BT-Drucksache 18/389

Weitere Drohnen-Flüge in Bayern

Vom 24. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/389
18. Wahlperiode 24.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Eva Bulling-Schröter, Wolfgang Gehrcke,
Jan van Aken, Christine Buchholz, Klaus Ernst, Nicole Gohlke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Stefan Liebich, Niema Movassat, Petra Pau,
Frank Tempel, Ulla Jelpke, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Weitere Drohnen-Flüge in Bayern

Erst im Sommer 2013 wurde bekannt, dass die US-Armee in der Oberpfalz
Flüge mit drei verschiedenen Drohnentypen durchführt (Bundestagsdrucksache
17/14401). Zuständig ist das „Joint Multinational Training Command“ (JMTC)
in Vilseck (Bundestagsdrucksache 18/48). Unverblümt erklärt das US-Kom-
mando auf seiner Webseite, wie diese zusammen mit anderen Einrichtungen in
Deutschland dem tödlichen Drohnenkrieg dienen sollen („Used in conjunction
with the live-fire ranges, maneuver areas, simulation and training resources, it
will help prepare U.S. and partner-nation forces to prevent conflict in the region,
shape strong international partnerships, and, if necessary, win decisively on any
battlefield“, www.army.mil, 9. Oktober 2013).
Aufstiegsgenehmigungen für die US-Drohnen „Raven“, „Hunter“ und „Sha-
dow“ wurden schon im Jahr 2005 erteilt. Die Übungsflüge durften bislang nur
über US-Einrichtungen stattfinden. Nun wurden Korridore zwischen den Basen
genehmigt. Diese verbinden Grafenwöhr und Hohenfels und wurden vom
Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) in einem bereits bestehenden Ge-
biet mit „Flugbeschränkungen“ ausgewiesen. Flüge in den geplanten Korridoren
sollen nur mit dem Typ „Hunter“ vorgenommen werden. Sie kann über 4 000
Meter aufsteigen und fliegt mit bis zu 200 Kilometer pro Stunde. Die „Hunter“
wird seit dem Jahr 1996 in unterschiedlichen Serien gefertigt und kann auch mit
Raketen bestückt werden. Die US-Armee teilt nicht mit, ob es sich in Bayern um
die bewaffnungsfähige Baureihe „MQ-5B“ handelt. Allerdings konnten die
Trainings nicht wie beabsichtigt im Oktober 2013 starten. Der Grund war bis-
lang nebulös: Die US-Armee behauptete, das Wetter sei schuld gewesen (Baye-
rischer Rundfunk, 21. Oktober 2013). Aus dem BMVg hieß es demgegenüber,
es brauche noch eine weitere Prüfung (Bundestagsdrucksache 18/213). Dem-
nach fehle als Voraussetzung für eine Genehmigung zur Nutzung der Korridore
eine „technische Bewertung des unbemannten Luftfahrzeuges“. Diese erfolge
„auf Grundlage US-amerikanischer Dokumentationen“, die jedoch noch nicht
„im erforderlichen Umfang vorliegen“ würden.
In der Oberpfalz trainieren nicht nur US-Drohnen für den Krieg: Nach Angaben
der US-Armee sollen auf der Anlage des JMTC auch unbemannte Systeme der
Bundeswehr Übungsflüge absolvieren. Um kritische Anwohnerinnen und
Anwohner zu beruhigen, hatte das US-Militär im Oktober 2013 einige ihrer
57 Drohnen ausgestellt und Fragen beantwortet. In einer Ankündigung der Ver-

Drucksache 18/389 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
anstaltung hieß es im Vorfeld, dass auch die deutschen Drohnen KZO und
LUNA auf dem Gelände des JMTC geflogen würden („The three UAS models
commonly used at JMTC by the German Bundeswehr to train – the KZO, the
Luna and the EMT Aladin – were also on display“, www.army.mil, 9. Oktober
2013). Die Systeme „KZO“ und „LUNA“ sind – abgesehen von drei „Heron“ –
die größten und schwersten der rund 900 Drohnen der Bundeswehr.
Die Genehmigung für die noch nicht genutzten Korridore zwischen Grafenwöhr
und Hohenfels läuft nach Presseberichten Anfang 2014 aus und müsste dann
verlängert werden (Bayerischer Rundfunk, 21. November 2013). Vor Ort regt
sich aber immer mehr Widerstand, auch unter den Landräten. Möglicherweise
können die Initiativen genügend Druck aufbauen, um weitere Trainings für den
tödlichen US-Drohnenkrieg zu verhindern.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann, und von wem hatte die Bundesregierung erstmals erfahren, dass die

US-Armee in Nordbayern Drohnen stationiert hat bzw. stationieren will und
folglich entsprechende Genehmigungen für Flüge beantragen will?

