BT-Drucksache 18/3205

Katastrophenschutz und die aktuelle Ebola-Epidemie

Vom 12. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3205
18. Wahlperiode 12.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, Christine
Buchholz, Andrej Hunko, Inge Höger, Ulla Jelpke, Katja Kipping, Katrin Kunert,
Cornelia Möhring, Niema Movassat, Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald
Weinberg, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Katastrophenschutz und die aktuelle Ebola-Epidemie

Die aktuelle Ebola-Epidemie in Westafrika hat gegenüber vorherigen Aus-
brüchen eine andere Dimension. Neben den traditionellen eher entlegenen Aus-
bruchsgebieten sind nun auch bisher verschonte Großstädte und Nachbarländer
betroffen.
Aufgrund der regionalen und globalen Mobilität können weltweit Ebola-Fälle
auftreten. Aufgrund der traditionell engen Verbindung zwischen Westafrika und
Indien ist eine etwaige Ausbreitung auf den indischen Subkontinent denkbar.
Einzelne Ansteckungen in den USA und Europa sind für den deutschen Kata-
strophenschutz ein deutliches Zeichen, den Stand der Vorbereitung für eine stei-
gende Anzahl an Ebola-Infektionen in Deutschland zu überprüfen. Auch wenn
das epidemische Potenzial von Ebola in einem gut organisiertem Gesundheits-
system beherrschbar scheint, ist nicht auszuschließen, dass die Erkrankungs-
zahlen über die Zahl der vorgehaltenen Isolationsbetten hinausgehen. Auch
dann müssen das Gesundheitssystem und der Katastrophenschutz noch hand-
lungsfähig bleiben.
Der Katastrophenschutz ist in allererster Linie Ländersache. Dies trifft ebenso
auf die Abwehr biologischer Gefahren zu. Der Bund ist aber über den Zivil-
schutz, die Bevorratung, die Katastrophenvorplanung, den Zoll, die Bundes-
polizei und die Gesundheitspolitik in ein nationales Krisenmanagement einge-
bunden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist die Zahl der Isolationsbetten in Deutschland, die für eine Ebola-

Behandlung geeignet sind, und wie hat sich diese Zahl in den letzten zehn
Jahren entwickelt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

2. Welche kurzfristigen Aufstockungen sind bei der Bettenzahl in Isolierstatio-
nen in der Notfallplanung vorgesehen (bitte nach Bundesländern aufschlüs-
seln)?

3. Wie hoch ist die Zahl von Betten in Isolierstationen, welche für geringere Ge-
fährdungsklassen vorgesehen sind, aber im Notfall bei steigenden Erkran-
kungszahlen ergänzend genutzt werden könnten (bitte nach Bundesländern
aufschlüsseln)?

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4. Welche Maßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung vorgesehen,
um die Behandlung anderer Krankheiten in Isolierstationen durch mögliche
verstärkte Ebola-Fälle nicht zu beeinträchtigen?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass es in Deutschland
keinen Facharzt für Infektiologie als eigene Weiterbildung gibt?

6. Wie viele für den Umgang mit Ebola qualifizierte und erfahrene Ärztinnen
und Ärzte sind in der Bundesrepublik Deutschland verfügbar, und wie viele
Patientinnen und Patienten können durch diese behandelt werden?

7. Sind die Krankenhaus-Notfallpläne für eine etwaige Epidemie flächen-
deckend erarbeitet und auf Durchführbarkeit überprüft worden?

8. Wie schätzt die Bundesregierung die Bevorratung von geeigneten Schutz-
anzügen, Medikamenten und Verbrauchsmaterialien an Krankenhäusern zur
Ebola-Abwehr angesichts einer inzwischen weitgehenden Just-in-Time-
Bevorratung und angesichts hoher Verbrauchszahlen bei der Ebola-Behand-
lung ein?

9. Besteht diese Einschätzung auch im Falle, dass die Fallzahlen über die
Isolierbettenanzahl hinaus anwachsen (bitte Begründung anfügen)?

10. Sieht die Bundesregierung die Verfügbarkeit von geeigneten Schutzanzügen
für das Gesundheitswesen, für Hilfsorganisationen wie das Technische
Hilfswerk (THW), die Feuerwehr, den Zoll und die Bundespolizei gesichert,
angesichts von Pressemeldungen (www.welt.de/wirtschaft/article133541229/
Das-Ebola-Schutzpaket-fuer-36-Euro-ist-ausverkauft.html), dass die ent-
sprechenden Hersteller voll ausgelastet sind und Lieferzeiten von mehreren
Wochen existieren?

11. Wie schätzt die Bundesregierung die Vorhaltung von Betreuungskräften
(Ärzte bzw. Pflegepersonal) angesichts eines sehr hohen Betreuungsschlüs-
sels bei Ebola bezüglich von Qualifizierung, Einsatzredundanz und deren
Auswirkung auf die Normalversorgung an Krankenhäusern ein?
Besteht diese Einschätzung auch im Falle, dass die Fallzahlen über die Iso-
lierbettenanzahl hinaus anwachsen?

12. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der apparative und perso-
nelle intensivmedizinische Aufwand zur Versorgung eines an Ebola er-
krankten Menschen?

13. Wie hat sich die Zahl von Unterdruckkammern in Deutschland in den letz-
ten zehn Jahren entwickelt (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?
Welche Ursachen sieht die Bundesregierung für die Entwicklung?

