gestärkt werden. Zum andern werden dadurch andere Verfah-
rensbeteiligte entlastet. Erfolgreiche psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren setzt aber ein hohes Maß
an Professionalität voraus. Daher ist es wichtig, dass die psychosozialen Prozessbegleiter bestimmte Anforderun-
gen an die Qualifikation erfüllen, die hier festgelegt werden. Die bundeseinheitliche Regelung der Anforderungen
an die Qualifikation stellt sicher, dass bundesweit psychosoziale Prozessbegleitung auf einem einheitlichen hohen
Niveau stattfinden kann.
Zu § 4 (Anerkennung und weitere Anforderungen)
Die ursprünglich in § 406g Absatz 2 Satz 3 StPO-E enthaltene Regelung, wonach die Länder bestimmen, welche
Personen und Stellen als psychosoziale Prozessbegleiter anerkannt werden, sowie die konkrete Ausgestaltung der
an die Berufsausbildung u. a. zu stellenden Anforderungen, werden in das neue Gesetz überführt.
Zu § 5 (Vergütung)
Zu Absatz 1
§ 5 bestimmt, nach welchen Vorschriften (§§ 6 bis 10) sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten psycho-
sozialen Prozessbegleiters richtet.
Zu Absatz 2
Sofern der psychosoziale Prozessbegleiter bei einer nichtöffentlichen Stelle tätig ist und dafür bereits entlohnt
wird, steht der Vergütungsanspruch nicht dem Prozessbegleiter, sondern der Stelle zu.
Zu Absatz 3
Die neue gesetzliche Regelung regelt ausschließlich die fallbezogene Vergütung des psychosozialen Prozessbe-
gleiters bzw. der Stelle, für die er tätig ist. Absatz 3 regelt die gesetzlichen Ausnahmen, für die der pauschale
Vergütungsanspruch nicht gilt:
Zu Nummer 1
Die Ausnahme in § 5 Absatz 3 Nummer 1 betrifft die Fälle, in denen der psychosoziale Prozessbegleiter bei einer
öffentlichen Stelle tätig ist und die Begleitung im Rahmen seiner Dienstaufgaben wahrnimmt. Dies kann bei-
spielsweise der Fall sein, wenn der psychosoziale Prozessbegleiter bei einer staatlichen Zeugenbetreuungsstelle
arbeitet und in diesem Rahmen psychosoziale Prozessbegleitung ausübt. In diesen Fällen wird der psychosoziale
Prozessbegleiter bereits vom Land vergütet.
Zu Nummer 2
Die in Nummer 2 vorgesehene weitere Ausnahme betrifft die Fälle, in denen das Land psychosoziale Prozessbe-
gleitung stellenbezogen fördert, indem bestimmte nichtöffentliche Stellen entsprechende Mittel erhalten. Entspre-
chende Strukturen bestehen z. B. in den Ländern Niedersachen oder Mecklenburg-Vorpommern. In Niedersach-
sen wird die psychosoziale Prozessbegleitung von der Stiftung Opferhilfe Niedersachsen sowie von freien Opfer-
hilfeeinrichtungen angeboten. Die Förderung erfolgt stellenbezogen. In Mecklenburg-Vorpommern erhalten be-
stimmte private Opferhilfeeinrichtungen bzw. freie Träger finanzielle Zuwendungen, mit denen derzeit insgesamt
vier Stellen für Prozessbegleiterinnen, die nach Entgeltgruppe 10 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst
der Länder vergütet werden, gefördert werden.
Zu § 6 (Höhe der Vergütung)
§ 6 regelt die Höhe der pauschalen Vergütung, gestaffelt nach Verfahrensabschnitten. Sie orientiert sich an der
voraussichtlichen Intensität des Arbeitsaufwandes des psychosozialen Prozessbegleiters in den jeweiligen Ver-
fahrensstadien. § 6 Satz 1 Nummer 3 gilt auch für die Fälle, in denen das Revisionsgericht das Urteil aufhebt und
die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichts zurückverweist (§ 354 Absatz 2 StPO). In diesen
Konstellationen fällt der Vergütungsanspruch des psychosozialen Prozessbegleiters erneut an.

