BT-Drucksache 18/6336

Bund-Länder-Aktionsplan "Studentisches Wohnen, Integration und soziale Infrastruktur" auflegen

Vom 14. Oktober 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6336
18. Wahlperiode 14.10.2015

Antrag
der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Kai Gehring, Sven-Christian
Kindler, Britta Haßelmann, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Julia
Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bund-Länder-Aktionsplan „Studentisches Wohnen, Integration
und soziale Infrastruktur“ auflegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Hochschulen haben ein Jahrzehnt der Studierenden-Rekorde erlebt. Auch in Zu-

kunft wird die Studierneigung hoch bleiben, ebenso das Interesse von internationalen

Studierenden, in Deutschland zu studieren. Ihre Zahl liegt mittlerweile bei über
300.000. Das sind gute Nachrichten. Denn die künftigen Akademikerinnen und Aka-

demiker tragen dazu bei, den Mangel an Fachkräften in einigen Branchen zu behe-
ben. Auch erhalten AkademikerInnen oft höhere Einkommen und sind seltener ar-

beitslos. Das ist sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft insgesamt

ein Gewinn.

Viele Hochschulstädte stellt der Studierenden-Boom vor große Herausforderungen.

Nahezu alle Hochschulstädte berichten von Wohnraumknappheit und Wartelisten
für Zimmer in Wohnheimen. Auf den angespannten Wohnungsmärkten konkurrie-

ren Studierende oftmals mit anderen einkommensschwachen Haushalten. Auch für

ausländische Studierende sind Wohnheimplätze essentiell, da ihr Budget häufig weit
unterdurchschnittlich ist und sie daher besonders auf Wohnheimplätze angewiesen

sind. Der Druck hat in den letzten Jahren auch deswegen zugenommen, da inzwi-

schen nicht einmal mehr für 10 Prozent aller Studierenden bundesweit Wohnheim-
plätze zur Verfügung stehen. Zusätzlich zieht es immer mehr Menschen in die Stadt.

Insbesondere Hochschulstädte erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch eine große An-
zahl der bei uns Schutzsuchenden wird sich für ein Leben in der Stadt entscheiden

und auf preiswerten Wohnraum in Hochschulstädten angewiesen sein. Hinzu kom-

men Schutzsuchende, die ein Studium aufnehmen bzw. wieder aufnehmen wollen
oder in der Wissenschaft arbeiten wollen. Auch sie werden in Hochschulstädte zie-

hen. Darum wird die Herausforderung, mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen,
immer dringender.

Drucksache 18/6336 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zwar haben die Länder mittlerweile erkannt, dass es einen großen Mangel an preis-

wertem Wohnraum gibt und die meisten investieren stark in den Bau neuer Wohn-

heime für Studierende – beispielweise Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfa-
len. Nach Hochrechnung des Deutschen Studentenwerks fehlten dennoch bis zu

25.000 Wohnheimplätze. Studierende brauchen nicht nur einen Studienplatz, son-
dern sie brauchen auch einen Platz im Hörsaal und im Seminarraum. Sie brauchen

Bibliotheken und Mensen, eine Studienberatung und sie brauchen ein Dach über dem

Kopf. Erfolgreiches Studieren erfordert eine verlässliche soziale Infrastruktur auf
dem Campus. Auch muss sich die Mietkostenpauschale im BAföG stärker an den

regional unterschiedlichen Wohnkosten orientieren und wie das Wohngeld in Stufen

regional gestaffelt werden.

Vorwürfe an die Länder oder Prüfaufträge des Bundes, so wie es in der vergangenen

Wahlperiode der damalige Bauminister Dr. Peter Ramsauer (CSU) gemacht hat,
bringen uns nicht weiter. Der Bund muss endlich einen Beitrag für den Ausbau der

sozialen Infrastrukturen an den Hochschulen leisten, wozu auch das studentische

Wohnen zählt.

Es muss mehr in bezahlbaren Wohnraum investiert werden. Es ist falsch, die Miet-

preisbremse beim Neubau auszuklammern. Es bedarf außerdem vieler verschiedener
Akteure im Wohnungsbau, wie Genossenschaften, Baugruppen oder kommunale

Gesellschaften.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt und unterstützt

• die vielfältigen Aktivitäten der Länder und Kommunen zusätzlichen studenti-
schen Wohnraum zu schaffen und zu fördern;

• als ersten Schritt das vom Bundesbauministerium angekündigte „Modellvorha-
ben nachhaltiges Wohnen für Studenten und Auszubildende“ um Modellvorha-

ben für nachhaltige Wohnbauprojekte für Studierende zu unterstützen, die spä-

ter umgewidmet werden können in z. B. altersgerechte Wohnungen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• gemeinsam mit den Ländern, Kommunen, und Hochschulen einen Aktionsplan
Studentisches Wohnen, Integration und soziale Infrastruktur aufzulegen. Dazu
gehört:

o Zwischennutzungen von Bundesliegenschaften zu erleichtern. Anstatt un-
genutzte und leerstehende Gebäude des Bundes zum Höchstpreis an private

Investoren zu verkaufen, sollen diese Gebäude für günstiges studentisches

Wohnen geöffnet werden;

o Hochschulstädte zur kreativen Quartiersentwicklung zu ermutigen und auch

innenstadtfernere Quartiere durch z. B. ein besseres Nahverkehrsangebot o-
der Radverkehrsanlagen für studentisches Wohnen attraktiv zu machen;

o über Beispiele guter Praxis der Kommunen zusätzliche Wohnmöglichkeiten

für Studierende zu schaffen, zu informieren;

o ausreichend ausgestattete Bibliotheken, Mensen, Studierendenberatung,

Wohnheimplätze;

• die Mietkostenpauschale im BAföG nach den Stufen im Wohngeldgesetz regi-
onal zu staffeln;

• eine echte Mietpreisbremse einzuführen und die bisher vorgesehenen Ausnah-
men für Neubauten und umfangreiche Sanierungen zu streichen;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6336
• die Bundesmittel für den sozialen Wohnungsbau auf mindestens zwei Milliar-
den Euro im Jahr aufzustocken und

o damit zielgerichtet einen Wohnungssektor mit dauerhaft bezahlbarem
Wohnraum für Menschen mit kleinen Einkommen, darunter auch Studie-

rende, zu schaffen;

• den Kommunen zum Zweck der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die
Möglichkeit der Innenentwicklung zu erleichtern;

• ein faires und gerechtes Wohngeld einzuführen, das eine Heizkostenkompo-
nente enthält und außerdem durch eine Dynamisierung regelmäßig angepasst

wird. Außerdem sollte es einen Klimabonus enthalten, mit dem soziale Härten
im Zuge der Modernisierung verhindert werden.

Berlin, den 13. Oktober 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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