BT-Drucksache 18/4320

Rolle der Türkei im Bürgerkrieg in Syrien und Auswirkungen auf die NATO-Operation Active Fence

Vom 13. März 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/4320
18. Wahlperiode 13.03.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth,
Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Jan Korte, Michael Leutert, Dr. Alexander S. Neu,
Harald Petzold (Havelland), Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler, Jörn
Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Rolle der Türkei im Bürgerkrieg in Syrien und Auswirkungen auf die NATO-
Operation Active Fence

Der Deutsche Bundestag hat am 14. Dezember 2012 erstmals der Entsendung
bewaffneter Streitkräfte zur Verstärkung der integrierten Luftverteidigung der
NATO (Organisation des Nordatlantikvertrages) in der Türkei zugestimmt. Ziel
der NATO-Operation „Active Fence Turkey“ (AF TUR) soll der Schutz der ter-
ritorialen Integrität des NATO-Bündnispartners vor Angriffen aus Syrien sein.
Die Türkei hatte diesbezüglich die NATO um Bündnisbeistand ersucht und be-
ruft sich auf ihr Recht auf kollektive Selbstverteidigung nach Artikel 51 der
Charta der Vereinten Nationen. Den Grund für das Beistandsersuchen Ankaras
bildete der fehlgeleitete Beschuss mit Mörsergranaten aus dem benachbarten
Syrien, durch den auf türkischer Seite Zivilistinnen und Zivilisten getötet bzw.
verletzt wurden. Allerdings hat selbst die türkische Regierung den grenzüber-
schreitenden Beschuss als nicht vorsätzlich und nicht gegen die Türkei gerichtet
bewertet.
Die Bundesrepublik Deutschland ist an der NATO-Operation AF TUR mit
maximal 400 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr beteiligt. Der Deutsche
Bundestag hat das Mandat zuletzt am 29. Januar 2015 um ein weiteres Jahr ver-
längert. Kern des deutschen Kontingents sind zwei Raketenabwehreinheiten der
Luftwaffe. Ihr Einsatzort befindet sich ca. 100 Kilometer nördlich der türkisch-
syrischen Grenze in Kahramanmaras.
Das Bedrohungsszenario, mit dem der NATO-Einsatz weiterhin gerechtfertigt
wird, muss aus Sicht der Fragesteller hinterfragt werden. Die Bundesregierung
hat selbst eingeräumt, dass nach der zertifizierten Vernichtung der deklarierten
syrischen Chemiewaffen das von Syrien ausgehende Angriffsrisiko erheblich
gesunken ist und derzeit als niedrig eingestuft wird. Das Hauptbedrohungsrisiko
stellen nach Auffassung der Bundesregierung vor allem die ballistischen Rake-
tenbestände der syrischen Armee dar, deren Reichweite bis zu 700 Kilometer be-
trägt sowie ferner eventuelle, nicht deklarierte Restbestände von Chemiewaffen
(vgl. Bundestagsdrucksache 18/3698).
Die Fragesteller teilen nicht die Einschätzung der Bundesregierung, wonach die
Türkei „bislang besonnen auf Zwischenfälle an der syrisch-türkischen Grenze
reagiert und von militärischen Alleingängen abgesehen“ habe (Bundestags-
drucksache 18/3698). Nach ihrer Ansicht ist die Türkei vielmehr eine eindeutige
Interessenpartei im syrischen Bürgerkrieg. Ankara unterstützt die Aktivitäten
der bewaffneten Opposition gegen die syrische Regierung auf vielfältige Weise.

