BT-Drucksache 18/1948

zu dem Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise Amtsberg, Volker Beck (Köln), Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, Martina Renner und weiterer Abgeordneten - Drucksache 18/1475 - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Vom 1. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1948
18. Wahlperiode 01.07.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Irene Mihalic, Dr. Konstantin von Notz, Luise
Amtsberg, Volker Beck (Köln), Frank Tempel, Jan Korte, Ulla Jelpke, Martina
Renner, Jan van Aken, Agnes Alpers, Kerstin Andreae, Annalena Baerbock,
Dr. Dietmar Bartsch, Marieluise Beck (Bremen), Herbert Behrens, Karin Binder,
Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka
Brugger, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Sevim
Da delen, Dr. Diether Dehm, Ekin Deligöz, Kat a Dörner, Katharina Dröge,
Harald Ebner, Klaus Ernst, Dr. Thomas Gambke, Matthias Gastel, Wolfgang
Gehrcke, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Diana Golze, Annette Groth,
Dr. Gregor Gysi, Heike Hänsel, Dr. André Hahn, Anja Hajduk, Britta Haßelmann,
Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Andrej
Hunko, Sigrid Hupach, Dieter Janecek, Susanna Karawanskij, Kerstin Kassner,
Uwe Kekeritz, Katja Keul, Sven-Christian Kindler, Katja Kipping, Maria
Klein-Schmeink, Tom Koenigs, Sylvia Kotting-Uhl, Jutta Krellmann, Oliver
Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Christian Kühn (Tübingen), Renate Künast,
Katrin Kunert, Markus Kurth, Caren Lay, Monika Lazar, Sabine Leidig, Steffi
Lemke, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Stefan Liebich, Dr. Tobias Lindner,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Nicole Maisch, Peter Meiwald, Cornelia
Möhring, Niema Movassat, Beate Müller-Gemmeke, Özcan Mutlu, Thomas Nord,
Omid Nouripour, Cem Özdemir, Friedrich Ostendorff, Petra Pau, Lisa Paus,
Harald Petzold (Havelland), Richard Pitterle, Brigitte Pothmer, Tabea Rößner,
Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer, Manuel Sarrazin, Elisabeth
Scharfenberg, Ulle Schauws, Dr. Gerhard Schick, Michael Schlecht, Dr. Frithjof
Schmidt, Kordula Schulz-Asche, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Hans-Christian Ströbele, Dr. Kirsten Tackmann, Azize Tank,
Dr. Harald Terpe, Markus Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Dr. Julia Verlinden, Kathrin Vogler, Dr. Sahra Wagenknecht, Doris
Wagner, Beate Walter-Rosenheimer, Harald Weinberg, Katrin Werner,
Dr. Valerie Wilms, Birgit Wöllert, Jörn Wunderlich, Hubertus Zdebel, Sabine
Zimmermann (Zwickau), Pia Zimmermann

– Drucksache 18/1475 –

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Drucksache 18/1948 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

A. Problem
Die Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantragen nach
Artikel 44 des Grundgesetzes die Einsetzung eines zweiten Untersuchungsaus-
schusses in der 18. Wahlperiode.

B. Lösung
Der 1. Ausschuss empfiehlt, den Einsetzungsantrag der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu ändern.
Annahme des Antrags in geänderter Fassung mit den Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD.

C. Alternativen
Annahme des Antrags in unveränderter Fassung.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1948

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/1475 in folgender Fassung anzunehmen:

,A. Einsetzung

I. Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.
II. Der Untersuchungsausschuss soll aus 8 Mitgliedern und entsprechend vielen

Stellvertretern bestehen.