2. Seit wann sind bzw. waren US-Drohnen nach Kenntnis der Bundesregierung
auch auf Basen in Mannheim, Bamberg, Baumholder, Kaiserslautern, Stutt-
gart oder Ansbach stationiert (Bundestagsdrucksache 17/5004)?
a) Wieso wurden die Standorte Mannheim, Baumholder, Kaiserslautern und

Stuttgart nicht auf Bundestagsdrucksache 17/14401 beauskunftet?
b) Wann wurde welche Bundesbehörde von wem diesbezüglich informiert?
c) Wann wurden welche Genehmigungen hierfür beantragt?
d) Wann wurden welche Genehmigungen hierfür erteilt?
e) An welchen Orten sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit US-

Drohnen stationiert, bzw. welche Änderungen haben sich hierzu seit der
Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/14401 ergeben?

f) Wie ergibt sich der Widerspruch, dass auf Bundestagsdrucksache 17/14401
als Drohnen-Standort auch Illesheim ausgewiesen wird, dies aber im Jahr
2011 noch nicht beauskunftet wurde (Bundestagsdrucksache 17/5004)?

3. Über welche neueren Informationen verfügt die Bundesregierung hinsicht-
lich einer auch ohne Genehmigung bereits stattfindenden Nutzung der Ver-
bindungskorridore zwischen den US-Basen, wie es über Beobachtungen aus
der Bevölkerung berichtet wird (www.wochenblatt.de, 18. November 2013)?

4. Welche Flugbeschränkungsgebiete wurden für die Flüge über bzw. zwischen
den US-Basen ausgewiesen?
a) Welche Kennung tragen die Gebiete?
b) Wann waren diese eingerichtet bzw. erweitert worden?
c) Welche Einschränkungen wurden erlassen?
d) Welche weiteren Flugbeschränkungsgebiete existieren zurzeit für den Be-

trieb von Drohnen (bitte die jeweiligen Antragsteller und die genutzten
Drohnen sowie nach den Kategorien 1 bis 3 darstellen)?

5. Inwiefern trifft es zu, dass die US-Armee, wie auf Bundestagsdrucksache
18/48 berichtet, gegenüber dem BMVg begründete, die Korridore in der
Oberpfalz seien notwendig, um sich Straßentransporte zu ersparen, es aber
unterließ, auch ihren großen Nutzen für Trainings zur Steuerung zu erwäh-
nen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/389
6. Inwiefern trifft es zu, dass ein Verbindungskorridor der beiden Flugbe-
schränkungsgebiete ED-R 136A und ED-R 137 (http://abload.de/img/
grafenwoehrvhppa.png) den zivilen Anflug auf Nürnberg massiv behindern
würde (www.heise.de, 27. November 2013)?

7. Welche weitere, konkrete „technische Bewertung des unbemannten Luft-
fahrzeuges” muss auf Grundlage der US-amerikanischen Dokumentationen
vorgenommen werden, bevor die Genehmigungen erteilt werden sollen?
a) Wenn diese noch nicht „im erforderlichen Umfang vorliegen”, welche

sind also vorhanden, und welche fehlen?
b) Welche Stellen der US-Regierung oder privater Firmen sind bzw. waren

nach Kenntnis der Bundesregierung für die Nichtübermittlung bzw. Ver-
zögerung verantwortlich?

8. Inwiefern trifft es zu, dass der ursprünglich für den 14. Oktober 2013 an-
visierte Überflug einen Testflug darstellen sollte, der nach einem Bericht
des „Bayerischen Rundfunks“ „Teil oder Abschluss eines Genehmigungs-
verfahrens“ sei (21. Oktober 2013)?
Inwiefern fand dieser Flug statt, bzw. welche anderslautende Vorgehens-
weise wurde für das Genehmigungsverfahren verabredet?

