BT-Drucksache 18/40

Geheimdienstliche Spionage in der Europäischen Union und Aufklärungsbemühungen zur Urheberschaft

Vom 7. November 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 18/40
18. Wahlperiode 07.11.2013
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan Korte, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Dr. André Hahn, Ulla Jelpke,
Katrin Kunert, Stefan Liebich, Niema Movassat, Thomas Nord, Kersten Steinke,
Frank Tempel, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Geheimdienstliche Spionage in der Europäischen Union und
Aufklärungsbemühungen zur Urheberschaft

Mehrere Einrichtungen der Europäischen Union wurden nach Medienberichten
von Geheimdiensten infiltriert. Als Urheber werden das britische GCHQ
(Government Communications Headquarters) und die US-amerikanische Natio-
nal Security Agency (NSA) vermutet, in früheren Antworten auf parlamentari-
sche Initiativen konnte die Bundesregierung dies noch nicht bestätigen. Auch
Hintergründe zum Ausspähen der belgischen Firma Belgacom („Operation
Socialist“) bleiben unklar. Ihre Bemühungen zur Aufklärung waren jedoch ge-
ring. Zur Ausspähung von Repräsentantinnen und Repräsentanten beim G20-
Gipfel in London im Jahr 2009 durch den britischen Geheimdienst GCHQ wur-
den nicht einmal Nachfragen bei der Regierung gestellt (Bundestagsdrucksache
17/14739). Gleichwohl wird erklärt, „Sicherheitsbüros“ von Institutionen der
Europäischen Union würden „die Aufgabe der Spionageabwehr wahrnehmen“
(Bundestagsdrucksache 17/14560). Es ist aber unklar, wer damit gemeint ist.
Die Polizeiagentur Europol ist laut ihrem Vorsitzenden zwar zuständig, bislang
habe ihr aber kein Mitgliedѕtaat ein Mandat erteilt (fm4.orf.at vom 24. Sep-
tember 2013). Entsprechende Anstrengungen zur Aufklärung der Spionage in
Brüssel sind umso wichtiger, als dass der Internetverkehr der Einrichtungen der
Europäischen Union in Brüssel über britische Provider geroutet wird, ein Abhö-
ren durch britische Dienste mithin erleichtert werden könnte. Die Spionage unter
den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) würde jedoch den Artikel 7
der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzen.
Mittlerweile existieren mit der „Ad-hoc EU-US Working Group on Data Pro-
tection“, der „EU/US High level expert group“ und einem „Treffen ranghoher
Beamter der Europäischen Union und der USA“ mehrere Initiativen zur Auf-
arbeitung der Vorgänge. Allerdings zeichnet sich ab, dass die Maßnahmen zahn-
los bleiben. Großbritannien hatte entsprechende Anstrengungen sogar torpediert
(www.netzpolitik.org vom 24. Juli 2013).
Nach Medienberichten (New York Times vom 28. September 2013) nutzen
US-Geheimdienste auch Daten zu Finanztransaktionen und Passagierdaten, die
nach umstrittenen Verträgen von EU-Mitgliedstaaten an US-Behörden übermit-
telt werden müssen. Die Abkommen müssen deshalb aufgekündigt werden,
einen entsprechenden Beschluss hat das Europäische Parlament bereits ver-
abschiedet. Die Spionage hat jedoch auch Einfluss auf die Regelungen zur
„Drittstaatenübermittlung“ im Safe-Harbor-Abkommen, der Datenschutz-
Grundverordnung sowie dem geplanten EU-US-Freihandelsabkommen.

Drucksache 18/40 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Da die Bundesregierung die „Existenz eines globalen Abhörsystems für

private und wirtschaftliche Kommunikation“ ECHELON nur über eine
Mitteilung des Europäischen Parlaments zur Kenntnis genommen haben
will (Bundestagsdrucksache 17/14739), was ist ihr selbst über das Spiona-
genetzwerk „Five Eyes“ bekannt, das nach Kenntnis der Fragesteller für
ECHELON verantwortlich ist?

