BT-Drucksache 18/541

Treffen der informellen Struktur der Gruppe der Sechs in Krakau und dort behandelte Inhalte

Vom 13. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/541
18. Wahlperiode 13.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Jan Korte, Stefan Liebich, Harald Petzold (Havelland), Martina Renner,
Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Treffen der informellen Struktur der Gruppe der Sechs in Krakau und dort
behandelte Inhalte

Am 5. und 6. Februar 2014 haben sich die Innenminister der sechs einwohner-
stärksten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) in Krakau getroffen.
Zur heutigen „Gruppe der Sechs“ gehören seit ihrer Gründung im Jahr 2003 die
Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spani-
ens. Mit dem EU-Beitritt wurde auch Polen im Jahr 2006 Mitglied des informel-
len Zirkels. Auf Initiative des damaligen deutschen Bundesministers des Innern,
Dr. Wolfgang Schäuble, nehmen seit dem Jahr 2007 auch das US-Ministerium
für „Heimatschutz“ sowie die US-Generalbundesanwaltschaft an den Treffen
teil. Die Zusammenkunft firmiert seitdem als „G6+1“. Auch die EU-Kommis-
sarin für die Digitale Agenda und Vizepräsidentin der Europäischen Kommis-
sion, Neelie Kroes, sowie die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sind
gewöhnlich zugegen. Zu den Aufgaben der jeweils ausrichtenden Regierung ge-
hört die Gestaltung der Tagesordnung. In diesem Falle war also Polen hierfür
verantwortlich. Die Gruppe ist auch mit geheimdienstlichen Aktivitäten und der
Telekommunikationsüberwachung befasst. Dies hatte das Bundesministerium
des Innern bestätigt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/9904).
Inhaltliche Schwerpunkte des Treffens waren laut einer knappen Mitteilung des
Bundesinnenministeriums (4. Februar 2014) „Fragen zur künftigen Entwicklung
des Bereiches Inneres und Justiz in der Europäischen Union“. Als wichtige
Themen, zu denen sich die G6 verständigen sollten, gelten demnach „Reisebe-
wegungen jihadistischer Kämpfer“ sowie die nur allgemein angegebene „orga-
nisierte Kriminalität“. Jedoch solle auch der „Austausch mit den amerikanischen
Kollegen über die Überwachungsprogramme der National Security Agency
(NSA) fortgeführt werden“. Hierzu hatte der damalige Bundesminister des
Innern, Dr. Hans-Peter Friedrich, auch das Treffen in Rom genutzt. Aus Sicht
der Fragestellerinnen und Fragesteller sind alle Gespräche zur US-Spionage auf
Ebene der Europäischen Union allerdings bislang fruchtlos verlaufen.
Die Treffen der „G6+1“ sind zutiefst undemokratisch. In ihrer Antwort auf die
Kleine Anfrage der Fragesteller hatte die Bundesregierung ihren informellen
Charakter sogar hervorgehoben (vgl. Bundestagsdrucksache 17/9904). Demge-
mäß gehe es den Beteiligten darum, sich über „Problemlagen in ihren Ländern“
auszutauschen. Die Bundesregierung bestätigt, „eine Vertiefung der erörterten
Themen“ erfolge „in zahlreichen bi- und multilateralen Foren formeller und in-
formeller Art“. Die Fragestellerinnen und Fragesteller bleiben daher bei ihrer
Auffassung zum Demokratiedefizit des Treffens, da über den konkreten Inhalt,
also die Gespräche im Verborgenen, nichts berichtet wird. Der „informelle Ge-

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dankenaustausch“ dient der Anbahnung oder Umsetzung konkreter gemeinsa-
mer Initiativen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wo hat das Treffen der „G6+1“ in Krakau stattgefunden?
2. Welche Stellen der Bundesregierung waren konkret in die Vorbereitung des

Treffens eingebunden (bitte auch die Abteilungen und die benötigte Perso-
nalstärke angeben)?

3. Welche weiteren Treffen am Rande der „G6+1“ haben in zeitlicher Nähe
stattgefunden, sofern diese im Bezug zum Treffen in Krakau standen?

4. Welche Angehörigen anderer Regierungen, EU-Agenturen, sonstiger Insti-
tutionen oder „Wissenschaftler und Experten“ nahmen mit welchem Perso-
nal an dem Treffen teil, und um welche konkreten Personen handelte es sich
dabei (bitte auch deren Zugehörigkeit zu Behörden bzw. zu anderen Einrich-
tungen angeben)?

5. Zu welchen Themen waren diese anderen Teilnehmenden eingeladen, und
welche Beiträge steuerten diese bei?

6. Welche deutschen Behörden oder sonstigen Stellen nahmen mit welchen
Kräften teil, und welchen Abteilungen bzw. Referaten gehören diese an?

7. Welche Tagesordnung hatte das Treffen (bitte die Tagesordnung beifügen
und nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern die Themen in groben
Zügen skizzieren)?

8. Nach welchem Verfahren sowie nach welchen Kriterien hat der Vorsitz fest-
gelegt, an welchen Tagesordnungspunkten oder Arbeitsgruppen die Europä-
ische Kommission sowie die teilnehmenden US-Behörden anwesend sein
dürfen?

9. Inwiefern hat die Bundesregierung Kenntnis, nach welchen Kriterien die
Teilnahme der Kommission sowie Behörden der USA seitens des Vorsitzes
zu einzelnen Themen als hilfreich eingeschätzt wurde und sie deshalb hin-
zugezogen wurden?