9. Was ist seitens der Bundesregierung damit gemeint, wenn sie auf die Frage
zur möglichen Bewaffnung der US-Drohne „Hunter“ antwortet, dieses sei
„nach Herstellerangaben flexibel in unterschiedlichen Rollen einsetzbar“
(Bundestagsdrucksache 18/48)?
a) Inwiefern war es der Bundesregierung also bekannt, dass die „Hunter“

auch bewaffnet operieren kann?
b) Inwiefern teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass

durch Testflüge in Bayern der tödliche Drohnenkrieg des US-Militärs in
Pakistan, Afghanistan, Irak oder Somalia unterstützt wird?

10. Was hat die US-Armee dazu mitgeteilt, ob es sich bei den in Korridoren
operierenden „Hunter“ um eine bewaffnungsfähige Baureihe handelt?
Inwiefern wäre es nach Ansicht der Bundesregierung im Zuge einer noch zu
erteilenden Genehmigung gestattet, Übungsmunition mitzuführen?

11. Inwiefern hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nut-
zung der Bundeswehr (BAAINBw) jemals in Erwägung gezogen, selbst
Drohnen des Typs „Hunter“ bzw. andere Versionen des gleichen Typs zu be-
schaffen?

12. Wozu dienten die auf der Anlage des JMTC abgehaltenen Flüge unbemann-
ter Systeme der Bundeswehr (Bundestagsdrucksache 18/340)?
a) Wer hat wann entsprechende Genehmigungen beantragt, und wann wur-

den diese erteilt?
b) Inwiefern handelt es sich um Genehmigungen zur Nutzung einzelner Be-

schränkungsgebiete?
c) Inwiefern wurde zuvor auch eine (wie für die US-Drohnen geforderte)

„technische Bewertung des unbemannten Luftfahrzeuges” der Bundes-
wehr vorgenommen, und welches Ergebnis zeitigte diese jeweils?

d) Welche Einschränkungen sind in den Genehmigungen vorgesehen, und
wann enden diese?

e) Sofern diese „technische Bewertung“ nicht vorgenommen wurde, aus
welchem Grund schien diese entbehrlich?

Drucksache 18/389 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
f) Welche Aufgaben gehörten zur „Luftraumkoordinierung auf dem Trup-
penübungsplatz“, die laut Bundesregierung durch das JMTC übernom-
men wurden?

g) Inwiefern waren oder sind weitere Flüge deutscher Drohnen in Nord-
bayern geplant?

13. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der Herstel-
ler der „LUNA“-Drohnen eine Zulassung nach Kategorie 3 beantragen will
(www.netzpolitik.org, 22. Juni 2013)?
a) Inwieweit ist der Hersteller dabei gegenüber Behörden der Bundesregie-

rung vorstellig geworden?
b) Wie hat die Bundesregierung hierauf reagiert?
c) Welche gemeinsamen Anstrengungen unternehmen die Bundesregierung

und nach Kenntnis der Bundesregierung der Rüstungskonzern zur Um-
setzung der Erfordernisse für eine Zulassung nach Kategorie 3?

14. Wann endet die Genehmigung für die von der US-Armee noch nicht genutz-
ten Korridore zwischen Grafenwöhr und Hohenfels?
a) Welche Anstrengungen hat die US-Armee nach Kenntnis der Bundes-

regierung unternommen, um eine Verlängerung herbeizuführen?
b) Wie haben Bundesbehörden hierauf reagiert?

15. Was ist der Bundesregierung über die Absturzrate der „Hunter“ bekannt,
und welche Informationen erhielt sie hierzu von der US-Armee?

16. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die US-Drohnen nicht außerhalb
von Truppenübungsplätzen bzw. den genehmigten Korridoren geflogen
werden?
a) Sofern auf eine statistische Erfassung der Flüge auch über den Kasernen

verzichtet wird, aus welchem Grund, und inwiefern wäre eine entspre-
chende Anordnung hierzu möglich?

b) Gibt es nach Ansicht der Bundesregierung die Möglichkeit seitens der
zivilen oder militärischen Flugsicherung oder des Luftwaffenamts, US-
Drohnenflüge über das Bundesgebiet lückenlos zu erfassen, zu über-
wachen und zu dokumentieren?

17. Inwiefern macht die Bundesregierung ihre noch zu erteilende Genehmi-
gung nach Protesten der Bevölkerung von den geforderten Tests der Lärm-
emission abhängig?