B. Auftrag

I. Der Untersuchungsausschuss soll bezüglich der aus Kanada im Rahmen der
dortigen Operation „Spade“ stammenden Daten aus Ermittlungen im Zusam-
menhang mit dem Erwerb und/oder Besitz von Kinder- und Jugendpornogra-
phie aufklären,
a) den Gang und die Gründe für die Dauer des entsprechenden Verfahrens in

Deutschland (sogenannte Operation „Selm“) beim Bundeskriminalamt
(BKA), auch hinsichtlich der Verfahrensabläufe zwischen dem BKA und
den Ländern sowie hinsichtlich des Umgangs und des Zusammenwirkens
mit Landesbehörden in Niedersachsen und Hessen (Generalstaatsanwalt-
schaft Frankfurt am Main/Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkrimi-
nalität),

b) das Informationshandeln und die Datenweitergaben zum Fall des ehemali-
gen Mitglieds des Bundestages Sebastian Edathy an die Bundesregierung,
innerhalb der Bundesregierung, an andere Behörden und an Dritte sowie
die Weitergabe dieser Daten durch andere Behörden und Dritte an weitere
Personen,

c) die Behandlung des Falles des Beamten des BKA („X“), dessen Namen
sich unter den übermittelten Daten der Operation „Spade/Selm“ befand,
durch die Leitungsebene des BKA und die dienstaufsichtsführende Stelle.

II. Der Untersuchungsausschuss soll insbesondere klären,

a)
ob und inwieweit das BKA wann in die kanadische Operation „Spade“
eingebunden war;
ob und ggf. warum das BKA nicht darauf hingewirkt hat, dass konkrete
Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt wurden (z. B. Durchsuchungen), be-
vor mögliche Täter aus der Presse und dem Internet oder von Dritten (z. B.
Berichterstattung über die kanadische Operation „Spade“) von einem dro-
henden Ermittlungsverfahren erfahren konnten;
welche Priorisierung die Operation „Selm“ gegenüber anderen laufenden
Verfahren beim BKA durch wen und wie begründet erfahren hat;
wann und auf welcher Rechtsgrundlage eine Absprache mit der Gene-
ralstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main über den Umgang und das weite-
re Verfahren mit den Daten der Operation „Spade/Selm“ erfolgte;
welche organisatorischen und konzeptionellen Veränderungen im BKA
gegebenenfalls nötig sind, um Verfahren angesichts der Kriminalitätsent-
wicklung in dem Bereich des Besitzes und Erwerbs von Kinder- und Ju-
gendpornographie schnellst möglich zu bearbeiten;

Drucksache 18/1948 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

welche rechtlichen Änderungen gegebenenfalls nötig sind, um die Aufga-
ben des BKA im Bereich des Besitzes und Erwerbs von Kinder- und Ju-
gendpornographie zu erfüllen;

b)
ob und gegebenenfalls wann und durch wen der damalige Bundestagsab-
geordnete Sebastian Edathy von den Ermittlungen und einzelnen Ermitt-
lungsschritten der Staatsanwaltschaft erfahren hat und ob dafür gegebe-
nenfalls Informationshandeln bzw. Datenweitergaben der Bundesregierung
oder einzelner ihrer Mitglieder sowie mögliche Datenweitergaben an Drit-
te verantwortlich waren;
wann welche Maßnahmen von welcher staatlichen Stelle zum Zugriff auf
Verbindungsdaten- und Inhaltsdaten des ehemaligen Bundestagsabgeord-
neten Sebastian Edathy auf Computern und Servern des Bundestages mit
welchen Ergebnissen eingeleitet und wie diese Maßnahmen umgesetzt
wurden;
wer in welchem Umfang und wann vor der ersten Durchsuchungsmaß-
nahme gegenüber Sebastian Edathy Informationen darüber haben konnte
und hatte, dass der Name „Sebastian Edathy“ im Zusammenhang mit den
Ermittlungen der Operation „Spade/Selm“ stand;
ob, wann, wie oft und mit welcher genauen Aufgaben- und Zielstellung die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA, die auf die Daten der Operati-
on „Selm“ Zugriff hatten, die Daten bearbeiteten und Kenntnis von dem
Namen „Sebastian Edathy“ hatten;
wie die Daten und Datensysteme gesichert sind und ob es hinsichtlich der
Daten der Operation „Spade/Selm“ jeweils Zugriffe jenseits berechtigter
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben konnte bzw. gab;
inwiefern diese Dateneingaben und Zugriffe protokolliert wurden und
werden;
wer, in welchem Umfang und wann Zugriff auf die Vorgänge zur Person
„Sebastian Edathy“ in den vom BKA geführten einschlägigen Daten und
Datensystemen haben konnte und hatte;
welche rechtlichen und tatsächlichen Änderungen gegebenenfalls notwen-
dig sind, um beim Zugriff auf und bei der Arbeit mit Daten und Datensys-
temen die Vorgaben des Datenschutzes und effektive Arbeitsstrukturen zu
gewährleisten;
welche bereichsspezifischen Regelungen im Hinblick auf die Übermitt-
lung/Informationsweitergabe personenbezogener Daten gegebenenfalls nö-
tig sind, um eine hinreichend bestimmte und normenklare rechtssichere
Anwendung im Rahmen des geltenden Datenschutzes zu gewährleisten;