2. Welche Schritte unternahm die Bundesregierung, selbst Teil von „Five
Eyes“ oder auch „Nine Eyes“ (New York Times vom 2. November 2013) zu
werden, und wie wurde dies von den daran beteiligten Regierungen (insbe-
sondere Großbritanniens, der USA, Neuseelands, Australiens und Kanadas)
beantwortet?

3. Wer gehört nach Kenntnis der Bundesregierung zum Spionagenetzwerk
„Nine Eyes“, worin besteht dessen Zielsetzung, wie arbeiten die dort koope-
rierenden Dienste operativ zusammen, und inwiefern trifft es zu, dass auch
die Bundesregierung hieran beteiligt ist (Guardian vom 2. November 2013)?

4. Auf welche Art und Weise ist die Bundesregierung auf Ebene der Europä-
ischen Union damit befasst, ein Abkommen zur Einschränkung der wech-
selseitigen oder auch der Regelung von gemeinsamer Spionage zu schlie-
ßen, und an wen wäre ein derartiges Regelwerk gerichtet?

5. Inwiefern handelt es sich dabei um ein Abkommen, das sich nach Berichten
der „New York Times“ (24. Oktober 2013) an den „Five Eyes“ orientiert?

6. In welchen EU-Ratsarbeitsgruppen wird die Spionage britischer und US-
amerikanischer Geheimdienste in EU-Mitgliedstaaten derzeit beraten, wie
bringt sich die Bundesregierung hierzu ein, und welche (Zwischen-)Ergeb-
nisse wurden dabei erzielt?

7. Welche neueren Erkenntnisse konnten welche Einrichtungen der Europä-
ischen Union nach Kenntnis der Bundesregierung zum Ausspähen der
diplomatischen Vertretung der Europäischen Union in Washington, der
EU-Vertretung bei den Vereinten Nationen sowie der Vereinten Nationen
(UNO) in Genf gewinnen, welche Urheberschaft wird hierzu vermutet, und
inwiefern ging es nicht um Sabotage, sondern um das Sammeln strategi-
scher Informationen?

8. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass nicht
nur Wanzen installiert wurden, sondern das interne Computernetzwerk
infiltriert war?

9. Von welchen Einrichtungen oder Firmen und mit welchem Ergebnis wurden
die ausgespähten Einrichtungen nach Kenntnis der Bundesregierung
danach hinsichtlich ihrer Sicherheit überprüft?

10. Aus welchem Grund hat die Bundesregierung keine Nachfragen an die
britische Regierung zu deren vermuteten Ausspähung des G20-Gipfels in
London im Jahr 2009 durch den Geheimdienst GCHQ gestellt?

11. Welche Erkenntnisse konnte die Bundesregierung zu diesem Vorgang mitt-
lerweile gewinnen, und welche Schritte unternahm sie hierzu?

12. Welche neueren, über die auf Bundestagsdrucksache 17/14560 hinaus-
gehenden Erkenntnisse, konnten welche Einrichtungen der Europäischen
Union nach Kenntnis der Bundesregierung zum Ausspähen der belgischen
Firma Belgacom gewinnen („Operation Socialist“), welche Urheberschaft
wird hierzu vermutet, und inwiefern ging es nicht um Sabotage, sondern um
das Sammeln strategischer Informationen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/40
13. Welche „Sicherheitsbüros“ welcher EU-Institutionen sind in der Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache
17/14560 gemeint, die demnach „auch die Aufgabe der Spionageabwehr
wahrnehmen“, und wie waren diese nach Kenntnis der Bundesregierung
seit dem Frühjahr 2013 zur Spionage der NSA und des GCHQ aktiv?

14. Inwiefern und mit welchem Inhalt war die Europäische Kommission nach
Kenntnis der Bundesregierung damit befasst, den Verdacht aufzuklären,
und bei welchen Treffen mit welchen Vertreterinnen bzw. Vertretern der
USA wurde dies thematisiert?

15. Welche Mitteilungen haben welche Stellen der Bundesregierung wann zu
den Bemühungen der Kommission erhalten bzw. an die Kommission über-
mittelt?

