BT-Drucksache 18/330

Schutz vor gesundheitsbelastenden Schadstoffen in Kinderspielzeugen

Vom 21. Januar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/330
18. Wahlperiode 21.01.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Karin Binder, Caren Lay, Ulla Jelpke, Sabine Leidig, Petra Pau,
Harald Petzold (Havelland), Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel,
Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Schutz vor gesundheitsbelastenden Schadstoffen in Kinderspielzeugen

Immer wieder kommt es zu Beanstandungen bei Kinderspielzeugen aufgrund zu
hoher Schadstoffbelastungen. Insbesondere werden krebserzeugende polyzykli-
sche aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und bestimmte giftige Schwer-
metalle in gesundheitsbedenklichen Mengen gemessen. Auffällig häufig wird in
den wöchentlichen Meldungen des RAPEX-Schnellwarnsystems der Europä-
ischen Union (Rapid Exchange – schneller Informationsaustausch) für gefährli-
che Verbraucherprodukte auch vor hohen Phthalate-Gehalten in Spielzeugen ge-
warnt. Einzelne dieser Weichmacher für Kunststoffe sind in bestimmten Kinder-
spielzeugen verboten.
Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass mit der neuen EU-Spielzeug-
richtlinie (2009/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die
Sicherheit von Spielzeug) Grenzwerte für bestimmte Schadstoffe aufgeweicht
wurden. Für die Schwermetalle Antimon, Arsen, Barium, Blei und Quecksilber
sind europaweit deutlich höhere Rückstände in Spielzeugen erlaubt als bisher.
Nach Auffassung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) verschlech-
terte sich dadurch teilweise das Schutzniveau für Kinder. Aus einer Stellung-
nahme des BfR (Nr. 034/2012 vom 10. August 2012) geht zudem hervor, dass
aus heutiger Sicht auch die bisherigen Schadstoffregelungen zu lasch waren, um
gesundheitliche Risiken bei Kindern auszuschließen. Hierzu empfehlen die
Expertinnen und Experten insbesondere bei Arsen und Blei das ALARA-Prinzip
(As Low As Reasonably Achievable) anzuwenden, wonach die Belastung so
weit zu senken ist, wie dies vernünftigerweise machbar ist. Diese Herangehens-
weise soll bei Kinderspielzeugen für PAK ebenfalls gelten. Auch Umwelthor-
mone werden in der EU-Spielzeugrichtlinie nur in Einzelfällen geregelt, obwohl
sie gerade für Kinder sehr schädlich sein können.
Deutschland stimmte gegen die im Juni 2009 erlassene Spielzeugrichtlinie und
setzte sich vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gegenüber der
Europäischen Kommission für die Beibehaltung der bisherigen Grenzwerte be-
stimmter Schwermetalle ein. Nach einem Beschluss des Gerichts vom 16. Mai
2013 dürfen in der Bundesrepublik Deutschland vorläufig und abweichend von
den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union die alten Grenzwerte an-
gewandt werden. Eine endgültige Entscheidung des Gerichts steht aus. In Bezug
auf Grenzwerte für Kinderspielzeuge erklärte die Bundesregierung in einer
Pressemitteilung vom 17. Mai 2013, dass die Sicherheit von Kindern die höchste
Priorität habe und dass man alle Möglichkeiten für hohe Sicherheitsstandards
ausschöpfen werde.

Drucksache 18/330 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie rechtfertigte und begründete die Europäische Kommission ihr Festhal-

ten an der Verschlechterung der Grenzwerte für die Schadstoffe Antimon,
Arsen, Barium, Blei und Quecksilber in der neuen Spielzeugrichtlinie 2009/
48/EG gegenüber der alten Regelung sowie in Bezug auf die Anwendung
des ALARA-Prinzips?

2. Welcher Grenzwert ist nach dem ALARA-Prinzip derzeit für Arsen, Blei
und PAK erreichbar, um eine möglichst geringe Belastung bei Kindern
durch Kontakt mit Spielzeug zu erreichen?

3. Welcher Grenzwert gilt derzeit in Deutschland für PAK in Spielzeugen, und
wie soll künftig ein gesundheitlich unbedenklicher Grenzwert für PAK in
Spielzeugen sichergestellt werden?

4. Welche Grenzwerte strebt die Bundesregierung in Bezug auf die Fachver-
öffentlichungen des BfR für die genannten Schwermetalle und PAK lang-
fristig an?

5. Bis wann rechnet die Bundesregierung mit einer endgültigen Entschei-
dung des EuGH, und welche Maßnahmen sieht sie für den Fall vor, dass
sie bei der endgültigen Entscheidung des Gerichtes unterliegt, um für Kin-
der dennoch bestmögliche Schutzstandards sicherzustellen?

6. Durch welche Maßnahmen ist derzeit die Einhaltung der in Deutschland
strengeren Grenzwerte für die genannten Schwermetalle sichergestellt, wenn
die Spielzeuge oder einzelne Bestandteile zu deren Herstellung
a) aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder
b) aus Drittstaaten
eingeführt werden?

7. Welche einzelnen Maßnahmen gelten diesbezüglich für Drittlandimporte,
die über andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union, beispielsweise
den Seehafen Rotterdam, nach Deutschland gelangen?

8. Was unternimmt die Bundesregierung, um das Auftauchen von Spielzeugen
mit unzulässigen PAK- und Phthalate-Belastungen auf dem deutschen Markt
künftig konsequenter zu verhindern?

9. Wie hoch ist nach aktuellstem Stand der Importanteil bei den in Deutschland
auf den Markt gebrachten Kinderspielzeugen aus
a) anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und
b) Drittstaaten
(bitte in Euro und Prozent angeben und nach Staaten aufschlüsseln)?

10. Welche Abkommen wurden bisher mit China über die Sicherheit von Spiel-
zeugen und den diesbezüglichen Gesundheitsschutz der Verbraucherinnen
und Verbraucher getroffen?

11. Wann nahm die „Arbeitsgruppe Produktsicherheit“ ihre Arbeit auf, wann,
wie oft, und zu welchen Themen hat sie sich bisher getroffen, welche Insti-
tutionen und Personen wirkten jeweils von deutscher Seite mit, und welche
konkreten Vereinbarungen bzw. Beschlüsse wurden bisher gefasst?

12. Welche einzelnen Projekte und Programme wurden nach dem Jahr 2010
zwischen Deutschland und China aufgelegt bzw. durchgeführt, und wie
haben sie die Spielzeugsicherheit und den gesundheitlichen Verbraucher-
schutz bei Produkten, die hier auf den Markt kommen, belegbar verbessert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/330
13. Welchen Stand und welches Niveau hat der von der Bundesregierung an-
gestrebte Aufbau eines wirksamen Marktüberwachungssystems und einer
effektiven Ausfuhrkontrolle im Herkunftsland von Spielwaren in Bezug auf
China erreicht?

14. Welche einzelnen Maßnahmen strebt die Bundesregierung an, um den
Schutz von Kindern vor Umwelthormonen in Spielzeugen zu verbessern,
und wie bewertet sie den Umstand, dass der Schutz der Umwelt vor Um-
welthormonen wirksamer geregelt ist, als der Schutz der menschlichen Ge-
sundheit (vgl. EU-Biozid- und Pflanzenschutzrichtlinie und EU-Spielzeug-
richtlinie)?

Berlin, den 21. Januar 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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