Drucksache 18/6906 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu § 7 (Entstehung des Anspruchs)
Nach der Vorschrift des § 7 entsteht der Anspruch auf Vergütung für jeden Verfahrensabschnitt nach § 6 Satz 1
gesondert, wobei klargestellt wird, dass das gerichtliche Verfahren dann beginnt, wenn das für die Hauptverhand-
lung zuständige Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 203 StPO beschließt.
Zu § 8 (Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes)
Für Umfang, Fälligkeit, Festsetzung und Wegfall (bei Verschulden) des Anspruchs auf Vergütung des psychoso-
zialen Prozessbegleiters gelten die Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entsprechend.
Zu § 9 (Erlöschen des Anspruchs)
Der Vergütungsanspruch soll gemäß § 9 spätestens 15 Monate nach Einstellung oder rechtskräftigem Abschluss
des Verfahrens erlöschen. Wird ein Verfahren in zwei Etappen eingestellt, wie bei § 153a StPO, so kommt es für
die Frage des Zeitpunkts, ab wann die Frist des § 9 zu laufen beginnt, nicht auf die vorläufige, sondern auf die
endgültige Einstellung des Verfahrens an. Hintergrund ist der, dass der Anspruch auf Vergütung nach nicht uner-
heblicher, aber doch auch angemessener Zeit erlöschen soll. Die relativ lange Dauer von 15 Monaten ist dem
Umstand geschuldet, dass eine psychosoziale Prozessbegleitung des Verletzten auch nach rechtskräftigem Ab-
schluss des Verfahrens oftmals noch eine gewisse Zeit erforderlich sein wird, um die Belastung des Verletzten
als Folge des Strafverfahrens abzumildern. Die Erlöschensregelung orientiert sich an bereits bestehenden Rege-
lungen. So sieht § 2 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern ebenfalls ein Erlöschen des
Anspruchs auf Vergütung nach 15 Monaten vor.
Zu § 10 (Öffnungsklausel; Verordnungsermächtigung)
Nach dieser Vorschrift besteht für die Länder die Möglichkeit, selbst eine fallbezogene Vergütungsregelung für
die psychosoziale Prozessbegleitung zu schaffen. Damit soll den Ländern, die aufgrund bestehender oder neu
aufzubauender Strukturen z. B. eine Abrechnung nach Stundensätzen wollen, die Möglichkeit eröffnet werden,
von der pauschalen Vergütungsregelung abzuweichen.
Zu § 11 (Übergangsregelung)
§ 3 regelt die Anforderungen an die Qualifikation der psychosozialen Prozessbegleiter. Abweichend hiervon wird
nunmehr in § 11 eine Übergangsregelung getroffen, wonach die Länder bis zum 31. Juli 2017 bestimmen können,
dass Personen, die bereits eine von einem Land anerkannte Aus- oder Weiterbildung im Sinne dieses Gesetzes
begonnen, aber noch nicht beendet haben, psychosoziale Prozessbegleitung vornehmen können. Hintergrund die-
ser Regelung ist, dass die Gefahr besteht, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens (1. Januar 2017) möglicherweise
nicht genügend qualifizierte Prozessbegleiter in den Ländern zur Verfügung stehen.
Zu Artikel 5 (Inkrafttreten)
Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelungen zur psychosozialen Prozessbegleitung in der Strafprozessord-
nung, dem Gerichtskostengesetz und dem Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren
wird auf den 1. Januar 2017 festgelegt.
Während einige Länder bereits psychosoziale Prozessbegleitung anbieten und auf vorhandene Strukturen zurück-
greifen können, müssen andere Länder entsprechende Strukturen erst aufbauen. Für die Verletzten ist es wichtig,
dass psychosoziale Prozessbegleitung einheitlich auf einem hohen professionellen Niveau startet. Der Aufbau
solcher Strukturen erfordert, da viele Prozessbegleiter erst aus- bzw. fortgebildet werden müssen, Zeit. Diese Zeit
soll den Ländern gegeben und der Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Regelungen zur psychosozialen Prozessbe-
gleitung um ein Jahr, auf den 1. Januar 2017, verschoben werden.

Berlin, den 2. Dezember 2015

Dr. Patrick Sensburg
Berichterstatter

Dirk Wiese
Berichterstatter

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

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