16. Wie bewertet die Bundesregierung vor dem Hintergrund mutmaßlicher
Urheberschaft von Spionageangriffen in Brüssel durch britische Geheim-
dienste die Tatsache, dass der Internetverkehr der EU-Einrichtungen in
Brüssel über britische Provider geroutet wird, ein Abhören mithin erleich-
tert würde?

17. Welche EU-Agenturen wären nach Ansicht der Bundesregierung technisch
und rechtlich geeignet, Ermittlungen zur Urheberschaft der Spionage zu
betreiben?

18. Inwieweit trifft es nach Einschätzung der Bundesregierung zu, dass Europol
als Polizeiagentur zwar über kein Mandat für eigene Ermittlungen verfügt,
dieses aber jederzeit von einem Mitgliedѕtaat erteilt werden könnte
(fm4.orf.at vom 24. September 2013)?

19. Sofern dies zutrifft, was hält die Bundesregierung von der Erteilung eines
solchen Mandates ab?

20. Inwiefern trifft es zu, dass Europol im Falle eines Cyber-Angriffs in Estland
nach Kenntnis der Fragesteller sehr wohl mit Ermittlungen gegen mut-
maßlich verantwortliche chinesische Urheber betraut war, und auf wessen
Veranlassung wurde die Agentur nach Kenntnis der Bundesregierung da-
mals tätig?

21. Wie kam die Einsetzung einer „Ad-hoc EU-US Working Group on Data
Protection“ zustande?

22. Welche Treffen der „Ad-hoc EU-US Working Group on Data Protection“
haben seit ihrer Gründung stattgefunden?
a) Wer nahm daran jeweils teil?
b) Wo wurden diese abgehalten?
c) Welche Tagesordnungspunkte wurden jeweils behandelt?
d) Welche Treffen fielen aus oder wurden verschoben (bitte die Gründe

hierfür nennen)?
e) Worin bestand der Beitrag des EU-Geheimdienstes INTCEN und des

Europäischen Auswärtigen Dienstes bezüglich der Treffen oder dort ein-
gebrachter Initiativen?

23. Inwiefern und mit welcher Begründung ist die Bundesregierung der An-
sicht, dass ihre Bemühungen zur Befassung der „Ad-hoc EU-US Working
Group on Data Protection“ mit „den gegenüber den USA bekannt geworde-
nen Vorwürfen“ erfolgreich verlief (Bundestagsdrucksache 17/14739)?

24. Sofern die Anstrengungen lediglich in „vertrauensvoller Zusammenarbeit“
oder „Gesprächen“ verlaufen, welche weiteren Maßnahmen wird die Bun-
desregierung ergreifen?

Drucksache 18/40 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
25. Welche Treffen der „EU/US High level expert group“ haben seit ihrer Grün-
dung stattgefunden?
a) Wer nahm daran jeweils teil?
b) Wo wurden diese abgehalten?
c) Welche Tagesordnungspunkte wurden jeweils behandelt?
d) Welche Treffen fielen aus oder wurden verschoben (bitte die Gründe

hierfür nennen)?
e) Worin bestand der Beitrag des EU-Geheimdienstes INTCEN und des

Europäischen Auswärtigen Dienstes bezüglich der Treffen oder dort ein-
gebrachter Initiativen?

26. Wie wurde die Zusammensetzung der „EU/US High level expert group“
geregelt, und welche Meinungsverschiedenheiten existierten hierzu im
Vorfeld?

27. An welchen Treffen oder Unterarbeitsgruppen war der EU-Koordinator für
Terrorismusbekämpfung, Gilles de Kerchove, beteiligt, aus welchem Grund
wurde dieser eingeladen, und wie ist die Haltung der Bundesregierung
hierzu?

28. Welche jeweiligen Ergebnisse zeitigten die Treffen der „EU/US High level
expert group“?

29. Inwieweit trifft es zu, dass die USA für Treffen der „EU/US High level
expert group“ einen „two-track approach“ bzw. „symmetrischen Dialog“
gefordert hatten (www.netzpolitik.org vom 24. Juli 2013), was ist damit
gemeint, und wie hat sich die Bundesregierung hierzu positioniert?

30. Welche Mitgliedstaaten hatten nach Kenntnis der Bundesregierung Vor-
behalte gegen einen „two-track approach“ bzw. „symmetrischen Dialog“,
und welche Gründe wurden hierfür angeführt?

