BT-Drucksache 18/3041

Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zukunftsfest gestalten

Vom 4. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3041
18. Wahlperiode 04.11.2014
Antrag
der Abgeordneten Hans-Werner Kammer, Arnold Vaatz, Ulrich Lange, Eckhardt
Rehberg, Julia Bartz, Manfred Behrens, Veronika Bellmann, Dr. André
Berghegger, Steffen Bilger, Klaus Brähmig, Helmut Brandt, Cajus Caesar, Gitta
Connemann, Alexandra Dinges-Dierig, Thomas Dörflinger, Michael Donth,
Dr. Bernd Fabritius, Dirk Fischer (Hamburg), Klaus-Peter Flosbach, Thorsten Frei,
Alexander Funk, Dr. Thomas Gebhart, Alois Gerig, Eberhard Gienger, Ursula
Groden-Kranich, Michael Grosse-Brömer, Astrid Grotelüschen, Oliver
Grundmann, Fritz Güntzler, Christian Haase, Mark Hauptmann, Helmut Heiderich,
Robert Hochbaum, Karl Holmeier, Bettina Hornhues, Anette Hübinger, Hubert
Hüppe, Thomas Jarzombek, Anja Karliczek, Roderich Kiesewetter, Axel Knoerig,
Jens Koeppen, Günter Lach, Dr. Karl A. Lamers, Barbara Lanzinger, Matthias
Lietz, Patricia Lips, Daniela Ludwig, Karin Maag, Yvonne Magwas, Andreas
Mattfeldt, Dr. h.c. Hans Michelbach, Dietrich Monstadt, Carsten Müller, Stefan
Müller (Erlangen), Philipp Murmann, Florian Oßner, Alois Rainer, Josef Rief,
Erwin Rüddel, Patrick Schnieder, Dr. Klaus-Peter Schulze, Reinhold Sendker,
Sebastian Steineke, Gero Storjohann, Stephan Stracke, Max Straubinger,
Matthäus Strebl, Dr. Volker Ullrich, Thomas Viesehon, Michael Vietz, Marcus
Weinberg, Marian Wendt, Peter Wichtel, Heinz Wiese, Oliver Wittke, Dagmar G.
Wöhrl, Heinrich Zertik, Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und der
Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Gustav Herzog, Sören Bartol, Kirsten Lühmann, Martin
Burkert, Lothar Binding, Martin Dörmann, Michael Groß, Rita Hagl-Kehl,
Sebastian Hartmann, Gabriele Hiller-Ohm, Frank Junge, Arno Klare, Birgit
Kömpel, Christine Lambrecht, Dr. Birgit Malecha-Nissen, Ulli Nissen, Andreas
Rimkus, Annette Sawade, Udo Schiefner, Stefan Zierke, Thomas Oppermann und
der Fraktion der SPD

Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zukunftsfest gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundeswasserstraßen sind ein unverzichtbarer Wachstumsmotor für die deut-
sche Volkswirtschaft. Die Verkehrsleistungen der Binnenschifffahrt liegen mit rd.
60 Mrd. Tonnenkilometern (rd. 230 Mio. t p. a.) unter denen der Straße und der

