BT-Drucksache 18/4405

Aktueller Planungs- und Realisierungsstand bei der Neubaustrecke Wendlingen - Ulm sowie deren Leistungsfähigkeit

Vom 18. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4405
18. Wahlperiode 18.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner,
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka
Brugger, Harald Ebner, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen),
Beate Müller-Gemmeke, Cem Özdemir, Dr. Gerhard Schick und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aktueller Planungs- und Realisierungsstand bei der Neubaustrecke
Wendlingen–Ulm sowie deren Leistungsfähigkeit

Die knapp 85 Kilometer lange Neubaustrecke Wendlingen–Ulm befindet sich in
einzelnen Abschnitten bereits im Bau. Andere Abschnitte sind hingegen noch
nicht einmal planfestgestellt. Auf ihr sollen Züge mit bis zu 250 km/h verkehren
können. Die Gesamtkosten werden auf 2,9 Mrd. Euro geschätzt (Bundestags-
drucksache 18/2239).
Strittig diskutiert wurde immer wieder über die Finanzierung der Strecke, da das
Land Baden-Württemberg – obwohl nicht zuständig – freiwillig insgesamt
950 Mio. Euro beisteuerte, um einen vorzeitigen Baubeginn zu ermöglichen.
Der Bund verpflichte sich dabei, die Anschlussfinanzierung ab dem Jahr 2016
sicherzustellen und das Baukostenrisiko zu übernehmen. Der Zuschuss des Lan-
des wurde an die zeitgleiche Realisierung von Stuttgart 21 und der Neubau-
strecke geknüpft. Die Inbetriebnahme ist gemeinsam mit Stuttgart 21 Ende des
Jahres 2021 vorgesehen (www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/details/kosten-und-
finanzierung).
Der Bau der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm liegt Meldungen des Kommuni-
kationsbüros des Projektes Stuttgart-Ulm zufolge im Zeitplan, teilweise geht es
sogar schneller voran als geplant (www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/aktuell/
news-archiv/news-archiv-detail/news/tunnelbau-am-albaufstieg-erreicht-die-
dreitausend-meter-marke/newsParameter/detail/News/datum/20150227).
Bei Stuttgart 21 hingegen kommt es zu Verzögerungen. Bezüglich der Flugha-
fenanbindung wird mit einer späteren als der bisher vorgesehenen Fertigstellung
gerechnet (STUTTGARTER ZEITUNG vom 11. März 2015). Und auch im
Stuttgarter Talkessel ist wegen ausstehender Genehmigungen von Planabschnit-
ten und Planänderungen von Verzögerungen die Rede (u. a. STUTTGARTER
NACHRICHTEN vom 19. Februar 2015). Dadurch kann die Situation eintreten,
dass die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm vor dem Projekt Stuttgart 21 fertig-
gestellt wird. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Neubaustrecke auch
ohne Stuttgart 21 in (Teil-)Betrieb genommen wird, indem sie über die einglei-
sige Güterzuganbindung an das bestehende Schienennetz angebunden wird.
An der Neckarbrücke Wendlingen beginnt aus Fahrtrichtung Stuttgart betrachtet
der erste Planfeststellungsabschnitt (PFA 2.1a/b) der Neubaustrecke über die
Schwäbische Alb. Das neun Kilometer lange Teilstück der Neubaustrecke

Drucksache 18/4405 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
schließt sich nahtlos an die im Rahmen von Stuttgart 21 entstehende Hochge-
schwindigkeitsstrecke an. Kurz nach Beginn dieses Planabschnittes fädelt die
aus Wendlingen kommende eingleisige Güterzuganbindung, die mit 80 km/h
befahrbar sein soll, in die Strecke Richtung Ulm ein. Rund 1 Kilometer weiter
beginnt der 8,2 Kilometer lange Albvorlandtunnel, der bei Kirchheim unter
Teck, Stadtteil Nabern, endet. Der Tunnel wird in Form zweier eingleisiger Röh-
ren ausgeführt (www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/details/nbs-neubaustrecke-
wendlingen-ulm/die-bauabschnitte-pfa/Albvorland-(Anschluss%20Bahnknoten
%20Stuttgart).
Dem Planfeststellungsabschnitt 2.1a/b schließt sich der 5 Kilometer lange, mit
einem kurzen Tunnel vorgesehene Planfeststellungsabschnitt 2.1 c an, gefolgt
vom 15 Kilometer langen Planfeststellungsabschnitt 2.2. In diesem Abschnitt
wird nahezu der gesamte Höhenunterschied hinauf auf die Schwäbische Alb
überwunden. Der Großteil des Anstiegs wird dabei im 8,8 Kilometer langen
Boßlertunnel bewältigt, der eine Steigung von bis zu 25 Promille aufweist. Die
übrige Höhenüberwindung erfolgt im kürzeren Steinbühltunnel
(www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/details/nbs-neubaustrecke-wendlingen-
ulm/die-bauabschnitte-pfa/albaufstieg/
Nach Informationen, die den Fragestellern vorliegen, soll im Albvorlandtunnel
(PFA 2.1 a/b) mit der fünften Planänderung dieses Abschnitts nun kein Gleis-
wechsel mehr möglich sein. Dies hat zur Folge, dass Züge aus Richtung Esslin-
gen und Wendlingen die in Fahrtrichtung links verlaufende Tunnelröhre nutzen
müssen und erst nach dem über acht Kilometer langen Tunnel aufs rechte Gleis
wechseln können. Dies würde nach Ansicht der Fragesteller die Kapazität der
Neubaustrecke erheblich reduzieren und die Flexibilität für künftige Bahnver-
kehre massiv einschränken.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Treffen Informationen zu, die den Fragestellern vorliegen, wonach im Tunnel

