BT-Drucksache 18/2636

Stand der Beitragsnacherhebung aufgrund der Tarifunfähigkeit der Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen

Vom 24. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2636
18. Wahlperiode 24.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Markus Kurth, Corinna Rüffer, Sven-Christian Kindler
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stand der Beitragsnacherhebung aufgrund der Tarifunfähigkeit
der Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen

Im Dezember 2010 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) der Tarifgemeinschaft
„Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“
(CGZP) die Tariffähigkeit aberkannt (1 ABR 19/10). Die betroffenen Leihar-
beitskräfte konnten zumindest auf höhere Sozialversicherungsansprüche hoffen,
denn die Deutsche Rentenversicherung (DRV) hatte die Aufgabe, diese Sozial-
versicherungsbeiträge zu ermitteln und nachzuerheben.
Lange Zeit gingen die notwendigen Betriebsprüfungen nur schleppend voran.
Zumal laut Auskunft der Bundesregierung den Prüfdiensten keine weiteren Per-
sonalmittel zur Verfügung gestellt wurden. Heute, nachdem das Gerichtsurteil
fast vier Jahre zurückliegt, sollten die Prüfungen abgeschlossen sein und die Er-
gebnisse öffentlich werden – zumal aus Fachkreisen nach dem Urteil erhebliche
Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen erwartet wurden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Betriebsprüfungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von

der DRV infolge der Tarifunfähigkeit der CGZP bis heute in Verleihunterneh-
men durchgeführt, und sind alle Prüfungen mittlerweile abgeschlossen?
Wenn ja,
a) wurden alle betroffenen Verleihunternehmen geprüft, oder wurden die

Prüfungen aufgrund gesetzlicher Fristen abgeschlossen, ohne dass alle be-
troffenen Unternehmen überprüft wurden?

Wenn nein,
b) wie viele Betriebsprüfungen müssen noch durchgeführt bzw. abgeschlos-

sen werden,
c) bis wann werden die Prüfungen voraussichtlich beendet sein, und
d) warum wurden die Prüfungen nach fast vier Jahren noch nicht abgeschlos-

sen?
2. Zu welchen Ergebnissen haben die Prüfungen aufgrund des CGZP-Urteils

nach Kenntnis der Bundesregierung geführt?
a) Wie viele Beitragsbescheide wurden für wie viele Verleihunternehmen er-

lassen?

Drucksache 18/2636 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
b) Werden mit allen Bescheiden Beiträge für vier Jahre nachgefordert?
Wenn nein, wie viele Bescheide umfassen aufgrund der vierjährigen Ver-
jährungsfrist weniger Jahre (bitte differenziert nach einem, zwei, drei und
vier Jahr/-en in Prozent)?

c) In welcher Höhe wurden Beitragsnachforderungen insgesamt erlassen
(bitte differenziert nach Sozialversicherungszweigen)?

d) Wie viele der damals vom CGZP-Tarifvertrag betroffenen Leiharbeits-
kräfte profitieren von den Beitragsnachforderungen?

e) Wie hoch sind die im Rahmen der Beitragsnachforderungen festgestellten
durchschnittlichen Differenzbeträge zwischen gezahltem Entgelt und dem
für die Beitragsnachforderungen maßgeblichen Vergleichslohn im Entleih-
unternehmen (in Prozent)?

f) Um welche Summe erhöhen die nachgeforderten Sozialversicherungs-
beiträge die Rentenansprüche der betroffenen Leiharbeitskräfte insge-
samt?

3. Konnten nach Kenntnis der Bundesregierung alle nachgeforderten Beiträge
vereinnahmt werden?
Wenn nein,
a) in welcher Höhe wurden die Beitragsnachforderungen von den Verleih-

betrieben bisher tatsächlich bezahlt,
b) in wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden die Beitragsnachforde-

rungen aufgrund eingelegter Widersprüche bzw. Klagen der Leiharbeits-
betriebe außergerichtlich ausgesetzt,

c) in wie vielen Fällen und in welcher Höhe wurden die Beitragsnachforde-
rungen durch Widersprüche bzw. Klagen der Leiharbeitsbetriebe aufgrund
gerichtlicher Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz ausgesetzt,

d) wie viele Niederschlagungsfälle gibt es mittlerweile, und in welcher Höhe
bewegen sich die dadurch nicht vereinnahmten Beitragsnachforderungen,

e) in wie vielen Fällen und in welcher Höhe werden Beitragsnachforderun-
gen weiterhin gestundet,

f) in wie vielen Fällen und in welcher Höhe hat die DRV auf die Sozialver-
sicherungsbeiträge verzichtet, um eine drohende Insolvenz von Verleih-
unternehmen abzuwenden,

g) in wie vielen Fällen und in welcher Höhe mussten Beitragsnachforderun-
gen nicht bezahlt werden, weil die DRV Beitragsbescheide erlassen hat,
ohne die für den gleichen Zeitraum rechtskräftigen schon erlassenen Prüf-
bescheide aufzuheben,

h) wurden allen betroffenen Leiharbeitskräften unabhängig davon, ob die
Beitragsnachforderungen bezahlt wurden bzw. werden, die berechneten
höheren Rentenansprüche gutgeschrieben?
Wenn nein, wie hoch sind die Rentenansprüche insgesamt, die somit den
Leiharbeitskräften entgehen?

4. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung infolge des CGZP-Urteils
Säumniszuschläge erhoben?
Wenn ja,
a) von wie vielen Leiharbeitsunternehmen,
b) in welcher Höhe insgesamt,
c) und in welcher Höhe wurden die Säumniszuschläge tatsächlich verein-

nahmt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2636
5. Wie viele Personalstellen mit wie vielen Personalstunden waren bisher nach
Kenntnis der Bundesregierung mit den Betriebsprüfungen und der Nachfor-
derung der Beiträge insgesamt aufgrund des BAG-Urteils zur Tarifunfähig-
keit der CGZP beschäftigt?

6. Wie viele Insolvenzen von Leiharbeitsunternehmen hat es nach Kenntnis der
Bundesregierung infolge von Beitragsnacherhebungen aufgrund des BAG-
Urteils gegeben, und wie viele Beschäftigungsverhältnisse sind in der Leih-
arbeitsbranche dadurch entfallen?

7. Müssen bzw. mussten Entleihbetriebe nach Kenntnis der Bundesregierung
infolge des BAG-Urteils als Bürge für die nachgeforderten Sozialversiche-
rungsbeiträge insolventer Verleihunternehmen haften?
Wenn ja,
a) wie viele Entleihbetriebe sind davon betroffen,
b) in welcher Höhe müssen diese Entleihbetriebe nachgeforderte Beiträge

übernehmen,
c) in welcher Höhe wurden diese Beiträge tatsächlich vereinnahmt?
Wenn nein,
d) warum wurde diese gesetzliche Möglichkeit nicht genutzt?

8. Wie viele Leiharbeitskräfte haben nach Kenntnis der Bundesregierung die
ihnen zustehende Differenz zwischen CGZP-Tarif und Equal Pay seit dem
BAG-Urteil vor Gericht eingeklagt,
a) wie viele Verfahren hatten Urteile zugunsten der klagenden Leiharbeits-

kräfte zur Folge, und
b) welche Zahlen sind der Bundesregierung bezüglich der Höhe der einge-

klagten Löhne bekannt?

Berlin, den 23. September 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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