BT-Drucksache 18/4792

US-Drohnen in der Oberpfalz und ihre Steuerung über Relaisstationen

Vom 28. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4792
18. Wahlperiode 28.04.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke,
Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, Annette Groth, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Petra Pau, Martina Renner,
Alexander Ulrich, Kathrin Vogler, Katrin Werner, Jörn Wunderlich und der
Fraktion DIE LINKE.

US-Drohnen in der Oberpfalz und ihre Steuerung über Relaisstationen

Seit dem Jahr 2013 ist es bekannt, dass die US-Armee in der Oberpfalz
Trainingsflüge mit drei verschiedenen Drohnen-Typen durchführt (Bundestags-
drucksache 18/48). Zuständig ist das „Joint Multinational Training Command“
(JMTC) in Vilseck. Die benötigten Aufstiegsgenehmigungen wurden vor elf
Jahren vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) erteilt (Bundestags-
drucksache 18/533). Zuständig ist das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr
und die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH. Eigentlich dürfen die Drohnen die
US-Basen in Bayern nicht verlassen, sondern lediglich über dem Gelände auf-
steigen. Im Jahr 2014 haben die US-Militärs eine erweiterte Zulassung be-
antragt, um in Korridoren zwischen den Basen Grafenwöhr und Hohenfels zu
verkehren. Sie könnten in diesen Übungsräumen ED-R 136A und ED-R 137
über 4 000 Meter aufsteigen und mit bis zu 200 Kilometern pro Stunde fliegen.
Das BMVg hat zwar die Einrichtung der Korridore in einem bereits bestehenden
Gebiet mit „Flugbeschränkungen“ genehmigt, deren Nutzung mit Stand vom
8. Dezember 2014 aber noch nicht (Bundestagsdrucksache 18/3483). Hierfür
fehle nach wie vor eine technische Bewertung der einzelnen Drohnen. Die US-
Regierung verweigert die Herausgabe entsprechender Dokumente. Die Geneh-
migung für die noch nicht genutzten Korridore sei laut der Bundesregierung un-
befristet.
Mit den Flügen will das Kommando den tödlichen Drohnenkrieg der US-Armee
trainieren. Die verwendeten Drohnen „Raven“, „Hunter“ und „Shadow“ werden
in Kriegsszenarien zur Aufklärung genutzt. In Hohenfels üben die US-Militärs
laut der Bundesregierung die „taktische Bodenaufklärung“. Die „Hunter“ in der
Baureihe „MQ-5B“ ist jedoch auch bewaffnungsfähig. Laut der US-Armee wird
die bei Flügen mitgeführte Überwachungssensorik ausgeschaltet. Die Bundes-
regierung verlässt sich auf diese Zusagen. Eine Möglichkeit zur Kontrolle sei
ausgeschlossen: Die Datenschutzbeauftragten des Bundes oder der Bundeswehr
und die parlamentarische G 10-Kommission sind aus Sicht der Bundesregierung
für die datenschutzrechtliche Aufsicht nicht zuständig.
Am 4. November 2014 um 15:45 Uhr Ortszeit war eine Drohne des Typs „Sha-
dow“ in Hohenfels abgestürzt (Bundestagsdrucksache 18/3483). Laut der Bun-
desregierung habe es sich um einen Übungsflug gehandelt, der Absturz sei auf
dem Truppenübungsplatz Hohenfels erfolgt. Medien hatten dies anders berich-

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tet. Erst am 12. November 2014 war das BMVg vom Headquarter USAREUR
ausführlich über den Unfall informiert worden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Unfalluntersuchungen

durchgeführt, und welche Behörden oder sonstigen Firmen bzw. Sachver-
ständigen waren daran beteiligt?

2. Wann wurden die Untersuchungen beendet?
3. Wann erhielt die Bundesregierung entsprechende (Zwischen-)Berichte?
4. Welche Stellen der Bundesregierung wurden dabei vom US-Militär ange-

sprochen?
5. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich der

sämtlich in der Oberpfalz geflogenen US-Drohnen, ob diese auf Sicht oder
Beyond Visual Line Of Sight (BVLOS) gesteuert werden?

6. Sofern diese nicht immer auf Sicht gesteuert werden, welche Kriterien der
US-Armee sind der Bundesregierung hierzu bekannt?

7. Welche Vorgaben existieren für den vom BMVg eingerichteten Übungs-
raum hinsichtlich der Steuerung von Drohnen?

8. Über welche Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich der
sämtlich in der Oberpfalz geflogenen US-Drohnen, ob diese, wie im
Programm „Remote Split Operations“ beschrieben, bei Trainingsflügen
Beyond Visual Line Of Sight von US-Basen in den USA gesteuert werden?