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Eisenbahnen. In den letzten Jahren sind allerdings deutliche Steigerungen des Trans-
portvolumens auf den Binnenwasserstraßen zu verzeichnen. Die Binnenschifffahrt
verfügt über Transportreserven, die zur notwendigen Entlastung von Straße und
Schiene beitragen können.
Zum Netz der Bundeswasserstraßen zählen rd. 7 300 km „gewidmete“ Binnenwas-
serstraßen des Bundes mit zahlreichen ingenieurtechnischen Anlagen (Schleusen,
Wehre, Brücken, Düker, Pump- und Entlastungsbauwerke) sowie rd. 23 000 km²
Seewasserstraßen.
Die Bundeswasserstraßen sind Teil des deutschen und europäischen Verkehrsinfra-
strukturnetzes, welches die Voraussetzung für eine prosperierende Wirtschaft und
effizienten Warenverkehr ist.
Neben der Transportfunktion haben die Bundeswasserstraßen eine wichtige Bedeu-
tung für die Sicherung der Vorflut (Wasserkreislauf/-abführung in die Meere), den
Wasserabfluss, Wasserentnahmen und -einleitungen, Energiegewinnung, den Was-
sertourismus, den Wassersport, die Ökologie sowie verschiedene Nutzungen zu Er-
holungszwecken.
Mit der Verwaltung der See- und Binnenwasserstraßen des Bundes und mit der Ge-
währleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs ist die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) betraut. Die Aufgabe der Bundesverwal-
tung ist es, die Schifffahrt in Deutschland zu ermöglichen. Sie ist die größte Infra-
strukturverwaltung des Bundes. Die ihr grundgesetzlich zugewiesenen Aufgaben er-
ledigt die WSV überwiegend mit eigenem Personal.
Sowohl die fachlichen Aufgaben als auch die dahinterstehenden gesellschaftlichen
Anforderungen können nur durch eine funktionierende und effizient arbeitende Ver-
waltung mit einer ausreichenden Ressourcenausstattung erledigt werden.
Aufgrund der komplexen Aufgaben ist die WSV dringend auf Arbeitskräfte mit be-
stimmten Fachkenntnissen angewiesen. Dies gilt insbesondere für das Bauwesen,
die Betreuung der Anlagen und Anlagensteuerung, die Informationstechnik sowie
nautische Kompetenzen für das Verkehrsmanagement. Ausgebildete Fachkräfte sind
aufgrund des demographischen Wandels und der unmittelbaren Konkurrenz zu an-
deren Verwaltungen (Länder, Kommunen) und der Wirtschaft nur schwer auf dem
Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Die bisherigen Reformmaßnahmen in der WSV beschränkten sich auf Effizienzstei-
gerungen innerhalb der seit 1978 bestehenden Verwaltungsstruktur. Dies reicht al-
lerdings nicht aus, um den aus den bestehenden Rahmenbedingungen (Personalab-
bau, Aufgabenzuwachs, Fachkräftemangel, begrenzte Haushaltsmittel) folgenden
Konsequenzen nachhaltig zu begegnen.
In der letzten Legislaturperiode wurden in einem ersten Schritt neben weiteren Op-
timierungen der Ablauforganisation tiefgreifende Veränderungen der äußeren Auf-
bauorganisation vorgenommen. Anstelle der bisher regional zuständigen Wasser-
und Schifffahrtsdirektionen werden die mittelbehördlichen Aufgaben seit dem
1. Mai 2013 durch eine zentrale Stelle, die Generaldirektion Wasserstraßen und
Schifffahrt (GDWS), wahrgenommen. Sie priorisiert und steuert die Aufgabenerle-
digung und die hierfür erforderlichen Ressourcen nach einheitlich geltenden Stan-
dards und transparenten – für alle Behörden der WSV geltenden – Kriterien. Hierzu
wurden und werden ihr konzeptionelle Gestaltungskompetenzen aus dem Bundes-
ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur übertragen.
CDU, CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Reform der
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung in dieser Legislaturperiode unter Einbindung
der Beschäftigten fortentwickelt und dabei die regionale Kompetenz gesichert wird.
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat im direkten Dia-
log mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein entsprechendes Konzept er-
arbeitet. Die Vorschläge sind mit dem 6. Bericht an den Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages vorgelegt worden.

