BT-Drucksache 18/472

Finanzierung von Schulsozialarbeit

Vom 10. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/472
18. Wahlperiode 10.02.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Nicole Gohlke, Ralph Lenkert,
Cornelia Möhring, Harald Petzold (Havelland), Katrin Werner, Jörn Wunderlich und
der Fraktion DIE LINKE.

Finanzierung von Schulsozialarbeit

Im Jahr 2011 haben die Bundesregierung und der Bundesrat im Vermittlungsver-
fahren im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets zusätzlich eine Förderung
beschlossen, die unter anderem die Finanzierung von Schulsozialarbeit ermög-
lichte. Im Zuge dieser Entscheidungen haben viele Kommunen zahlreiche Stel-
len für Schulsozialarbeit geschaffen.
Ende des Jahres 2013 lief diese Förderung aus. Das führt dazu, dass Länder und
Kommunen die Nachfolge für diese Stellen in eigener Verantwortung und Fi-
nanzierung regeln müssen. Auch wenn sie nun alle Anstrengungen aufbringen,
um die über diesen Weg geschaffenen Stellen im Bereich der Schulsozialarbeit
zu erhalten, wurden mancherorts Stellen bereits gestrichen. Viele Praktiker,
Eltern, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Jugendhilfeträger an den Schu-
len fragen sich angesichts der desolaten Lage kommunaler Haushalte und der
schwierigen finanziellen Situation in den Ländern, wie es mit der Schulsozial-
arbeit weitergehen soll. Sie erwarten nach dem Auslaufen neue Pläne seitens des
Bundes zur zukünftigen Beteiligung des Bundes an Schulsozialarbeit, sei es als
Leistung nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) oder zumindest
mittels einer Umwegfinanzierung über die Bereitstellung weiterer zusätzlicher
Mittel im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets, wie bereits zwischen den
Jahren 2011 und 2013 erfolgt. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und
SPD gibt keine Antworten auf diese Fragen, und die neue Bundesregierung
schweigt zu diesem Thema.
Die Erfolge von der Schulsozialarbeit, sind nicht von der Hand zu weisen. So
kommt auch der 14. Kinder- und Jugendbericht, der Anfang des Jahres 2013 ver-
öffentlicht wurde, zu dem Schluss, dass sich „in allen Bundesländern […] die
Schulsozialarbeit als Angebot der Kinder- und Jugendhilfe an Schulen oder in
Zusammenarbeit mit Schulen durchgesetzt“ hat. Die Schulsozialarbeit ist unver-
zichtbar als „Brücke zwischen dem Lernort Schule und anderen Orten des Auf-
wachsens sowie der Kinder- und Jugendhilfe“ und gerade aus dem Prozess der
Ganztagsschulentwicklung nicht mehr wegzudenken. Schulsozialarbeit ist aber
darüber hinaus eine wesentliche Bedingung für die Gestaltung erfolgreicher
Lernprozesse, nicht nur in Notlagen, sondern eigentlich in jeder Schule und
jeder Schulform. Sie muss in absehbarer Zeit ein unverzichtbarer Bestandteil
von Schule werden.

Drucksache 18/472 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Stellen (Vollzeitäquivalente) sind nach Kenntnis der Bundesregie-

rung im Bereich der Schulsozialarbeit in den Ländern und Kommunen aus
den Mitteln der Zusatzförderung im Rahmen des Bildungs- und Teilhabe-
pakets geschaffen worden (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?
Liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor, warum verzichtet
die Bundesregierung auf eine Kontrolle der von ihr bereitgestellten Mittel in
den Ländern und Kommunen?

2. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Stellen (Vollzeitäquivalente) im
Bereich der Schulsozialarbeit in den Ländern und Kommunen durch das Aus-
laufen der zusätzlichen Mittel für Kosten der Unterkunft ab Januar 2014
gestrichen werden mussten (wenn ja, bitte die Zahlen angeben und nach
Bundesländern aufschlüsseln)?
Wenn nein, warum wird von der Bundesregierung nicht nachgefragt, wie
viele Stellen dadurch in den Ländern und Kommunen gestrichen werden
mussten?

3. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und inwieweit einzelne Bundesländer
ihre Zuweisungen an die Kommunen erhöhen, um den Wegfall der Bundes-
mittel für die Schulsozialarbeit auszugleichen (wenn ja, bitte die Zahlen an-
geben und nach Bundesländern aufschlüsseln)?

4. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Stellen durch finanzielle Mittel
der Kommunen übernommen wurden (wenn ja, bitte die Zahlen angeben und
nach Bundesländern aufschlüsseln)?

