BT-Drucksache 18/3971

Bilanz der Krisenpolitik in Griechenland

Vom 5. Februar 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3971
18. Wahlperiode 05.02.2015
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, Sevim
Dağdelen, Dr. Diether Dehm, Annette Groth, Dr. Alexander S. Neu, Dr. Axel Troost,
Alexander Ulrich, Kathrin Vogler, Dr. Sahra Wagenknecht, Harald Weinberg und
der Fraktion DIE LINKE.

Bilanz der Krisenpolitik in Griechenland

Im Nachgang der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 geriet auch
Griechenland in eine schwere Krise. Da sich das hochverschuldete Land nicht
mehr an den Finanzmärkten finanzieren konnte, stand Griechenland 2010 vor
dem Staatsbankrott. Die Zahlungsunfähigkeit wurde schließlich durch Kredite
abgewendet, welche von europäischen Staaten, der Europäischen Finanzstabili-
sierungsfazilität (EFSF) bzw. dem Europäischen Finanzstabilisierungsmecha-
nismus (EFSM) sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) gewährt
wurden. Im Gegenzug musste sich die griechische Regierung in so genannten
Memoranden (Memorandum of Understanding, MoU) mit der Troika aus Euro-
päischer Zentralbank (EZB), Europäischer Kommission (KOM) und IWF zu
radikalen Kürzungen der öffentlichen Ausgaben, Privatisierungen und neolibe-
ralen Strukturreformen verpflichten.
Vorgebliches Ziel der als „Rettungspakete“ bezeichneten Kürzungsdiktate war
es, den Schuldenstand Griechenlands wieder auf ein tragfähiges Niveau zu
senken. In bislang zwei Paketen wurden Griechenland rund 237 Mrd. Euro an
Krediten gewährt, die zum größten Teil direkt an die Gläubiger bzw. in den
Finanzsektor flossen (www.attac.at/news/detailansicht/datum/2013/06/17/
griechenland-rettung-77-prozent-flossen-in-finanzsektor.html). Dadurch wur-
den die Schulden Griechenlands so umstrukturiert, dass sie Ende 2013 zu rund
80 Prozent von öffentlichen Gläubigern gehalten wurden, während vor Anwen-
dung der Programme (Anfang 2010) noch 94 Prozent in der Hand privater
Gläubiger waren. Entgegen den Zielen der „Rettungspolitik“ stiegen die Schul-
den Griechenlands jedoch weiter, weil die Austeritätspolitik die Wirtschaft
erdrosselte; die Wirtschaftsleistung Griechenlands ist um mehr als ein Viertel
zurückgegangen. Ende 2013 betrugen die Staatsschulden 319 Mrd. Euro (2008:
265 Mrd. Euro), was einer Schuldenquote von 175 Prozent des Bruttoinlands-
produkts (BIP) entspricht (2008: 109 Prozent).
Die von Griechenland verlangten Kürzungen der Staatsausgaben haben zugleich
eine humanitäre Katastrophe verursacht. In aller Deutlichkeit zeigt dies ein im
Dezember 2014 veröffentlichter Bericht der Internationalen Föderation von
Menschenrechtsorganisationen (FIDH) mit dem Titel „Downgrading rights: the
cost of austerity in Greece“ (www.fidh.org/International-Federation-for-Human-
Rights/europe/greece/16675-greece-report-unveils-human-rights-violations-
stemming-from-austerity). Darin macht der Dachverband von 178 Menschen-
rechtsorganisationen gravierende Menschenrechtsverletzungen in Griechenland
und deren Verschärfung im Zuge der Krisenpolitik der zurückliegenden Jahre