31. Inwiefern waren die Europäische Kommission und der Europäische Aus-
wärtige Dienst (EAD) in Gespräche einbezogen bzw. ausgeschlossen, und
welche Gründe wurden hierzu angeführt?

32. Inwiefern trifft es zu, dass nach Kenntnis der Fragesteller im Rahmen des
„governmental shutdown“ ein Treffen der „EU/US High level expert
group“ ausfiel, und, noch bevor die NSA-Spionage auf das Kanzlerinnen-
telefon bekannt wurde, auf den 6. November 2013 verschoben wurde?

33. Inwiefern war das Treffen der „EU/US High level expert group“ im Novem-
ber 2013 mit der gleichzeitigen Reise der deutschen Geheimdienstchefs in
die USA abgestimmt?

34. Inwiefern hat sich auch das Treffen ranghoher Beamter der Europäischen
Union und der USA am 24. Juli 2013 in Vilnius mit Spionagetätigkeiten der
NSA in der Europäischen Union befasst, wer nahm daran teil, und welche
Verabredungen wurden dort getroffen?

35. Wer nahm am JI-Ministertreffen in Washington am 18. November 2012 teil,
und wie wurden die Teilnehmenden bestimmt?
a) Welche Tagesordnungspunkte wurden behandelt?
b) Wie hat sich die Bundesregierung in die Vorbereitung, Durchführung

und Nachbereitung des Treffens eingebracht?
c) Was ist der Bundesregierung über die Haltung der USA zur juristischen

Unmöglichkeit eines „Rechtsbehelfs für EU-Bürger“ bekannt, und wel-
che Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus deren Aussagen
hierzu?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/40
d) Sofern dies ebenfalls vorgetragen wurde, wie haben Teilnehmende der
US-Behörden begründet, dass keine EU-Bürgerrechte verletzt worden
seien?

e) Sofern die Obama-Administration bei dem Treffen die Beschädigung in-
ternationaler Beziehungen mit EU-Mitgliedstaaten bedauerte, was ge-
denkt sie zu deren Wiederherstellung konkret zu tun, und welche Forde-
rungen wurden seitens der Bundesregierung hierzu vorgetragen?

36. Inwiefern hat die Bundesregierung durch die EU-US-Gespräche oder auch
andere Initiativen neue Kenntnisse zu den Datenbanken oder Programmen
„PRISM“, „XKeyscore“, „Marina“, „Mainway“, „Nucleon“, „Pinwale“ oder
„Dishfire“ erlangt?

37. Inwiefern waren der Direktor von Europol, der Generaldirektor für Außen-
beziehungen oder der „Anti-Terrorismus-Koordinator“ im Jahr 2013 mit
weiteren Initiativen hinsichtlich der „Cybersicherheit“ oder dem „Kampf
gegen Terrorismus“ und einem diesbezüglichen Datentausch mit den USA
befasst?

38. Inwieweit kann die Bundesregierung in Erfahrung bringen, ob US-Geheim-
dienste über einen „root access“ auf die „Computerized reservation sys-
tems“ verfügen, die von Fluglinien weltweit betrieben werden, bzw. was hat
sie darüber bereits erfahren (http://papersplease.org)?

39. Inwieweit kann die Bundesregierung in Erfahrung bringen, ob US-Ge-
heimdienste Zugriff auf Passagierdaten haben, wie sie beispielsweise im
PNR-Abkommen (PNR = Passenger Name Record) der Europäischen
Union und der USA weitergegeben werden müssen (New York Times vom
28. September 2013) bzw. was hat sie darüber bereits erfahren?

40. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus den Kernaussagen der Studie „Nationale Programme zur Massenüber-
wachung personenbezogener Daten in den EU-Mitgliedstaaten und ihre
Kompatibilität mit EU-Recht“, die vom Ausschuss für bürgerliche Frei-
heiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments in Auftrag
gegeben wurde, insbesondere im Hinblick auf Untersuchungen deutscher
geheimdienstlicher Tätigkeiten?

