BT-Drucksache 18/3078

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/2141 - Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005 und des Bevölkerungsstatistikgesetzes

Vom 5. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3078
18. Wahlperiode 05.11.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/2141 –

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005
und des Bevölkerungsstatistikgesetzes

A. Problem
1. Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005
Nach § 12 des geltenden Mikrozensusgesetzes 2005 vom 24. Juni 2004 werden der
Mikrozensus und die durch die Verordnung (EG) Nr. 577/98 des Rates vom 9. März
1998 (ABl. L 77 vom 14.3.1998, S. 3) der Europäischen Union vorgeschriebenen
Stichprobenerhebungen über Arbeitskräfte gemeinsam durchgeführt.
Diese EU-Verordnung soll nun geändert werden. Die bevorstehende Änderung sieht
insbesondere eine mehrmalige Befragung derselben Person innerhalb eines Jahres
vor, die sogenannte unterjährige Befragung. Zudem sollen Erhebungen vermehrt
elektronisch durchgeführt werden, z. B. per Telefon oder Internet, und dadurch die
Erhebungs-, Auswertungs- und Meldeabläufe beschleunigt werden.
Da auch bei anderen Haushaltserhebungen der EU umfangreiche Änderungen und
weitergehende Anforderungen absehbar sind, ist beabsichtigt, diesen Anforderungen
mit einer übergreifenden Reform der Haushaltserhebungen zu begegnen. Ziel ist die
Schaffung eines Gesamtsystems, in welches folgende Erhebungen integriert werden
sollen:
1. der Mikrozensus,
2. die europäische Arbeitskräfteerhebung,
3. die Gemeinschaftserhebungen über Einkommen und Lebensbedingungen

(EUSILC) und über die private Nutzung von Informationstechnologien (IKT)
sowie

4. die Freiwilligenstichproben nach § 7 des Bundesstatistikgesetzes.
Einerseits soll mit der umfassenden Integration verschiedener Einzelerhebungen der
Mehraufwand, der insbesondere auch durch die unterjährige Befragung entsteht, zu-
künftig soweit wie möglich reduziert werden. Andererseits sollen die Bürgerinnen
und Bürger durch Nutzung eines modular aufgebauten, kohärenten Systems der
Haushaltsstatistiken weiter entlastet werden.
Durch die Einführung einer „Experimentierklausel“ sollen unter realen Bedingungen
die künftigen Erhebungsverfahren und -abläufe in die laufende Erhebung integriert
und getestet werden.

Drucksache 18/3078 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes
Das Bevölkerungsstatistikgesetz ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten. Bei der
Vorbereitung seiner Umsetzung hat sich herausgestellt, dass weitere Hilfsmerkmale
erforderlich sind, um die Qualität der Statistik insbesondere im Hinblick auf die Ein-
wohnerzahl und deren Fortschreibung zu sichern und zu verbessern.

