BT-Drucksache 18/2116

Konsequenzen aus dem Sturm "Ela" für die Klimawandelanpassung

Vom 8. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2116
18. Wahlperiode 08.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Annalena Baerbock, Dr. Gerhard Schick,
Britta Haßelmann, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Konsequenzen aus dem Sturm „Ela“ für die Klimawandelanpassung

Die Tage um Pfingsten 2014 werden in Erinnerung bleiben. Doch während viele
an den mit bis zu 35,6 °C wärmsten Junibeginn seit Beginn der Wetteraufzeich-
nung in Deutschland denken, mussten Menschen gerade in Nordrhein-Westfalen
am Pfingstmontag mit dem Sturm „Ela“ kämpfen. Hierbei kamen sechs Men-
schen zu Tode und zahlreiche wurden verletzt. Vereinzelt kam es sogar zu
Orkanböen mit Geschwindigkeiten von bis zu 144 Kilometer pro Stunde. Neben
dem menschlichen Verlust kam es zu Sachschäden in Milliardenhöhe.
Die Deutsche Bahn AG hat allein durch den Umsatzausfall, aufgrund rund 2 000
nicht durchführbarer Zugfahrten, 36 Mio. Euro an Einbußen erlitten. Hinzu
kommt die Reparatur von Schäden, welche auf über 20 Mio. Euro vom Bahn-
chef Dr. Rüdiger Grube beziffert wurden (www.welt.de vom 18. Juni 2014
„Sturm in NRW kostet Bahn 60 Millionen Euro“). Heftige Kosten werden auch
einzelnen Wirtschaftsbereichen wie der Forstwirtschaft entstehen.
Der Sturm „Kyrill“ hatte im Jahr 2007 allein in Nordrhein-Westfalen 1,5 Mrd.
Euro Schäden in Wäldern durch über 15 Millionen umgefallener Festmeter, zu-
meist Fichtenreinbestände, verursacht (Hintergrundinformationen zum Thema
„5 Jahre nach Kyrill“ vom 13. Januar 2012 des Ministeriums für Klimaschutz,
Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-
Westfalen). Die hiesigen Wälder sind ohnehin durch biotische und abiotische
Faktoren schon heute bedroht und der Klimawandel kann die zerstörende
Wirkung dieser Faktoren noch verstärken. Dabei stellt insbesondere die durch
den Klimawandel ebenfalls stattfindende Häufung von extremen Wetterereig-
nissen, wie z.B. Stürmen, einen die Wälder aber auch andere Infrastruktur be-
drohenden Faktor da. Gerade „langfristige Klimaänderungen [können] groß-
flächige Gefährdungspotenziale für Wälder bergen“ (Waldstrategie der Bundes-
regierung). Der Sturm „Ela“ war nicht so weitläufig wie z. B. „Lothar“, aber es
traf diesmal vor allem die Städte und ihre Infrastruktur sowie das Stadtgrün be-
sonders hart. Klimaschutz muss daher für urbane Räume genauso wie für länd-
liche als wichtiger Teil der Prävention von immer mehr und stärkeren Stürmen
gesehen werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung bundesweit durch

Sturmschäden im Zusammenhang mit „Ela“ entstanden (bitte aktuellste Ab-
schätzung)?

Drucksache 18/2116 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Bis wann erwartet die Bundesregierung eine Bezifferung des Gesamtscha-
dens des Sturmes „Ela“, der entstandenen Schäden und Kosten, und wie
schätzt sie diese im Vergleich zu den Stürmen „Kyrill“ (2007) und „Lothar“
(1999) ein?

3. Welcher Anteil des durch „Ela“ entstandenen Schadens war nach Kenntnis
der Bundesregierung versichert bzw. versicherbar, und wie schätzt sie diese
im Vergleich zu den Stürmen „Kyrill“ und „Lothar“ ein?

4. Wie hoch ist der Schaden an bundeseigenen Liegenschaften, Bundesstraßen
bzw. Wasserstraßen?

5. Plant die Bundesregierung einen Nachtragshaushalt, und falls nein, wie
sollen die entstandenen Kosten beglichen werden?
Falls ja, in welchen Bereichen plant die Bundesregierung eine Gegenfinan-
zierung?

6. Wie hoch ist der Schaden für die bundeseigenen Betriebe und Unterneh-
men?

7. Welche Schäden an der Stromnetzinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen
wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch „Ela“ verursacht und
welche bundesweit?

8. Welche Schäden an der städtischen Infrastruktur und an den städtischen
Grünanlagen in Nordrhein-Westfalen wurden nach Kenntnis der Bundes-
regierung durch „Ela“ verursacht, und welche bundesweit?