41. Wo wurde die Studie vorgestellt oder weiter beraten, und wie haben sich an-
dere Mitgliedstaaten, aber auch die Bundesregierung hierzu positioniert?

42. Inwieweit teilt die Bundesregierung die dort vertretene Einschätzung, die
Überwachungskapazitäten von Schweden, Frankreich und Deutschland
seien gegenüber den USA und Großbritannien vergleichsweise gering?

43. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung, wie in der Studie
behauptet, zu, dass der französische Geheimdienst DGSE (Direction Géné-
rale de la Sécurité Extérieure) in Paris einen Netzwerkknoten von Geheim-
diensten unterhält, die sich demnach unter dem Namen „Alliance base“ zu-
sammengeschlossen haben, und worum handelt es sich dabei?

44. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller,
wonach die Spionage in EU-Mitgliedstaaten den Artikel 7 der Charta der
Grundrechte der Europäischen Union verletzt, und welche eigenen Schritte
hat sie zur Prüfung mit welchem Ergebnis unternommen?

45. Aus welchem Grund hat die Bundesregierung weder zur Verhaftung des Le-
benspartners von Glenn Greenwald in London oder der von der britischen
Regierung erzwungenen Vernichtung von Beweismitteln zur EU-Spionage
bei der britischen Zeitung „Guardian“ protestiert?

Drucksache 18/40 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
46. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zum Plan eines Internetrou-
tings durch vorwiegend europäische Staaten und einer European Privacy
Cloud, und welche Anstrengungen hat sie hierzu bereits unternommen?

47. Was könnte aus Sicht der Bundesregierung getan werden, um auf EU-Ebene
eine effektivere Untersuchung von ungesetzlicher geheimdienstlicher Spio-
nage zu ermöglichen und damit Minimalstandards der Europäischen Men-
schenrechtskonvention zu sichern?

48. Inwiefern könnte aus Sicht der Bundesregierung eine effektivere Prüfung
und Überwachung der EU-Innenbehörden einen missbräuchlichen Informa-
tionsaustausch verhindern, wie es in der Studie „Nationale Programme zur
Massenüberwachung personenbezogener Daten in den EU-Mitgliedstaaten
und ihre Kompatibilität mit EU-Recht“ angeraten wird?

49. Inwieweit hält es die Bundesregierung für geeignet, die Anti-Fisa-Klausel,
die nach intensivem Lobbying der US-Regierung aufgegeben wurde
(www.heise.de vom 13. Juni 2013), wieder einzufordern?

50. In welchen Treffen oder „Sondersitzungen auf Expertenebene“ hat sich die
Bundesregierung seit August 2013 dafür eingesetzt, Regelungen zur „Dritt-
staatenübermittlung“ im Safe-Harbor-Abkommen und der Datenschutz-
Grundverordnung zu behandeln, wie reagierten die übrigen Mitgliedstaaten
darauf, und welche Ergebnisse zeitigten die Bemühungen?

51. Über welche neueren, über die Angaben auf Bundestagsdrucksache 17/
14831 hinausgehenden Kenntnisse, verfügt die Bundesregierung, ob und in
welchem Umfang US-amerikanische Geheimdienste im Rahmen des Spio-
nageprogramms PRISM oder anderer mittlerweile bekanntgewordener,
ähnlicher Werkzeuge auch Daten aus der Europäischen Union auswerten,
die US-Behörden lediglich für Zwecke des Terrorist Finance Tracking Pro-
gram (TFTP) überlassen wurden?

52. Inwieweit und mit welchem Ergebnis wurde dieses Thema auch beim Tref-
fen deutscher Geheimdienstchefs mit US-amerikanischen Diensten am
6. November 2013 in den USA erörtert?