B. Lösung
Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005 und des Bevölkerungsstatistikgesetzes.
Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
1. Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005
Als Alternative wäre einerseits der Verzicht auf das Gesetzgebungsvorhaben denk-
bar. Dies würde jedoch dazu führen, dass das nach Maßgabe der EU-Verordnung
geänderte Verfahren ohne Test durchgeführt werden müsste.
Andererseits könnte das Verfahren mit Hilfe einer freiwilligen Erhebung nach § 7
Absatz 2 des Bundesstatistikgesetzes getestet werden. Die geplanten Änderungen
sind jedoch so umfassend, dass eine solche freiwillige Erhebung nur bedingt Er-
kenntnisse über die Datenqualität und die Funktionsfähigkeit der Abläufe und In-
strumente liefern könnte.
2. Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes
Als Alternative käme ein Verzicht auf das Gesetzgebungsvorhaben in Frage. Das
würde jedoch dazu führen, dass die Qualität der Statistik im Hinblick auf die Ein-
wohnerzahl und deren Fortschreibung nicht optimal wäre. Dies wäre insbesondere
vor dem Hintergrund, dass viele Rechtsfolgen an Einwohnerzahlen gekoppelt sind,
unbefriedigend.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
Es werden keine zusätzlichen Informationspflichten eingeführt.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand, da Unternehmen von diesem
Gesetz nicht betroffen sind. Es werden keine Informationspflichten eingeführt, ab-
geschafft oder geändert.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Vollzugsaufwand
1. Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3078
Nach Kostenkalkulationen des Statistischen Bundesamtes sowie der statistischen
Ämter der Länder entstehen durch die Änderung des Mikrozensusgesetzes 2005 bei
Bund und Ländern einmalig Kosten in Höhe von insgesamt 494 745 Euro; davon
entfallen auf den Bund 77 452 Euro und auf die Länder 417 293 Euro. Umstellungs-
kosten entstehen einmalig in Höhe von insgesamt 300 856 Euro; davon entfallen auf
den Bund 102 102 Euro und auf die Länder 198 754 Euro. Der Mehraufwand für den
Bund wird im Einzelplan 06 erbracht.
2. Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes
Nach Kostenkalkulationen des Statistischen Bundesamtes sowie der statistischen
Ämter der Länder entstehen für die Durchführung der Änderung des Bevölkerungs-
statistikgesetzes bei Bund und Ländern einmalige Umstellungskosten in Höhe von
insgesamt 77 000 Euro; davon entfallen auf den Bund 28 000 Euro und auf die Län-
der 49 000 Euro. Jährliche Mehrkosten entstehen bei den Ländern in Höhe von
64 000 Euro. Der Mehraufwand für den Bund wird im Einzelplan 06 erbracht.

F. Weitere Kosten
Durch das Gesetz entstehen für die Wirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme
keine Kosten, da sie von diesem Gesetz nicht betroffen sind. Auswirkungen auf die
Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten.
Drucksache 18/3078 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2141 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 5. November 2014

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Andrea Lindholz
Berichterstatterin

Matthias Schmidt (Berlin)
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3078
Bericht der Abgeordneten Andrea Lindholz, Matthias Schmidt (Berlin), Jan Korte
und Dr. Konstantin von Notz

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2141 wurde in der 54. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25.
September 2014 an den Innenausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
zur Mitberatung überwiesen. Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung beteiligte sich gutacht-
lich.

II. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 27. Sitzung am 8. Oktober 2014 die Annahme
des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und eines Mitglieds der Fraktion
DIE LINKE. empfohlen.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 28. Sitzung am 5. November 2014 abschließend beraten.
Die Stellungnahme des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung auf Ausschussdrucksache
18(4)115 lag vor.
Der Innenausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2141 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN anzunehmen.
Zuvor wurde der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache
18(4)172 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der antragstellenden
Fraktion bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt.
Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 18(4)172 hat ein-
schließlich Begründung folgenden Wortlaut:
Der Artikel 2 (Änderung des Bevölkerungsstatistikgesetzes) wird wie folgt geändert:
Nummer 1 wird wie folgt geändert:
Buchstabe b wird wie folgt gefasst:
„b) In Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b wird das Wort „und“ durch ein Komma ersetzt und nach dem Wort
„Familienstand“ werden die Wörter „und Zahl der gemeinsamen Kinder“ eingefügt.“
Die bisherige Buchstabe b wird zu Buchstabe c.
Buchstabe d wird wie folgt gefasst:
„d) Absatz 4 Nummer 1 wird wie folgt geändert:
aa) Die Buchstabe d wird wie folgt gefasst:
„d) Angabe darüber, ob einer bzw. beide der Eltern in einer bzw. zwei Lebenspartnerschaften leben,“
bb) Die bisherigen Buchstaben d bis h werden zu Buchstaben e bis i.“
Die bisherigen Buchstaben c und d werden zu Buchstaben e und f.
Nummer 2 Buchstabe b wird folgende Doppelbuchstabe cc angefügt:
„cc) In Nummer 2 Buchstabe b werden nach dem zweiten Komma die Wörter „Zahl der lebenden gemein-
schaftlichen minderjährigen Kinder,“ angefügt.
Begründung
In der Antwort auf die kleine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion zum Thema „Regenbogenfamilien in
Deutschland“ (BT-Drs. 18/2174) gab die Bundesregierung zu, dass sie sehr wenig von der Lebensrealität von