Drucksache 18/3971 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
aus. Die „entsetzlichen Auswirkungen“ der Krise auf Demokratie und Men-
schenrechte „können nicht mehr geleugnet werden“, schreiben die Autorinnen
und Autoren. „Wir werden Zeugen eines Übergangs in einen Zustand, bei dem
elementare Grundrechte und der Rechtsstaat herausgefordert und abgebaut
werden.“ (www.welt.de/politik/ausland/article135808460/Das-Leiden-der-
Griechen-verwandelt-sich-in-Wut.html).
Bereits im Jahr 2012 hatte sich die Parlamentarische Versammlung des Europa-
rates äußerst kritisch mit den Gefahren befasst, die von Austeritätspolitik für
Demokratie und Menschenrechte ausgehen. Sie zeigte sich besorgt, dass diese
Politik „die Krise weiter […] vertiefen und die sozialen Rechte […] untergra-
ben“ könne (www.assembly.coe.int/ASP/Doc/XrefViewPDF.asp?FileID=
18916&Language=EN). Anfang 2014 hat sich auch das Europäische Parlament
(EP) kritisch mit der Troika und der Krisenpolitik auseinandergesetzt. In zwei
Berichten über die „Rolle und Tätigkeiten der Troika in Bezug auf Programm-
länder des Euro-Raums“ (P7_TA(2014)0239, www.europarl.europa.eu/sides/get
Doc.do?language=DE&reference=P7-TA-2014-0239) sowie „Beschäftigungs-
und sozialpolitische Aspekte der Rolle und der Tätigkeiten der Troika“
(P7_TA(2014)0240, www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?language=
DE&reference=P7-TA-2014-0240) kritisiert das Parlament unter anderem die
intransparente Arbeitsweise der Troika, ihre fehlende Rechtsgrundlage im EU-
Primärrecht sowie die Ausgrenzung des Parlaments bei den Verhandlungen.
Auch die sozialen Folgen der Krisenpolitik werden kritisch betrachtet.
Auch auf rechtlicher Ebene gibt es kritische Einschätzungen zur Krisenpolitik
der vergangenen Jahre. So kam im März 2014 der Abteilungsleiter am Zentrum
für Europäische Rechtspolitik (ZERP) der Universität Bremen, Prof. Dr. Andreas
Fischer-Lescano, in einem vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB),
der Arbeiterkammer (AK), dem Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und
dem Europäischen Gewerkschaftsinstitut (EGI) in Auftrag gegebenen Gutachten
zu dem Ergebnis, dass die Europäische Kommission und die EZB als Teil der
EU-Troika, aber auch die Mitgliedstaaten mit ihrer Zustimmung zu den MoU im
Gouverneursrat des ESM (Europäischer Stabilitätsmechanismus) direkt gegen
das EU-Recht und die Menschenrechte verstoßen (www.ak-europa.eu/_includes/
mods/akeu/docs/main_report_de_331.pdf).
Anfang 2015 ist eine erneute Verlängerung der „Hilfsprogramme“ in der Dis-
kussion. Am 25. Januar 2015 sind jedoch jene politischen Kräfte, die in Grie-
chenland für den Kürzungs- und Privatisierungskurs stehen, abgewählt worden.
Knapp fünf Jahre nach Verabschiedung des ersten Pakets im Mai 2010 ist es
nach Ansicht der Fragesteller an der Zeit, dass sich auch die Bundesregierung
einer kritischen Bilanzierung der Krisenpolitik in Griechenland stellt, die sie
maßgeblich mit forciert hat. Die seit Jahren wiederholten öffentlichen Debatten
um einen möglichen erzwungenen „Grexit“ (mögliches Ausscheiden Griechen-
lands aus der Eurozone) weisen die Fragesteller dagegen zurück.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Einnahmen Grie-

chenlands aus Privatisierungen im Zeitraum von 2010 bis 2014 entwickelt,
inwieweit entsprechen diese Zahlen den Erwartungen der Troika, und welche
weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

2. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 in
Griechenland ergriffen, um die Steuerhinterziehung zu bekämpfen?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3971
3. Welche Maßnahmen zur Besteuerung von privaten Vermögen und Unter-
nehmensgewinnen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Grie-
chenland seit 2010 ergriffen, um die staatlichen Einnahmen zu erhöhen?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

4. Wann und in welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
seit 2010 Lohnkürzungen bei öffentlichen und privaten Beschäftigten
durchgesetzt?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

5. Wann und in welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
Kürzungen bei den Lohnersatzleistungen für Erwerbslose durchgesetzt?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

6. Wann und in welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
seit 2010 Kürzungen bei Renten und Pensionen durchgesetzt?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

7. Wann und in welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung
seit 2010 Kürzungen bei Gesundheitsleistungen durchgesetzt?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

8. Welche Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur wurden nach Kennt-
nis der Bundesregierung in Griechenland seit 2010 ergriffen?
a) Welche dieser Maßnahmen waren in den MoU vorgesehen?
b) Welche diesbezüglichen MoU-Maßnahmen wurden nicht umgesetzt?

9. In welchem Umfang hat die EZB bislang auf dem Sekundärmarkt Staats-
anleihen welcher Länder aufgekauft (bitte nach Jahren und Ländern auf-
schlüsseln)?

10. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtschulden
und die Schuldenquote Griechenlands im Zeitraum von 2009 bis 2014 ver-
ändert, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis
2020?

11. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das griechische Brutto-
inlandsprodukt (BIP) in realen und nominalen Zahlen im Zeitraum von
2009 bis 2014 verändert, und welche weitere Entwicklung erwartet die
Bundesregierung bis 2020?
a) Wie haben sich die Wachstumsraten des BIP (real und nominal) entwi-

ckelt?
b) Wie haben sich der BIP-Deflator und das Preisniveau im selben Zeitraum

entwickelt?
12. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung der griechische Primär-

überschuss und die Zinszahlungen (in absoluten Zahlen und als Anteil des
BIP) im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert, und welche weitere Ent-
wicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

Drucksache 18/3971 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
13. Wie viel Geld hat Deutschland durch Zinszahlungen Griechenlands von
2010 bis 2014 erhalten, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bun-
desregierung bis 2020?

14. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung der private und öffent-
liche Konsum in Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert,
und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

15. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Kaufkraft in Griechen-
land im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert, und welche weitere Ent-
wicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

16. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Steuereinnahmen
Griechenlands im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert, und welche wei-
tere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?
a) Wie lauten die Zahlen für denselben Zeitraum jeweils für direkte und in-

direkte Steuern?
b) Wie lauten die Zahlen für denselben Zeitraum im Einzelnen für die

Mehrwertsteuer, vermögensbezogene Steuern und Einkommensteuern?
17. Wie hoch ist nach Schätzungen der Bundesregierung in den Jahren seit 2010

der Einnahmeverlust durch Steuerflucht bzw. Steuerhinterziehung in Grie-
chenland zu beziffern?

18. In welchem Umfang ist seit 2009 Kapital aus Griechenland abgewandert?
19. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2010 die Einlagen

privater Unternehmen und Haushalte bei griechischen Banken entwickelt?
20. Wie viel Prozent der durch die bisher durchgeführten Anpassungspro-

gramme realisierten fiskalischen Anpassung des griechischen Haushalts
haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung durch zusätzliche Ein-
nahmen und wie viel durch Ausgabenkürzungen ergeben?

21. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Nettoprivatvermö-
gen in Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert?

22. Inwieweit hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung im Zuge der Anpas-
sungsprogramme in Griechenland die Besteuerung von Vermögen und ho-
hen Einkommen verändert?

23. Hat die Bundesregierung sich für eine höhere Besteuerung von Vermögen
und hohen Einkommen zur Schließung der Finanzierungslücken im Zuge
der Krise in Griechenland eingesetzt?
a) Wenn ja, in welcher Form, gegenüber wem, und wann?
b) Wenn nein, warum nicht?

24. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den bekannt
gewordenen E-Mails zwischen Troika-Institutionen und der griechischen
Regierung (www.zeit.de/wirtschaft/2015-01/griechenland-troika-emails-
antonis-samaras)?
a) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Troika Griechen-

land nicht nur allgemeine Haushaltsziele vorgegeben, sondern direkt in
konkrete Politikbereiche eingegriffen hat?

b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesem Vorgang
aus einer demokratiepolitischen Perspektive?

25. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die von 2010 bis 2014
tatsächlich an Griechenland ausgezahlten Mittel der so genannten Rettungs-
pakete?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3971
26. Wofür wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die Mittel der so ge-
nannten Rettungspakete für Griechenland im Endeffekt verwendet?

27. In welchem Umfang sind nach Kenntnis der Bundesregierung Haushalts-
mittel aus den so genannten Rettungspaketen für Griechenland in die Bedie-
nung welcher zu diesem Zeitpunkt bereits bestehenden griechischen Staats-
schulden geflossen (vgl. Antwort auf die Schriftliche Frage 24 auf Bundes-
tagsdrucksache 18/36), und wie viel Geld kam tatsächlich dem griechischen
Staatshaushalt zugute?

28. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die griechische Gläubi-
gerstruktur, d. h. wie viele Milliarden (Prozent) der griechischen Staatsver-
schuldung entfallen auf ausländische Gläubiger (bitte zwischen öffentlichen
und privaten Banken, Versicherungen, Pensionsfonds, Hedgefonds u. a. dif-
ferenzieren) und einheimische Gläubiger (bitte zwischen öffentlichen und
privaten Banken, Versicherungen, Pensionskassen u. a. differenzieren)?

29. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil öffentlicher und
privater Gläubiger Griechenlands seit 2010 entwickelt?

30. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Gläubigeranteil von
Banken an den griechischen Staatsschulden seit 2010 verändert (bitte nach
dem Herkunftsland der Banken aufschlüsseln)?

