BT-Drucksache 18/4737

Planungstand der Bundesautobahn 39 Lüneburg-Wolfsburg

Vom 22. April 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4737
18. Wahlperiode 22.04.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Sven-Christian Kindler, Dr. Julia Verlinden,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Peter Meiwald, Brigitte Pothmer,
Tabea Rößner, Markus Tressel, Jürgen Trittin und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Planungstand der Bundesautobahn 39 Lüneburg-Wolfsburg

Die Bundesautobahn 39 (A 39) zwischen Lüneburg und Wolfsburg ist als vier-
streifige Autobahn mit zwei Fahrstreifen plus Standstreifen je Fahrtrichtung ge-
plant. Die Autobahn ist in sieben Planungsabschnitte geteilt. Die geplante Trasse
hat eine Gesamtlänge von rund 105 km. Das Projekt ist seit Jahren umstritten.
Von Seiten der Fragesteller sowie Umweltverbänden und Bürgerinitiativen wird
kritisiert, dass die geplante Trasse durch mehrere FFH-Gebiete (FFH – Fauna-
Flora-Habitat) führt. Außerdem fragwürdig sind der wirtschaftliche und ver-
kehrliche Nutzen.
Wurden die Kosten für den Autobahnneubau im Jahr 2003 noch mit 437 Mio.
Euro angegeben, so werden die Gesamtkosten für das Projekt nach Angaben der
Bundesregierung im Jahr 2012 auf „etwa 1,1 Mrd. Euro“ veranschlagt (Bundes-
tagsdrucksache 17/9859). Dies entspricht einer 2,5-fachen Kostensteigerung
gegenüber der Ausgangsplanung. Im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2003
wurde das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) in einer Mischkalkulation mit der
geplanten A 14 noch mit 3,4 berechnet. Im Jahr 2012 korrigierte die Bundes-
regierung auf eine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das NKV
unter Berücksichtigung der angestiegenen Gesamtkosten auf einen Wert von nur
noch 1,9 (Bundestagsdrucksache 17/9859).
Gemäß der Grundkonzeption für den BVWP 2015 sollen auch Vorhaben des
letzten BVWP, die noch nicht begonnen wurden bzw. nicht bis zum Jahr 2015 in
den Bau gehen, erneut bewertet werden. Dies beträfe nach Kenntnisstand der
Fragesteller auch das Projekt A 39. In der Übersicht über die laufenden und die
für den BVWP vorgeschlagenen Vorhaben der Bundesfernstraßen des Bundes-
ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) werden zurzeit alle
sieben Planungsabschnitte der A 39 als zu untersuchende Vorhaben gelistet
(Stand: 5. September 2014).
Als Alternativvariante zur A 39 hat das Land Niedersachsen den Ausbau der
parallel verlaufenden Bundesstraße 4 (B 4) angemeldet. Die voraussichtlichen
Kosten für die Alternative belaufen sich auf 247,7 Mio. Euro (Straßenbauver-
waltung des Landes Niedersachsen: Neuaufstellung des Bundesverkehrswege-
planes – Teil Straße – Liste mit ergänzenden Informationen zu den angemeldeten
Projekten, Gesamt-, Teil- und Einzelprojekte, Stand: 25. April 2014) und damit
auf nur rund ein Viertel der bisher veranschlagten Kosten für das Projekt A 39.
Eine zusätzliche Alternative für den Transport von Gütern auf dieser Relation
bietet der ebenfalls parallel verlaufende Elbe-Seitenkanal.

Drucksache 18/4737 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. In welchem Planungsstadium befinden sich die sieben Planfeststellungsab-

schnitte der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg aktuell, und wann
rechnet die Bundesregierung mit den Planfeststellungsbeschlüssen für die
bereits im Planungsverfahren befindlichen Abschnitte (bitte für jeden Ab-
schnitt gesondert ausweisen)?

2. Welche Planungsabschnitte sollen nach derzeitigem Stand neu in den Stra-
ßenbauplan des Jahres 2016 eingestellt werden?

