BT-Drucksache 18/6041

Betreuungsgeld für den Kitaausbau nutzen

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6041

18. Wahlperiode 22.09.2015

Antrag

der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Sigrid Hupach, Nicole Gohlke,

Dr. Rosemarie Hein, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring, Harald Petzold

(Havelland), Katrin Werner, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Betreuungsgeld für den Kitaausbau nutzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2015, Az. 1 BvF
2/13, wurde das Betreuungsgeldgeldgesetz vom 15. Februar 2013 (Bundesge-
setzblatt I Seite 254) für verfassungswidrig erklärt. Damit ist das Gesetz nichtig.
Für den aktuellen Haushaltsentwurf 2016 sind eine Milliarde Euro für das Be-
treuungsgeld vorgesehen. Diese werden durch das Auslaufen des Betreuungs-
geldes allerdings nicht ausgeschöpft werden. Die nicht ausgeschöpften Mittel
sollen im Haushalt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend (BMFSFJ) verbleiben.

Angesichts des hohen Investitionsbedarfs sowie der ansteigenden Kosten im
Bereich der frühkindlichen Bildung und Betreuung in Deutschland liegt es nahe,
die frei werdenden Mittel aus dem Betreuungsgeld in die Infrastruktur für
Kleinkinder zu investieren. Die bestehenden Defizite in der Kinderbetreuung
müssen reduziert werden. Das Betreuungsangebot muss quantitativ und quali-
tativ ausgebaut werden. Die Betreuungszeiten sind zu erweitern. Die Arbeits-
bedingungen der Beschäftigten müssen dringend verbessert werden. Dazu be-
darf es eines Kitaqualitätsgesetzes und einer stärkeren Beteiligung des Bundes
an den Kosten für die Kinderfrühförderung und Kinderbetreuung.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. dafür Sorge zu tragen, dass die im Finanzrahmen eingeplanten Mittel für
das Betreuungsgeld im Haushalt des BMFSFJ verbleiben und auf Dauer
verstetigt werden,

2. im Haushalt des BMFSFJ die nun zusätzlichen finanziellen Mittel lang-
fristig in den Ausbau und die Finanzierung der Kinderbetreuung zu inves-
tieren,

3. umgehend einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine rechtliche Grundlage
schafft, um die finanziellen Mittel dauerhaft für den Bereich der öffentli-
chen Kinderfrühförderung und Kinderbetreuung zu verwenden,

Drucksache 18/6041 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. bis zum Ende der Wahlperiode einen Gesetzentwurf für ein Kitaqualitäts-

gesetz vorzulegen, um Qualitätsstandards in der Kinderfrühförderung und
Kinderbetreuung festzuschreiben. Dabei ist die Finanzierung der frühkind-
lichen Förderungs- und Betreuungsinfrastruktur durch eine stärkere struk-
turelle finanzielle Beteiligung des Bundes zu verbessern. Perspektivisch
ist eine Gebührenfreiheit für die Familien herzustellen.

Berlin, den 22. September 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Das BVerfG stellt in seinem Urteil vom 21. Juli 2015 ausdrücklich fest, dass sich aus den Erwägungen des
Gesetzgebers bei dem Erlass des Kinderförderungsgesetzes (Bundestagsdrucksache 16/9299) die Notwendig-
keit einer bundeseinheitlichen Regelung im Hinblick auf eine qualitätsorientierte Tagesbetreuung mit einheitli-
chen Basisnormen zwingend ergibt. Hieran anknüpfend ist ein erheblicher Nachbesserungsbedarf im Hinblick
auf die derzeit bestehenden Regelungen festzustellen. Die Qualitätsstandards der Kitas sind in den Ländern
sowie Kommunen zum Teil erheblich uneinheitlich. Öffnungszeiten, Mindestbetreuungs- bzw. Mindestförde-
rungsumfang, die Fachkraft-Kind-Relation oder die Ausstattung der Kitas sind in den Regionen unterschiedlich.
Eltern müssen darauf vertrauen können, dass ihr Kind in einer Kita nicht nur „geparkt“ wird, sondern eine
Förderung und Betreuung in guter Qualität erfährt.

Eine gute Betreuungsqualität setzt viele Faktoren voraus. Dazu zählen insbesondere für die Einrichtungen eine
gute Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung der Fachkräfte, eine hohe Attraktivität des Erzieherberufes
sowie ausreichend Zeit für Führungsaufgaben. Die Fachkräfte brauchen Zeit für Vor- und Nachbereitung, gute
Arbeitsbedingungen und gute Entlohnung. Familien benötigen wohnort- bzw. sozialraumnahe sowie inklusive
Betreuung und Förderung, die darüber hinaus dem zeitlichen Bedarf entsprechen. Die Kinder benötigen eine
dem Alter und der Entwicklung angemessene Fachkraft-Kind-Relation, ausreichende Raumgrößen, Ausstattung
und Freiflächen, unabhängig von der Situation der Eltern einen Anspruch auf Ganztagesbetreuung und Förde-
rung sowie Qualität in der Essensversorgung. Um in diesen Feldern gleichwertige Lebensverhältnisse im Bun-
desgebiet zu gewährleisten, bedarf es dringend eines Kitaqualitätsgesetzes.

Deshalb müssen die frei werdenden Mittel des Betreuungsgeldes für eine Übergangszeit bis zur Verabschiedung
eines Kitaqualitätsgesetzes genutzt werden, um direkt den Kitaausbau zu fördern. Nach der Verabschiedung
eines Kitaqualitätsgesetzes sollen die Mittel entsprechend weiterverwendet und aufgestockt werden.

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