BT-Drucksache 18/1879

Nationale Umsetzung des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen

Vom 17. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1879
18. Wahlperiode 17.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W.
Birkwald, Azize Tank, Kathrin Vogler, Harald Weinberg und der Fraktion DIE LINKE.

Nationale Umsetzung des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten
benachteiligten Personen

Im März 2014 hat die Europäische Union (EU) einen Europäischen Hilfsfonds
für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) beschlossen. Dieser
Fonds ist für die Zeit zwischen 2014 und 2020 mit einem finanziellen Budget
von 3,4 Mrd. Euro ausgestattet. Für Deutschland stehen etwa 79 Mio. Euro zur
Verfügung. Bis zum September dieses Jahres muss das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales (BMAS) ein operationelles Programm bei der Europäischen
Kommission vorlegen. Dieses operationelle Programm soll in Kooperation mit
regionalen, lokalen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren entwickelt und umge-
setzt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bedeutung hat es für die Bundesregierung, dass die frühere schwarz-

gelbe Mehrheit im Deutschen Bundestag in der vergangenen Legislatur-
periode eine so genannte Subsidiaritätsrüge gegen den Hilfsfonds eingelegt
hat?
Teilt die Bundesregierung die in diesem Zusammenhang formulierten Zwei-
fel an der rechtlichen Zulässigkeit von armutspolitischen Aktivitäten und
Programmen der EU?

2. Welche Zielgruppen für das Programm hat die Europäische Kommission in
ihrem Entwurf für die Verordnung benannt?

3. Wie definiert die Verordnung die Zielgruppe des Programms?
Was versteht die Verordnung unter „am stärksten benachteiligte Personen“?

4. Wie viele Personen in der EU gehören nach Kenntnis der Bundesregierung
statistisch zu der Gruppe der am stärksten benachteiligten Personen, und wie
hat sich deren Anzahl seit 2005 entwickelt?

5. Wie viele Personen in Deutschland gehören zu der Gruppe der am stärksten
benachteiligten Personen, und wie hat sich die Anzahl seit dem Jahr 2005 ent-
wickelt?

6. Welche konkreten Aktivitäten definiert die Verordnung als förderfähig?
7. Welche konkreten Aktivitäten hat die Europäische Kommission in ihrem Ent-

wurf als förderfähig angeführt?
8. Welche Konsultationen hat die Bundesregierung bislang mit welchen Akteu-

ren der Politik und der Zivilgesellschaft durchgeführt?

Drucksache 18/1879 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
9. Anhand welcher Kriterien werden die zivilgesellschaftlichen Akteure aus-
gewählt, mit denen Konsultationen stattfinden?

10. Welche konkreten Vorschläge für die Definition von förderfähigen Angebo-
ten aus dem EHAP wurden in den Konsultationsprozessen vorgelegt, und
welche werden durch das BMAS geteilt
a) zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit,
b) zur Bekämpfung von Ausgrenzung und Armut von Kindern oder
c) zur Bekämpfung der Ausgrenzung und Armut von zugewanderten Men-

schen?
11. Welche weiteren konkreten Vorschläge zur Förderung von Maßnahmen der

sozialen Inklusion wurden der Bundesregierung vorgeschlagen?
12. In welchem Umfang sind finanzielle Mittel notwendig bzw. als notwendig

angezeigt worden, um die Bedarfe zu befriedigen?
13. Bei welchen Vorschlägen sieht die Bundesregierung einen grundsätzlichen

Handlungsbedarf?
14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass

die vorgetragenen Bedarfe nach Auffassung der Fragesteller mit den Mitteln
des EHAP nicht zu befriedigen sein werden?

15. Welche im Rahmen der Beratungen vorgelegten Vorschläge wird die Bun-
desregierung jenseits des EHAP in eigenständiger nationaler Verantwortung
aufgreifen, ggf. wann und in welcher Form?

16. Wann wurde von welcher Instanz entschieden, dass der Zwischenbericht des
Staatssekretärsausschusses zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei
der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige
der EU-Mitgliedstaaten“ den „inhaltlichen Rahmen für den Einsatz des
Hilfsfonds in Deutschland“ absteckt (Unterrichtung des BMAS, Bericht zur
Umsetzung des Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten von Armut be-
troffenen Personen, Deutscher Bundestag, Ausschussdrucksache 18(11)104)?
Ist dieser Zwischenbericht weiterhin Planungsgrundlage des BMAS?

17. Was folgt hinsichtlich der weiteren inhaltlichen und verfahrensmäßigen Er-
stellung des operationellen Programms zur Umsetzung des EHAP aus der
genannten Festlegung des BMAS?

18. Wie wird die fortlaufende Finanzierung aus dem EHAP unter Einbeziehung
von zivilgesellschaftlichen Akteuren begleitet?
Wer wird konkret einbezogen?

19. In welchem Umfang trägt die Umsetzung des EHAP in Deutschland zu dem
Ziel bei, die Zahl der Menschen in Armut und sozialer Ausgrenzung um
20 Millionen in Europa zu reduzieren (Ziel der Europa-2020-Strategie)?

20. In welchem Umfang trägt die Umsetzung des EHAP in Deutschland dazu
bei, dass die Anzahl der am stärksten benachteiligten Personen reduziert
wird?
Welche entsprechenden Ziele wird die Bundesregierung in dem operationel-
len Programm formulieren?

21. Wer ist bzw. wird mit der Erarbeitung der von der Verordnung verlangten
Ex-ante-Evaluierung beauftragt werden, und wann sind diese Ergebnisse öf-
fentlich einsehbar?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1879
22. Welche anderweitigen Aktivitäten wird die Bundesregierung in dieser
Legislaturperiode noch einleiten, um die Armut und Ausgrenzung von Men-
schen zu bekämpfen?

23. Welche Indikatoren sind nach Auffassung der Bundesregierung geeignet,
Armut und soziale Ausgrenzung abzubilden, und welche Konsequenzen
zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die frühere Bundesregie-
rung neben der Armutsrisikoschwelle und der sog. materiellen Entbehrung
Langzeitarbeitslosigkeit zu einem zentralen Indikator zur Messung von
Armut und Ausgrenzung in den nationalen Reformprogrammen (Europa-
2020-Strategie) erklärt hat?

24. Ist nach Auffassung der Bundesregierung das von der früheren Bundes-
regierung definierte nationale Ziel in dem nationalen Reformprogramm ein
angemessener und ausreichender Beitrag Deutschlands zur Erreichung des
verabredeten EU-Ziels, die Zahl der von Armut und Ausgrenzung bedroh-
ten Personen um 20 Millionen bis 2020 zu senken?

25. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Antworten zu den
vorangegangenen Fragen?
Plant die Bundesregierung, Indikatoren und Ziele in diesem Zusammenhang
grundlegend zu überarbeiten?
Falls nein, warum nicht?

Berlin, den 17. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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