9. Was ist der Bundesregierung aus Marktsichtungen oder der Lektüre ein-
schlägiger Veröffentlichungen darüber bekannt, dass „Predator“- oder „Glo-
bal Hawk“-Drohnen (für die sich auch die Bundeswehr interessiert, siehe
Bundestagsdrucksache 18/2684) mithilfe von Relaisstationen auch über
Kontinente hinweg gesteuert werden können, zum Beispiel durch Pilotinnen
und Piloten von einer Basis in Creech/USA oder Jagel/Schleswig-Holstein,
während die Drohnen selbst in Asien oder Afrika eingesetzt werden?

10. Was ist der Bundesregierung aus der Lektüre einschlägiger Veröffentlichun-
gen oder der Thematisierung in NATO-Arbeitsgruppen darüber bekannt, in
welchen Ländern die USA solche Relaisstationen betreiben oder errichten?

11. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, an welchen Orten bzw. in
welchen Ländern die NATO solche Relaisstationen betreibt oder errichtet?

12. Was ist der Bundesregierung „über offene US-Quellen“ über das Konzept
„Remote Split Operations“ bekanntgeworden, und wann bzw. durch wen hat
sie davon Kenntnis erhalten (www.andrej-hunko.de/bt/fragen/2616-
schriftliche-frage-zu-drohnenkrieg-via-ramstein-antwort-kommt-am-
montag-gilgamesh-gameofdrones)?

13. Inwieweit hält es die Bundesregierung nach mehreren Medienberichten
(Süddeutsche Zeitung vom 16. Juli 2014, DER SPIEGEL vom 17. April
2015) und mittlerweile zahlreichen Nachfragen der Fraktion DIE LINKE.
(netzpolitik.org vom 13. Oktober 2014 und 20. März 2015) für denkbar,
dass in Ramstein zwar keine Drohnen starten oder landen und dort auch
keine Pilotinnen und Piloten stationiert sind, die Anlage aber als Relais-
station zur Steuerung bewaffneter US-Drohnen über Kontinente hinweg
fungiert?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Trainingsflüge mit US-Drohnen in
der Oberpfalz auch die spätere Steuerung in realen Kriegseinsätzen via
Relaisstationen, etwa in Ramstein oder Sigonella/Italien, proben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4792
15. Sofern die Bundesregierung hiervon keine Kenntnis hat, welche Anstren-
gungen wird sie unternehmen, um dies in Erfahrung zu bringen?

16. Was hat die US-Armee der Bundesregierung darüber mitgeteilt, auf welche
Weise und von wo aus die in Hohenfels abgestürzte Drohne RQ-7B
SHADOW gesteuert wurde?

17. Was ist der Bundesregierung mittlerweile über die Absturzursache der
Drohne RQ-7B SHADOW in Hohenfels bekannt?

18. Welche Fehlerursache ist der Bundesregierung bekannt?
19. Wie bewertet die Bundesregierung die Absturz- und Fehlerursache, und

welche Schlussfolgerungen zieht sie hinsichtlich der Luftsicherheit in der
Region?

20. Im Rahmen welcher Ereignisse oder Vorhaben hatten welche Behörden der
Bundesregierung in den Jahren 2014 und 2015 Kontakt mit dem US Army
Combat Readiness/Safety Center in Fort Rucker, Alabama?

21. Inwiefern und auf welche Weise arbeiteten die US-Regierung und die Bun-
desregierung außer dem Halten von „Kontakt“ auch gemeinsam an der Auf-
klärung der Unfallursache?

22. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung angesichts des Ab-
sturzes hinsichtlich der Aufstiegsgenehmigungen von US-Drohnen der
Typen „Raven“, „Hunter“ und „Shadow“?

23. Sofern die bisher erteilten Genehmigungen weiterhin Bestand haben sollen,
was hat die US-Armee zur Verhinderung zukünftiger, ähnlicher Abstürze
mitgeteilt?

24. Was ist der Stand des Genehmigungsverfahrens für eine erweiterte Zulas-
sung zum Betrieb von US-Drohnen in Korridoren zwischen Basen in der
Oberpfalz, etwa zwischen Grafenwöhr und Hohenfels?

25. Inwiefern und mit welchem Inhalt hat die US-Regierung bzw. das Haupt-
quartier der US-Landstreitkräfte mittlerweile eine für das Genehmigungs-
verfahren benötigte technische Bewertung der Drohnen vorgelegt?

26. Sofern diese noch nicht vorgelegt wurde, wann soll dies nach Kenntnis der
Bundesregierung erfolgen, und wann ist mit einem Ende des Verfahrens zu
rechnen?

27. Sofern kein neuer Sachstand für eine erweiterte Zulassung zum Betrieb von
Drohnen in den Korridoren vorliegt, inwiefern erachtet die Bundesregie-
rung entsprechende Pläne der US-Armee überhaupt noch als aktuell?

28. Inwiefern findet bzw. fand nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile
ein Flugbetrieb im Verbindungskorridor zwischen den beiden Übungs-
räumen ED-R 136A und ED-R 137 statt?

Berlin, den 28. April 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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