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In einem zweiten Schritt wird nunmehr die Struktur der Wasser- und Schifffahrts-
ämter angepasst. Die bestehenden 39 Wasser- und Schifffahrtsämter sollen zu 18
Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern zusammengeführt werden. Sie sind zukünf-
tig für bestimmte Verkehrsrelationen (Reviere) zuständig. Alle Standorte der heuti-
gen Wasser- und Schifffahrtsämter bleiben erhalten, ihre Ressourcenausstattung
richtet sich nach den lokalen Anforderungen und Besonderheiten. Die neuen Was-
serstraßen- und Schifffahrtsämter erhalten von der GDWS entsprechende Kompe-
tenzen und Budgets.
Zum künftigen Stellen- und Planstellenbedarf stellt der 6. Bericht fest: „Von einer
möglichen Reduzierung des Plan-/Stellenbedarfs entsprechend der Annahmen des 5.
Berichts ist nach derzeitiger Einschätzung nicht mehr auszugehen. Vielmehr kann in
einzelnen Bereichen unter Berücksichtigung der erforderlichen Investitionsmaßnah-
men sowie einer Erhöhung des Eigenerledigungsanteils zum Erhalt der Kernkompe-
tenz ein steigender Personalbedarf nicht ausgeschlossen werden.“
Die Fahrgastschifffahrt und der Wassertourismus bieten erhebliches wirtschaftliches
Potenzial, stellen jedoch besondere Herausforderungen an die Wasserstraßeninfra-
struktur, die Finanzierung sowie die hierfür notwendige Organisationsstruktur. Dazu
wird die Bundesregierung ein Wassertourismuskonzept vorlegen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt das vom Bundesministerium für Verkehr und di-
gitale Infrastruktur vorgelegte Konzept zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsver-
waltung, welches den Vorgaben des Koalitionsvertrages, die Beschäftigten einzu-
binden und die regionalen Kompetenzen zu sichern, in vollem Umfang Rechnung
trägt.
1. Die Erreichbarkeit der deutschen See- und Binnenhäfen ist für die Wirtschaft

der Bundesrepublik Deutschland unverzichtbar.
2. Ein funktionierender Güterschiffsverkehr mit entsprechendem Güterumschlag –

ob im Hinterland oder in den deutschen Seehäfen – ist eine der wichtigsten Vo-
raussetzungen dafür, dass Deutschland seinen Im- und Export auf höchstem Ni-
veau halten bzw. steigern kann.

3. Die Wasserstraßeninfrastruktur (bauliche Anlagen) ist teilweise in einem sanie-
rungsbedürftigen Zustand. In den kommenden Jahren sind umfangreiche Grund-
instandsetzungen und Ersatzinvestitionen erforderlich, um die Befahrbarkeit des
Netzes zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigten, dass es auf den Hauptwasser-
straßenverbindungen – anders als bei anderen Verkehrsträgern – keine Umfah-
rungsmöglichkeiten gibt. Das heißt Baumaßnahmen müssen unter laufendem
Verkehr mit möglichst geringen Beeinträchtigungen für den Verkehr aber auch
für die Umwelt durchgeführt werden.

4. Der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt stellt eine der größten Herausfor-
derungen für die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schifffahrt dar.

5. Das vorgelegte Reformkonzept für die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung
führt zu einer Entlastung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Inf-
rastruktur sowie zu einer Straffung der Aufgaben- und Ressourcensteuerung.
Dazu ist eine sinnvolle und koordinierte Abschichtung der Aufgaben von der
Fachabteilung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auf
die neue GDWS und die Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern notwendig.

6. Der Erfolg der Reform ist von einer starken strategischen Fachaufsicht des Bun-
desministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur gegenüber der Wasser-
und Schifffahrtsverwaltung, einem schlüssigen Organisationsaufbau bei der
GDWS und einer Stärkung der Kompetenzen der neuen Wasserstraßen- und
Schifffahrtsämter in den Regionen abhängig.

7. Durch die Stärkung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsämter, die zukünftig für
ein zusammenhängendes Revier zuständig sein werden, wird die Präsenz der

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WSV vor Ort gewährleistet. So wird die WSV zu einem noch stärkeren Partner
für die verschiedenen Wasserstraßennutzer.

8. Die Reform der WSV kann nur mit der Unterstützung der Beschäftigten gelin-
gen. Daher ist es zu begrüßen, dass die neue Ämterstruktur in enger Abstim-
mung mit den Beschäftigten der WSV erarbeitet wurde.