des Planfeststellungsabschnittes 2.1a/b künftig aufgrund des Entfalls einer
Güterzugüberleitverbindung zwischen den beiden eingleisigen Röhren kein
Gleiswechsel mehr vorgesehen ist?
Wenn ja, was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründe hierfür,
und in welchem Stadium befindet sich das hierfür erforderliche Genehmi-
gungsverfahren?

2. Wie wirkt sich der Wegfall der Überleitverbindung zwischen den beiden Tun-
nelröhren auf die Kosten des Planfeststellungsabschnittes bzw. der Neu-
baustrecke Wendlingen–Ulm aus, und für welchen Finanzierungspartner
(Bund, Land, Europäische Union, Deutsche Bahn AG) verringert sich da-
durch der Finanzierungsanteil?

3. Wird aus Sicht der Bundesregierung durch den Wegfall der geplanten Über-
leitverbindung im Albvorlandtunnel das sonst übliche Rechtsfahrgebot nach
§ 38 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung auf der freien Strecke auf
einer Länge von über acht Kilometern missachtet?
Wie bewertet die Bundesregierung dies?

4. Wie wirkt sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Tatsache, dass Züge
auf einer Streckenlänge von über acht Kilometern im „Linksverkehr“ unter-
wegs sein sollen, auf
a) die Leistungsfähigkeit des Albvorlandtunnels und
b) die Leistungsfähigkeit der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm insgesamt

aus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4405
5. Mit welcher leit- und sicherungstechnischen Ausrüstung wird die Neu-
baustrecke Wendlingen–Ulm nach Kenntnis der Bundesregierung ausgerüs-
tet (ETCS – European Train Control System, LZB – Linienzugbeein-
flussung, PZB – Punktförmige Zugbeeinflussung), und wie beurteilt die
Bundesregierung dies in Hinblick der Nutzung der Neubaustrecke als Aus-
weichstrecke für die Geislinger Steige?

6. Wie viele Güterzüge sind nach Kenntnis der Bundesregierung für die Fahrt
über die Güterzuganbindung bei Wendlingen und umgekehrt pro Tag in der
Wirtschaftlichkeitsberechnung der Neubaustrecke vorgesehen?

7. Welche Ausweichstrecken für den Schienenpersonen- sowie den Schienen-
güterverkehr sind nach Kenntnis der Bundesregierung für den Fall einer
Sperrung der Geislinger Steige vorgesehen, und welche Rolle kann dabei
die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm angesichts der nur eingleisigen Kurve
bei Wendlingen und dem Wegfall der Überleitverbindung zwischen den bei-
den eingleisigen Röhren übernehmen?

8. Zwingt die Überleitstelle nach dem östlichen Ende des Albvorlandtunnels
die in Richtung Ulm fahrenden Züge zur Verringerung der Geschwindig-
keit, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die
Bundesregierung daraus in Bezug auf die Kapazität der Strecke und im Hin-
blick auf den Energieverbrauch der Züge?

9. Mit welcher Geschwindigkeit darf die neu geplante Weichenverbindung
nach dem östlichen Ende des Albvorlandtunnels befahren werden?

10. Mit welcher Geschwindigkeit können TGV-Züge nach Kenntnis der Bun-
desregierung die Steigungsabschnitte in den Planfeststellungsabschnitten
2.1c und 2.2 bei freier Durchfahrt ab dem Filderbahnhof bergaufwärts (in
Fahrtrichtung Ulm) im Regelbetrieb höchstens befahren, wenn berücksich-
tigt wird, dass TGV-Züge nach Information der Fragesteller in Deutschland
aufgrund der gegenüber Frankreich geringeren Spannung und Wechsel-
stromfrequenz des deutschen Bahnstromnetzes eine verminderte Leistung
aufweisen (bitte Geschwindigkeit tabellarisch nach Streckenkilometern an-
geben)?

11. Mit welcher Geschwindigkeit können ICE-1-Züge (Br 401) und ICE-2-
Züge (Br 402) nach Kenntnis der Bundesregierung die Steigungsabschnitte
in den Planfeststellungsabschnitten 2.1c und 2.2 bei freier Durchfahrt ab
dem Filderbahnhof bergaufwärts (in Fahrtrichtung Ulm) im Regelbetrieb
höchstens befahren (bitte Geschwindigkeit tabellarisch nach Streckenkilo-
metern angeben)?

12. Von welchen Kosten für die Neubaustrecke geht die Bundesregierung ak-
tuell aus?

13. Von welchem Fertigstellungszeitpunkt der Neubaustrecke geht die Bundes-
regierung aktuell aus?

Berlin, den 18. März 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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