BT-Drucksache 18/3076

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs des Bundesrates - Drucksache 18/2752, 18/3070 - Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen

Vom 5. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3076
18. Wahlperiode

05.11.2014

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Luise Amtsberg, Britta
Haßelmann, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer,
Steffi Lemke, Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden, Volker Beck (Köln), Harald Ebner,
Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff,
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs des Bundesrates
– Drucksachen 18/2752, 18/3070 –

Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen im Bauplanungsrecht
zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Länder und Kommunen stehen aufgrund der stark steigenden Flüchtlingszahlen
vor großen Herausforderungen. Umso erfreulicher ist es festzustellen, dass sich
nicht nur viele Kommunen, sondern insbesondere auch die Zivilgesellschaft
vielerorts und mit hohem Engagement für das Wohl von Flüchtlingen einsetzen.
Das ist ein hohes Gut, das wir schützen und weiter fördern wollen.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2012 festgestellt, dass die im Grundge-
setz garantierte Menschenwürde „migrationspolitisch nicht zu relativieren ist“.
Dies gilt auch für die Unterbringung von Flüchtlingen.
Richtigerweise wird im vorliegenden Gesetzentwurf klargestellt, dass die Unter-
bringung von Schutzsuchenden ein Belang des Allgemeinwohls ist. Daneben
muss aber auch die Unterbringung das Gebot der Menschenwürde beachten. Wir
brauchen eine kohärente Flüchtlingspolitik, die zwischen allen föderalen Akteu-
ren abgestimmt ist. Dafür ist eine nationale Anstrengung erforderlich.
Der vorliegende Gesetzentwurf kann nur dann sinnvoll wirken, wenn in seiner
Umsetzung sichergestellt ist:

dass es in den Bundesländern zu einem grundsätzlichen Vorrang der Un-
terbringung von Schutzsuchenden in Wohnungen kommt,

dass eine erleichterte Unterbringung in Gewerbegebieten oder im Außen-
bereich nur eine letzte und stets zeitlich befristete Notlösung ist.

Eine Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften und eine erleichterte Unter-
bringung in Gewerbegebieten wird angesichts der derzeitigen schwierigen Lage
in den Kommunen mancherorts notwendig sein. Gewerbegebiete eignen sich auf-
grund der typischen Eigenart nicht für eine längerfristige Unterbringung von
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Menschen. Deshalb muss klar sein, dass es sich hierbei nur um eine Übergangs-
lösung handeln kann.
Flüchtlingspolitik ist mehr als Baupolitik. Versäumnisse in der Flüchtlingspolitik
können folglich nicht allein mit Änderungen im Baurecht korrigiert werden – wei-
tere Anstrengungen sind notwendig.
Es muss dafür gesorgt werden, dass Schutzsuchende von Anfang an gleichberech-
tigten Zugang zu Integrationskursen, Bildungseinrichtungen, Sozial- und Gesund-
heitsleistungen und zum Arbeitsmarkt haben. Die Aufhebung der Residenzpflicht
und die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes wären geeignete
Schritte auf dem Weg zu einer gesellschaftlichen und rechtlichen Gleichstellung
und einer selbstbestimmten Zukunft von Schutzsuchenden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

einen nationalen Flüchtlingsgipfel zwischen Bund, Ländern und Kommu-
nen einzuberufen, der sich u. a. mit einer menschenwürdigen Unterbrin-
gung (vorranging in Wohnungen in Wohngebieten oder Mischgebieten)
von Schutzsuchenden beschäftigt und daran arbeitet, einen gleichberech-
tigten und ungehinderten Zugang zu Integrationskursen, Bildungseinrich-
tungen, Sozial- und Gesundheitsleistungen und zum Arbeitsmarkt zu
schaffen;

dafür Sorge zu tragen, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Ge-
werbegebieten und im Außenbereich ausschließlich eine für die einzelnen
Betroffenen zeitlich befristete Übergangslösung darstellt;

nach zwei Jahren eine Evaluation des Gesetzes vorzunehmen und zu prü-
fen, inwieweit es in den Bundesländern zu einem grundsätzlichen Vor-
rang der Unterbringung von Flüchtlingen in Wohnungen gekommen ist,
bzw. die Unterbringung in Gewerbegebieten und im Außenbereich aus-
schließlich Übergangslösungen darstellten;

das Gesetz auf höchstens vier Jahre zu befristen;
nach Art. 104 b GG ein Programm des Bundes für Investitionen in die

besondere Aufgabe der Unterbringung von Flüchtlingen in Höhe von 100
Millionen Euro jährlich für die Dauer von fünf Jahren aufzulegen, für
o eine verbesserte dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen
o und dabei für Kommunen in Haushaltsnotlage eine für sie tragbare

Kofinanzierung vorzusehen,
o einen Anteil der Mittel, auch nicht investiv, für investitionsbeglei-

tende Maßnahmen mit dem Zweck der verbesserten Teilhabe der
Flüchtlinge vorzusehen (z. B. für Beratung, Wohnungssuche, sozi-
ale Arbeit) und

dafür Sorge zu tragen, dass die Mietzinsen für Immobilien der Bundesan-
stalt für Immobilienaufgaben (BImA), die zum Zwecke der Flüchtlings-
unterbringung angemietet werden, nicht über der Kostenerstattung der
Kommunen für die Flüchtlingsunterbringung liegen und Kommunen in
Haushaltsnotlage Liegenschaften der Bundesanstalt für Immobilienaufga-
ben befristet kostenfrei überlassen werden.

Berlin, den 4. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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