c)
ob, wann und durch wen jeweils die Leitungsebene des Kanzleramtes und
des BMI sowie das BKA und dessen zu den Gegenständen des Untersu-
chungsauftrags tätige Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter davon Kenntnis
erhielten, dass sich der Name eines Beamten des BKA („X“) unter den aus
der Operation „Spade/Selm“ stammenden Daten befand und welche kon-
kreten Informationen zu diesem Zweck auf welcher Rechtsgrundlage
übermittelt wurden;
wann zwischen wem Absprachen getroffen wurden über Maßnahmen ge-
genüber dem Beamten des BKA („X“) und zu welchem Zeitpunkt welche
dienst-, disziplinar- und strafrechtlichen Maßnahmen gegenüber dem Be-
amten des BKA („X“) eingeleitet, durchgeführt und abgeschlossen wur-
den;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1948

ob und gegebenenfalls wann und durch wen der Beamte des BKA („X“)
von den Daten der Operation „Selm“ erfuhr oder diese einsehen konnte
bzw. einsah;
welche Kontroll- und Sicherheitsmaßnahmen existieren, um zu verhindern,
dass in Behörden vorgehaltene Daten zu Kinder- und Jugendpornographie
zu anderen als zu Ermittlungszwecken verwendet oder gar durch interne
Netzwerke missbräuchlich genutzt werden.‘

Berlin, den 1. Juli 2014

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Dr. Johann Wadephul
Vorsitzender

Dr. Stephan Harbarth
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Irene Mihalic
Berichterstatterin

Drucksache 18/1948 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Stephan Harbarth, Dr. Johannes Fechner, Frank
Tempel und Irene Mihalic

Der von 124 Mitgliedern des Bundestages aus den Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN eingebrachte Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses auf Drucksache 18/1475
wurde in der 36. Sitzung des Deutschen Bundestages am 22. Mai 2014 beraten und an den Ausschuss für
Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuss) zur Beratung überwiesen.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat den Antrag in seiner 11. Sitzung
in Geschäftsordnungsangelegenheiten am 1. Juli 2014 nach Vorbereitung durch ein Berichterstattergespräch
abschließend beraten und die obige Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und SPD angenommen.
Die Fraktionen haben in dem vorgelagerten Berichterstattergespräch den genauen Umfang des Untersu-
chungsauftrages beraten und dabei eine Verständigung erreicht, die als Grundlage der Schlussberatung im
1. Ausschuss diente. Beraten wurden Fragen hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags und der Vermeidung
unverhältnismäßiger Eingriffe in Grundrechte Dritter.
Die Fraktion der SPD wies auf die von ihr geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des Un-
tersuchungsauftrags insbesondere bezüglich des BKA-Beamten „X“ hin. Diesen sei durch eine Beschränkung
des Auftrags auf die Behandlung des Falles durch die Leitungsebene des BKA und die dienstaufsichtsführen-
de Stelle Rechnung getragen worden. Es sei jedoch wichtig, dass der Untersuchungsausschuss auch bei seiner
konkreten Arbeit auf die Wahrung der Persönlichkeitsrechte achte.
Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung hat festgestellt, dass die nach §126a
GO-BT erforderliche Zahl von Mitgliedern des Bundestages zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses
erreicht ist.

Berlin, den 1. Juli 2014

Dr. Stephan Harbarth
Berichterstatter

Dr. Johannes Fechner
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Irene Mihalic
Berichterstatterin

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