BT-Drucksache 18/1904

Klimaneutralisierung von Dienstreisen

Vom 25. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1904
18. Wahlperiode 25.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Bärbel Höhn, Annalena Baerbock, Anja Hajduk, Sven-Christian
Kindler, Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, Tabea Rößner, Markus Tressel,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Klimaneutralisierung von Dienstreisen

Der Ältestenrat des Deutschen Bundestages hat im Jahr 2008 beschlossen, sämt-
liche Dienst- und Mandatsreisen durch Zahlung einer Kompensation „klimaneu-
tral“ zu stellen. Damit sollen die durch Dienstfahrten und Flüge anfallenden
Treibhausgasemissionen ausgeglichen werden. Die Bundesregierung hatte be-
reits im Jahr 2007 auf Betreiben des damaligen Bundesministers für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit, Sigmar Gabriel, beschlossen, alle Dienst-
reisen ihrer Mitglieder und Beschäftigten bis zu den nachgeordneten Behörden,
wie z. B. dem Umweltbundesamt (UBA) oder Bundesamt für Naturschutz
(BfN), zu kompensieren. Die zu kompensierende Emissionsmenge wurde auf
Basis der im Jahr 2006 erhobenen Daten festgelegt. Demnach wurden 160 856
Tonnen CO2-äquivalente Emissionen aus Dienstreisen der Bundesregierung mit
dem Flugzeug (inklusive Flugbereitschaft der Bundeswehr) geschätzt. Im Jahr
2009 erfolgte eine Neuberechnung für die aber keine neuen Daten erhoben wur-
den, da die schwarz-gelbe Bundesregierung bereits im Jahr 2010 die Mittel der
Klimakompensation von Dienstreisen um die Hälfte von 4,2 Mio. Euro auf
2,1 Mio. Euro kürzte (siehe Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/5676 (neu)).
Dieser Mittelkürzung der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP im Bun-
deshaushalt 2011 folgte eine weitere Reduktion auf 650 000 Euro im Bundes-
haushalt 2012. Damit war lediglich eine Abwicklung der begonnenen Projekte
zur Kompensation der Emissionen aus den Jahren 2009 bis 2011 möglich. Aus
diesen Mitteln wurde u. a. die Elektrifizierung in ländlichen Gebieten in Hon-
duras, Nepal und Indien durch erneuerbare Energien finanziert.
Bereits im Jahr 2011 hat die Bundesregierung die Reduzierung der Mittel gegen-
über dem Umweltausschuss des Deutschen Bundestages und in ihrer Antwort
auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestags-
drucksache 17/5676 (neu)) bedauert. Die Bundesregierung aus CDU/CSU und
SPD hat sich zu diesem Sachverhalt noch nicht eingehend geäußert. Eine er-
neute Datenerhebung zur Feststellung der dienstreisebedingten Emissionen für
die Jahre 2010 ff. fand nicht statt bzw. ist öffentlich nicht zugängig.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung seit dem Jahr 2010 eine erneute Datenerhebung und

-berechnung vorgenommen, um die bei den Dienstreisen verursachten Emis-
sionen zu ermitteln?
Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/1904 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele Flüge und Dienstfahrten wurden in den Jahren 2011 bis 2013 von
den Mitgliedern und Beschäftigten der Bundesregierung einschließlich der
nachgeordneten Behörden absolviert (bitte nach Bundesministerien und Be-
hörden für alle Jahre einzeln auflisten)?

3. Welche Menge an Treibhausgasen wurden durch die Dienstreisen der Mit-
glieder und Beschäftigten der Bundesregierung einschließlich der nachge-
ordneten Behörden verursacht (bitte nach Bundesministerien und Behörden
für alle Jahre einzeln auflisten)?

4. Wie viele Mittel wurden für die Kompensation von Dienstfahrten und Flü-
gen gemäß der Beschlüsse der Bundesregierung insgesamt aufgewendet
(bitte nach Jahren einzeln aufschlüsseln)?

5. Welcher Betrag für die Kompensation hätte in den Jahren 2013 und 2014
veranschlagt werden müssen, wenn die Kompensation auf dem ursprüng-
lich vorgesehenen Niveau fortgeführt worden wäre?

6. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die entstehenden Kosten für den
Bundeshaushalt bei einer erneuten Kompensation zum heutigen CO2-Preis
von ca. 5 Euro je Tonne CO2?

7. Für welche Projekte wurde die Förderung infolge der Kürzungen im Bun-
deshaushalt ganz eingestellt, und für welche gab es eine Absenkung der
Mittel um wieviel Prozent?

8. Konnte für die 15 mittelbar geförderten Projekten, die laut Bundestags-
drucksache 17/5676 (neu) aus den Kompensationszahlungen finanziert
wurden, eine Anschlussfinanzierung nach Kürzung bzw. Auslaufen der
Zahlungen gefunden werden, und wenn nicht, welche Folgen hatte dies für
die Projekte?

9. Wurde die Kompensation der durch Dienstfahrten und Flüge entstehenden
Treibhausgasemissionen auf interministerieller Ebene, z. B. im Kabinett
oder im Dialog der Abteilungsleiter, von Teilen der Bundesregierung the-
matisiert, und wenn ja, gibt es Vereinbarungen oder Beschlüsse hierüber?

10. Plant die Bundesregierung einen Austausch bzw. weiteren Austausch unter-
einander über diesen Sachverhalt, und falls nicht, warum nicht?

11. Ist die Bundesregierung weiterhin der Meinung, dass die Aussetzung der
Kompensation von Dienstfahrten und Flügen durch die Koalitionsfraktio-
nen im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2011 zu bedauern ist, und falls ja,
welche neuen Initiativen plant die Bundesregierung diesbezüglich?

12. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass die Bundesregierung und
ihre Behörden eine Vorbildfunktion mit Blick auf ein klimafreundliches
Mobilitätsverhalten gegenüber der Öffentlichkeit haben, und welche Rück-
schlüsse zieht sie daraus mit Blick auf die Kompensation von Dienstreisen
der Mitglieder und Beschäftigten der Bundesregierung einschließlich der
nachgeordneten Behörden in Zukunft und rückwirkend?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass gerade angesichts der euro-
päischen Entscheidung, die außereuropäischen Flugverbindungen bis zum
Jahr 2016 nicht in den Emissionshandel einzubeziehen, die Kompensation
von Dienstreisen – zumindest für diese Flüge – für den Klimaschutz einen
Mehrwert darstellen würde?

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die briti-
sche Regierung durch ihre Verpflichtung zur Kompensation ihrer Dienstrei-
sen eine internationale Vorbildwirkung hat, und falls nein, schließt die Bun-
desregierung einen Vorbildeffekt durch die Kompensation eigener Dienst-
reisen generell aus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1904
15. Wurde im Rahmen des vom ehemaligen Bundesumweltminister, Peter
Altmaier, gegründeten „Energiewendeclubs“ über die Vorbildfunktion von
Regierungen und Parlamenten beim Klimaschutz gesprochen, und wenn ja,
kam das Thema „klimaneutrale Dienstreisen“ dort zur Sprache?

16. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Kompensation der
Treibhausgase von Dienstreisen ein Vorzeigeprojekt mit Strahlkraft wäre,
und wenn ja, plant sie dies im Rahmen von Vorreiterallianzen, wie dem
„Energiewendeclub“, vorzuschlagen?

Berlin, den 23. Juni 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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