31. Liegen der Bundesregierung monatliche Informationen zur Entwicklung der
Rechnungsaußenstände seitens des griechischen Staates vor, und wenn ja,
wie war deren Höhe in Mio. Euro jeweils zum Monatsende im Zeitraum von
Januar 2014 bis Dezember 2014?

32. Welche Zins- und Tilgungszahlungen müssen nach Kenntnis der Bundes-
regierung von der griechischen Regierung an öffentliche Institutionen, in-
ternationale Organisationen oder private Gläubiger im Jahr 2015 gezahlt
werden (bitte Datum und jeweilige Beträge angeben)?

33. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die monatlichen Be-
stände der Barreserven des griechischen Staates in Euro jeweils zum Mo-
natsende im Zeitraum von Januar 2014 bis Dezember 2014 entwickelt?

34. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Betrag der griechi-
schen Staatsschulden in Euro, der gegenwärtig von privaten Gläubigern ge-
halten wird?

35. Mit welchen nominalen Wachstumsraten, BIP-Deflatoren, jährlichen Zins-
zahlungen und Primärüberschüssen rechnet die Bundesregierung in Grie-
chenland für die Jahre 2015 bis 2020 (bitte für jedes Jahr einzeln angeben),
damit Ende 2020 in Griechenland eine Staatsschuldenquote von 124 Pro-
zent des BIP erreicht werden kann?

36. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung das Eigenkapital
(Tier 1, 2 und 3) in Euro und die Eigenkapitalquote der griechischen Natio-
nal Bank of Greece, Eurobank, Alphabank und Piräus Bank Ende 2013 und
Ende 2014?

37. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die notleidenden Kre-
dite (Non Performing Loans) der griechischen Banken, die Kreditforderun-
gen der griechischen Banken insgesamt und die Forderungen der griechi-
schen Nationalbank (Bank of Greece) gegenüber den griechischen Banken
seit Ende 2012 bis Ende 2014 entwickelt?

38. Verfügt die Bundesregierung über Erkenntnisse, die Rückschlüsse über die
griechische Vermögensverteilung zulassen, und welche sind das?

Drucksache 18/3971 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
39. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Liste der 2 000 mutmaßlichen
griechischen Steuerhinterzieher, den die damalige französische Finanzminis-
terin Christine Lagarde ihrem damaligen griechischen Kollegen übergab, in-
zwischen von der griechischen Finanzbehörde abgearbeitet?

40. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die absolute und rela-
tive Armut in Griechenland im Zeitraum von 2009 bis 2014 verändert, und
welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

41. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Armutsgrenze in Grie-
chenland seit 2009 verändert?

42. Wieviel Prozent der griechischen Bevölkerung sind nach Kenntnis der Bun-
desregierung heute von Armut betroffen, gemessen an der Armutsgrenze
vom Jahr 2009?

43. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Einkommensvertei-
lung, gemessen durch den Gini-Index, in Griechenland im Zeitraum von
2009 bis 2014 verändert?

44. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Millionäre in
Griechenland in den Jahren von 2009 bis 2014 verändert?

45. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Erwerbslosenquote
insgesamt und unter Jugendlichen in Griechenland im Zeitraum von 2010
bis 2014 verändert, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundes-
regierung bis 2020?

46. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Suizidrate in Griechen-
land im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert?

47. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die HIV-Infektionsrate in
Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2014 verändert?

48. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Durchschnittseinkom-
men der griechischen Bevölkerung im Zeitraum von 2010 bis 2014 verän-
dert, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis
2020?

49. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der atypi-
schen Beschäftigungsverhältnisse (Teilzeitbeschäftigungen, geringfügige
Beschäftigungen, befristete Beschäftigungen, Zeitarbeitsverhältnisse) der
jungen Menschen bis 25 Jahre seit 2010 in Griechenland entwickelt?

50. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Stellen im
öffentlichen Dienst, die in Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2014
gestrichen wurden, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundes-
regierung bis 2020?

51. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der öffent-
lichen Ausgaben für den Gesundheitssektor in absoluten Zahlen und in
Relation zur Wirtschaftsleistung in Griechenland im Zeitraum von 2010 bis
2014, und welche weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis
2020?

52. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der öffentli-
chen Ausgaben für Bildung in absoluten Zahlen und in Relation zur Wirt-
schaftsleistung in Griechenland im Zeitraum von 2010 bis 2014, und welche
weitere Entwicklung erwartet die Bundesregierung bis 2020?

