BT-Drucksache 18/4754

Entschädigung für den Raub- und Vernichtungskrieg in Griechenland

Vom 24. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4754
18. Wahlperiode 24.04.2015
Antrag
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken,
Matthias W. Birkwald, Christine Buchholz
Annette Groth, Dr. André Hahn, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin
Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Petra Pau, Harald
Petzold (Havelland), Martina Renner, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Frank
Tempel, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Entschädigung für den Raub- und Vernichtungskrieg in Griechenland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschland steht weiterhin in der Pflicht, die von den deutschen Besatzern in Grie-
chenland während des Zweiten Weltkrieges verübten Zerstörungen von Sachwerten,
Infrastruktur und Staatsvermögen zu entschädigen.

Während der deutschen Besatzung 1941 bis 1944 wurde Griechenland systematisch
ausgeplündert und zu umfangreichen Lieferungen von Rohstoffen und Lebensmit-
teln gezwungen. Die Raubwirtschaft fügte der griechischen Nationalökonomie nach-
haltigen Schaden zu.

Deutschland hinterließ 1944 ein wirtschaftlich ruiniertes und weitgehend zerstörtes
Land. Systematisch wurden Hunderte von Brücken, Straßen, Bahnhofsanalagen, Ka-
nälen und Eisenbahnstrecken zerstört und Kulturgüter geraubt. Vorsichtige Schät-
zungen der zugefügten Schäden in heutigem Wert belaufen sich auf dreistellige
Euro-Milliardenbeträge.

Es ist deshalb höchste Zeit, dass die Bundesregierung mit der griechischen Regie-
rung faire Verhandlungen über ausstehende Reparationen führt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. Griechenland gegenüber zu erklären, dass Deutschland die Pflicht hat, den grie-
chischen Staat für die von den Nazis angerichteten wirtschaftlichen, kulturellen,
finanziellen und infrastrukturellen Verwüstungen zu entschädigen,

2. mit der griechischen Regierung in Verhandlungen mit dem Ziel eines Abkom-
mens zu treten, das Regelungen über die Höhe der Reparationen enthält.

Berlin, den 5. Mai 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/4754 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Begründung

Das Deutsche Reich hat mit seiner Besatzungspolitik während des Zweiten Weltkrieges massive Schäden an
der Kultur, der Wirtschaftsleistung, der Infrastruktur und den Finanzen des griechischen Staates bzw. seiner
Kommunen verursacht.

Der Verpflichtung des Londoner Schuldenabkommens von 1953, die Reparationsfrage im Zuge eines Frie-
densvertrages zu klären, hat sich die Bundesregierung nach Abschluss des Zwei-plus-Vier-Vertrages 1990 ent-
zogen.

Ihre Auffassung, mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag in Verbindung mit der Charta von Paris hätten die früher
von den Nazis überfallenen Staaten auf jegliche Reparationsansprüche verzichtet, überzeugt nicht. In keinem
der beiden Dokumente wird das Thema Reparationen überhaupt erwähnt. Zudem ist mit der Charta von Paris
der Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht beschlossen, sondern lediglich „zur Kenntnis“ genommen worden. Daraus
lässt sich keineswegs ein klares Bekenntnis etwa Griechenlands, das der Charta zustimmte, zum Reparations-
verzicht entnehmen. Das wird unter anderem auch aus der Tatsache deutlich, dass griechische Regierungsver-
treter in der Vergangenheit wiederholt die Aktualität des Anspruchs auf Entschädigungen für Kriegsschäden
wie auch individuelle Leistungen für NS-Opfer betont haben. So hat der griechische Botschafter bereits 1995
dargelegt, nach der Wiedervereinigung Deutschlands müsse über Schulden und Reparationen verhandelt wer-
den. Sämtliche Bundesregierungen haben sich jedoch geweigert, solche Verhandlungen aufzunehmen.

Zur Gesamtsumme möglicher Reparationen gibt es derzeit keine gesicherten Zahlen. In einem bislang geheim
gehaltenen Bericht einer griechischen Parlamentskommission von Anfang 2013 ist Medienberichten zufolge
von über 160 Milliarden Euro die Rede. Der Nationalrat der griechischen NS-Opfer geht, unter Einrechnung
des Wertes geraubter Kulturgüter, von rund 500 Milliarden Euro aus.

Unabhängig davon, ob man eine Reparationspflicht Deutschlands schon aus den vom Deutschen Reich began-
genen Verletzungen des Völkerrechts heraus begründet oder (erst) als Ergebnis einer vertraglichen Vereinba-
rung, bedarf es Verhandlungen mit der griechischen Seite, um über die Höhe von Reparationen Einigkeit zu
erzielen.

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