BT-Drucksache 18/4989

Rolle des Bundes bei der Verringerung des Fluglärms über Südbaden

Vom 20. Mai 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4989
18. Wahlperiode 20.05.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Agnieszka Brugger, Kerstin Andreae, Dr. Franziska Brantner, Christian Kühn
(Tübingen), Sylvia Kotting-Uhl, Beate Müller-Gemmeke, Cem Özdemir,
Dr. Gerhard Schick, Tabea Rößner, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rolle des Bundes bei der Verringerung des Fluglärms über Südbaden

Seit vielen Jahren klagt die Bevölkerung in Südbaden über eine vom Flughafen
Zürich ausgehende hohe Fluglärmbelastung.
Am 4. September 2012 hat die Bundesregierung noch unter dem damaligen
Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Dr. Peter Ramsauer,
einen Staatsvertrag mit der Schweiz, der Regeln zur Flugbelastung vorsah und
den langjährigen Fluglärmstreit zwischen Deutschland und der Schweiz be-
enden sollte, unterzeichnet. Die Schweiz hat diesen Vertrag – anders als
Deutschland – bereits am 7. Juni 2013 ratifiziert. Die Landesregierung Baden-
Württemberg sowie die Region Südbaden haben erhebliche Einwendungen
gegen diesen Staatsvertrag erhoben. Zusagen des damaligen Bundesverkehrs-
ministers Dr. Peter Ramsauer, diese Einwendungen aufzugreifen und in Nach-
verhandlungen mit der Schweiz einzutreten, hat die Bundesregierung bislang
nicht aufgegriffen. Im Jahr 2013 hat sie verlautbart, bevor solche politischen
Gespräche mit der Schweiz geführt werden, müssten zunächst die Ergebnisse
der Fachgespräche der Flugsicherungsorganisationen zur Konkretisierung von
Flugverfahren auf der Basis des Staatsvertrags abgewartet werden. Das Ergebnis
dieser Fachgespräche ist bis heute nicht bekannt. Es ist auch unklar, wie die
Bundesregierung mit dem Staatsvertrag aus dem Jahr 2012 und den Forderun-
gen aus Baden-Württemberg dazu umzugehen gedenkt.
Im Jahr 2014 hat die Schweiz beim Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung die
deutsche Zustimmung für ein neues Ostanflugkonzept auf den Flughafen Zürich
beantragt. Die Region Südbaden befürchtet, dass die Umsetzung dieses Kon-
zepts eine weitere Zunahme des Fluglärms nach sich ziehen würde und lehnt
deshalb eine deutsche Zustimmung dazu ab.
Im Rahmen bilateraler Gespräche von Mitgliedern des Verkehrsausschusses des
Deutschen Bundestages mit Vertreterinnen und Vertretern der Flughafen Zürich
AG und des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (BAZL) im Zuge einer Delegations-
reise des Verkehrsausschusses in die Schweiz im April 2015 machten die Abge-
ordneten deutlich, dass man von deutscher Seite auf ein Verhandlungsersuchen
warte. Seitens der Schweiz wurde Verhandlungsbereitschaft signalisiert. Dies
wirft in besonderer Weise Fragen nach der Rolle der Bundesregierung und deren
Engagement zur Verringerung des Fluglärms in Südbaden auf.

Drucksache 18/4989 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Trifft es nach Auffassung der Bundesregierung zu, dass Südbaden un-

verhältnismäßig stark durch Fluglärm belastet wird, der insbesondere von
Anflügen auf den Flughafen Zürich über deutschem Staatsgebiet ausgeht?

2. Was hat die Bundesregierung seit Beginn der 18. Wahlperiode unternom-
men, um die Fluglärmbelastung in Südbaden zu reduzieren?

3. Welche Gespräche führte die jetzige Bundesregierung mit Vertretern der
Schweiz über das weitere Vorgehen in der Fluglärmproblematik und über
den von deutscher Seite nicht ratifizierten Staatsvertrag, und mit welchem
Ergebnis?

4. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung, um die Fluglärmbelastung
in Südbaden zu reduzieren?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung, dem Deutschen Bundestag den Vertrag
vom 4. September 2012 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Auswirkungen des Betriebs
des Flughafens Zürich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutsch-
land zur Ratifizierung vorzulegen?
Wenn ja, wann?

6. Inwieweit teilt die Bundesregierung die von der Landesregierung Baden-
Württemberg und aus der Region Südbaden vorgetragenen Einwendungen
gegen diesen Staatsvertrag, und wie gedenkt sie, mit diesen Einwendungen
umzugehen?

7. Wann beabsichtigt die Bundesregierung, mit der Schweiz Nachverhandlun-
gen zu diesem Staatsvertrag aufzunehmen, um die aus Baden-Württemberg
vorgetragenen Bedenken durch Änderungen des Vertrags oder auf andere
Weise auszuräumen?

8. Wird die Bundesregierung die Landesregierung Baden-Württemberg und
die Region Südbaden an möglichen Nachverhandlungen zum Staatsvertrag
mit der Schweiz beteiligen, und wenn nein, warum nicht?

9. Wird sich die Bundesregierung im Zuge möglicher Nachverhandlungen für
eine feste Anzahl von Überflügen über deutschem Gebiet im Sinne der
Stuttgarter Erklärung (maximal 80 000 Abflüge pro Jahr) einsetzen, und
welche rechtlichen Möglichkeiten sieht sie, die Anzahl der Überflüge auch
ohne Staatsvertrag zu begrenzen?

10. Welche rechtlichen Spielräume zur Beschränkung der An- und Abflüge auf
den Flughafen Zürich über deutschem Hoheitsgebiet sieht die Bunderegie-
rung auf der Grundlage des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom
7. März 2013?

11. Trifft es nach Einschätzung der Bundesregierung zu, dass sich die schweizer
Seite mit dem Status quo arrangiert hat und auch die Bundesregierung unter
diesen Bedingungen keine einseitige Verschärfung der derzeit gültigen
Durchführungsverordnung (DVO) zur Luftverkehrsverordnung (LuftVO)
plant?

12. Inwieweit ist die Bundesregierung im Falle des Scheiterns von Nachver-
handlungen mit der Schweiz bereit, die deutschen Flugbeschränkungen in
der 220. DVO zur LuftVO zum besseren Schutz vor Fluglärm in Südbaden
zu verschärfen?

13. Wie ist der Stand der seit dem Jahr 2013 unter Ausschluss der Öffentlichkeit
geführten Fachgespräche der Flugsicherungsorganisationen in Deutschland
und der Schweiz zur Konkretisierung von möglichen Flugverfahren auf der
Basis des Staatsvertrags?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4989
14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung unter dem Aspekt der
Fluglärmbelastung in Südbaden aus dem Bundesaufsichtsamt für Flugsiche-
rung vorliegenden Antrag der Schweiz (Betriebsreglementsänderung 2014)
zur Änderung der 220. DVO zur LuftVO, mit dem das sogenannte Ost-
anflugkonzept auf den Flughafen Zürich umgesetzt werden soll?

15. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass im Falle einer Umsetzung des
Ostanflugkonzepts die Zahl der Anflüge und damit einhergehend die Flug-
lärmbelastung über Südbaden noch weiter zunehmen wird?

16. Inwieweit besteht zum gegenwärtigen Zeitpunkt Klarheit über die künftigen
Flugrouten (ab dem Jahr 2020) über deutschem Gebiet?

17. Bis wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung das Bundesaufsichtsamt
für Flugsicherung über den Schweizer Antrag zum Ostanflugkonzept ent-
scheiden?

18. Welche Konsequenzen und Veranlassungen hat der Bundesverkehrsminister
Alexander Dobrindt nach seinem Besuch am 6. März 2015 in Waldshut und
seiner Zusage, die Interessen Südbadens vollumfänglich wahrzunehmen
(Badische Zeitung vom 19. Januar 2015 „Bürgerdialog mit Minister“), ge-
zogen?

Berlin, den 20. Mai 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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