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Militante dschihadistische Gruppen, darunter Glaubenskrieger des „Islamischen
Staats“ und der Al-Qaida nahestehenden Al-Nusra-Front, können zum Beispiel
die türkisch-syrische Grenze ungehindert überqueren und sich in türkischen
Krankenhäusern medizinisch behandeln lassen (vgl. www.washingtonpost.com/
world/how-turkey-became-the-shopping-mall-for-the-islamic-state/2014/08/12/
5eff70bf-a38a-4334-9aa9-ae3fc1714c4b_
story.html, abgerufen am 2. März 2015).
Die Türkei stellt auch nach eigener Einschätzung der Bundesregierung „das
maßgebliche Transitland für Dschihadisten (dar), die sich nach Syrien begeben
wollen“ (Antwort zu Frage 31 auf Bundestagsdrucksache 18/1087). Hinzu kom-
men illegale Waffenlieferungen aus dem Ausland nach Syrien, die über das Ter-
ritorium der Türkei abgewickelt und von den türkischen Behörden in mehreren
Fällen aufgedeckt wurden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/1087). Die türkische
Gendarmerie stoppte darüber hinaus am 19. Januar 2014 in der Provinz Adana
drei Lkw auf dem Weg nach Syrien, die mutmaßlich Waffen an Al-Qaida liefern
wollten und offenbar von Mitarbeitern des türkischen Militärgeheimdienstes
„MIT“ eskortiert wurden (vgl. www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkischer-
geheimdienst-soll-waffen-an-al-qaida-geliefert-haben-a-1013499.html, abgeru-
fen am 2. März 2015).
In der Nacht des 21. Februar 2015 marschierte das türkische Militär in einer
großangelegten Kommandoaktion mit 572 Soldaten, 39 Panzern und 57 gepan-
zerten Fahrzeugen in Syrien ein, um die zum türkischen Hoheitsgebiet gehö-
rende und für das osmanisch-türkische Kulturerbe bedeutsame Grabstätte von
Süleyman Shah zu verlegen und das dortige militärische Bewachungspersonal
zu evakuieren (vgl. www.foreignpolicy.com/2015/02/24/turkeys-tomb-raiders,
abgerufen am 2. März 2015). Die syrische Regierung bezeichnete das Vorgehen
Ankaras als Aggression gegen die Souveränität Syriens (vgl. www.sued-
deutsche.de/politik/naechtlicher-militaereinsatz-tuerkei-evakuiert-osmanische-
grabstaette-in-syrien-1.2361779, abgerufen am 2. März 2015). Die Militär-
aktion erfolgte vor dem Hintergrund von wiederholten Äußerungen von rang-
hohen türkischen Politikern, wonach die Türkei die Errichtung einer „Puffer-
zone“ auf syrischem Territorium anstrebe, die mit einer Flugverbotszone für die
syrische Luftwaffe verbunden sein solle (vgl. The New York Times vom 9. Ok-
tober 2014: Turkey Seeks Buffer Zone On the Border With Syria, Hürriyet vom
7. Oktober 2014: Turkish President Erdogan says airstrikes not enough to save
Kobane).
Aus Sicht der Fragesteller benutzt die Türkei die Bündnissolidarität der NATO
als militärische Rückendeckung für ihre interessengeleitete Einflussnahme im
syrischen Bürgerkrieg. Dies schließt offenbar in wachsendem Maß auch die Be-
reitschaft Ankaras ein, militärische Aktivitäten im Nachbarland durchzuführen.
Angesichts dessen muss das Verhalten des NATO-Verbündeten einer kritischen
Überprüfung unterzogen und die Haltung der Bundesregierung zu den sicher-
heitspolitischen Rahmenbedingungen des NATO-Einsatzes geklärt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie haben sich die tatsächlichen Ist-Kosten bei den einsatzbedingten Zusatz-

ausgaben für die deutsche Beteiligung an der NATO-Operation AF TUR im
zurückliegenden Mandatierungszeitraum vom 1. Februar 2014 bis 31. Januar
2015 entwickelt, und wie verteilen sich die Ausgaben auf die einzelnen mili-
tärischen Fähigkeitsbereiche bei diesem Einsatz (bitte detailliert aufschlüs-
seln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4320
2. Wie teilen sich die geplanten einsatzbedingten Zusatzausgaben für die deut-
sche Beteiligung an der NATO-Operation AF TUR in Höhe von 20,5 Mio.
Euro für den Mandatierungszeitraum vom 1. Februar 2015 bis 31. Januar
2016 auf die einzelnen militärischen Fähigkeitsbereiche bei diesem Einsatz
auf (bitte detailliert aufschlüsseln)?