3. Für welche Planungsabschnitte der A 39 beabsichtigt die Bundesregierung,
noch in diesem Jahr die Baufreigabe zu erteilen?

4. Wann wurde die letzte Aktualisierung der Gesamtkostenberechnung für die
Realisierung des Verkehrsbauvorhabens A 39 von Lüneburg bis einschließ-
lich Wolfsburg vorgenommen?

5. Von welchen Gesamtkosten geht die Bundesregierung für dieses Verkehrs-
bauvorhaben aus, und wie verteilen sich diese auf die einzelnen Planfest-
stellungsabschnitte?

6. Wie hoch sind die kalkulierten Kosten je Kilometer?
7. a) Inwiefern bezieht die bisherige Kostenplanung eventuell auftretende

Kosten für den notwendigen Landkauf und der Flurbereinigung mit ein?
b) Wie hoch werden die entsprechenden Kosten veranschlagt?

8. Rechnet die Bundesregierung für die A 39 zwischen Lüneburg und Wolfs-
burg weiterhin mit einem NKV von 1,9?
Wenn nein, von welchem NKV geht die Bundesregierung für die A 39 ge-
genwärtig aus, und wie begründet sie dies?

9. Liegt bei anderen geplanten Neubauten von Bundesautobahnen (Gesamt-
projekten) ein niedrigeres NKV vor?
Wenn ja, bei welchen?

10. a) Liegen der Bundesregierung Ergebnisse von Nutzen-Kosten-Analysen
vor, in denen vor dem Hintergrund der Ankündigung einer Überprüfung
aller bis Ende des Jahres 2015 nicht im Bau befindlichen Vorhaben im
Zuge der Aufstellung des BVWP 2015 die Realisierung der Vorhaben
A 14 bzw. B 190n nicht weiterverfolgt werden?
Wenn ja, welche?

b) Plant die Bundesregierung die Durchführung solcher Analysen?
Wenn ja, wann werden diese veröffentlicht?
Wenn nein, warum nicht?

11. a) Mit welchen Gesamtkosten rechnet die Bundesregierung gegenwärtig
für den Bau der A 14?

b) Von welchem NKV geht die Bundesregierung gegenwärtig für den Neu-
bau der A 14 aus, und wie begründet sie dies?

12. a) Mit welchen Gesamtkosten rechnet die Bundesregierung gegenwärtig
für den Bau der B 190n?

b) Von welchem NKV geht die Bundesregierung gegenwärtig für die B 190n
aus, und wie begründet sie dies?

13. Welche weiteren Straßenneubauten (B 190n, A 14, weitere) im Zuge der
A 39 waren bzw. sind in der Berechnung zum NKV für das Projekt A 39
einbezogen worden, aus welchen Gründen, und mit welchem Ergebnis?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4737
14. Bestehen Überlegungen seitens der Bundesregierung, den Bau der Neu-
baustrecke der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg beziehungsweise
einzelne Planungsabschnitte der geplanten Straße als Öffentlich-Private
Partnerschaften (ÖPP) zu realisieren, und wenn ja, welche?

15. Auf welchen durchschnittlichen Verkehrsbelegungen basieren die aktuellen
Planungen der A 39 (bitte erwartete durchschnittliche tägliche Verkehrs-
stärke – DTV – und erwarteten Lkw-Anteil angeben)?

16. Auf welchen durchschnittlichen Verkehrsbelegungen basieren die aktuellen
Planungen der A 14 (bitte erwartete DTV und erwarteten Lkw-Anteil ange-
ben)?

17. Auf welchen durchschnittlichen Verkehrsbelegungen basieren die aktuellen
Planungen der B 190n (bitte erwartete DTV und erwarteten Lkw-Anteil an-
geben)?

