BT-Drucksache 18/2344

Das Verhältnis von vergabespezifischen Mindestlöhnen und den Binnenmarktfreiheiten der Europäischen Union

Vom 13. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2344
18. Wahlperiode 13.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Matthias W. Birkwald, Wolfgang Gehrcke,
Christine Buchholz, Inge Höger, Andrej Hunko, Jutta Krellmann, Richard Pitterle,
Michael Schlecht, Azize Tank, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler, Dr. Sahra
Wagenknecht, Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau) und der
Fraktion DIE LINKE.

Das Verhältnis von vergabespezifischen Mindestlöhnen und den
Binnenmarktfreiheiten der Europäischen Union

In der „Neuen Zeitschrift für Arbeitsrecht“ (Nr. 13/2014) hat der anerkannte Ar-
beitsrechtler Prof. Dr. Wolfgang Däubler unter dem Titel „Der vergaberechtliche
Mindestlohn im Fadenkreuz des EuGH – Auf dem Weg zu Rüffert II?“ auf zwei
Vorlageentscheidungen des Oberlandesgerichts Koblenz (Rheinland-Pfalz) bzw.
der Vergabekammer Arnsberg (Nordrhein-Westfalen) zum Europäischen
Gerichtshof (EuGH) hingewiesen. In diesen Vorlagen gehe es jeweils um An-
griffe auf „vergabespezifische Mindestlöhne“ in den entsprechenden Landes-
gesetzen zur öffentlichen Auftragsvergabe. Prof. Dr. Wolfgang Däubler warnt in
seinem Aufsatz eindringlich vor dem Weg zu einem „Rüffert II“ und damit vor
einer weiteren Einschränkung von durch demokratische Gesetzgebung be-
schlossenen sozialen Regelungen, insbesondere auch in Bezug auf den von der
derzeitigen Regierungskoalition geregelten Mindestlohn. In seinem Aufsatz
sowie in einem, im Auftrag des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Insti-
tuts der Hans-Böckler-Stiftung im Januar 2014 fertig gestellten Rechtsgutachten
(http://media.boeckler.de/Sites/A/Online-Archiv/12823) zum gleichen Sach-
verhalt, kommt Prof. Dr. Wolfgang Däubler zum Ergebnis, dass vergabespezifi-
sche Mindestlöhne keine unzulässigen Eingriffe in die Binnenmarktfreiheiten
(Dienstleistungsfreiheit nach Artikel 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union, AEUV, und entsprechende Richtlinien) darstellen. (Auch)
vergabespezifische Mindestlöhne sind aus „zwingenden Gründen des Allgemein-
interesses“ zulässige Eingriffe in den Binnenmarkt, zu denen nach seiner Auf-
fassung und Interpretation von EU-Recht und EuGH-Urteilen auch arbeits-
marktpolitische Ziele zu rechnen sind. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE. ist
daher der Auffassung, dass es sich bei den o. g. Vorlageentscheidungen und den
anstehenden Verhandlungen am EuGH um Verfahren von bundespolitischer Be-
deutung und bundespolitischer Zuständigkeit handelt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sind der Bundesregierung die genannten Vorlageverfahren bekannt?
2. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wann die Hauptverhandlungen in

den jeweiligen Streitigkeiten stattfinden sollen?

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3. Hat die Bundesregierung – auch für die betroffenen Bundesländer – zu dem
Inhalt der Streitigkeiten mündlich und/oder schriftlich gegenüber dem EuGH
Stellung genommen?

4. Welche wesentlichen Inhalte enthalten die von der Bundesregierung abge-
gebenen Stellungnahmen (mit der Bitte um ausführliche Begründung und
gegebenenfalls um Übersendung entsprechender schriftlicher Unterlagen)?

5. Sollte die Abgabe von entsprechenden Stellungnahmen durch die Bundesre-
gierung in Planung, diese aber noch nicht abgeschlossen und eine Stellung-
nahme bis dato nicht erfolgt sein, wann soll dies geschehen, und welche
wesentlichen Inhalte sollen die Stellungnahmen beinhalten?

6. Für den Fall, dass entsprechende Stellungnahmen nicht abgegeben wurden
und auch nicht abgegeben werden sollen, fragen wir, weshalb ist das – gerade
unter dem Gesichtspunkt der Bundestreue gegenüber den betroffenen
Bundesländern – nicht geschehen bzw. soll nicht geschehen?
a) Haben sich die betroffenen Bundesländer zu dem Inhalt der Streitsachen

positioniert?
Wenn ja, mit welchen Argumenten?

b) Haben sich die Bundesländer in dem Zusammenhang an die Bundesregie-
rung gewendet, ihre Interessen gegenüber dem EuGH zu vertreten, und
inwieweit ist die Bundesregierung diesen Bitten nachgekommen?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 14. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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