3. Wie haben sich die absoluten Ausgaben für die Operation AF TUR im Rah-
men des Militärhaushalts für „NATO Command Structure, Entities and Pro-
grammes“ im zurückliegenden Kalenderjahr 2014 für die einzelnen NATO-
Mitglieder nach dem fixen Kostenteilungsschlüssel entwickelt (bitte nach
einzelnen Mitgliedsländern und in absoluten Beitragszahlen ausweisen)?

4. Wie hat sich die Personalstärke und die Personalzusammensetzung des
deutschen Einsatzkontingents im Rahmen von AF TUR im zurückliegenden
Mandatierungszeitraum vom 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2015 entwickelt
(bitte nach Quartal, Fähigkeitsbereich bzw. Dienstgrad und Geschlecht auf-
schlüsseln)?

5. Wie hat sich die Personalstärke und die Personalzusammensetzung der an-
deren NATO-Einsatzkontingente im Rahmen von AF TUR im zurücklie-
genden Kalenderjahr 2014 entwickelt (bitte nach Quartal, Fähigkeitsbereich
bzw. Dienstgrad und Geschlecht aufschlüsseln)?

6. Mit welcher konkreten Begründung haben nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die Niederlande ihr militärisches Personal aus dem NATO-Einsatz AF
TUR abgezogen, und haben bei dieser Entscheidung nach Kenntnis der
Bundesregierung insbesondere auch finanzielle Erwägungen eine Rolle ge-
spielt?

7. Welche konkreten Aufgaben hatte nach Kenntnis der Bundesregierung das
niederländische Einsatzkontingent zuvor im Rahmen von AF TUR über-
nommen, und durch welche anderen NATO-Staaten wurden diese Aufgaben
nach Abzug des niederländischen Einsatzkontingents kompensiert?

8. Wie viele Flugabwehrraketen des Typs Patriot (Phased Array Tracking
Radar To Intercept On Target) sind derzeit aus Deutschland in der Türkei
stationiert?

9. Wie viele Patriot-Flugabwehrraketen aus anderen NATO-Staaten sind der-
zeit nach Kenntnis der Bundesregierung in der Türkei stationiert?

10. Inwieweit hat der Abzug der niederländischen Patriot-Einheiten nach Ein-
schätzung der Bundesregierung die außensicherheitspolitische Bedrohungs-
lage der Türkei beeinflusst?

11. Wie viele militärische Sonderfahrzeuge aus der ABC-Abwehrtruppe der
Bundeswehr befanden sich im zurückliegenden Mandatierungszeitraum
vom 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2015 in der Türkei, und für welche Auf-
gaben wurden diese im Rahmen von AF TUR in der Praxis eingesetzt (bitte
nach Fahrzeugtyp, Stückzahl und Art des Einsatzes auflisten)?

12. Wie viele sicherheitsrelevante Vorfälle haben sich im zurückliegenden
Mandatierungszeitraum vom 1. Februar 2014 bis 31. Januar 2015 im Zu-
sammenhang mit AF TUR insgesamt ereignet (bitte mit Datum und Art des
Vorfalls auflisten)?

13. Wie viele sicherheitsrelevante Vorfälle waren davon im Hinblick auf die
Patriot-Raketenabwehr von Bedeutung (bitte mit Datum und Art des Vor-
falls auflisten)?

14. Über wie viele ballistische Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite bis zu
700 Kilometern verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung die syrischen
Streitkräfte?

