BT-Drucksache 18/2505

Die neue "Joint Cybercrime Action Taskforce" bei Europol

Vom 9. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2505
18. Wahlperiode 09.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Dr. André Hahn, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Niema Movassat, Harald Petzold (Havelland),
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Die neue „Joint Cybercrime Action Taskforce“ bei Europol

Das Europäische Polizeiamt (Europol) hat am 1. September 2014 seine „Joint
Cybercrime Action Taskforce“ (J-CAT) in Betrieb genommen (Pressemitteilung
Europol vom 1. September 2014). Die Einheit ist in Den Haag angesiedelt. Dort
hatte Europol bereits vor zwei Jahren das European Cybercrime Center (EC3)
eingerichtet. Laut einer Mitteilung des Bundeskriminalamtes (BKA) vom
1. September 2014 haben Behörden aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spa-
nien, Großbritannien, den Niederlanden und Österreich „Cybercrime-Experten“
entsandt. Demnach seien auch „Cybercrimedienststellen“ aus den USA,
Kanada, Australien und Kolumbien an der Initiative beteiligt. Auch die Privat-
wirtschaft sei eingebunden.
Die Einrichtung der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ wird mit „gestiegenen
Herausforderungen bei der Bekämpfung der Computer- und Internetkrimi-
nalität“ begründet. Das BKA hatte hierzu im September 2014 ein „Bundeslage-
bild Cybercrime 2013“ veröffentlicht. Es ist aus Sicht der Fragesteller fraglich,
wozu die neue „Joint Cybercrime Action Taskforce“ überhaupt notwendig ist:
Europol kann bei Bedarf sogenannte Gemeinsame Ermittlungsteams einrichten.
Hiervon wird auch im Bereich der Internetkriminalität rege Gebrauch gemacht.
Mehrere Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), darunter auch Deutsch-
land, beteiligten sich unter Mitarbeit von Europol an Razzien gegen vermeint-
liche Mitglieder des Anonymous-Netzwerks. Die weltweite Aktion wurde zu-
sammen mit der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol)
ausgeführt (Pressemitteilung Europol vom 28. Februar 2012). Europol richtete
damals ein internationales Treffen zu „Hacktivismus“ aus, um Ermittlungsver-
fahren zu koordinieren und das weitere Vorgehen zu planen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern hat sich die Bundesregierung am Zustandekommen der „Joint

Cybercrime Action Taskforce“ beteiligt?
2. Wie hat sich die deutsche Delegation hierzu in den zuständigen Ratsarbeits-

gruppen positioniert, und welche Fragen waren diesbezüglich strittig?
3. Worin liegt aus Sicht der Bundesregierung der Mehrwert gegenüber bereits

existierenden Zusammenarbeitsformen mit Europol?
4. Welche privaten Firmen oder Institute sind nach Kenntnis der Bundesregie-

rung an der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ beteiligt, und worin besteht
deren Mitarbeit?

Drucksache 18/2505 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Welche Behörden sind nach Kenntnis der Bundesregierung aus Frankreich,
Italien, Spanien, Großbritannien, den Niederlanden und Österreich an der
„Joint Cybercrime Action Taskforce“ beteiligt?

6. Welche „Cybercrimedienststellen“ sind nach Kenntnis der Bundesregierung
aus den USA, Kanada, Australien und Kolumbien an „Joint Cybercrime
Action Taskforce“ beteiligt?

7. Worin besteht aus Sicht der Bundesregierung der Mehrwert ihrer Teil-
nahme?

8. Welche Aufgaben sollen diese „Cybercrimedienststellen“ aus den USA,
Kanada, Australien und Kolumbien nach Kenntnis der Bundesregierung in
der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ übernehmen?

9. Wie sollen diese „Cybercrimedienststellen“ aus den USA, Kanada, Austra-
lien und Kolumbien in der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ nach
Kenntnis der Bundesregierung administrativ und organisatorisch eingebun-
den werden, und an welchen Treffen werden diese teilnehmen?

10. Welche Kriminalitätsphänomene sollen nach Kenntnis der Bundesregierung
von der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ konkret verfolgt werden?

11. Auf welche Weise wird sich die „Joint Cybercrime Action Taskforce“ nach
Kenntnis der Bundesregierung mit Hackerangriffen und dem Netzwerk
TOR befassen?