18. Wie ist die Übernahme bzw. Auszahlung von Kosten für Schäden, die durch
US-Militärs in Bayern entstehen, zwischen der US-Regierung und der Bun-
desanstalt für Immobilienaufgaben geregelt?
a) In welchen Fällen haftet das US-Militär, und in welchen Fällen ist durch

das NATO-Truppenstatut bestimmt, dass die Bundesregierung Schäden
reguliert (Bundestagsdrucksache 18/48)?

b) Wie wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012 und
2013 Manöverschäden, die durch US-Militärgerät entstanden, reguliert
(Bayerischer Rundfunk, 13. März 2013)?

c) Inwieweit ist der Bundesregierung eine Initiative der Bürgermeister im
Kreis Amberg-Sulzbach bekannt, die die Bayerische Staatsregierung
aufgefordert hatten, von ihrem Interventionsrecht Gebrauch zu machen
und weitere Genehmigungen von Großmanövern durch das BMVg ab-
zulehnen (Bayerischer Rundfunk, 13. März 2013)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/389
d) Welche Bundesbehörden waren damit befasst, und wie haben diese auf
die Forderung reagiert?

e) Welche Manöver welcher ausländischen Streitkräfte haben im Jahr 2013
in Deutschland stattgefunden, und welche weiteren Militärs welcher
Länder nahmen daran teil?

f) Welche entsprechenden Großübungen sind nach Kenntnis der Bundes-
regierung für das Jahr 2014 geplant?

19. Da weder die Datenschutzbeauftragten des Bundes oder der Bundeswehr
oder die parlamentarische G 10-Kommission für die datenschutzrechtliche
Aufsicht ausländischer „Trainingsflüge“ zuständig sind (Schreiben des
Bundesministeriums der Verteidigung vom 6. November 2013 an den Ab-
geordneten Alexander Ulrich), inwiefern ist es nach Ansicht der Bundes-
regierung möglich, selbst Kontrollen in den Anlagen vorzunehmen (www.
netzpolitik.org, 6. Januar 2014)?
a) Welche Verträge wären hierfür maßgeblich?
b) In welchen der in Rede stehenden Einrichtungen in Bayern wären auch

unangekündigte Kontrollen möglich?
c) Inwiefern hält es die Bundesregierung für umsetzbar, dass auch Abge-

ordnete des Deutschen Bundestages an den Inspektionen teilnehmen?
20. Inwiefern hat die Bundesregierung in den letzten Monaten weitere Anstren-

gungen unternommen, um zu erfahren, wie die US-Basis Ramstein zwar
nicht als „Ausgangspunkt (launching point) für den Einsatz von Drohnen“
genutzt wird (Bundestagsdrucksache 17/14401), wohl aber die dortige Re-
laisstation für Funkverbindungen oder zur Steuerung (Bundestagsdrucksa-
che 18/213)?
a) Auf Basis welcher Nachforschungen kam sie zur Einschätzung, „Einsätze

von UAS der US Air Force werden nach Kenntnis der Bundesregierung
nicht von der US Air Force Base (AFB) Ramstein aus gesteuert“ (Bun-
destagsdrucksache 18/213)?

b) Inwiefern wird sie sich dabei lediglich auf eine ältere Aussage des US-
Präsidenten vom 19. Juni 2013 verlassen?

21. Welche „geeigneten Start- und Landefelder für diesen Technologieträger“
(Sagitta) hat die Bundesregierung gegenüber dem Rüstungskonzern EADS
genannt, und welche hält sie nach den vom EADS angegebenen, geforderten
Merkmalen überhaupt für nutzbar (Bundestagsdrucksache 17/14652)?

22. Wo genau, und von wem wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bis
Ende Dezember 2013 weitere Tests des Spionagesystems „ISIS“ in der
„Laborumgebung“ durchgeführt, und wozu waren diese notwendig (Bun-
destagsdrucksache 18/340)?

23. Welche Optionen zur Weiterverwendung des „ISIS“ wurden durch „Perso-
nen aus der Leitungsebene des Bundesministeriums der Verteidigung und
Vertretern des Rüstungskonzerns EADS bzw. deren Tochter- und Beteili-
gungsfirmen“ seit Sommer 2013 „ergebnisoffen diskutiert“ (Bundestags-
drucksache 18/340)?

24. Wo genau befindet sich nach Kenntnis der Bundesregierung das „ISIS“ bei
der EuroHawk GmbH, aus welchem Grund erfolgte bislang keine „Übereig-
nung des Gesamtsystems einschließlich ISIS“ an den Bund, und wann soll
die „Schlussabrechnung“ erfolgen?

Berlin, den 23. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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