53. Inwieweit ergeben sich aus dem Treffen und den eingestuften US-Doku-
menten, die laut der Bundesregierung deklassifiziert und „sukzessive“ be-
reitgestellt würden (Bundestagsdrucksache 17/14831), mittlerweile neuere
Hinweise zur geheimdienstlichen Nutzung des TFTP oder anderer Finanz-
transaktionen?
a) Über welche eigenen Informationen verfügt die Bundesregierung nun

hinsichtlich der Meldung, wonach der US-Militärgeheimdienst NSA
weite Teile des internationalen Zahlungsverkehrs sowie Banken und
Kreditkartentransaktionen überwacht (SPIEGEL ONLINE vom 15. Sep-
tember 2013), bzw. welche weiteren Erkenntnisse konnte sie hierzu mitt-
lerweile gewinnen?

b) Über welche neueren Informationen verfügt die Bundesregierung mitt-
lerweile über das NSA-Programm „Follow the Money“ zum möglichen
Ausspähen von Finanzdaten sowie der Finanzdatenbank „Tracfin“?

c) Inwieweit sind von den Spähaktionen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung auch Zahlungsabwicklungen großer Kreditkartenfirmen betroffen,
die nach Berichten des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ dazu
dienen, „die Transaktionsdaten von führenden Kreditkartenunternehmen
zu sammeln, zu speichern und zu analysieren“?

d) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Bericht, wonach in
„Tracfin“ auch Daten der in Brüssel beheimateten Firma SWIFT, über
die millionenfache internationale Überweisungen vorgenommen wer-
den, eingespeist werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/40
e) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung mittlerweile zur Feststellung
des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ gewinnen können, wonach
die NSA das SWIFT-Netzwerk „gleich auf mehreren Ebenen“ anzapft
und hierfür unter anderem den „Swift-Druckerverkehr zahlreicher Ban-
ken“ ausliest?

f) Wie werden diese möglichen tiefen Eingriffe in die Privatsphäre seitens
der Bundesregierung – zumal auch deutsche Staatsangehörige betroffen
sein könnten – beurteilt?

g) Welche weiteren Schritte hat die Bundesregierung anlässlich der
genannten Meldungen des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“
eingeleitet, und welche Ergebnisse wurden hierbei bislang erzielt, bzw.
welche neueren Informationen wurden erlangt?

h) Was ist der Bundesregierung aus eigenen Erkenntnissen über ein
US-Programm oder eine Datensammlung namens „Business Records“
und „Muscular“ bekannt?

54. Inwieweit geht die Bundesregierung weiterhin davon aus, dass „im Zuge
des Deklassifizierungsprozesses Fragen zur geheimdienstlichen Nutzung
des TFTP oder anderer Finanztransaktionen abschließend von den USA
beantwortet werden“ (Bundestagsdrucksache 17/14602), und welcher Zeit-
horizont wurde hierfür von US-Behörden mitgeteilt?

55. Welche Rechtsauffassung vertritt die Bundesregierung zur Zulässigkeit der
Nutzung von TFTP-Daten durch den US-Militärgeheimdienst NSA, und
worauf gründet sie diese?

56. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Forderung des Europä-
ischen Parlaments, das TFTP-Abkommen mit den USA auszusetzen?

57. Auf welche Art und Weise arbeiten welche deutschen Behörden mit dem
Europol-Verbindungsbüro in Washington zusammen?

58. Wer ist an dem auf Bundestagsdrucksache 17/14831 erwähnten „Informa-
tionsaustausch auf Expertenebene“ beteiligt, und welche Treffen fanden
hierzu statt?

59. Wie ist es gemeint, wenn der Bundesminister des Innern die Verhandlungen
der Europäischen Union mit den USA über ein Freihandelsabkommen
„durch ein separates bilaterales Abkommen zum Schutz der Daten deut-
scher Bürger“ ergänzen möchte, und auf welche Weise ist die Bundesregie-
rung hierzu bereits initiativ geworden (RP Online vom 30. Oktober 2013)?

60. Wie haben „Präsident Obama und seine Sicherheitsberater“ (RP Online
vom 30. Oktober 2013) nach Kenntnis der Bundesregierung auf diesen
Vorschlag reagiert?

61. Welche Behörden der Bundesregierung haben wann einen europäischen
oder internationalen Haftbefehl für Edward Snowden oder Julian Assange
bzw. die Aufforderung zur verdeckten Fahndung oder auch geheimdienst-
lichen Informationsbeschaffung erhalten, von wem wurden diese ausge-
stellt, und welche Schritte hat die Bundesregierung daraufhin eingeleitet?

Berlin, den 7. November 2013

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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