BT-Drucksache 18/2181

Ausgesetzte Reptilien in Badegewässern

Vom 21. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2181
18. Wahlperiode 21.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Karin Binder, Eva Bulling-Schröter,
Kerstin Kassner, Ralph Lenkert, Cornelia Möhring, Harald Petzold (Havelland) und
der Fraktion DIE LINKE.

Ausgesetzte Reptilien in Badegewässern

Im Sommer des Jahres 1994 erlangte der bis dahin völlig unbekannte Baggersee
namens „Straberg-Nievenheimer See“ deutschlandweite Bekanntheit. Weder die
Badequalität noch die Naturschönheit waren für diesen Bedeutungszuwachs
ausschlaggebend, sondern der Brillenkaiman „Sammy“. Das Tier hatte sich
beim Schwimmen mit seinem Besitzer von einer Hundeleine gelöst und konnte
erst nach einigen Tagen wieder eingefangen werden. Der kleine Kaiman war ein
willkommener Anlass ausführlicher Berichterstattung in den nachrichtenarmen
Sommermonaten.
Immer wieder werden in der warmen Jahreszeit Reptilien aller Größen, wie
Schildkröten, Kaimane, Krokodile etc., an von Menschen genutzten Bade-
gewässern gesichtet. Das „Reptil im Badesee“ hat beinahe eine jährliche Tradi-
tion. Zuletzt sorgte in den Jahren 2013 und 2014 Schnappschildkröte „Lotti“ im
Oggenrieder Weiher im Ostallgäu für Schlagzeilen, weil sie einem Jungen die
Achillessehne durchtrennt haben soll. Am 11. Juli 2014 meldet die „Märkische
Oderzeitung“, dass „eine 25 Zentimeter lange Schnappschildkröte aus der Spree
gefischt wurde. Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde hätten das Tier in
Kossenblatt (Oder-Spree) nach einem Hinweis von Bürgern gefangen, teilte der
Landkreis mit“.
Was für die Einen eine willkommene Meldung zur Füllung des Sommerloches
ist, kann für andere Lebewesen, einschließlich des Menschen, eine teilweise
schmerzhafte Erfahrung werden und außerdem einheimische Arten im Bestand
gefährden. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach dem verantwortungsvollen
Umgang der Tierhaltenden mit ihren Haustieren und dem Verbleib der Tiere so-
wohl nach einer erfolgreichen als auch nach einer nicht erfolgreichen sommer-
lichen Fangaktion.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele nicht heimische Reptilien wurden nach Kenntnis der Bundesregie-

rung in den vergangenen zwanzig Jahren in Deutschlands Badegewässern
festgestellt, und wie viele wieder eingefangen (bitte nach Jahren aufschlüs-
seln)?

2. Um welche Tierarten (wissenschaftliche Bezeichnung und deutscher Name)
handelte es sich nach Kenntnis der Bundesregierung hierbei, und von
welchem Gefahrenpotenzial für Mensch und Umwelt muss jeweils ausgegan-
gen werden (worst case scenario)?

3. Wie viele dieser nicht heimischen Reptilien wurden nach Kenntnis der Bun-
desregierung willentlich oder fahrlässig ausgesetzt (bitte getrennt auswei-
sen)?

Drucksache 18/2181 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wer ist für das Aufspüren und Einfangen nicht heimischer Reptilien zustän-
dig, und nach welchen Kriterien wird das Aufspüren und Einfangen von
wem veranlasst?

5. Wer ist für das Absperren der Gewässer und die Warnung der Bevölkerung
vor den ausgesetzten Reptilien zuständig, und nach welchen Kriterien wird
das Absperren der Gewässer und die Warnung der Bevölkerung von wem
veranlasst?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib solcher Tiere
nach dem Einfangen (bitte erläutern)?

7. In welchen Fällen konnte der Verdacht auf ein entwichenes, nicht heimi-
sches Reptil in Badegewässern nach Kenntnis der Bundesregierung nicht
bestätigt werden, und welches Risiko besteht, dass sich dennoch ein solches
Reptil weiter in einem Badegewässer aufhält?

8. In wie vielen Fällen willentlicher oder fahrlässiger Aussetzungen solcher
Tiere sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Tierhaltenden ermittelt
worden, und welche Konsequenzen hatte dies jeweils für sie (bitte erläu-
tern)?

9. Welche konkreten Risiken und Gefahren hat die Einbringung der in Frage 2
genannten Tierarten auf die Flora und Fauna der Gewässer?

10. Welche der in Frage 2 genannten Tierarten sind in der Bundesrepublik
Deutschland wie geschützt (bitte Schutzstatus und Richtlinie bzw. Gesetz
angeben)?

11. Welcher der in Frage 2 genannten Tierarten dürfen nach deutschem Recht
nicht als Haustiere gehalten werden (bitte nach Art und Rechtsgrundlage
auflisten)?

12. Welche Überlebenschance haben die in Frage 2 genannten Tierarten unter
den gegebenen klimatischen Bedingungen in der Bundesrepublik Deutsch-
land (bitte nach Arten und Regionen aufschlüsseln)?

13. Mit welcher Vermehrungsfähigkeit solcher nicht heimischer Reptilien ist
unter den gegebenen klimatischen Bedingungen in Deutschland zu rechnen,
und mit welcher Reproduktionsleistung (worst case scenario, bitte nach
Arten und Regionen aufschlüsseln)?

14. Wie viele verletzte Personen und/oder Haustiere sind nach Kenntnis der
Bundesregierung auf die in Frage 1 genannten Reptilien zurückzuführen,
und um welche Verletzungen handelte es sich jeweils?

15. Wie hoch sind die Anzahl und der Prozentsatz der dadurch verletzten Per-
sonen im Verhältnis zu allen verletzten Personen beim Baden in Badeseen
(bitte nach Jahren aufgliedern)?

16. Welche finanziellen und personellen Belastungen öffentlicher Haushalte
sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch solche Vorfälle verursacht
worden (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

17. Welche Maßnahmen hält die Bundesregierung für geeignet, um das Risiko
des Aussetzens nicht heimischer, mitunter gefährlicher Reptilien durch
Tierhalterinnen und Tierhalter sowie die finanziellen, physischen und psy-
chischen Folgen solcher Vorfälle zu reduzieren?

18. Plant die Bundesregierung Haltungsverbote bzw. eingeschränkte Haltungs-
verbote für gefährliche Reptilien durch Privatpersonen (bitte begründen)?

Berlin, den 18. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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