Drucksache 18/3078 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Regenbogenfamilien weiß. Ihre einzigen Erkenntnisse basieren auf Erhebungen von 2006 und können nicht
ernsthaft als aktuell und ausreichend bewertet werden.
Mit dem vorliegenden Änderungsantrag wird die immer wachsende Zahl von Regenbogenfamilien in Deutsch-
land endlich auch in der Bevölkerungsstatistik berücksichtigt.
Nur so wird der Gesetzgeber der familiären Realität gerecht und kann Regenbogenfamilien auf einer fundierten
Basis in die Familienpolitik einbeziehen.
Zu Nummer 1 (§ 2 BevStatG)
Zu Buchstabe a (Absatz 3)
Nach § 2 Absatz 2 Nummer Buchstabe b wird bei Eheschließungen u.a. die Zahl der gemeinsamen Kinder der
Ehegatten übermittelt. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird bei Begründungen von Lebenspartnerschaf-
ten auch die Zahl der gemeinsamen Kinder der Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspartner übermittelt. Dies kann
relevant sein, wenn Kinder vor der Begründung eingetragener Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht im
Ausland angenommen wurden.
Zu Buchstabe c (Absatz 4)
Nach § 2 Absatz 4 Nummer 1 Buchstabe c wird bei lebend- und bei totgeborenen Kindern die Angabe darüber
übermittelt, ob die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird
auch die Angabe übermittelt, ob einer bzw. beide der Eltern in einer bzw. zwei Lebenspartnerschaften leben.
Zu Nummer 2 (§ 3 BevStatG)
Nach § 3 Nummer 1 Buchstabe b übermitteln die für Ehesachen und Aufhebungen von eingetragenen Lebens-
partnerschaften zuständigen Gerichte erster Instanz bei gerichtlichen Entscheidungen über Ehesachen den
statistischen Ämtern der Länder mindestens monatlich u.a. die Zahl der lebenden gemeinschaftlichen minder-
jährigen Kinder. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird die Zahl der lebenden gemeinschaftlichen minder-
jährigen Kinder auch bei Aufhebungen von Lebenspartnerschaften übermittelt.

IV. Begründung

Die Koalitionsfraktionen betonen, dass mit dem vorliegenden Gesetzentwurf im Wesentlichen redaktionelle
Änderungen des Mikrozensus- und Bevölkerungsstatistikgesetzes bezweckt werden. Weiter werde eine Expe-
rimentierklausel eingeführt. Hintergrund dieser Klausel sei die Änderung der EU-Verordnung, die Stichpro-
benerhebungen über Arbeitskräfte regele. Zudem werden unterschiedliche Statistiken zusammengeführt. Der
Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 18(4)172 werde abge-
lehnt, weil er nicht mit den rechtlichen Gegebenheiten übereinstimme.
Die Fraktion DIE LINKE. steht dem Gesetzesvorhaben insgesamt skeptisch gegenüber und bemängelt, dass
in dem Gesetzesentwurf den Bürgerinnen und Bürgern nicht ansatzweise eine freiwillige Teilnahme an der
Datenerhebung zugestanden werde. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass nunmehr von keinem Mehraufwand
für die Betroffenen ausgegangen werde, obwohl zuvor noch von einem erheblichen Mehraufwand die Rede
war.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lobt das durchgeführte Berichterstattergespräch, gleichwohl dieser
komplizierten Materie auch eine Anhörung hätte dienlich sein können. Bei der Abstimmung über den Gesetz-
entwurf werde man sich enthalten. Denn es bleibe dabei, dass die zwangsmäßige Datenerhebung einen grund-
rechtsintensiven Eingriff darstelle. Es hätte versucht werden sollen, einen grundrechtsschonenderen Weg zu
wählen.

Berlin, den 5. November 2014

Andrea Lindholz
Berichterstatterin

Matthias Schmidt (Berlin)
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Dr. Konstantin von Notz
Berichterstatter

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