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a) An welchen Standortdepots innerhalb Syriens sind nach Kenntnis der
Bundesregierung die ballistischen Raketen stationiert, und wie ist der
Zugang zu diesen Waffensystemen gesichert?

b) Befinden sich die ballistischen Kurzstreckenraketen nach Kenntnis der
Bundesregierung unter vollständiger Kontrolle der syrischen Streitkräfte
oder haben gegebenenfalls auch bewaffnete Oppositionsgruppen im
Rahmen des Bürgerkriegs Zugang zu diesen Waffensystemen oder zu
einzelnen Komponenten erlangt (bitte unter Angabe von Datum, Ort, be-
waffneter Gruppe und Umfang erbeuteter Waffensysteme)?

c) Über wie viele und welche einsatzfähige/n ballistische/n Flugkörper ver-
fügen nach Kenntnis der Bundesregierung die syrischen Streitkräfte, die
in technischer Hinsicht mit chemischen Kampfstoffen bestückbar sind
und von der Patriot-Raketenabwehr zuverlässig abgefangen werden kön-
nen?

d) Stammen nach Kenntnis der Bundesregierung die derzeit vorhandenen
ballistischen Kurzstreckenraketen primär aus syrischer Eigenproduktion,
oder wurden diese Waffensysteme bzw. Teilkomponenten aus dem Aus-
land nach Syrien geliefert, und falls ja, von wem (bitte gegebenenfalls
detailliert auflisten)?

15. Welche konkreten Anhaltspunkte liegen der Bundesregierung dafür vor,
dass die syrische Regierung möglicherweise nicht alle Chemiewaffenbe-
stände deklariert haben könnte, worauf sich die Bundesregierung unter an-
derem in ihrer Begründung für die jüngste Mandatsverlängerung von AF
TUR beruft (vgl. Bundestagsdrucksache 18/3698), und von welchen Be-
standsgrößen nicht deklarierter Chemiewaffen wäre hierbei nach Kenntnis
der Bundesregierung gegebenenfalls auszugehen?

16. Welche eigenen Grenzbefestigungsmaßnahmen hat die Türkei nach Kennt-
nis der Bundesregierung im zurückliegenden Kalenderjahr 2014 durchge-
führt, und welche mobilen oder stationären Waffensysteme hat sie – gege-
benenfalls auch vorübergehend – an welche Abschnitte der türkisch-syri-
schen Grenze verlegt (bitte detailliert ausführen und nach Stückzahl pro
Waffensystem auflisten)?

17. An welchen Abschnitten der türkisch-syrischen Grenze hat die Türkei hin-
gegen nach Kenntnis der Bundesregierung bislang auf eigene Grenzbefesti-
gungsmaßnahmen und die Verlegung von mobilen oder stationären Waffen-
systemen verzichtet?

18. Welche bewaffneten Gruppen bzw. militärischen Formationen kontrollieren
nach Kenntnis der Bundesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf syri-
scher Seite den Grenzübergang Tell Abiad (Syrien)/Akcakale (Türkei), und
wie sieht angesichts seiner hohen geostrategischen Bedeutung nach Kennt-
nis der Bundesregierung die aktuelle militärische Lage um die Stadt aus?

19. In welchem Ausmaß wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Grenz-
übergang Tell Abiad (Syrien)/Akcakale (Türkei) zum gegenwärtigen Zeit-
punkt für den Grenzverkehr von Personen und Waren genutzt?

20. Welche eigenen Maßnahmen zur verstärkten Luftraumüberwachung hat die
Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem
Bürgerkrieg in Syrien ergriffen, und in wie vielen Fällen ist die türkische
Luftwaffe hierbei nach Kenntnis der Bundesregierung gegebenenfalls auch
in den völkerrechtlichen Luftraum Syriens eingedrungen (bitte detailliert
und mit Angabe des Vorfalls ausführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4320
21. Welche eigenen oder übermittelten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch
nachrichtendienstlicher Herkunft – hat die Bundesregierung hinsichtlich des
mutmaßlich für Syrien bestimmten Lkw-Waffentransports vom 19. Januar
2014 und der hierbei von der türkischen Gendarmerie aufgefundenen Waf-
fen (bitte nach Stückzahl und Waffenart bzw. Munition auflisten)?

