BT-Drucksache 18/1768

Unterschiedliche Wartezeiten von gesetzlich und privat Krankenversicherten

Vom 18. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1768
18. Wahlperiode 18.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau),
Matthias W. Birkwald, Katja Kipping, Dr. Petra Sitte, Azize Tank, Kathrin Vogler,
Birgit Wöllert, Pia Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Unterschiedliche Wartezeiten von gesetzlich und privat Krankenversicherten

Auf dem diesjährigen Ärztetag in Düsseldorf sagte der Präsident der Bundes-
ärztekammer, es sei Tatsache, dass Privatpatienten schneller einen Arzttermin
bekämen. Er führte weiter aus: „Dabei wissen wir alle, dass es das bessere Ver-
gütungsmodell, also das bessere Leistungsversprechen der Privaten Kranken-
versicherung ist, das hier zu schnelleren Terminen führt. Wenn die Funktionäre
der Gesetzlichen Krankenversicherung das beklagen, weiß ich eine schnell
wirksame und effiziente Therapie dagegen: Vergüten, leisten und regeln Sie wie
die PKV! Dann bekommen Ihre Patienten genau so schnell einen Termin.“ (vgl.
www.aerztezeitung.de/extras/druckansicht/?sid=861947).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist die derzeitige jährliche Vergütung der niedergelassenen Ärztin-

nen und Ärzte insgesamt, in Euro pro Versichertem, in Euro pro Mitglied und
in Euro pro niedergelassener Ärztin, niedergelassenem Arzt sowie in Euro
pro Arztbesuch aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung?

2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die derzeitige jährliche Ver-
gütung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte insgesamt, in Euro pro
Versichertem, in Euro pro Mitglied und in Euro pro niedergelassener Ärztin,
niedergelassenem Arzt sowie in Euro pro Arztbesuch aus Mitteln der privaten
Krankenversicherung?

3. Sollte die gesetzliche Krankenversicherung bei diesen Werten günstiger ab-
schneiden, erhalten gesetzlich Versicherte weniger Leistungen als privat
Krankenversicherte?

4. Arbeitet die gesetzliche Krankenversicherung nach Kenntnis der Bundes-
regierung effizienter als die private Krankenversicherung?

5. Auf Mehrkosten in etwa welcher Höhe/Größenordnung würde sich der Vor-
schlag des Ärztekammerpräsidenten belaufen, wenn die gesetzliche Kranken-
versicherung jeden Arztbesuch so vergütete wie die private Krankenversiche-
rung und die Zahl der Arztbesuche sowie der Art und Anzahl der Diagnosen
und verordneten Therapien gleich bliebe?

6. Auf Mehrkosten in welcher Höhe würde sich der Vorschlag des Ärztekam-
merpräsidenten belaufen, wenn die gesetzliche Krankenversicherung pro
Versichertem gleich hohe Ausgaben für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
hätte wie die private Krankenversicherung?

Drucksache 18/1768 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
7. Wie hoch wären nach Kenntnis der Bundesregierung in etwa die Minderaus-
gaben der privaten Krankenversicherung, wenn sie jeden Arztbesuch so
vergütete wie die gesetzliche Krankenversicherung und die Zahl der Arzt-
besuche gleich bliebe?

8. Wie hoch wären nach Kenntnis der Bundesregierung in etwa die Minderaus-
gaben der privaten Krankenversicherung, wenn sie pro Versichertem gleich
hohe Ausgaben für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte hätte wie die ge-
setzliche Krankenversicherung?

9. Ist auch die Bundesregierung der Auffassung, dass es unterschiedliche
Wartezeiten für gesetzlich und privat Versicherte gibt, und dass die Ursache
in der unterschiedlich hohen Vergütung liegt?

10. Strebt die Bundesregierung – jenseits der Überlegung, dass Wartezeiten für
gesetzlich Versicherte ein gewisses Maß nicht überschreiten sollen – gleiche
Wartezeiten für gesetzlich und privat Krankenversicherte an?

11. Wenn nein, warum nicht?
Welchen gesundheitspolitischen Sinn ergeben unterschiedliche Wartezeiten
für Mitglieder verschiedener Versicherungssysteme?

12. Wenn ja, wie sollen gleiche Wartezeiten für gesetzlich und privat Kranken-
versicherte erreicht werden?

13. Welche Studien über unterschiedliche Wartezeiten – einerseits auf einen
Termin und andererseits im Wartezimmer – sind der Bundesregierung be-
kannt, und was sind die Ergebnisse dieser Studien?
Gibt es auch Erkenntnisse über die Wartezeit von im Basistarif der privaten
Krankenversicherung Versicherten?

14. Ist die Bundesregierung mit der Aussage einverstanden, dass längere War-
tezeiten nicht nur ein Komfortproblem darstellen, sondern dass mit längeren
Wartezeiten auch die Zugänglichkeit des Gesundheitssystems abnimmt und
damit Ressourcen des Gesundheitssystems unterschiedlich auf Versicherte
verschiedener Gruppen aufgeteilt werden?

15. Inwieweit sind nach Ansicht der Bundesregierung unterschiedlich hohe
Wartezeiten mit dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
in Verbindung mit dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsgebot
vereinbar?

16. Inwiefern können nach Ansicht der Bundesregierung lange Wartezeiten die
Gesundheitssituation der Patientinnen und Patienten beeinträchtigen?

17. Sind lange Wartezeiten nach Ansicht der Bundesregierung eine Folge ärzt-
licher Unterversorgung bzw. eines Ärztemangels (bitte begründen)?

18. Vergrößert sich nach Ansicht der Bundesregierung das Problem der Warte-
zeiten mit sinkender Ärztedichte (gemessen an den Bedarfszahlen gemäß
der Bedarfsplanung)?

19. Welche Initiativen erwartet die Bundesregierung von den Ärztekammern
und den kassenärztlichen Vereinigungen als Körperschaften des öffentli-
chen Rechts zur Bekämpfung der unterschiedlichen Wartezeiten?

20. Inwiefern würde die Einführung einer Bürgerversicherung mit einheit-
lichem Vergütungssystem das Problem unterschiedlicher Wartezeiten nach
Ansicht der Bundesregierung lösen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1768
21. Wann soll nach Kenntnis der Bundesregierung die Vereinbarung aus dem
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD umgesetzt werden, der zu-
folge die Wartezeiten deutlich reduziert und zentrale Terminservicestellen
eingerichtet werden sollen (vgl. ähnliche Forderung der Fraktion DIE
LINKE. von 2011 zur Reduktion der Wartezeiten, Bundestagsdrucksache
17/6489)?

22. Ist der „Therapie“-Vorschlag des Ärztekammerpräsidenten insofern realis-
tisch, dass, wenn für alle gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten
eine höhere Vergütung auf Niveau der privaten Krankenversicherung ge-
zahlt würde, alle eine geringere Wartezeit hätten?

23. Würde der Vorschlag des Ärztekammerpräsidenten umgesetzt, wäre dann
ein System mit Exklusivsprechstunden, z. B. am Wochenende, wie es der-
zeit bei einigen Ärztinnen und Ärzten für Privatversicherte angeboten wird,
für alle durchzuhalten, oder sind Privilegien für alle eher unwahrscheinlich?

Berlin, den 17. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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