5. Welche finanziellen Mittel wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von
den für Schulsozialarbeit und Hortmittagessen jährlich zur Verfügung ge-
stellten 400 Mio. Euro im Zeitraum 2011 bis 2013 ausgegeben (bitte nach
Bundesländern und nach den Jahren 2011, 2012, 2013 aufschlüsseln)?
Welcher Anteil entfällt hierbei auf die Finanzierung von Stellen der Schul-
sozialarbeit?

6. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen die zur Verfügung stehen-
den finanziellen Mittel nicht für das Hortmittagessen oder den Ausbau der
Schulsozialarbeit, sondern anderweitig verwendet wurden (bitte nach Bun-
desländern und nach den Jahren 2011, 2012, 2013 aufschlüsseln)?

7. Ist der Bundesregierung bekannt, wozu die Länder die vom Bund zusätzlich
bereitgestellten Mittel einsetzen?
Wenn nein, plant die Bundesregierung eine Evaluierung durchzuführen, wo-
für die Länder die zusätzliche Förderung (erhöhte Zuweisungen für Kosten
der Unterkunft) durch den Bund verwenden?
Wenn ja, wie viele der Mittel wurden für Schulsozialarbeit eingesetzt?

8. Inwiefern sieht die Bundesregierung einen Gewinn in der Schaffung der
durch die zusätzlich bereitgestellten Mittel (Förderung durch erhöhte Zuwei-
sungen für Kosten der Unterkunft), und inwiefern sieht die Bundesregierung
einen Verlust in der Streichung von Schulsozialarbeiterstellen durch das Aus-
laufen eben dieser Förderung?

9. Plant die Bundesregierung eine Neuauflage der Erhöhung der Mittel für Kos-
ten der Unterkunft, die für Schulsozialarbeit eingesetzt werden können?
Wenn ja, in welcher Art und Weise, in welchem Umfang, und ab wann?
Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/472
10. Welche Modelle zur Finanzierung von Schulsozialarbeit bestehen aus Sicht
der Bundesregierung, die über die bestehenden Vorschläge der Kofinanzie-
rung durch die Neuordnung der Zuweisungen im Bereich der Grundsiche-
rung hinausgehen (bitte nach Europa-, Bundes- und Landesmitteln und
kommunalen Mitteln aufschlüsseln)?

11. Sieht die Bundesregierung dahin gehend Handlungsbedarf, im Zuge der
Gestaltung einer eigenständigen Jugendpolitik auch die Hilfe- und Unter-
stützungsangebote zu evaluieren und mit einem stärkeren Engagement
(konzeptionell wie auch finanziell) des Bundes die Erbringung von Leistun-
gen nach dem SGB VIII – wie der Schulsozialarbeit – abzusichern?

12. Wie definiert die Bundesregierung Schulsozialarbeit, und wie beurteilt sie
die Stellung von Schulsozialarbeit im Kontext zur Jugendsozialarbeit und
zu anderen Angeboten der Jugendhilfe zum einen und wie im Kontext des
Spannungsfeldes Schule – Jugendhilfe zum anderen?

13. Welche Aufgaben sollte Schulsozialarbeit aus Sicht der Bundesregierung
erfüllen?
An wen sollten sich aus Sicht der Bundesregierung die Angebote der Schul-
sozialarbeit richten?

14. Welche konkreten Angebote werden dafür aus Sicht der Bundesregierung
benötigt, und wie sollte die Struktur der Schulsozialarbeit dementsprechend
ausgestattet sein?
Welche strukturelle Anbindung bietet sich dafür an?

15. Welche Rolle kommt nach Auffassung der Bundesregierung der öffent-
lichen und freien Jugendhilfe einerseits sowie den Schulen andererseits bei
der Einführung und beim Ausbau von Angeboten der Schulsozialarbeit je-
weils zu?

16. Welche Probleme sieht die Bundesregierung durch die föderale Kompetenz-
ordnung im Bereich der Schulsozialarbeit als Angebot der Jugendhilfe?

17. Plant die Bundesregierung, Daten zur Schulsozialarbeit zu erheben, aus
denen erstens hervorgeht, für wie viele Schulen (unterschieden nach Schul-
formen) und wie viele Schülerinnen und Schüler wie viele Schulsozialar-
beiter und Schulsozialarbeiterinnen zu Verfügung stehen, und zweitens um
den Bedarf und die Finanzierungen etc. zu Schulsozialarbeit systematisch
zu erfassen?
Wenn nein, warum nicht?

18. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Gesprächen mit
den Ländern über die Entwicklungen in der Schulsozialarbeit und dem Stel-
lenabbau in diesem Bereich?

Berlin, den 7. Februar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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