14. Inwiefern sind die Vorhaltekosten für Unterdruckkammern, Isolierbetten
und Isolierstationen und anderen Vorsorgemaßnahmen im Finanzierungs-
system der Krankenhäuser nach Ansicht der Bundesregierung ausreichend
berücksichtigt?

15. Gibt es auf Frage 14 bezogen Unterschiede unter den Ländern, und werden
diese Vorhaltekosten vollständig durch die Länder getragen?

16. Inwieweit wird die Vorhaltung von Unterdruckkammern, Isolierbetten und
Isolierstationen und anderen Vorsorgemaßnahmen nach Kenntnis der
Bundesregierung in der Krankenhausbedarfsplanung der Bundesländer be-
rücksichtigt bzw. welche länderübergreifenden Versorgungsplanungen exis-
tieren hier?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3205
17. Inwiefern ist die Entwicklung der Vorhaltung von Unterdruckkammern, Iso-
lierbetten und Isolierstationen und anderen Vorsorgemaßnahmen nach
Kenntnis der Bundesregierung von der Trägerschaft des Krankenhauses (öf-
fentlich, freigemeinnützig, privat) mit abhängig?

18. Wie viele Unterdruckkammern und Isolierbetten pro vorgehaltenem Bett
gibt es in Krankenhäusern mit öffentlicher, freigemeinnütziger und privater
Trägerschaft, und welche Rolle spielen dabei Universitätsklinika?

19. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen afrikanische Patientinnen
und Patienten in deutschen Krankenhäusern aus Angst vor Ebola abge-
wiesen wurden?

20. Sind der Bundesregierung andere Fälle von Stigmatisierung gegenüber mut-
maßlich oder tatsächlich aus Afrika stammenden Menschen aufgrund des
Ebola-Ausbruchs bekannt?

21. Wie viele Fahrzeuge, Flugzeuge und Hubschrauber sind in Deutschland für
den sicheren Transport hochinfektiöser Ebola-Kranker verfügbar, und hält
die Bundesregierung diese Anzahl für ausreichend?

22. Inwiefern sieht die Bundesregierung genügend Kapazitäten zur sicheren
Beseitigung von hochinfektiösen Materialien und Müll, die bei der Ebola-
Behandlung anfallen, und besteht diese Einschätzung auch im Falle, dass
die Fallzahlen über die Isolierbettenanzahl hinaus anwachsen?

23. Inwiefern sieht die Bundesregierung genügend Kapazitäten zur sicheren
Aufbewahrung und Bestattung von Ebola-infizierten Leichnamen, und be-
steht diese Einschätzung auch im Falle, dass die Fallzahlen über die Isolier-
bettenanzahl hinaus anwachsen?

24. Wie viele mobile Desinfektionsanlagen zur Dekontaminierung von Ärztin-
nen und Ärzten sowie Helfenden in kontaminierten Schutzbekleidungen,
von kontaminierten Gebäuden und Fahrzeugen stehen dem Gesundheits-
wesen, den Hilfsorganisationen und insbesondere dem THW zur Verfü-
gung?

25. Mittels welcher Datenbanken sollen festgestellte Kontaktpersonen erfasst
werden?

26. Besteht bei der Datenbank oder den Datenbanken ein länderübergreifendes
Zugriffsrecht oder ein länderübergreifender Abgleich für befugte Institu-
tionen?

27. Welche Institutionen haben Zugriff auf die Datenbank oder die Daten-
banken?

28. Wie ist der Datenschutz bei der oder den Datenbanken gesichert?
29. Welche Planungen existieren zur Einrichtung von Quarantänebereichen jen-

seits der Isolierbetten bei eventuell eintretenden erhöhten Krankenzahlen?
30. Sieht die Bundesregierung Probleme bei der Kostenübernahme von Ebola-

Behandlungen durch Krankenkassen angesichts von Pressemeldungen
(www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ebola-hamburger-uniklinikum-rechnet-
mit-millionenkosten-fuer-patient-a-997895.html), dass die Behandlung von
Ebola-Patientinnen und Ebola-Patienten pro Fall in Hamburg 2 Mio. Euro
gekostet hat?

31. Welche Szenarien der Ausbreitung und welche entsprechenden Handlungs-
optionen bei Epidemien werden im Rahmen des nationalen Krisenmanage-
ments vorgehalten, und wie ordnet die Bundesregierung die Ebola-Epide-
mie in dieses Krisenmanagement ein?

Drucksache 18/3205 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
32. Welche Maßnahmen sind seit dem Ausbruch von Ebola in Westafrika zur
Sensibilisierung, zum Training und zur Ausstattung beim THW, beim Zoll
und bei der Bundespolizei unternommen worden, um die Eigensicherung
der Beschäftigten und ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu
gewährleisten?

33. Zählen zu den in Frage 32 genannten Maßnahmen das Üben des „Aus-
schälens“ von Schutzanzügen und eine spezielle Schulung am Beispiel von
Ebola, und wie viele Personen wurden damit erreicht?

34. Welche Anzahl an eingelagerten Infektionsschutzsets, die für einen Einsatz
bei Ebola-Erkrankten geeignet sind, steht beim THW, beim Zoll und bei der
Bundespolizei zur Verfügung?

35. Welche besonderen Hygienemaßnahmen hat der Zoll ergriffen, um einer
eventuellen Übertragung von Ebola über infiziertes „Bushmeat“ zu ver-
hindern?

36. Wie steht die Bundesregierung dazu, im Notfall auch nichtzugelassene Arz-
neimittel zur Behandlung von beziehungsweise zur Impfung gegen Ebola in
Deutschland einzusetzen?

Berlin, den 12. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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