BT-Drucksache 18/3684

Sachstand bei Gleichstellung und Antidiskriminierungspolitik

Vom 23. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3684
18. Wahlperiode 23.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ulle Schauws, Hans-Christian Ströbele und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sachstand bei Gleichstellung und Antidiskriminierungspolitik

Antidiskriminierungsrichtlinie
Die Fünfte Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union aus dem
Jahre 2008 ist immer noch nicht beschlossen. Ziel der Richtlinie ist es, auch au-
ßerhalb von Beschäftigung und Beruf ein einheitliches Schutzniveau für Perso-
nen festzulegen, die Opfer von Diskriminierungen sind. Der Geltungsbereich
der Richtlinie soll daher neben dem Bereich Arbeitsmarkt auch den Zugang zu
Gütern und Dienstleistungen erfassen. Damit wird der sogenannte horizontale
Ansatz auf europäischer Ebene verwirklicht, indem das Schutzniveau europa-
weit für alle Diskriminierungsmerkmale auf das Niveau der Antirassismusricht-
linie aus dem Jahr 2000 (Richtlinie 2000/43/EG) angehoben werden soll. Auf
eine Schriftliche Frage des Abgeordneten Volker Beck zur aktuellen Position der
Bundesregierung zur Antidiskriminierungsrichtlinie vom 9. Mai 2014 (Bundes-
tagsdrucksache 18/1378) erklärt die Bundesregierung, dass der Meinungsbil-
dungsprozess der Regierung noch nicht abgeschlossen ist.

Eingetragene Lebenspartnerschaften
Eingetragene Lebenspartnerschaften sind im deutschen Recht weiterhin
schlechter gestellt als Ehen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat diese
Praxis in seinem Urteil vom 7. Juli 2009 beanstandet. Demnach sind die fami-
lienrechtlichen Institutionen der Ehe und Lebenspartnerschaft juristisch ver-
gleichbar, weil sie „eine auf Dauer übernommene, auch rechtlich verbindliche
Verantwortung für den Partner“ begründen (BVerfG, Beschluss vom 7. Juli
2009, 1 BvR 1164/07, Rn. 102 ff.) Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und
SPD festgehalten, dass sie darauf hinwirken werden, bestehende Diskriminie-
rungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen
aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen zu been-
den und rechtliche Regelungen, die Lebenspartnerschaften schlechter stellen, zu
beseitigen. Auf die Mündliche Frage 14 des Abgeordneten Volker Beck nach
dem Stand der Umsetzung dieses Vorhabens erklärte die Bundesregierung, dass
die Meinungsbildung der Bundesregierung zur Umsetzung des Koalitions-
vertrags noch nicht abgeschlossen sei (Mündliche Frage 14 für die Fragestunde
des Deutschen Bundestages am 24. September 2014, Plenarprotokoll 18/53,
Anlage 10).

§ 175 des Strafgesetzbuchs
Die Opfer der menschenrechtswidrigen Strafverfolgung wegen homosexueller
Handlungen (§ 175 des Strafgesetzbuchs – StGB, § 151 DDR-StGB) sind für die

Drucksache 18/3684 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zeit nach 1949 noch nicht rehabilitiert und entschädigt worden. Dabei ist mit
§ 175 StGB in der Bundesrepublik Deutschland nationalsozialistisches Unrecht
bis 1969 unverändert in Kraft geblieben. Danach galten unterschiedliche straf-
rechtliche Schutzgrenzen für Homo- und Heterosexualität. Erst 1994 wurde
§ 175 StGB im Zuge der deutschen Einheit aufgehoben.
Mehrere Bundesländer haben eine Rehabilitierung der Opfer gefordert, darunter
Hessen, Thüringen, Bremen und Sachsen-Anhalt. Eine gemeinsame Erklärung
von rechts- und innenpolitischen Sprechern von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
fordert die Bundesregierung auf, Gerechtigkeit für die Opfer von Homo-
sexuellenverfolgung herzustellen (www.beckstage.volkerbeck.de/2014/09/01/
gerechtigkeit-fuer-die-opfer-der-homosexuellen-verfolgung-in-deutschland/).
In einem Interview mit queer.de am 29. Mai 2014 erklärte der Bundesminister
für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, die Bundesregierung prüfe derzeit
die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Rehabilitierung (www.queer.de/
detail.php?article_id=21665).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist die aktuelle Position der Bundesregierung zur Fünften Antidiskrimi-

nierungsrichtlinie (im Vergleich zu ihrer Haltung in der 17. Legislaturperi-
ode), und mit welchen Zielen nimmt die Bundesregierung an den Sitzungen
der Ratsarbeitsgruppe Sozialfragen teil, die sich mit diesem Thema befasst?

2. Wann und wie (bitte zu ändernde Gesetze und Verordnungen enumerativ auf-
listen) wird die Bundesregierung die Festlegung im Koalitionsvertrag zwi-
schen CDU, CSU und SPD, „wir werden darauf hinwirken, dass bestehende
Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und
von Menschen auf Grund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen
Bereichen beendet werden. Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlecht-
liche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen“, um-
setzen?

3. Wie ist die aktuelle Position der Bundesregierung zur Rehabilitierung der
Opfer des § 175 StGB und § 151 DDR-StGB, und auf welchem Stand befin-
den sich die Prüfungen der verfassungsrechtlichen Möglichkeiten der Reha-
bilitierung?

Berlin, 22. Dezember 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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