12. Inwiefern hält die Bundesregierung TOR für ein brauchbares Werkzeug zur
Aufrechterhaltung der digitalen Privatsphäre?

13. Auf welche Weise wird das BKA mit der „Joint Cybercrime Action
Taskforce“ kooperieren?

14. In welcher Dienststelle ist der entsandte „Cybercrime-Experte“ angesiedelt?
15. Inwiefern und auf welche Weise soll die „Joint Cybercrime Action

Taskforce“ nach Kenntnis der Bundesregierung Bedrohungen bereits im
Vorfeld analysieren?

16. Auf welche Weise werden hierzu nach Kenntnis der Bundesregierung In-
formationen aus „offenen Quellen“ gespeichert und verarbeitet?

17. Auf welche Weise und in welchen Fällen werden hierzu nach Kenntnis der
Bundesregierung Informationen aus polizeilichen Informationssystemen
gespeichert und verarbeitet?

18. Welche Datensammlungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung für
die Arbeit der „Joint Cybercrime Action Taskforce“ eingerichtet?

19. Auf welche „Focal Points“ kann die „Joint Cybercrime Action Taskforce“
nach Kenntnis der Bundesregierung zugreifen?

20. Was ist der Bundesregierung über Hintergründe einer Forderung der Innen-
minister der Länder zur Schaffung einer „Zentralstelle für die Verfolgung
von Internetkriminalität“ bei den Staatsanwaltschaften bekannt, und wie
wird sie sich hierzu positionieren (Pressemitteilung des Ministeriums für
Inneres und Sport des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 5. Septem-
ber 2014)?

21. Auf welche Weise befassen sich das BKA und Europol nach Kenntnis der
Bundesregierung derzeit mit dem Phänomen „Hacktivismus“ und der
Repression vermeintlicher Mitglieder des Anonymous-Netzwerks?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2505
22. Welche Mitteilungen haben Bundesbehörden im Rahmen von Ermittlungen
bzw. der Anklageerhebung gegen den Gründer der Filesharing-Website
Pirate Bay, Gottfrid Svartholm Warg, gegenüber dänischen Behörden
gemacht, der für das Eindringen in das Schengen-Informationssystem
verantwortlich gemacht wird, dies aber vehement bestreitet (www.heise.de
vom 2. September 2014)?

23. Welche neueren Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob bzw. wo
es bis heute einen versuchten oder erfolgreich ausgeführten „cyberterroristi-
schen Anschlag“ gegeben hat (Bundestagsdrucksachen 17/7578 und 18/164)?

24. Welche Angriffe auf digitale Infrastrukturen der Bundesregierung hat es im
Jahr 2013 gegeben, die nachweislich bzw. mit großer Wahrscheinlichkeit
von ausländischen Nachrichtendiensten begangen wurden, um welche An-
griffe bzw. Urheber handelt es sich dabei, und in wie vielen Fällen wurde
Schadsoftware mittels mobiler Datenträger in die IT-Netze eingebracht?

25. Welche Angriffe auf digitale Infrastrukturen der Bundesregierung hat es im
Jahr 2013 gegeben, die vermutlich von ausländischen Nachrichtendiensten
begangen wurden, um welche Angriffe bzw. Urheber handelt es sich dabei,
und in wie vielen Fällen wurde Schadsoftware mittels mobiler Datenträger
in die IT-Netze eingebracht?

26. Welche Treffen der „Friends of the Presidency Group on Cyber Issues“
haben nach Kenntnis der Bundesregierung auf EU-Ebene im Jahr 2014
stattgefunden, wer nahm daran jeweils teil, und welche Tagesordnung
wurde behandelt?

27. Auf welche Weise ist der Komplex „Cybersicherheit“ nach Kenntnis der
Bundesregierung im Rahmen der „Integrated Political Crisis Response“
(IPCR) der Europäischen Union berücksichtigt?

28. Welche IPCR-Übungen sollen nach Kenntnis der Bundesregierung in den
Jahren 2014 und 2015 stattfinden, wo werden diese abgehalten, und wer
wird jeweils teilnehmen?

29. Welche Auslöser von Krisen werden nach Kenntnis der Bundesregierung
jeweils angenommen, und welche Szenarien werden jeweils durchgespielt?

30. Auf welche Weise bringen sich Bundesbehörden in die Vorbereitung der
Übungen ein?

Berlin, den 9. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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