9. Endgültige Aussagen zur Personalplanung können erst nach Vorliegen der vor-
gesehenen Personalbedarfsermittlung und einer Verwendung von Effizienzge-
winnen aus der Umstrukturierung zum Ausgleich etwaiger zusätzlicher Perso-
nalbedarfe getroffen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel durch entsprechenden Ausbau so-
wie die Nutzung verkehrstechnischer Möglichkeiten die Erreichbarkeit der
deutschen See- und Binnenhäfen unter Berücksichtigung der ökologischen
Erfordernisse ständig zu optimieren, weil diese für die Wirtschaft der Bun-
desrepublik Deutschland unverzichtbar ist;

2. im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel die bestehenden Transportreserven
der Binnenschifffahrt zur Bewältigung weiterer Verkehrsmengen durch den
Erhalt des Netzes der Binnenwasserstraßen des Bundes, den Ersatz der An-
lagen sowie durch den zügigen Ausbau verkehrsstarker Streckenrelationen
zu mobilisieren;

3. die geplante Einrichtung von 18 neuen Wasserstraßen- und Schifffahrtsäm-
tern mit dem Ziel der Stärkung der regionalen Entscheidungskompetenzen
gemeinsam mit den Beschäftigten zügig umzusetzen. Dabei ist durch eine
Übertragung geeigneter Zuständigkeiten auf die Wasserstraßen- und Schiff-
fahrtsämter sicherzustellen, dass regionale Kompetenz bei allen revierspe-
zifischen Fragestellungen Berücksichtigung findet;

4. zur Deckung des Fachkräftebedarfs Aus-, Fort- und Weiterbildungsmög-
lichkeiten sowie die gesetzlichen und tariflichen Regelungen zu nutzen.
Denn in Kenntnis zunehmender Aufgaben der WSV und des bestehenden
Fachkräftemangels wird bei der Personalplanung des Bundesministeriums
für Verkehr und digitale Infrastruktur ein besonderer Schwerpunkt bei der
Personalausstattung der WSV gesetzt. Auszubildenden der WSV muss nach
der Ausbildung in der Verwaltung bei einer bedarfsgerechten Ausbildung
eine Perspektive geboten werden. Die dafür erforderlichen Stellen oder
Planstellen dürfen nicht eingespart werden. In Abstimmung mit dem Bun-
desministerium des Innern sind außertarifliche Sonderzahlungen (z. B.
Fachkräftezulagen und die Vorweggewährung von Stufen) zu prüfen sowie
gesonderte Obergrenzen für das Kapitel 12 03 zu vereinbaren;

5. die zuständigen Fachausschüsse (Verkehr und digitale Infrastruktur, Haus-
halt, Tourismus) jährlich über den Fortschritt und weitere Maßnahmen bei
der Umsetzung der WSV-Reform zu unterrichten; insbesondere zeitnah,
spätestens aber bis Ende Juni 2015, einen Bericht vorzulegen über die 18
Reviere und ihre jeweiligen internen Zuschnitte, ebenso einen Bericht über
die Priorisierung der Investitions- und Erhaltungsmaßnahmen unter Berück-
sichtigung der Vorbereitungen zum Bundesverkehrswegeplan und schließ-
lich einen Bericht über den Netzzustand;

6. die Arbeitsfähigkeit der WSV während des Umsetzungsprozesses aufrecht-
zuerhalten und dabei Änderungen im Außenbereich (u. a. Außenbezirke,
Bauhöfe), in den Revierzentralen, den Wasserstraßenneubauämtern bzw.
Sonderstellen oder an den Bereederungen der WSV-eigenen Schiffe auf das
Notwendigste zu beschränken;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3041

7. den Organisationsaufbau bei der GDWS weiter umzusetzen, um u. a. die
konzeptionelle Fachaufsicht gegenüber den neuen Ämtern eng mit der
Struktur der zuständigen Fachabteilung des Bundesministeriums für Ver-
kehr und digitale Infrastruktur zu verzahnen;

8. zeitnah, spätestens jedoch bis Ende März 2015, ein Rechtsbereinigungsge-
setz einzubringen.

Berlin, den 4. November 2014

Volker Kauder, Gerda Hasselfeldt und Fraktion
Thomas Oppermann und Fraktion

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