10. An welchen Tagesordnungspunkten oder Arbeitsgruppen haben die USA
sowie die Europäische Kommission teilgenommen?

11. Welche eigenen Beiträge haben diese hierzu verteilt oder gehalten (bitte
nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern in groben Zügen skizzieren)?

12. Sofern es sich auch um „Sicherheitsthemen mit transatlantischem Bezug“
handelte, was ist damit konkret gemeint (bitte nicht nur Titel und Untertitel
nennen, sondern in groben Zügen skizzieren)?

13. Wie und mit welchem Inhalt hat die Bundesregierung zuvor von der Gele-
genheit Gebrauch gemacht, sich „zur Themensetzung“ und zur Teilnahme
der USA zu äußern?

14. Wie und mit welchem Inhalt haben die übrigen teilnehmenden Regierungen
nach Kenntnis der Bundesregierung zuvor von der Gelegenheit Gebrauch
gemacht, sich „zur Themensetzung“ zu äußern?

15. Inwiefern haben die Reaktionen der Regierungen tatsächlich zu einer verän-
derten Tagesordnung bzw. einer anderen Behandlung der Themen geführt?

16. Inwiefern und mit welchem Inhalt sind diese Themen dann tatsächlich be-
handelt worden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/541
17. Wie wurden die übrigen 21 Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach
Kenntnis der Bundesregierung im Vorfeld des Treffens über die dort behan-
delten Themen unterrichtet?

18. Inwiefern haben diese nach Kenntnis der Bundesregierung davon Gebrauch
gemacht, „Anregungen in Bezug auf dort behandelte Themen“ mitzuteilen
(Bundestagsdrucksache 17/9904)?

19. Sofern sich dies der Kenntnis der Bundesregierung entzieht, welche Mög-
lichkeiten kann sie einsetzen, um den Fragestellerinnen und Fragestellern
hierzu eine Antwort zu geben?

20. Welche nicht auf der Tagesordnung befindlichen weiteren Inhalte wurden
bei dem Treffen in Krakau diskutiert (bitte nicht nur Titel und Untertitel
nennen, sondern in groben Zügen skizzieren)?

21. Welche Dokumente oder „zur Strukturierung und Eingrenzung der Diskus-
sion“ oder „vorab mit Fragen versehene Gesprächsunterlagen“ wurden ver-
teilt (bitte als Anlage beifügen bzw. nicht nur Titel und Untertitel nennen,
sondern in groben Zügen skizzieren)?

22. Welche wesentlichen Ergebnisse des „G6+1“-Treffens in Krakau kann die
Bundesregierung mitteilen?

23. Sofern die Bundesregierung nur auf Statements anderer verweisen kann
(Bundestagsdrucksache 17/11949), inwiefern wird die dort vorgetragene
Haltung geteilt?

24. In welchen Punkten herrschte nach Einschätzung der Bundesregierung beim
„Gedankenaustausch“ der „G6+1“-Treffen keine Einigkeit, bzw. zu wel-
chen behandelten Themen können keine konkreten Ergebnisse mitgeteilt
werden?

25. Welche Positionen wurden von den Teilnehmenden dazu vertreten?
26. Inwiefern und mit welchem Inhalt wurde in Krakau der „Austausch mit den

amerikanischen Kollegen über die Überwachungsprogramme der NSA fort-
geführt“?

27. In welcher Form wurden an wen hierzu Vorschläge oder Forderungen ge-
richtet?

28. Inwiefern hat der deutsche Innenminister die Auffassung seines Vorgängers
(so oder ähnlich) wiederholt, Späh-Programme der NSA dienten einem
„edlen Zweck“, und wie reagierten die übrigen Teilnehmenden (Bundes-
tagsdrucksache 17/14833)?

29. Welche Themen wurden unter dem Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ (oder
ähnlich) thematisiert, und wer nahm daran teil?

30. Wie, wann, und von wem wurden die übrigen 21 Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union über die Ergebnisse des G6-Treffens in Krakau bzw. des
dort vorgenommenen „informellen Gedankenaustauschs“ in Kenntnis ge-
setzt, und wie reagierten diese nach Kenntnis der Bundesregierung im Ein-
zelnen darauf?

31. Sofern sich dies der Kenntnis der Bundesregierung entzieht, welche Mög-
lichkeiten kann sie einsetzen, um den Fragestellerinnen und Fragestellern
hierzu eine Antwort zu geben?

32. Worum handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung beim „Commit-
tee of counter-terrorism coordination centres“ (CCCAT), das nach Medien-
berichten „startegische Informationen“ austauschen soll und dessen Grün-
dung auch von Deutschland befürwortet wurde (EUROPOLITICS, 5. Ja-
nuar 2010)?

Drucksache 18/541 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
a) Inwiefern trifft es zu, dass die Gründung eines solchen Zentrums bereits
im Jahr 2004 auf einem Treffen der G6 verabredet wurde?

b) Inwiefern kooperiert das Zentrum bzw. eine ähnliche Zusammenarbeits-
form auch mit den EU-Geheimdiensten INTCEN und EUMS INT?

33. Inwiefern kann die Bundesregierung konkretisieren, in welchen „zahl-
reichen bi- und multilateralen Foren formeller und informeller Art“ die dort
erörterten Themen, Absprachen bzw. der „informelle Gedankenaustausch“
für das jetzige Treffen in Krakau vertieft werden (Bundestagsdrucksache
17/9904)?

34. Sofern sich die Bundesregierung hierzu nicht für alle Teilnehmenden oder
Themen äußern möchte, in welchen informellen oder sogar formellen Gre-
mien der Europäischen Union wird sie die Weiterbehandlung welcher be-
handelter Themen einbringen oder forcieren?

Berlin, den 12. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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