9. Welche Schäden entstanden den Kommunen in Nordrhein-Westfalen nach
Kenntnis der Bundesregierung durch „Ela“ insgesamt, und welche speziel-
len Hilfen existieren bereits bzw. sind von der Bundesregierung geplant, um
die Kommunen zu unterstützen?

10. Welche Schäden sind nach Kenntnis der Bundesregierung durch „Ela“ in
Nordrhein-Westfalen für die Landwirtschaft entstanden, und welche bun-
desweit?
Welcher Anteil davon war versichert, und welcher Anteil ist nach Kenntnis
der Bundesregierung überhaupt versicherbar?

11. Sind Entschädigungszahlen an landwirtschaftliche Betriebe vorgesehen,
wenn ja, in welcher Höhe, und aus welchen Mitteln?

12. Wie viel Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe hat nach Kenntnis der
Bundesregierung eine Mehrgefahrenversicherung abgeschlossen?

13. Welche Schäden an den Wäldern in Nordrhein-Westfalen wurden durch
„Ela“ verursacht, und welche bundesweit?

14. Wie viel Festmeter Holz sind durch den Sturm „Ela“ in Nordrhein-West-
falen und bundesweit gefallen?

15. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung ausreichend Lagerkapazitäten
für das zusätzlich anfallende Holz, und wie ist der Abverkauf geregelt?

16. Geht die Bundesregierung von einem Fall der Holzpreise durch „Ela“ aus,
und wenn ja, um wie viel Prozent, und über welchen Zeitraum?

17. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Klimawandel zur
Häufung von Extremwetterereignissen wie Stürmen beiträgt, und dass es
einen Zusammenhang von vermehrt auftretenden „Rekordstürmen“ und
dem menschgemachten Klimawandel gibt?

18. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Schäden durch die
Auswirkungen des schon jetzt stattfindenden und unumkehrbaren Klima-
wandels höher sein werden als ambitionierte Klimaschutzmaßnahmen, um

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2116
das Ziel der Regierung, 40 Prozent Treibhausgasminderung bis zum Jahr
2020, zu erreichen?

19. Welche Bundesländer oder Regionen in Deutschland sind nach Kenntnis der
Bundesregierung von Extremwetterereignissen, welche durch den Klima-
wandel verstärkt stattfinden, besonders betroffen?

20. Welche Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands hat
„Kyrill“ nach Kenntnis der Bundesregierung gehabt, und macht es nach
Auffassung der Bundesregierung Sinn, wenn die Auswirkungen des Klima-
wandels zu einer Steigerung des wirtschaftlichen Leitindikators führen
können?

21. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung regional unterschiedliche Ver-
sicherungsprämien gegen Schäden durch Extremwetterereignisse, wie zum
Beispiel Stürme?

22. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus regional unterschiedlichen Versicherungsprämien gegen Schäden durch
Extremwetterereignisse, wie zum Beispiel Stürme?

23. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil am Gesamt-
schaden, der Schätzungen zufolge nicht voll versichert war, und geht die
Bundesregierung davon aus, dass angesichts sich häufender Extremwetter-
ereignisse dieser Anteil in Zukunft tendenziell steigen oder sinken wird?

24. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die generelle Marktdurch-
dringung von Versicherungen gegen Naturkatastrophen im Allgemeinen,
und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus der Durch-
dringungsrate?

25. Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Lücken bei Angebot, Nach-
frage und Verfügbarkeit von Versicherungen gegen Naturkatastrophen und
beim Versicherungsschutz, und wenn ja, welcher Art, und in welchem Um-
fang?

26. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es aufgrund der Auswirkungen
des Klimawandels auf Deutschland zu einer Erhöhung der Unsicherheits-
margen kommen wird, was auch zu einem weiteren Anstieg der Versiche-
rungsprämien führen würde, und wenn ja, um wie viel, und von welchen
weiteren Erhöhungen geht sie aus?

27. Wie stark sind die Kosten für Katastrophenversicherungen für Bundesei-
gentum in den vergangenen zehn Jahren gestiegen, und welcher weitere An-
stieg ist prognostiziert?

28. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Versicherungskalku-
lationen in Bezug auf Sturmereignisse in den vergangenen Jahren angepasst
worden?

29. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Aussage, dass der ländliche Raum besonders stark (i. S. v. Schaden
pro Einwohner) unter den möglichen Auswirkungen des Klimawandels,
z. B. vermehrt auftretende Stürme, zu leiden hat, und wie gedenkt sie damit
umzugehen?

30. Plant die Bundesregierung eine Unterstützung für die von „Ela“ betroffenen
Bundesländer, und wenn ja, in welcher Höhe, bzw. welcher Art, und wie und
in welchem Zeitrahmen soll diese abrufbar sein?

Berlin, den 4. Juli 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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