BT-Drucksache 18/514

Aufträge des Bundesministeriums der Verteidigung sowie privater Rüstungsfirmen an öffentliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

Vom 12. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/514
18. Wahlperiode 12.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Diana Golze, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Annette Groth, Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke,
Katrin Kunert, Ralph Lenkert, Stefan Liebich, Cornelia Möhring, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Martina Renner, Frank Tempel, Kathrin Vogler
und der Fraktion DIE LINKE.

Aufträge des Bundesministeriums der Verteidigung sowie privater
Rüstungsfirmen an öffentliche Hochschulen und außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen

Durch Medienberichte wurde im November 2013 bekannt, dass das US-Ver-
teidigungsministerium seit Jahren militärisch motivierte Forschungsaufträge an
öffentliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in der
Bundesrepublik Deutschland in Auftrag gibt bzw. im Rahmen von Koopera-
tionen finanziert. Durch die Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion
DIE LINKE. im Deutschen Bundestag (Bundestagsdrucksache 18/241), liegt
nun – zumindest für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen – eine
Übersicht über die bekannten Kooperationen mit ausländischen Verteidigungs-
ministerien vor.
Nicht unterrichtet ist die Öffentlichkeit jedoch über den aktuellen Stand der Auf-
träge des deutschen Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg), genauso
fehlt eine Übersicht über existente Kooperationen hinsichtlich militärischer Pro-
jekte von öffentlichen Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrich-
tungen mit privaten Rüstungskonzernen.
Mit der hier angestrebten aktuellen Übersicht möchten die Fragestellerinnen und
Fragesteller diese Lücke schließen und streben eine der Öffentlichkeit zugäng-
liche Informationsquelle hinsichtlich einer militärisch und wehrtechnisch ver-
wertbaren Forschung an.
Die Fragestellerinnen und Fragesteller erwarten daher von der Bundesregierung
eine öffentlich frei zugängliche Antwort, die nicht wie die Antwort auf eine ähn-
liche Kleine Anfrage im Jahre 2010 (Bundestagsdrucksache 17/3337) der Ge-
heimhaltung unterliegt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Drittmittel- bzw. Forschungsaufträge hat das BMVg seit 2010 an

öffentliche Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die nicht Einrichtun-
gen der Bundeswehr sind, erteilt (bitte jeweils Projektname – bitte so genau
wie möglich, nicht bloß als „Zuwendung“ oder „Zuwendungsbescheid“, Pro-
jektnummer bzw. Identifizierungsnummer, finanziellen Umfang, For-
schungseinrichtung und Fakultät bzw. Fachbereich angeben sowie nach be-
auftragten Institutionen und Nationen bzw. Bundesländern sortieren)?

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2. Welche Zusammenarbeit der wehrwissenschaftlichen Dienststellen des
BMVg oder der vom BMVg grundfinanzierten Forschungseinrichtungen
mit Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen, die nicht Einrich-
tungen der Bundeswehr sind, hat seit dem Jahr 2010 stattgefunden (bitte je-
weils Projektname, Projektnummer bzw. Identifikationsnummer, finanziel-
len Umfang, Forschungseinrichtung und Fachbereich angeben sowie nach
Forschungseinrichtung sortieren)?

3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über militärische, wehrtech-
nisch relevante oder „Dual-Use“-Forschungsaufträge von privaten Firmen
an öffentliche Hochschulen und Forschungseinrichtungen, die nicht Ein-
richtungen der Bundeswehr sind?

4. Exportiert das BMVg oder eine andere Stelle der Bundesregierung Ergeb-
nisse bzw. Erkenntnisse, die durch die in den Fragen 1 und 2 genannten For-
schungsaufträge gewonnen wurden, an andere Länder?
Wenn ja, an welche Länder?

5. Werden vom BMVg Forschungsaufträge an ausländische Hochschulen oder
Forschungseinrichtungen vergeben bzw. Forschungskooperationen mit aus-
ländischen Hochschulen oder Forschungseinrichtungen finanziert (falls ja,
bitte jeweils Projektname, Projektnummer bzw. Identifikationsnummer,
finanziellen Umfang, Forschungseinrichtung und Fachbereich angeben so-
wie nach Forschungseinrichtung sortieren)?

6. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Tatsache, dass an mindestens vier der Hochschulen, an die das
BMVg Aufträge erteilt (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14706), Zivilklau-
seln in den Statuten der Hochschulen festgeschrieben sind?

7. Werden seitens der Bundesregierung bzw. dem BMVg vor einer Auftrags-
vergabe an eine Hochschule bzw. außeruniversitäre Forschungseinrichtung
Informationen eingeholt, ob an der jeweiligen Institution eine Zivilklausel
existiert?
Falls ja, inwiefern beeinflusst dies die Auftragsvergabe?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Forschungsaufträge,
finanziert aus Etats des US-Verteidigungsministeriums oder anderer auslän-
discher Verteidigungsministerien, die mit der Begründung einer existieren-
den Zivilklausel in den Statuten, von Hochschulen oder Forschungseinrich-
tungen abgelehnt wurden?

9. Inwiefern betrachtet die Bundesregierung die Stärkung der Wehrwissen-
schaften, also die Stärkung der militärisch relevanten Forschung an öffent-
lichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen, als zukunftsweisenden
Kurs?

10. Wie steht die Bundesregierung zum Transparenzgebot von öffentlich finan-
zierter Forschung bzw. bezüglich öffentlich finanzierter Einrichtungen?

11. Ist die Bundesregierung im Sinne des Transparenzgebots bereit, die Hoch-
schulen bezüglich Forschungsprojekten, die von der Bundeswehr bzw. dem
BMVg finanziert werden, von ihrer Verschwiegenheitsverpflichtung zu den
Einzelheiten der Projekte, wie Inhalt, Auftraggeber, finanzieller Umfang, zu
entbinden (falls nein, bitte begründen)?

12. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass DFG-Gelder (DFG = Deutsche
Forschungsgemeinschaft e. V.) direkt oder indirekt (beispielsweise im Rah-
men von Kooperationen, Clustern oder über DFG-finanzierte Stellen oder
Projekte) für die Bearbeitung der vom BMVg in Auftrag gegebenen Projek-
ten an öffentlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen verwendet
werden?

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13. Sind Forschungsaufträge aus dem BMVg Bestandteil der Forschung im
Rahmen von Clustern (bitte Name des Clusters, beteiligte Institutionen und
Firmen sowie finanziellen Rahmen angeben)?

14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zusammenarbeit der
Technischen Universität München in einem Cluster mit dem Deutschen
Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR)?

15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ziele der „strate-
gischen Partnerschaft“ zwischen dem Fraunhofer-Institut für Naturwissen-
schaftlich-Technische Trendanalysen (INT) und der Rheinisch-Westfäli-
schen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen im Rahmen einer Professur
zu Sicherheitsforschung an der Fakultät für Maschinenwesen, hinsichtlich
der militärisch und wehrtechnisch relevanten Forschung am INT und dessen
Beteiligung am Fraunhofer-Verbund Verteidigung und Sicherheit (VSS)?

16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über militärisch oder wehrtech-
nisch relevante Forschung, die im Rahmen des Forschungsverbundes
„Maritime Sicherheit“ durchgeführt wird, insbesondere hinsichtlich der
Übernahme des Bereichs „Abwehr von Eindringlingen und Piraterie“ durch
die Rheinmetall Defence Electronics GmbH als „Leadpartner Ressourcen-
sicherheit“?
Welche Hochschulen oder außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sind
in diesem Zusammenhang Auftragnehmer bzw. Kooperationspartner bei
militärisch oder wehrtechnisch relevanten Forschungskooperationen?

17. Inwiefern befürwortet die Bundesregierung die Ansiedelung einer Außen-
stelle des Fraunhofer ICT– Mitglied im Fraunhofer-Verbund Verteidigungs-
und Sicherheitsforschung (VVS) – und dem ebenfalls wehrwissenschaftlich
orientierten Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) im
Rahmen des Innovationsparks Augsburg direkt neben der Universität Augs-
burg gerade hinsichtlich des Engagements privater Rüstungsunternehmen,
wie z. B. Cassadian bzw. Premium AEROTEC GmbH, im Innovationspark?
Ist die Bundesregierung im Sinne des Transparenzgebots bereit, die Univer-
sität Augsburg bezüglich Forschungsprojekten, die von der Bundeswehr
bzw. dem BMVg finanziert werden und in Kooperation zwischen Fraun-
hofer-Institut bzw. DLR und Universität bearbeitet werden, von ihrer Ver-
schwiegenheitsverpflichtung zu den Einzelheiten der Projekte, wie Inhalt,
Auftraggeber, finanzieller Umfang, zu entbinden (falls nein, bitte begrün-
den)?

18. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über das Forschungsprojekt
„EMSIN“ an der Universität Hannover und dessen Verwertung?

19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung, über Forschungsprojekte im
Auftrag von der Rheinmetall AG an der Universität Hannover?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den wissenschaftlichen
Beitrag der Hochschule für angewandte Wissenschaften – FH Ingolstadt am
Drohnen-Forschungsprojekt „SAGITTA“?
Hält die Bundesregierung die Teilnahme der öffentlichen Hochschule an
einem Forschungsprojekt für potenziell kampffähige Drohnen für recht-
mäßig (bitte begründen)?

21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den vom Fraunhofer-
Institut für Chemische Technologie (ICT) organisierten Kongress über so-
genannte Nichtletale Waffen (NLW) zur Aufstandsbekämpfung?
Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Tatsache, dass im Rahmen des Kongresses auf der Basis bisher ge-
sammelter „Einsatzerfahrungen“, von z. B. Blendschockgranaten oder

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Reizgas, im Rahmen von militärischen und polizeilichen Operationen, etwa
zur Niederschlagung von Krisenprotesten in Westeuropa oder zur Bekämp-
fung innenpolitischer Opponenten in den Ländern des globalen Südens
(German-Foreign-Policy Newsletter vom 31. Mai 2013), neben dem ICT
und den verschiedenen Dienststellen der Bundeswehr, auf der mehrtägigen
Veranstaltung auch einige öffentliche Hochschulen, die nicht Hochschulen
der Bundeswehr sind, vertreten waren?

22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Forschungskooperationen
zwischen der Kraus-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG (KMW) oder
Rheinmetall AG und der Universität Kassel?

23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Forschungskooperationen
zwischen Atlas Elektronik, einer gemeinsamen Firma von Thyssen Krupp
AG und EADS, die auf U-Boote und Unterwasserwaffensysteme speziali-
siert ist, und der Technischen Universität (TU) Darmstadt?

24. Welche Möglichkeit und Notwendigkeit sieht die Bundesregierung vor dem
Hintergrund, dass im Rahmen des Programms für zivile Sicherheits-
forschung alle vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und
einigen weiteren Bundesministerien bewilligten Projekte ein Förderkenn-
zeichen erhalten, mit dem man sich das dazugehörige Projekt, dessen Zu-
wendungsempfänger, die ausführende Stelle, das Thema, die Laufzeit sowie
die Fördersumme anzeigen lassen kann, eine solche offen zugängliche
Datenbank auch für die durch das BMVg in Auftrag gegebenen Forschungs-
aufträge einzuführen?

Berlin, den 12. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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