53. Haben die in Griechenland im Rahmen der Troika-Auflagen angewandten
Anpassungsprogramme nach Ansicht der Bundesregierung ihr Ziel der Ver-
besserung der Schuldentragfähigkeit erreicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3971
54. Waren es die Ergebnisse der Krisenpolitik in Griechenland nach Ansicht der
Bundesregierung die sozialen Kosten wert, die die griechische Bevölkerung
auf sich nehmen musste?

55. Inwiefern sieht die Bundesregierung die in Griechenland seit 2010 ange-
wandten Maßnahmen im Rahmen der Krisenpolitik im Einklang mit den Be-
stimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Euro-
päischen Menschenrechtskonvention und der Europäischen Sozialcharta
(bitte begründen), und wenn nein, welche Maßnahmen haben nach Ansicht
der Bundesregierung diese Bestimmungen verletzt (bitte ausführen)?

56. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Schlussfolgerung des Gutachtens
des Rechtsprofessors Dr. Andreas Fischer-Lescano, dass die EZB und die
Europäische Kommission „durch ihre Beteiligung an der Aushandlung, dem
Abschluss und der Durchsetzung der MoU […] das Primärrecht [verletzen]“
und damit rechtswidrig handeln?
Wenn nein, warum nicht?

57. Inwiefern teilt die Bundesregierung die im Gutachten entwickelte Auffas-
sung, dass Deutschland wie auch die anderen Mitgliedstaaten durch seine
Vertreter im Gouverneursrat des ESM die von diesem bestätigten MoU mit
zu verantworten und dabei ihre grund- und menschenrechtlichen Verpflich-
tungen zu beachten hat?
Wenn nein, warum nicht?

58. Inwiefern sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der
Entwicklung der Suizidrate und der Austeritätspolitik?

59. Inwieweit haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Prognosen,
die von der Troika für die Entwicklung der griechischen Volkswirtschaft bei
der Anwendung der in den MoU festgelegten Maßnahmen abgegeben wur-
den, bestätigt?

60. Stimmt die Bundesregierung der Aussage des Berichts des Europäischen
Parlaments über die Arbeitsweise der Troika zu, dass deren Prognosen in
Bezug auf Wachstum und Arbeitslosigkeit „manchmal allzu optimistisch“
waren (P7_TA(2014)0239)?

61. Teilt die Bundesregierung die Kritik des Europäischen Parlaments, der zu-
folge das Europäische Parlament „in allen Phasen der Programme [der
Troika] komplett marginalisiert wurde“ (P7_TA(2014)0240)?

62. Teilt die Bundesregierung die Kritik des Europäischen Parlaments, der zu-
folge die im Gegenzug zu Kredithilfen verlangten Maßnahmen „eine Be-
drohung der sozialen Ziele der EU darstellen“ (P7_TA(2014)0240)?

63. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Europäischen Parlaments,
dass „sich Erwartungen, durch interne Abwertung wieder an Wettbewerbs-
fähigkeit zu gewinnen und so wieder Wachstum und Beschäftigung zu
schaffen, nicht bewahrheitet haben“ (P7_TA(2014)0240)?

64. Teilt die Bundesregierung die Kritik des Europäischen Parlaments, dass die
Verhandlungen über die MoU von „Mangel an Transparenz“ geprägt waren
und das Bedauern darüber, dass die Programme „nicht an die Charta der
Grundrechte der Europäischen Union, die Europäische Menschenrechts-
konvention und die Europäische Sozialcharta gebunden sind, da sie nicht
auf dem Primärrecht der Union beruhen“ (P7_TA(2014)0239)?

65. Hält die Bundesregierung einen weiteren Schuldenschnitt für geboten, oder
geht sie davon aus, dass Griechenland all seine Schulden zurückzahlen
kann?

Drucksache 18/3971 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
66. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung den Syriza-Vorschlag für eine
Schuldenkonferenz nach dem Vorbild jener aus dem Jahr 1953?

67. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die wirtschaftliche Ent-
wicklung Deutschlands in den 50er- und 60er-Jahren und das heutige Wohl-
standsniveau ohne den Schuldenerlass von 1953 nicht möglich gewesen
wären?

68. Wie schätzt die Bundesregierung die Auswirkungen eines „Grexit“ auf die
griechische Volkswirtschaft und die Eurozone ein?

69. Inwiefern strebt die Bundesregierung Änderungen der EU-Verträge an, um
einen Austritt eines Mitgliedstaates aus der Eurozone ohne einen Austritt
aus der Europäischen Union zu ermöglichen oder sogar gegen den Willen
des betroffenen Mitgliedstaates durchsetzbar zu machen?

Berlin, den 3. Februar 2015

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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