22. Welche eigenen oder übermittelten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch
nachrichtendienstlicher Herkunft und unter besonderer Berücksichtigung
der vor Ort bestehenden Lauftraumüberwachungskapazitäten der Bundes-
wehr – hat die Bundesregierung über den Eigentümer, den Herkunftsort und
das anschließende Flugziel des Flugzeugs, mit dem die später in Lkw weiter
transportierten Waffen in die Türkei gelangt sind (bitte detailliert ausfüh-
ren)?

23. Welche eigenen oder übermittelten Erkenntnisse – gegebenenfalls auch
nachrichtendienstlicher Herkunft – hat die Bundesregierung über eine mut-
maßliche Begleitung des Lkw-Waffentransports durch Angehörige des tür-
kischen Militärgeheimdienstes MIT?

24. Wurden im Zusammenhang mit dem Stopp dieser mutmaßlichen Waffen-
lieferung nach Kenntnis der Bundesregierung auch Personen in Unter-
suchungshaft genommen, und falls ja, handelt es sich bei diesen nach
Kenntnis der Bundesregierung um Angehörige der Gendarmerie oder um
Angehörige des Militärgeheimdienstes MIT bzw. von anderen türkischen
Sicherheitsdiensten?

25. Welche Erkenntnisse – gegebenenfalls auch nachrichtendienstlicher Her-
kunft – hat die Bundesregierung zu – über den mutmaßlichen Waffentrans-
port vom 19. Januar 2014 hinausreichenden – Bestrebungen der Türkei,
Waffenlieferungen aus dem Ausland nicht nur über ihr Territorium zu dul-
den, sondern auch einzelne militärische Konfliktparteien in Syrien selbst
mit Waffen zu beliefern?

26. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung beim Einmarsch des türkischen
Militärs zur Verlegung der Grabstätte von Süleyman Shah neben Kampf-
panzern und gepanzerten Fahrzeugen auch F-16-Kampfjets der türkischen
Luftwaffe in den völkerrechtlichen Luftraum Syriens eingedrungen, wie
dies der türkischen Regierung nahestehende Medien berichtet haben (vgl.
www.english.yenisafak.com/news/turkish-fighter-jets-fly-over-suleyman-
shah-tomb-2090880, abgerufen am 5. März 2015)?
a) Falls ja, mit wie vielen Kampfjets ist die Türkei nach Kenntnis der Bun-

desregierung in den völkerrechtlichen Luftraum Syriens eingedrungen?
b) Wie hat die syrische Regierung auf den vorübergehenden Einmarsch des

türkischen Militärs und die mutmaßliche Verletzung des syrischen Luft-
raums durch die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung reagiert?

c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Umstände, die
bei der Militäraktion zum Tod eines türkischen Soldaten geführt haben
(vgl. www.tagesspiegel.de/politik/angst-vor-terrormiliz-is-tuerkei-rueckt-
in-syrien-ein-und-bringt-wachsoldaten-in-sicherheit/11405626.html, ab-
gerufen am 5. März 2015)?

d) Inwieweit hat die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung zuvor ver-
sucht, ohne den Einsatz von Militär die Grabstätte zu verlegen bzw. zu-
mindest vorab die Zustimmung der syrischen Regierung zu dieser Mili-
täraktion einzuholen?

e) Welche innersyrischen Konfliktparteien waren nach Kenntnis der Bun-
desregierung gegebenenfalls an der Militäraktion der türkischen Armee
beteiligt oder haben diese unterstützt?