18. a) Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung die durch das Land Nie-
dersachsen angemeldete Alternative im Zuge der B 4 (Lüneburg–Region
Braunschweig) bei der Bewertung der A 39 zwischen Lüneburg und
Wolfsburg?

b) Bis wann wird die Bundesregierung dem Land Niedersachsen Vorab-
bewertungen zu den durch das Land gemeldeten Straßenprojekten im
BVWP übermitteln, und wird im Rahmen dessen auch die Anmeldung
zur B 4 übermittelt?

c) Stellt für die Bundesregierung eine Erweiterung von zweistreifigen
Abschnitten der B 4 auf wechselnd dreistreifige Abschnitte eine Kapazi-
tätserweiterung dar?
Wenn ja, inwieweit, und wenn nein, warum nicht?

d) Welche Planungen entlang der B 4 (Ortsumgehungen, weitere) zwischen
Lüneburg und der Region Braunschweig sind der Bundesregierung be-
kannt, und für welche Abschnitte sind bereits Planfeststellungsbe-
schlüsse festgestellt worden bzw. finden sich bereits in Bau?

19. a) Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung die Ertüchtigung des pa-
rallel verlaufenden Elbe-Seitenkanals als verkehrsübergreifende Alter-
native für den Güterverkehr bei der Bewertung des Neubauvorhabens
A 39?

b) Inwiefern berücksichtigt die Bundesregierung den Ausbau der Schleuse
bzw. des Schiffshebewerks Scharnebeck, und zu welchen Ergebnissen
kam sie im Rahmen von Vorabeinschätzungen (Quick Scans) für die
Wasserstraßenprojekte im BVWP zu dem bzw. den Ausbauvorhaben
Scharnebeck?

20. Welche konkreten Auswirkungen erwartet die Bundesregierung auf die dem
Natura-2000-Netzwerk zugehörigen Schutzgebiete entlang der geplanten
Neubaustrecke im Zuge der A 39?

21. a) Ist nach Kenntnis der Bundesregierung durch den Bau des Planungsab-
schnittes 3 der A 39 das FHH-Gebiet „Ilmenau mit Nebenbächen“ i. S. d.
§ 34 Absatz 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) beeinträch-
tigt?

b) Welche konkreten Schritte sind der Bundesregierung bekannt, die zu
einer Klärung einer solchen Beeinträchtigung führen sollen, und bis
wann ist mit einer Klärung bzw. einem Ergebnis diesbezüglich zu rech-
nen?

Drucksache 18/4737 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
22. a) Besteht nach Kenntnis der Bundesregierung die Möglichkeit, dass durch
den Bau des Planungsabschnittes 3 der A 39 am Röbbelbach prioritäre
natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten i. S. d. § 34 Absatz 4
BNatSchG beeinträchtigt werden?

b) Welche konkreten Schritte sind der Bundesregierung bekannt, die zur
Klärung einer solchen Beeinträchtigung führen sollen, und bis wann ist
mit einer Klärung bzw. einem Ergebnis zu rechnen?

23. Steht die Bundesregierung im Zusammenhang mit den beiden vorherigen
Fragen 21 und 22 im Kontakt mit der Europäischen Kommission?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis, und wenn nein, warum nicht?

24. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die Parallellage
der geplanten Autobahntrasse und dem Elbe-Seitenkanal in Abschnitt 2
(Lüneburg bis Bad Bevensen) zwischen Barendorf und Altenmedingen auf
das Wild, insbesondere auf den Wildwechsel und notwendige Ruhezonen
für das Wild?

25. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung mit Blick auf die Feld-
beregnung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, insbesondere in den
Abschnitten 2 (Lüneburg bis Bad Bevensen) und 5 (Bad Bodenteich–Wit-
tingen), und inwiefern werden diese in der Berechnung des NKV sowie der
Gesamtbewertung des Projektes berücksichtigt?

26. Erfordert die Bewässerung zur landwirtschaftlichen Nutzung der verblei-
benden Restflächen zwischen dem Elbe-Seitenkanal und der Autobahn-
trasse im Abschnitt 2 nach Kenntnisstand der Bundesregierung einen voll-
ständigen Neuaufbau eines Beregnungssystems?
Wenn ja, mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung, und werden
diese Kosten in der Nutzen-Kosten-Analyse berücksichtigt?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 22. April 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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