Drucksache 18/4320 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
f) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte bzw. Vor-
absprachen zwischen der türkischen Regierung bzw. der türkischen
Armee und militärischen Strukturen des „Islamischen Staats“, die dafür
genutzt wurden, um die Grabstätte von Süleyman Shah ohne Kampf-
handlungen mit dem türkischen Militär zu verlegen?

g) Inwieweit ist das militärische Vorgehen des NATO-Bündnispartners Tür-
kei zur Verlegung der Grabstätte nach Auffassung der Bundesregierung
mit völkerrechtlichen Prinzipien, wie der Unverletzlichkeit von interna-
tional anerkannten Staatsgrenzen und dem Schutz der staatlichen Souve-
ränität, vereinbar (bitte mit Begründung)?

h) Inwieweit ermächtigt der Bündnisbeistand der NATO im Rahmen von
AF TUR nach Ansicht der Bundesregierung die Türkei auch zu einseiti-
gen militärischen Schritten (bitte mit Begründung)?

i) Welche konkreten Konsequenzen hat die Bundesregierung innerhalb der
NATO aus diesem militärischen Vorgehen der Türkei gezogen, bzw. be-
absichtigt sie gegebenenfalls noch zu ziehen?

27. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum derzeitigen
Standort des Grabes von Süleyman Shah auf dem völkerrechtlichen Staats-
territorium Syriens, und wie sehen nach Kenntnis der Bundesregierung die
Pläne der türkischen Regierung zum endgültigen Verbleib der Grabstätte
aus?

28. Aus welchen Gründen hat die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung
das Grab von Süleyman Shah nicht auf ihr Staatsterritorium verlegt, und
birgt die Inbesitznahme des für den vorübergehenden oder endgültigen Ver-
bleib des Grabes vorgesehenen syrischen Territoriums aus Sicht der Bun-
desregierung ein zusätzliches konfliktverschärfendes Potenzial?

29. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Einsatz
von unbemannten Luftfahrzeugen im syrischen Luftraum durch die Türkei,
um den derzeitigen Standort des Grabes von Süleyman Shah aus der Luft zu
überwachen, und inwieweit wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die
NATO von der Türkei über ihre etwaigen Luftraumüberwachungsaktivitä-
ten über syrischem Hoheitsgebiet unterrichtet?

30. Wie beeinflussen die militärischen Aktivitäten der Türkei nach Einschät-
zung der Bundesregierung die Bedrohungslage des aus Sicht der Bundesre-
gierung schutzbedürftigen NATO-Bündnispartners, wenn dieser mit einsei-
tigen Maßnahmen auf dem Territorium des Nachbarlandes agiert und mit
seinem Verhalten möglicherweise Gegenreaktionen der syrischen Regie-
rung aktiv provoziert (bitte detailliert ausführen)?

31. Welche Konsultationsmechanismen und Verfahrensmodalitäten sind nach
Kenntnis der Bundesregierung innerhalb der NATO vorgesehen, sofern ein
Mitglied im Rahmen des Bündnisbeistands durch einseitige Handlungen
möglicherweise grundlegende Bündnisprinzipien der NATO verletzt bzw.
gegen internationale Völkerrechtsnormen verstößt, und in welcher Weise ist
die NATO im Hinblick auf AF TUR nach Kenntnis der Bundesregierung
diesbezüglich bislang aktiv geworden (bitte detailliert ausführen)?

32. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über etwaige weitergehende
Absichten der türkischen Regierung, auf syrischem Hoheitsgebiet eine Puf-
ferzone inklusive einer Flugverbotszone für die syrische Luftwaffe zu bean-
spruchen, und welche Position vertritt die Bundesregierung innerhalb der
NATO in dieser Frage?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4320
33. Wo verläuft aus Sicht der Bundesregierung die Zumutbarkeitsgrenze, ober-
halb derer die Türkei mit einseitigen Schritten den Grundsatz der Bündnis-
solidarität im Rahmen von AF TUR überstrapazieren bzw. verletzen würde,
und mit denen aus Sicht der Bundesregierung die Beteiligung der Bundes-
wehr an dem NATO-Einsatz in Frage gestellt wäre (bitte detailliert ausfüh-
ren)?

Berlin, den 13. März 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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